Lang, Spitz, hauchdünn

Begonnen von Wiesenläufer, 03. September 2019, 14:30:42

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Wiesenläufer

Moin,

von einem neolithischen Fundplatz habe ich dieses Teil aufgelesen.

3,6cm lang, spitz zulaufend, am breitesten Teil 6mm, hauchdünn.

Könnte es was spezielles sein oder eher nicht ?

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

thovalo

#1
Zitat von: Wiesenläufer in 03. September 2019, 14:30:42
Moin,

von einem neolithischen Fundplatz habe ich dieses Teil aufgelesen.

3,6cm lang, spitz zulaufend, am breitesten Teil 6mm, hauchdünn.

Könnte es was spezielles sein oder eher nicht ?

Gruß

Gabi


Was für eine Frage   :super:


NATÜRLICH


Ein Artefakt in dieser extrem feinen Zurichtung (bei dem geringen Format) habe ich so kaum einmal gesehen.
Die Basis ist dorsal durch hoch feine Absplisse ausgedünnt und sicher zu einer Schäftung vorbereitet worden.

So extrem dünn und lang würde ich in den Umrissen und Merkmalen auf einen "Fein(st)bohrer" tippen.


So ein graziles Stück vollständig auflesen zu können ist eher ein one-live-event als eine komplette sehr viel größere und massivere Dolchklinge finden zu können.


GRANDIOS  :Danke2:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiesenläufer

Moin,

wow,  jetzt bin ich sprachlos.  :staun:

Zumal das Feld gepflügt, gegrubbert wurde und die Saat reinkam.  :irre:

Gruß

Gabi

Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

thovalo



Hallo Gabi!

Dabei wird das zerbrechliche feine Stück aus seiner aktuellen Lagerung gelöst worden sein, Du hast es genau im richtigen Moment erwischt  .... bei PVP findet sich nichts dazu.

Natürlich könnte man damit auch Mäuse, Maulwürfe, große Ratten und einen Elch erschießen, aber ein so lang gestrecktes zerbrechlichen Projektil würde kaum den Transport im Köcher überstehen. So etwas graziles gelingt wohl noch am ehesten mit dem feinst homogenen nordischen Feuerstein.


glG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Neos

Moin, Gabi,

Zitat von: thovalo in 03. September 2019, 14:37:20
So extrem dünn und lang würde ich in den Umrissen und Merkmalen auf einen "Fein(st)bohrer" tippen.

da gehe ich 100-prozentig mit. Ein tolles Stück, das du uns da zeigst!  :Danke2:

Viele Grüße

Neos

Wiesenläufer

Moin Neos,

im Nachhinein kommt die Freude erst richtig auf.
Wird im November dabei sein.  :zwinker:

Gruß

Gabi

Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

StoneMan

Moin,

:Danke2: Gabi, das ist SPITZE.

Schau mal im PVP Seite 54/55, Abb. 7. Mikroflække

Die Beschreibung bei PVP und Maße kommen hin - Dein Mikrolith ist zusätzlich modifiziert - einfach irre.
Maglemose-  Kongemosetid ~ 5800 - 3500 BC.

Ich hoffe Jan kann zur Verwendung mehr rauslesen, ich leider nicht, ergo > TDA <

Von allem getrennt - ich würde mir damit Löcher in mein geschabtes Fell stechen um
zwei Teile zusammenzufügen.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Steinkopf

#7
Auf Jürgens Bitte hin hier 
   
   'Peter Vang Petersen: FLINT fra Danmarks Oldtid'  Seite 54 Punkt 7. Mikroflaekke und S. 56   -   frei übersetzt:

   "Mikroklinge.
    Besonders kleine und feine Klingen zur Herstellung von Mikrolithen und Einsätzen als Schneide in
    Speere mit Flintschneide oder Flintschneiden in Dolche aus Knochen (fig. 24)
    wurden aus besonderen Mikroklingenkernen hergestellt.

    Von den Mikroklingenkernen wurden die sehr gleichmäßig parallel abgedrückten ('Kannelur') vermutlich
    durch Presstechnik mit Geweihspitzen (Retuscheuren) abgedrückt (fig. 14C).

    Mikroklingen sind unter 1cm breit. Die Länge nahm von 4-6 cm in der mittleren Maglemosezeit
    auf 1 - 3 cm in der jüngeren Kongemosezeit ab. Danach endete die Produktion.
    In den späteren Phasen der Kongemosekultur wurden die Klingen nur als Schneide in Speeren genutzt.

    Man kann sie (leicht) mit  Klingen verwechseln, die bei der Präparation (Trimming) von gewöhnlichen
    Klingenkernen entstehen."

    Fig. 24, (Abbildung einer mit Mikrolithen besetzten Spitze)
    " In der jüngeren Maglemose- und Kongemosekultur wurden schlanke und feinen Mikroklingen u. a. als
    als Schneide in Spitzen aus Knochen benutzt.
    Als Klebstoff verwandte man eine Pechmasse, die aus Birkenrinde gewonnen wurde."


Diese Verwechslung scheidet bei diesem fein retuschierten Mikrolithen sicherlich aus.

Meinen Glückwunsch zu diesen superfeinen Fundstück!!!

LG  Jan

Neos

Zitat von: Wiesenläufer in 03. September 2019, 19:18:31
Wird im November dabei sein.  :zwinker:

Was soll ich anderes sagen als "Spitze!"? :dafuer:

StoneMan

Moin Jan,
Zitat von: Steinkopf in 03. September 2019, 22:11:14
Auf Jürgens Bitte hin...
[...] 

mange tak stenkopp  :-D

Hilsen

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiesenläufer

Moin,

vielen,vielen Dank für die Übersetzung.  :Danke2:

Da sucht und sieht man in jeden winzigen Schnipsel von Flint einen Mikrolithen und wenn man schon mal einen findet (mein Allererster),
dann erkennt man ihn noch nicht mal.  :besorgt:

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

thovalo

Zitat von: Wiesenläufer in 04. September 2019, 05:21:01
Moin,

vielen,vielen Dank für die Übersetzung.  :Danke2:

Da sucht und sieht man in jeden winzigen Schnipsel von Flint einen Mikrolithen und wenn man schon mal einen findet (mein Allererster),
dann erkennt man ihn noch nicht mal.  :besorgt:

Gruß

Gabi

  Fig. 24, (Abbildung einer mit Mikrolithen besetzten Spitze)
   " In der jüngeren Maglemose- und Kongemosekultur wurden schlanke und feinen Mikroklingen u. a. als
   als Schneide
in Spitzen aus Knochen benutzt.
   Als Klebstoff verwandte man eine Pechmasse, die aus Birkenrinde gewonnen wurde."


In diesem Fall diente das Artefakt scheinbar nicht als Schneide, denn beide Lateralverläufe sind nach dem Eindruck der Bilder retuschiert ...... es wird schon eine nähere Aufklärung durch die Facharchäologie geben auf die ich sehr gespannt bin.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Thomas schreibt: 
"..... es wird schon eine nähere Aufklärung durch die Facharchäologie geben auf die ich sehr gespannt bin."

Dem kann ich mich nur anschliessen. Das Stück wirft viele Fragen auf.

Dennoch eine Preziose in gutem Zustand bei gleichzeitig nur geringem Platzbedarf.

LG

Jan

StoneMan

Moin,

meine Vermutung, dass das Ding Fragen aufwirft, hat sich mit euren berechtigten Kommentaren bestätigt.

Daher hatte ich meine Interpretation zur Verwendung hiermit kund getan:

Zitat von: StoneMan in 03. September 2019, 19:55:49
...
Von allem getrennt - ich würde mir damit Löcher in mein geschabtes Fell stechen um
zwei Teile zusammenzufügen.



Bin auch gespannt, was beim TDA dabei rauskommt  :super:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
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Antoine de Saint-Exupéry

steinwanderer

Moin,
ich bin mir ziemlich sicher, das dies kein Microlith ist.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

palaeo1

Zitat von: steinwanderer in 04. September 2019, 16:29:49
ich bin mir ziemlich sicher, das dies kein Microlith ist.
Es handelt sich bei dem Stück um eine sog. nadelförmige Spitze  und ist eine Mikrolithform des Spätmesolithikums und sie werden z. B. schon von Schwabesissen 1944,Gramsch 1973 oder Arora 1976, beschrieben. Ich habe sie mehrfach ausgegraben und in Niedersachsen dokumentieren können.
LG palaeo1

Wiesenläufer

#16
Moin palaeo1,

im "Floss" ist von Martin Heinen ein Beitrag, in dem u.a. auf Seite 611 (Abbildungen) und Seite 612 (Beschreibung)
solche nadelförmige Spitzen erwähnt und beschrieben werden.

Danke für die Bestimmung und den Tip.  :Danke2:

Gruß

Gabi
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(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Danske

Moin Gabi,

ein superfeines Stück  :super:und in dieser Erhaltung dank der modernen landwirtschaftlichen Geräte als Oberflächenfund kaum noch zu finden.

Danke für's Zeigen. :Danke2:

Auch auf die Gefahr hin, dass ich wieder mal was Falsches von mir gebe:
Wenn es eine Mikroklinge wie von PVP auf S. 54 Nr. 7 beschrieben und von Jan dankenswerter Weise übersetzt ist, dann hat Klaus Recht, dann ist es kein Mikrolith. Genau so wie Lamellen keine Mikrolithen sind. Und die Abb. 24 bei PVP zeigt eine mit diesen Mikroklingen (nicht Mikrolithen) besetzte Spitze.

Ist das jetzt Haarspalterei, wie seht ihr das?

LG
Holger
Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen

Steinkopf

Definitionen sind nicht richtig oder falsch.
Definitionen sind Vereinbarungssache.

Man müsste vorausschicken, nach welcher Definition hier zugeordnet wird.

Von der 'Größe' her passt es doch in die mikrolitische Ecke.

LG
Jan

thovalo

Zitat von: Steinkopf in 05. September 2019, 09:22:50
Definitionen sind nicht richtig oder falsch.
Definitionen sind Vereinbarungssache.

Man müsste vorausschicken, nach welcher Definition hier zugeordnet wird.

Von der 'Größe' her passt es doch in die mikrolitische Ecke.

LG
Jan


Das ist sehr ansprechend formuliert!  :Danke2:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

neolithi

Den habe ich jetzt erst entdeckt - dank deines Links.
Was für ein apartes, wunderschönes Teilchen! Bin geflasht.

HG
Anke

Steinkopf

Hi Gabi,

meine Tochter meint: Tätowiernadel.
Und die muss es wissen.
Jan

hargo

Zitat von: palaeo1 in 04. September 2019, 21:59:36Es handelt sich bei dem Stück um eine sog. nadelförmige Spitze  und ist eine Mikrolithform des Spätmesolithikums und sie werden z. B. schon von Schwabesissen 1944,Gramsch 1973 oder Arora 1976, beschrieben. Ich habe sie mehrfach ausgegraben und in Niedersachsen dokumentieren können.
LG palaeo1

Würde ich nicht dran zweifeln.
Aber, was ist daraus seit 2019 geworden?

mfg

Wiesenläufer

Moin Jan,

Tätowiernadel ist nicht schlecht, :-D
Dünne Nadel für dicke Linien oder Punkte. 

Wenn meine Tätowierungen so gemacht worden wären, nein Danke, dann hätte ich heute keine.

Lieben Gruß

Gabi



Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Wiesenläufer

Moin hargo,

tja, was ist seit 2019 daraus geworden.  :kopfkratz:  :nixweiss:

Ich glaube, da müssen/können mir Jürgen und Frank weiterhelfen, was bei der TdA 2019 rauskam.  :schaem:
(Falls sie sich noch erinnern können)
Ich weiß es leider nicht mehr und hatte es versäumt in der Datei umzuändern.
Inzwischen ist der Fund längst im Landesamt und wurde als Mikrolith bezeichnet und wird bestimmt auch so geführt.
Da nochmal nachzufragen wird vermutlich längere Zeit in Anspruch nehmen ehe eine Antwort kommt.

Lieben Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Schuhnagel 2

Im Institut habe ich unlängst ein erstaunlich ähnliches Stück in Händen gehalten. Es wurde vor 20 Jahren an einer der mesolithischen Stätten gefunden, die ich z.Z beackere, ist aber seltsamerweise nicht mit dem übrigen Fundgut veröffentlicht worden. Dieser Nadel-Typ soll Richtung Frankreich verweisen.
Viele Grüsse
Ulrich
Westliche Voralpen, Simmental

Neos

Zitat von: Wiesenläufer in 04. Dezember 2023, 07:30:38tja, was ist seit 2019 daraus geworden.  :kopfkratz:  :nixweiss:

Ich glaube, da müssen/können mir Jürgen und Frank weiterhelfen, was bei der TdA 2019 rauskam.  :schaem:
(Falls sie sich noch erinnern können)
Hallo, Gabi,

2019 ... erinnern ... ich bin hier leider raus. Tut mir leid... :schaem:

Aber: Der nächste TdA steht ja schon fast wieder vor der Tür... :zwinker:

Viele Grüße

Frank

Wiesenläufer

Moin,

Danke für die Antworten.
Mal schauen ob ich was beim Amt erreiche.

Lieben Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)