Kratzer und feine Klinge

Begonnen von Wiesenläufer, 12. Mai 2019, 15:11:02

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Wiesenläufer

Moin,

dieses winzige Klingenbruchstück und der kleine Kratzer lagen zwar beisammen aber etliche Meter abseits
der anderen eingemessenen Funde. Daher rechne ich die eigentlich nicht direkt zum Fundplatz dazu.

Diese beiden Teile befanden sich in unmittelbarer Kante eines Feuchtgebietes, während die anderen Funde
alle viel höher am Hang und auf dem Kuppenplateau lagen.

Frage 1) könnte die Zeitstellung älter sein ?
Frage 2) ist an dem Klingenbruchstück eine feine Kantenretusche zu erkennen ?

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

thovalo



Der Kratzer ist ein Kratzer ..... und die kleine schmale klinge ist super abgelichtet!

Retuschen werden ja auch durch das streibende Abziehen auf einem Retuscher erstellt, also gegebenenfalls auch mal "in einem Zug". So sieht es an dieser kleinen Klinge aus. Allerdings ist sie beidseitig gebrochen sodass das Klingenfragment ja vollständig auch zu einer Spitze hätte auslaufen können.


Da mirkolithen in der REgel steil(er) lateral retuschiert sind erscheint diese kleinformatige Klinge zumindest dem gegenüber neolithisch bis Ende offen datieren.


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiesenläufer

Moin, Thomas,

dann werde ich auch den Zwischenraum nochmals näher betrachten.
Schließlich haben die sich auch bewegt und es wurde bewegt.

:Danke2:

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Danske

Moin Gabi,

ich bewundere deine Fotos, die sind echt klasse, châpeau!

Der Kratzer hat ein schön patinierte Rinde und die Retuschen an der Lamelle sind sehr fein und gut abgelichtet.

Mesolithikum sehe ich, wie Thomas, aber eher auch nicht. Die Kratzer sind zeitlos und als Oberflächenfunde schwer bis unmöglich zu datieren. In der Form und der Größe gab es sie zwar bereits in der der späten Ertebøllezeit, aber vorrangig im ausgehenden Neolithikum bis in in Bronzezeit. Und die Lamelle hat nichts mikrolitisches. Lamellen haben ihre Bedeutung als spezielle Werkzeugform bis in die Bronzezeit und sind abhängig von der Kerngröße. Je weiter die Kerne abgearbeitet waren, umso eher wurden vermehrt Lamellen produziert.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin,

da schleppst Du ja wieder feine Sachen an Gabi.  :Danke2:

Der Kratzer hat ja ein dicke porzellanartige Patina  :glotz: die passt gut zu einem Feuchtgebiet.

Das zweite Stück, die "Klinge", hat Holger dankenswerterweise richtig gestellt, es ist eine Lamelle.  :super:

Leider kann ich die Enden nicht richtig erkennen, @ Gabi, sind beide Enden gebrochen, wie
es so häufig bei Lamellen vorkommt? Mitunter sind die auch endretuschiert.

Und eine Frage zur Retusche, wie ist die angelegt, steil wie ein Rücken / Schäftungshilfe
oder eher flach, spitz auslaufend?

Mit solchen Teilen wurden ja Pfeile und Harpunen (Geweih) bestückt - wäre das eine Option?

@ Holger - weil Du mikrolitisches ausschließt -  sind Mikrolithen ausschließlich dreieckig / trapezoid oder gibt es auch lamellenförmige?

Gruß

Jürgen

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiesenläufer

Moin,

wenn ich es schaffe, die Enden der Lamelle abzulichten  :nixweiss:, hänge ich sie hier noch an.

Das Bruchstück ist so klein, dass ich es mit meinen "Arbeiter-Händen" kaum richtig halten kann.  :zwinker:

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Danske

Zitat von: StoneMan in 17. Mai 2019, 00:08:45
Moin,

da schleppst Du ja wieder feine Sachen an Gabi.  :Danke2:

Der Kratzer hat ja ein dicke porzellanartige Patina  :glotz: die passt gut zu einem Feuchtgebiet.

Das zweite Stück, die "Klinge", hat Holger dankenswerterweise richtig gestellt, es ist eine Lamelle.  :super:

Leider kann ich die Enden nicht richtig erkennen, @ Gabi, sind beide Enden gebrochen, wie
es so häufig bei Lamellen vorkommt? Mitunter sind die auch endretuschiert.

Und eine Frage zur Retusche, wie ist die angelegt, steil wie ein Rücken / Schäftungshilfe
oder eher flach, spitz auslaufend?

Mit solchen Teilen wurden ja Pfeile und Harpunen (Geweih) bestückt - wäre das eine Option?

@ Holger - weil Du mikrolitisches ausschließt -  sind Mikrolithen ausschließlich dreieckig / trapezoid oder gibt es auch lamellenförmige?

Gruß

Jürgen

Hallo Jürgen, hallo zusammen,

nach Lutz Fiedler sind Mikrolithen "kleine Schneiden-Einsätze für Werkzeuge und Waffen in Form eines retuschierten Lamellenfragments." Daraus könnte man schließen, dass es auch lamellenförmige Mikrolithen gibt. Allerdings schreibt er weiter: " Mikrolithen sind in Afrika, Europa,... benutzt worden; in Amerika wurden keine typischen Mikrolithen hergestellt, wohl aber Lamellen als Einsätze für Messer und Waffen gebraucht." (Quelle: Altsteinzeit von A-Z) Er unterscheidet somit deutlich zwischen Mikrolithen und Lamellen. Deutlich wird dies auch durch die Abbildungen in dem Buch unter "Mesolithikum D", wo auschließlich geometrische Formen als Mikrilithen abgebildet sind.

Bei Gabis Stück liegt wohl ein mediales Lamellen-Fragment vor, zumindest deuten die Fotos darauf hin. Wir wissen also nicht, wie die Enden aussahen. Es kann natürlich sein, dass eine Spitze oder ein trapezförmiges Ende ausgebildet war. Daher gehe ich zunächst von einer Lamelle aus.

LG
Holger



Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Wiesenläufer

Moin,

ich habe  zwei Fotos machen können und hoffe, man kann die Bruchstelle erkennen.


Die Retusche beginnt steil und wird dann etwas flacher zur dreieckigen Bruchstelle hin.

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

StoneMan

Moin,

@ Gabi,

finde ich gut - das Ding ist schließlich mikro winzig  :super:

Allein das unterste Bild kann ich nicht deuten, auf welche Fläche / Seite schaut man drauf? :glotz:


@ Holger, Danke für Deine Ausführung.

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

Wiesenläufer

Moin,

@ Jürgen,

das unterste Bild ist die Ventralfläche, die dreieckige Bruchstelle befindet sich rechts.

Gruß

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

StoneMan

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Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Das letzte Foto macht mich doch etwas stutzig :dumdidum:
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Zitat von: Danske in 17. Mai 2019, 20:44:36
Das letzte Foto macht mich doch etwas stutzig :dumdidum:

Sach an - hört ja keiner  :smoke:
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Kann es sich um eine partielle Rückenstumpfung handeln? :glotz: Würde dann in Richtung rückenretuschiertes Messer gehen, oder seh ich das falsch?
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Zitat von: Danske in 17. Mai 2019, 23:11:40
Kann es sich um eine partielle Rückenstumpfung handeln? :glotz: Würde dann in Richtung rückenretuschiertes Messer gehen, oder seh ich das falsch?

Moin Holger,

würdest Du nicht falsch sehen, dahin gehen meine Gedanken.
So gut auch Gabis Fotos sind, kann ich auch aufgrund mangelnder Erfahrung das nicht definitiv bestimmen.

Da müssten dann noch weitere Fundbelege her. Die Zeitstellung wäre bei Gabi nicht das Problem,
bis Spätpaläolithikum geben ihre Äcker sicher was her.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
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Antoine de Saint-Exupéry

hargo

Moin,

ich würde die Funktionsfläche bei diesem Stück auf der nicht retuschierten Kante vermuten.

mfg

StoneMan

Moin,

yep, dass nicht retuschierte Kanten trefflich schneiden ist ja bekannt und belegt, dass es gemacht wurde.

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry