Ein Schlagstein aus einem Flussgeröll

Begonnen von thovalo, 13. Juli 2015, 19:47:01

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thovalo



Vorgestern fand sich sehr nahe zu dem kräftigen Rijckholtkratzer der MK

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,67146.0.html


rechts des Niederrheins, auch noch dieser durch landwirtschaftliche Gerätschaften deutlich malträtierte bipolar intensiv verwendete Schlagstein.

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Zwei Langseiten weisen zudem paarig zueinander orientierte Narbenfelder auf.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo Thomas,
ein in dieser Qualität excellentes Fundstück,
einer der schönsten und Schlagsteine die ich  :glotz:
Besonders das Foto DSCN0628.jpg  zeigt recht deutlich den besagten Bereich.
Gruß
Peter

thovalo


Die auf das weitere Gelände bezogene Fundanzahl von Schlagsteinbelegen aus Quarzit und Quarz beläuft sich inzwischen auf fast 100 Belegstücke. Sie scheinen in diesem Bereich im Wesentlichen mit der Herstellung von Beilklingen aus Siltstein in Beziehung zustehen von denen immer wieder Vorarbeiten in unterschiedlichen Stadien der Oberflächenbearbeitung mithilfe von Schlagsteinen auftreten.

Der Silt- oder Schluffstein ist in de Mohs-Härte geringer ausgeprägt als Quarzit und Quarz.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter

 :super: Müsste so was wie einen "Like" Knopf für die Beiträge geben, was soll ich sonst sagen, schöne Funde, wie immer!
Gruss...

Steinsucher

Hallo Stonies,

erst mal ja, ein schönes Artefakt. Ich habe auch keine Probleme mit der Zuweisung als Gebrauchsgegenstand. Schlagstein irritiert mich etwas. Ich hätte keine Probleme mit Stössel oder Stampfer in Verbindung mit einem Mörser. Solche Teile sind wohl auch nicht einfach einzuordnen, wenn nicht eindeutige Fundumstände da sind. Unter Schlagstein verstehe ich ein zähes Gestein mit dem direkt Feuerstein oder anderes Gestein bearbeitet wurde. Das sehe ich hier nicht so. Für mich daher schwierig.

Aber sicher hier wichtig zur Diskussion.

Gruß, Fritz.



Furchenhäschen

Zitat von: Steinsucher in 24. Juli 2015, 00:11:00
Hallo Stonies,

erst mal ja, ein schönes Artefakt. Ich habe auch keine Probleme mit der Zuweisung als Gebrauchsgegenstand. Schlagstein irritiert mich etwas. Ich hätte keine Probleme mit Stössel oder Stampfer in Verbindung mit einem Mörser. Solche Teile sind wohl auch nicht einfach einzuordnen, wenn nicht eindeutige Fundumstände da sind. Unter Schlagstein verstehe ich ein zähes Gestein mit dem direkt Feuerstein oder anderes Gestein bearbeitet wurde. Das sehe ich hier nicht so. Für mich daher schwierig.

Aber sicher hier wichtig zur Diskussion.

Gruß, Fritz.




Hallo,

damit hat der Fritz natürlich absolut Recht, manchmal sind die eigenen Gedanken und Ansprachen einfach zu eingefahren und wenig flexibel, liegts am eigenen älter werden.
Fritz Du liegst m.E. richtig.

Bei "normalen Schlagsteinen" (ursprünglich würfelförmig) geht ja die Formentwicklung gebrauchsbedingt irgendwann Richtung Kugel.
Dies scheint hier ja generell schon alleine wegen der länglichen Ausgangsform des Stückes anders vorgegeben zu sein.
Die genarbte Nutzfläche ist dann aber doch wieder halbrund ausgeprägt, eine Kugelform wird sich bei diesem Stück nie ergeben können.

Alleine das fein ausgeprägte Narbenfeld deutet doch mehr auf einen
Stössel oder Stampfer hin.
Grüße Peter

stonehunter

Ein idealtypischer Rillenhammer sieht zwar anders aus, dennoch zeigt das Stück gewisse Ähnlichkeiten. Das Funktionsende ist gewölbt und die gepickten Narbenfelder könnten auf eine Schlingenschäftung hinweisen. Die Zeitstellung wäre dann wohl metallzeitlich.

thovalo

#8


Das Ausgangsstück ist ein lang-schmales Flussgeröll. Solche Grundformen bilden die Ausgangsstücke von Schlagsteinen die im Gebrauch immer mehr abbauen. Kugelige und würfelförmige Stücke könne die Endstadien von Schlagsteinen abbilden. Der Fundplatz hat inzwischen mehr als einhundert Belege überliefert. Schlagsteine treten auch auf anderen Stellen des Gesamtfundgeländes auf. Bei den lang-schmalen schlagend genutzten Geröllen wurden immer die Enden schlagend verwendet. Der Fundplatz hat zudem tausende Silexartefakte und Dutzende Beleg von Felsgesteinbeilklingen aus Siltstein/Schluffstein überliefert die im Bereich des Platzes hergestellt worden sind. Die Ausgangsstücke der Beilklingen wurden ebenfalls aus Flussgeröllen gearbeitet. Deren Umrissbildung wurde durch Schlagen überarbeitet. In diesem Fall, wie bei fast allen Schlagsteinen des Fundbereichs, durch streifendes Schlagen mit dem jeweils verwendeten Schlagstein.


Gelegentlich wurden zeigen auch die Seiten Negativmerkmale einer Verwendung, wie das hier ebenso auf gebrochenen Felsgesteinbeilklingen mit sekundär zum Schlagen verwendeten Enden beobachtet werden kann.



zu Schlagsteinen hier eine interessante website:

http://steinharteknochenarbeit.magix.net/website#/Schlagsteine



lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinsucher

Hallo Stonies, hallo Thomas,

und natürlich hallo Peter,

Zeit genutzt und weiter nachgdacht und auch probiert. Ist ja auch nicht so pauschal zu sehen. MK bedeutet ja auch nicht, das alles immer in der gleichen Technik gemacht worden ist.

Es stimmt, bei einer bestimmten Technik kommt es zu diesem Aussehen des "Endes" des Steins. Meiner Meinung nach dann, wenn direkt hart geschlagen wird. Widerspricht ja auch nicht dem, was Thomas ausführt. Es lassen sich auch keine typischen Spuren finden, die zur Schlagpräparation an mesolithischen Kernen hinweisen (Überschleifen der Grate). Die sind aber auch bei den wenigen mesolithischen Schlagsteinen selten zu finden. Oder sind die doch hier an den Seiten zu sehen?

:winke: Fritz

Furchenhäschen

#10
Hallo Interessierte,
allerdings fällt bei diesem Stück schon das überaus feine und gleichmäßig verlaufenden Narbenfeld an den Stirnseiten auf, welches dann meines Erachtens doch  
eher auf ein gleichmäßiges leichtes Schla­gen, wie z.B. beim Pi­cken oder zersto­ßen und auch beim zer­mür­ben eben auf derartigen Gebrauch schließen lassen könnte.
Auch ein streichendes bzw. streifendes, mit relativ wenig direkter "grober" Energie ausgeführtes Schla­gen er­gäbe ähnlich fei­ne Spu­ren.
Wobei sich genau betrachtet auch das Spurenbild der Stirnseiten deutlich voneinander unterscheidet!
Inwiefern spielt denn das Material der Schlagsteine und der geschlagene Stein bei der Ausbildung der Narbenfelder eine Rolle!?
Das Narbenbild von Schlagsteinen kann bei gleichem Einsatz je nach Material sehr unterschiedlich ausfallen.

Die groben Schlagnarben an den Seiten lassen allerdings an harte direkte Schläge denken, also ein Schlagstein der wohl vielseitig eingesetzt wurde

Ich meine ein sehr komplexes und äußerst interessantes Thema!

Grüße
Peter

thovalo



Gerade die fein abgebauten Felder entstehen wohl, durch die experimentelle Beobachtung bestärkt, durch "streifenden" Schlag.
Die angeschlagenen Felder auf den Seiten scheinen eher dadurch aufgearbeitet, dass dort in der Funktion eines "Amboss" / einer Arbeitsunterlage, z.B. Silices aufgesetzt und darauf schlagend bearbeitet worden sind. Auf den hiesigen Sandböden hätte es sonst
keinen Halt respektive kein sonstiges Widerlager für solche Arbeiten gegeben.


lG Thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.