Kleines geschliffenes Steinobjekt

Begonnen von St. Subrie, 27. Februar 2014, 16:56:08

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St. Subrie

Hier ein kleines, schön geschliffenes Steinartefakt aus dunklem Material. welchem Zeitalter ist dies Stück wohl zuzurechnen und wofür könnte man es wohl verwendet haben ?
Provenienz : Südwesteuropa, Pyrenäenumfeld
Gruß
St. Subrie

thovalo

#1

:-)


Sieht schwerstens nach Jade(it) aus!
Gehört demnach zu den alpinen Grüngesteinen!


http://www.cerimes.fr/articles/article_3287/jade


(Französisch kannste ja!  :zwinker: )


Monte Viso (Piemont) und Monte Beigua (bei Genua) sind die einzigen bekannten europäischen Vorkommen.
Gehören zu einem exquisiten Kreis internationaler hoch exotischer Exportartikel.

Es sind Zeichen der Verbindung und Verbundenheit bestimmter kultischer Traditionen durch ganz Europa hinweg.
Die einzelnen Exemplare wurden über 1.000 (eintausend) Jahre hinweg von Generation zu Generation weiter gegeben.

Gingen oft über den Golf von Morbihan und die Rhône.
Interessant und ganz wichtig ist die eingeschliffene Linie.


In Deiner Umgebung noch recht gleichmäßig verbreitet  ........ aber manche Stücke gelangten bis nach Dänemark z.B: Insel Zeeland,
bis Irland und Großbritannien.


Dein Exemplar gehört zwar nicht zu den direkt als "Prunkbeilklingen" bezeichneten großen und dünnen Formen aus Jade.
Das Stück ist aber dennoch auch eher dem zeremoniellen Bereich zuzuordnen.
Eigentlich gehört noch ein zweites "Gegenstück" mit dazu"!


Bei mir liegt eine gleichfalls kleinere Ausführung einer der ältesten ausgetauschten Formen des Typs "Durrington" aus Eklogit vom Monte Viso, das ich hier in meinem Ort bei der Anlage eines Regenwasserrückhaltebeckens in senkrechter Aufstellung, den Nacken in den Boden gesteckt, dokumentieren und bergen konnte. Diese Beilklinge hier stammt aber aus der Frühzeit dieser Tradition und diese Stücke waren meist vergleichbar klein. Das Stück hier ist über 1.000 Kilometer Entfernung ausgetauscht worden.

Der Beleg eines zweiten Exemplares vom Typ "Puy" fand sich ca. 25 Kilometer entfernt direkt am Rheinlauf.
Dieses stammt aus Material vom Monte Viso und hat noch 5 direkte Geschwisterbeilklingen aus ein- und demselben Gesteinblock die in Frankreich und an der Mosel gefunden worden sind.


Auch wenn Du unschuldig gefunden und gefragt hat,
das was Du hast wäre mir viel mehr wert als jede Goldmünze!


lG Thomas  :winke:



PS:
ganz wichtig ist jetzt Deine Beschreibung der Auffindungssituation!


die Regel ist:
Fundplatz liegt immer in der Nähe eines Gewässers, Bach, Fluss, See, Meer


oder

in einem Tumulusgrab oder einer Höhle ............
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sauhund


Furchenhäschen

#3
Hallo,
sehr schön,
als weitere Besonderheit, noch dazu mit beidseitiger Schneide!!
Unter meiner, mittlerweile auf einige hundert Stück dieses Werkzeugtyps angewachsene Sammlung befindet sich ein einziges Stück mit ebenfalls beidseitiger Schneide.
Da wäre die Schäftungsfrage hochinteressant, evtl. war eine wechselseitige Verwendung angestrebt bzw. möglich. Eine Schneide, dies wohl der Form geschuldet, immer etwas schmäler als die andere.

Grüße
Peter

thovalo

#4
Zitat von: Furchenhäschen in 27. Februar 2014, 17:33:09
Hallo,
sehr schön,
als weitere Besonderheit, noch dazu mit beidseitiger Schneide!!
Unter meiner, mittlerweile auf einige hundert Stück dieses Werkzeugtyps angewachsene Sammlung befindet sich ein einziges Stück mit ebenfalls beidseitiger Schneide.
Da wäre die Schäftungsfrage hochinteressant, evtl. war eine wechselseitige Verwendung angestrebt bzw. möglich. Eine Schneide, dies wohl der Form geschuldet, immer etwas schmäler als die andere.

Grüße
Peter



Wow, Peter, fein gesehen!  :glotz:

Das ist eine Variante die in Italien vorkommt.


Klarer Beleg des Austauschs von Prestigestücken im cirkumalpinen Umkreis!
Herkunft am ehesten vom Monte Viso!

Immer wundervoll so etwas zu sehen!  :prost:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Zitat von: thovalo in 27. Februar 2014, 17:26:05
:-)


Dein Exemplar gehört zwar nicht zu den direkt als "Prunkbeilklingen" bezeichneten großen und dünnen Formen aus Jade.
Das Stück ist aber dennoch auch eher dem zeremoniellen Bereich zuzuordnen.
Eigentlich gehört noch ein zweites "Gegenstück" mit dazu"!
[/b]

das könnte zwar möglicherweise unter Umständen zutreffen, ist aber in diesem Fall durch nichts beleg- und beweisbar.
Es ist eine vage Vermutung oder Annahme!
Es handelt sich  letztendlich um einen Lesefund. :friede:
Gruß
Peter

thovalo

#6
Zitat von: Furchenhäschen in 27. Februar 2014, 17:47:17
das könnte zwar möglicherweise unter Umständen zutreffen, ist aber in diesem Fall durch nichts beleg- und beweisbar.
Es ist eine vage Vermutung oder Annahme!
Es handelt sich  letztendlich um einen Lesefund. :friede:
Gruß
Peter



Klar, schriftliche Quellen gibt es nicht.

Es ist die Exotik, der extreme Aufwand zum Schleifen dieses enorm zähen Materials und die enorme Verbreitung der meist unbenutzten Stücke und deren extrem lange Weitergabe die einen solchen Schluß nahe legen!


Inzwischen gibt es reiche Literatur und viele wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse dazu!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

St. Subrie

Guten Abend,

vielen Dank für die überraschenden Informationen, das ist sehr interessant und beeindruckend !
Zur Herkunft dieses  Stücks ( und anderer Objekte) habe ich in unserem Keramikforum folgendes geschrieben :

"Nachdem die Arbeit unseres Kulturvereins sich im Tal (Südwesteuropa) herumgesprochen hat, bekommen wir aus der Bevölkerung hin und wieder Objekte aus Familienbesitz angeboten, öfters dann, wenn der Sammler verstorben ist und bei den Hinterbliebenen wenig Interesse besteht. Bei den Stücken handelt es sich durchwegs um Material aus dem Tal, meist bei der Arbeit auf Feldern und in den Weinbergen geborgen, manchmal erfahren wir auch den genauen Fundort. Es handelt sich um Keramik, Steingerät und Fossilien, nur sehr selten um Metallobjekte wie Münzen. Ich möchte nach und nach einige dieser Objekte hier vorstellen und erhoffe natürlich Meinungen und Informationen zu ihrer Natur."

Ab Mitte kommender Woche werde ich für kurze Zeit wieder vor Ort im Südwesten sein und dann versuchen, mehr über die Herkunft des Beilchens zu erfahren. Laßt uns hoffen, daß der Finder sich bester Gesundheit erfreut und Auskunft über Fundort und -umstände geben kann. Ich weiß zur Zeit nicht einmal, um wen es sich genau handelt, kenne nur den Familiennamen,  um Zustiftungen zur Sammlung des Vereins kümmert sich ein einheimischer Freund.

Das Jadeit-Beil wird mit Sicherheit einen Platz in unserer neuen, zweiten Ausstellungsvitrine finden, die, im Rathaus unseres Dörfchens aufgestellt, zunehmend Interesse auch bei den Menschen der umliegenden Dörfer findet, darunter viele der Grundeigentümer, die uns das Begehen ihrer Felder und Weingärten erlaubt haben.

Ich wäre Euch sehr dankbar für Vorschläge, wie ein kurzer erläuternder Text zum Objekt in der Vitrine aussehen könnte. Alle weiteren Informationen werden in die noch zu erstellenden Dokumentation zum Objekt aufgenommen werden.

Viele Grüße
St. Subrie

thovalo

Klasse Vorhaben!

Der Fundbeleg ist also ein älterer Fund mit noch nicht näher geklärter Herkunft bzw. Fundumständen.
Das kann spannend werden!

Die annähernd rechteckige Form ist ungewöhnlich und könnte eher jünger datieren.
Ist das schalerer Ende wirklich auch scharf wie die breitere Schneide geschliffen?


Der Fundbeleg sieht kaum nach einer tatsächlichen Verwendung bzw. tatsächlich  nicht unbedingt gebraucht aus!


Diese längliche Kerbe taucht auch an großen Beilklignen auf.
Das ist eine wirkliche Besonderheit!


Es ist meist kein Problem Piérre Petrequin selber mal eine mail oder einen Brief mit einem Bild oder mehreren Ansichten des Objekts zukommen zu lassen! In der Regel antwortert er darauf ganz gerne.


Centre national de la recherche scientifique Laboratoire de Chrono-ocologie, UFR Sciences

Adresse:
16, Route de Gray
25030 BESANCON Cedex
FRANKREICH




lG Thomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

St. Subrie

#9
Auch das schmalere Ende ist scharf geschliffen.
Hier ein älterer, aber interessanter Artikel aus dem Spiegel, der zumindest einen allgemeinen Eindruck verschafft
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/geheimnisvolle-kult-beile-statussymbole-der-steinzeit-a-477917-3.html
Und hier eine wissenschaftliche Arbeit zum Thema
http://www.steinzeitwissen.de/neolithikum/steinartefakte/jadeitbeilklingen/prunkbeilklingen-im-rheinland
Dem Autor und dem Furchenhäschen Dank für die Identifizierung des Stückes.



Furchenhäschen

Hallo,
und dankeschön,
anbei noch ein sehr sehr guter Artikel zum Thema aus der academia Edu mit dem Titel:


Göttliches Grün – Ein Stückchen Alpen in Sachsenmore

by Rengert Elburg


als PDF zum Download vorliegend.

hier der Link dazu:
https://www.academia.edu/2610845/Gottliches_Grun_-_Ein_Stuckchen_Alpen_in_Sachsen

Grüße
Peter

thovalo

Zitat von: Furchenhäschen in 28. Februar 2014, 09:33:41
Hallo,
und dankeschön,
anbei noch ein sehr sehr guter Artikel zum Thema aus der academia Edu mit dem Titel:


Göttliches Grün – Ein Stückchen Alpen in Sachsenmore

by Rengert Elburg


als PDF zum Download vorliegend.

hier der Link dazu:
https://www.academia.edu/2610845/Gottliches_Grun_-_Ein_Stuckchen_Alpen_in_Sachsen

Grüße
Peter


Rengert Elburg spricht in seinem Text sogar von

.................    "heiligen Gegenständen"
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

Moin St. Subrie, moin @ll,

Glückwunsch zu dem Beilchen.  :Danke2: Schöner Erfolg der Arbeit eures Kulturvereins  :super:

Hier ein weiterer Artikel der Dich interessiert, weil es eben doch auch ohne die genauen Umstände wichtig ist
und Aufmersamkeit gebührt.
Zitat aus dem Artikel:
"Einzelfunde ohne archäologischen Zusammenhang und unbekannten Fundortes besitzen in der Regel
kaum noch wissenschaftliche Aussagekraft. Aufgrund des ungewöhnlichen Materials erscheint die eingehendere
Betrachtung im Fall des Halberstädter Beils aber doch als lohnend."

Weiter lesen... hier.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

StoneMan

Moin nochma  :-D

dieses Video habe ich auch noch in meinen Favoriten gefunden:

http://www.cerimes.fr/articles/article_3287/jade

Viel Spaß  :winke:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

St. Subrie

Ein sehr interessanter und informativer Artikel, vielen Dank Jürgen ! Was das Zitat betrifft, so finde ich einige Gedanken darin  wieder, es gibt eben nicht nur Schwarz und Weiß, sonder viele Töne dazwischen.
Dein Video hatte Thovalo weiter oben bereits gebracht. Hier unten leicht zu übersehen.
Gruß
St. Subrie

thovalo

#15

  :-)


Ich hab nochmal ne Bitte!

Kannst du das Stück mal direkt, nah und gerade der Längsseite entlang aufnehmen?
Die breite Schneidenpartie wirkt auf manchen Bildern leicht aufgewippt und der Nacken leicht hoch gezogen.

Ich habe in der Literatur bislang kein direkter Vergleichsstück gefunden.
Das Objekt hat ja eine erstaunlicherweise nicht konsequent überschliffene Schmalseite.


lG Thomas  :winke:




In den italienischen Ausstellungskatalogen die ich habe konnte ich kein direktes Vergleichsbeispiel finden.
Die Form erinnert an eine dechselartig geschliffene Klinge.
Sind die Seiten streng gerade geschliffen oder leicht gewölbt?

Die Jadeitstücke mit mehr oder weniger geraden Längsseiten haben eine breite Bandbreite ....... die wirken am ehesten hoch variabel,
je nachdem was die Grundform her gegeben hat.


Der Katalog zeigt einen italienischen "Hortfund" aus Asti D´Amiano darunter auch ein annähernd rechteckiges Stück.
Die originale Klinge die auf dem buch liegt hat in diesem Hort eine absolut identisch gearbeitete und gleich große Form des Typs "Durrington". Bis auf eine Klinge bestehen alle Stücke aus Eklogit vom Monte Viso.

Das Original ist bei Düsseldorf in kultischer Deponierung mit dem Nacken in den Boden gesteckt gefunden worden
(Eklogit vom Monte Viso / Lagerstätte Oncino Bulé)
Das Exemplar ist im Bereich von Schneide und Nacken leicht aufgewippt.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

St. Subrie

Je mehr man sich damit beschäftigt, umso intensiver wird das Gefühl für die polierte Klinge in der Hand, unvergleichlich, weicher als Samt. Ich denke langsam, daß auch für die Menschen des Neolithikums dieses schwer zu beschreibende, ungewöhnliche Gefühl zum Faszinosum Jade beitrug.

Hier also die von Thomas gewünschten  Fotos der Längseiten bei leider schlechtem Kunstlicht. Falls gewünscht könnte ich morgen weitere Tageslichtaufnahmen machen.

Wißt Ihr, woran mich die Fotos erinnern ? An Fotos aus dem Windkanal zum Testen windschüpfriger Formen. Aber seht selbst.


thovalo

Zitat von: St. Subrie in 28. Februar 2014, 20:43:09
Je mehr man sich damit beschäftigt, umso intensiver wird das Gefühl für die polierte Klinge in der Hand, unvergleichlich, weicher als Samt. Ich denke langsam, daß auch für die Menschen des Neolithikums dieses schwer zu beschreibende, ungewöhnliche Gefühl zum Faszinosum Jade beitrug.

Hier also die von Thomas gewünschten  Fotos der Längseiten bei leider schlechtem Kunstlicht. Falls gewünscht könnte ich morgen weitere Tageslichtaufnahmen machen.

Wißt Ihr, woran mich die Fotos erinnern ? An Fotos aus dem Windkanal zum Testen windschüpfriger Formen. Aber seht selbst.



Die leicht aufgewippte Bearbeitungsweise von Schneide und Nacken ist die selbe!
Dann denke ich war das scharfe Nackenende keine bewusst angelegte Schneide sondern ist ein Phänomen des Bearbeitungsschemas.
Sowas kommt auch an Dechselklingen vor.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

#19
Zitat von: thovalo in 01. März 2014, 05:32:17

Die leicht aufgewippte Bearbeitungsweise von Schneide und Nacken ist die selbe!
Dann denke ich war das scharfe Nackenende keine bewusst angelegte Schneide sondern ist ein Phänomen des Bearbeitungsschemas.Sowas kommt auch an Dechselklingen vor.


Hallo Thomas,
da muss ich leider widersprechen!
Die Herstellung von Beil-und Dechselklingen erforderte handwerkliches Geschick und auch eine große Kunstfertigkeit am Material Stein.
Letztendlich war die Herstellung dieser Felsgesteingeräte eine reine Routinearbeit im Alltag der neolithischen "Steinschmiede", sie beherrschten ihr Metier und brachten über Jahrhunderte gesammelte Erfahrung mit ein .
Diese Doppelschneiden wurden nun aber wirklich bewusst hergestellt, dass hatte man im Herstellungsprozess sehr wohl im Griff und hat mit einem Bearbeitungsschema nun wirklich nichts zu tun. Die Herstellung von geschliffenen Werkzeugen war mehr oder weniger ziemlich Zeitintensiv und da die Arbeitsprozesse bzw. Fortschritte am Werkstoff langsam von statten gingen konnte man die Formgebung sehr wohl bewusst steuern, da war nichts dem Zufall überlassen, außer das Werkstück zerbrach.
Das kontrollierte Herstellen von nahezu normenhaften Werkzeuggrundformen der ,,Felsgesteingeräteindustrie" bestätigt mehr oder weniger die bewusste Herstellung einer doppelschneidigen Variante!!

Letztendlich hätte der Hersteller des Artefakts auch im Nachhinein die Möglichkeit gehabt, die zweite, schmälere Schneide, falls wie Du schreibst unbeabsichtigt geschehen, nachträglich zu stumpfen um ein evtl. Schäftungsproblemchen zu umgehen!

Hier einmal mehr das in der laufenden Diskussion aus der Doppelschneidigkeit des Artefakts bisher außer Acht gelassene Schäftungsproblemchen, dass noch nicht angesprochen wurde.
Grüße
Peter

Furchenhäschen

Hallo,
noch ein Vorschlag meinerseits:
Zu diesem wohl doch als Sonderform zu bezeichnenden Felsgesteinwerkzeuges würde ich versuchen den Jürgen Weiner zu kontaktieren.
Im neuen Floss schreibt er schliesslich über neolithische Beilklingen und ist der Spezialist auf diesem Gebiet.
Übrigens, nur am Rande, ist im Floss auf der Seite 829 auch eine doppelschneidige Querbeilklinge, allerdings aus Feuerstein, fast mit Vollschliff abgebildet.
Vielleicht kann möglicherweise Thomas den Kontakt herstellen.

Gruß
Peter

CF

Hallo zusammen,

ohne Zweifel ein sehr schönes und rares Stück! Allerdings wäre es sinnvoll, innerhalb der Fundregion einen Archäologen zu suchen, der etwas dazu sagen kann.

Hier kann seriöserweise lediglich festgestellt werden, dass es sich höchstwahrscheinlich um alpines Grüngestein handelt. Weiter lässt sich vermuten, dass die Rille intentionell ist.

Peter hat natürlich Recht mit der Feststellung, dass beide Schneiden intentionell angelegt wurden. Quer- und Parallelbeile besitzen in aller Regel einen entsprechend zugerichteten Nacken und eine Schneide. Doppelschneiden sind selten und werden i.d.R. als Sonderformen, nicht als Werkzeuge angesprochen.

Interessant wäre die Information, ob die Schneidensäume scharf geschliffen sind oder eine intentionelle Verrundung besitzen.
"Toleranz ist die Fähigkeit, jeden in seiner Umgebung zu dulden."

Sprotte

Ein wirklich schönes Stück aus alpinem Jadeitit (einem Hochdruck-Metamorphit). Einige Artikel in "Archäologie in Deutschland", Heft 2/2012, beschäftigen sich mit dem Thema "Prunkbeile".

Viele Grüße
Sprotte

StoneMan

Moin,

hier dann auch der Link zu AID --> http://www.aid-magazin.de/Heft-2-2012.3035.0.html
Auf der Site ist auch eine Leseprobe  :glotz:

Gut aufgepasst Sprotte,  :super: das Heft liegt mir vor - empfehlenswert!

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

St. Subrie

Zitat von: CF in 02. März 2014, 08:01:17

Interessant wäre die Information, ob die Schneidensäume scharf geschliffen sind oder eine intentionelle Verrundung besitzen.


Die Schneidensäume, gehe ich recht in der Annahme, daß es sich um die Art der Gestaltung der Schneidenränder an den Längsseiten des Beilchens handelt ?

Gruß

St. Subrie

CF

Hallo St. Subrie,

gemeint ist die Schneidenkante. Arbeitsgeräte besitzen scharfe Schneiden, stumpfe (intentionell gerundete) Schneiden weisen auf symbolische Funktion hin.
"Toleranz ist die Fähigkeit, jeden in seiner Umgebung zu dulden."

thovalo

#26

An den Schmalseiten!
Also den Enden!


Allerdings teile ich die Ansicht nicht, dass es sich um zwei Schneidenpartien handelt.
Aus meiner Sicht steht diese Ausbildung mit der leicht geschwungenen asymmetrischen Bearbeitungsweise der einen Breitseite in Beziehung.

Ich habe hier eine kleine Dechselklinge vorliegen die gleichfalls zwei scharfe Kantenverläufe an den Schmalenden aufweist.
Dabei handelt es sich einmal um die Schneide und einmal um den Nacken auch wenn der Saum der Nackenpartie schmal und schafkantig ausgearbeitet worden ist.

Bei dem Dir vorgelegten Fundbeleg handelt es sich allein aufgrund der mir (noch) nicht ein zweites mal absolut gleichartig bekannten Formgebung um eine Sonderform. Dazu das spezielle und nur an besonders schwer erreichbaren Höhenfundplätzen erreichbare Ausgangsgestein.

Die bearbeiteten Gesteinstücke wurden durch Feuersetzen gewonnen.
Die abgesprengten Stücke haben charakteristische Sprungformen wenn die großen Felsblöcke beim Abkühlen zerspringen.

Diese "Grundformen" bestimmen nicht wenig auch die weiteren Bearbeitungsformen.
Deren Umriss ist oft "schalenförmig" geschwungen".

Das war an diesem Stück vermutlich auch der Fall, sodass, wie auch an dem hier bei mir liegenden Original, Nacken und Schneidenpartie
leicht aufgeschwungen ausgeführt worden sind. Die letzte Bilderfolge zeigt die geschwundene Seitenansicht ganz hervorragend. Dieses Phänomen ist an den Kleinformen unter anderen auch Kleinformen des Typs "Durrington" charakteristisch.

An der Dir vorgelegten, zumindest entfernt an eine Dechselklinge erinnernde rechteckige Grundform, wurde der Nacken durch das Überarbeiten sehr dünn und scharfkantig ausgearbeitet ohne die zwingende Absicht eine zweite Schneidenpartie auszubilden.

Das ist zumindest eine von mehreren Erklärungsmöglichkeiten.


lG Thomas  :winke:


PS: die Dechselklinge stelle ich heute Abend auch in Bildern mit ein


Der Ansprechpartner in Südfrankreich ist Piérre Pétrequin
Die Adresse ist ja schon gleich am Anfang mit eingestellt worden.
Wenn Jemand etwas dazu sagen kann und dann noch auf die Fundregion bezogen dann er selber.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo,
na ja, wie dem auch sei,
anbei habe ich mal auf die Schnelle (vorerst) zwei Beispiele einer Beilklinge und Dechselklinge mit jeweils zwei Schneiden gefunden.
Die Beilklinge ist ziemlich abgearbeitet, die beiden Schneiden durch Gebrauch ziemlich gestumpft, allerdings ist die Zweischneidigkeit immer noch sehr gut erkennbar.

Grüße
Peter

Furchenhäschen

Hallo,

und hier ein weiteres Beispiel für eine Dechsel mit beidseitiger Schneide.

Grüße
Peter

teabone



aus meiner Sicht ist die mögliche Verwendung zweier gegenseitiger Schneiden an einem Werkzeug durchaus vorstellbar. Es bedarf beim Einsatz derselben bloss zweier genau gefertigter Einsatzstücke, die am Schaft leicht ausgetauscht werden können. So kann die gerade nicht verwendete Schneide geschützt sein.

Diese intensionelle schräg angelegte Kerbe beschäftigt mich sehr. Vorstellbar wäre ein negatives Gegenstück im Futter worin ein stabförmiger Einsatz die Dechsel arretiert.

LG Augustin

eine zweischneidige Angelegenheit jedenfalls...
Such- und Fundgebiet: Weinviertel, Nö.