Noch ein ungewöhnlicher Abschlag

Begonnen von Schabersucher, 24. September 2025, 21:01:27

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Schabersucher

Liebe Leute,

hier kommt ein weiterer Abschlag ein einer ungewöhnlichen Form, der Schlagfläche, Negative, Bulbus besitzt. Hier ist wieder ein Negativ auf der Dorsalfläche stark konkav nach oben gekrümmt, der Stein hat also eine ziemliche Ähnlichkeit zu diesem anderen Stein, den ich am gleichen Strand gefunden habe:

https://sucherforum.de/steinartefakte/kleiner-ungewohnlicher-abschlag-mit-retuschen

Der hier vorgestellte Stein ist stärker abgerollt, ob retouchiert oder nicht, ist für mich noch schwerer erkennbar, da lege ich mich lieber nicht fest. Allerdings gibt es an der distalen "Spitze" des Steins einen sogenannten Stichelschlag (wenn ich das richtig interpretiere) und weitere Absplisse, die die Spitze nochmal spitzer machen... und die Kante ist im Spitzenbereich wieder durch Absplisse in der Breite reduziert, ganz ähnlich wie bei dem anderen Stein mit Steckenbleiber im Negativ, https://sucherforum.de/steinartefakte/kleiner-ungewohnlicher-abschlag-mit-retuschen.

Was meint ihr zu dieser Ähnlichkeit und zu dem, was ich hier Stichelschlag nenne?

Viele Grüße,
Sven

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.


Schabersucher

und hier noch Details von der Spitze des Steins...

Wiedehopf

Guten Abend Sven,

ich traue mir nicht zu, dein Stück zu beurteilen, meine aber eine gewisse Ähnlichkeit zu den 'Curved tip beaked burins - Parrot Beak Burins' auf dieser Seite zu erkennen:

https://www.donsmaps.com/hamburgian.html

Vielleicht kannst du mal selber vergleichen und schauen ob das wohl hinkommt.

Viele Grüße
Michael

Steinkopf

Hi Michael,

"Krombekstekers (niederländisch), Curved tip beaked burins (englisch), Zinken (dänisch / deutsch)

Ist es das?

LG
Jan

Wiedehopf

Moin Jan,

ja, ich musste aufgrund der langgezogenen und zur Seite gebogenen Spitze an einen 'Zinken' denken. Ob es aber wirklich zutrifft kann ich bei dem stärker abgerollten Stück nicht sicher beurteilen. Sven schreibt ja selber:

ZitatDer hier vorgestellte Stein ist stärker abgerollt, ob retouchiert oder nicht, ist für mich noch schwerer erkennbar, da lege ich mich lieber nicht fest.

Viele Grüße
Michael

Schabersucher

Moin, Michael und Jan,

ich hänge hier mal ein Foto an, das ich im Museum in Kopenhagen gemacht habe  :-D . ("Flint tools from reindeer hunters camp at Solbjerg / Lolland, Hamburg Culture, 12200 BC"):
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Die Form meines Steins ist diesen Werkzeugen tatsächlich ziemlich ähnlich. Bei den tools aus Lolland und auch bei den Abbildungen auf der von Michael verlinkten Seite scheint mir aber die "Arbeitsspitze" meist noch stärker herausgearbeitet zu sein, also mit Retuschen, die die gesamte Form deutlich stärker verändert haben. Während bei meinem es eher kleinere Retuschen wären.

Aber ich freue mich natürlich sehr, dass das möglicherweise ein sehr altes Werkzeug sein könnte! Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wurden solche Werkzeuge von den Rentierjägern der jüngeren Altsteinzeit noch benutzt, aber im Mesolithikum dann nicht mehr (?).

Viele Grüße,
Sven

Wiedehopf

ZitatWenn ich es richtig verstanden habe, dann wurden solche Werkzeuge von den Rentierjägern der jüngeren Altsteinzeit noch benutzt, aber im Mesolithikum dann nicht mehr (?).

Moin Sven,

die Geräte wurden von den Rentierjägern der Hamburger-Kultur genutzt um Späne aus Geweihen zu trennen um diese dann zu Nadeln und ähnlichem weiterzuverarbeiten.

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Nachfolgekulturen es sich dann einfacher gemacht haben. Die Geweihe wurden zerschlagen und dann geeignete Splitter aus den Trümmern genommen und zurecht geschliffen.

Viele Grüße
Michael   

Steinkopf

Moin in die Runde,

Michael schreibt:"Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Nachfolgekulturen es sich dann einfacher gemacht haben...".
Es war wohl Alfred Rust, der die Ausgrabungen im Ahrensburger Tunneltal und umzu durchführte und dabei diesen
Unterschied mit Zinken in der  Hamburger-Kultur konstatierte.

LG
Jan

Schabersucher

Moin, Michael und Jan,

Ich habe noch ein Thema für einen weiteren Stein vom gleichen Ort aufgemacht. Dieser kommt den abgebildeten Werkzeugen der Hamburger Kultur etwas näher :
https://sucherforum.de/steinartefakte/zinken-85293/

Viele Grüße,
Sven

Wiedehopf

ZitatEs war wohl Alfred Rust, der die Ausgrabungen im Ahrensburger Tunneltal und umzu durchführte und dabei diesen Unterschied mit Zinken in der  Hamburger-Kultur konstatierte.

Guten Abend zusammen,

Jan hat Recht: Ich hatte das bei Alfred Rust gelesen. Er schreibt zum Thema 'Zinken' in seinem Buch 'Vor 20.000 Jahren - Rentierjäger der Eiszeit' folgendes:

ZitatDer Zinken, dessen Herstellung aus einer Feuersteinklinge wir vorhin erlebten, hat am Oberende eine lang ausgezogene Spitze, die jedoch nicht wie bei einem Bohrer gerade und spitz verläuft, sondern zur Seite gebogen ist und ein breites, kräftiges Ende aufweist. Der Erfindung des Zinkens lag der Gedanke zugrunde, ein Gerät zu konstruieren, das schmal wie ein Stichel arbeitete, aber nicht die durch den geraden Verlauf der Klinge bedingte starre Form aufwies, wie sie den Sticheln zu eigen ist. Der Zinken ist somit eine Art gebogender Stichel, dessen Schärfe quer zu der des echten Stichels, also wie bei einem schmalen Schaber liegt. Das Auftreten und Erlöschen dieses Spezialgerätes fällt mit dem Werden und Vergehen der jungpaläolithischen Hochkulturen zusammen, in denen vorzugsweise Rengeweihe verarbeitet wurden.

Das hat Rust in den 1930er Jahren geschrieben. Ob es da inzwischen neue Erkenntnisse gibt kann ich nicht sagen.

Viele Grüße
Michael