klein, fein, mein .........

Begonnen von thovalo, 29. Dezember 2023, 18:13:05

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thovalo


Moin!


Ich versuche noch weiterhin bei dem beständigen Regen auf dem verpixelten Rübenacker noch etwas aufzulesen. Vorgestern fand sich dabei, neben einigem zersplitterten und auch verbrannten Gefitzel, dieser kleine und weit umlaufend retuschierte Kratzer. Linkslateral ist die Retusche sogar parallel flächig und damit auch schneidefähig ausgeführt.

Könnte schon was für das Maniküreset gewesen sein.  :glotz:



Mit den kleinen Stücken wird man fein gearbeitet haben und sie freuen mich auf dem Fundplatz selber, wie auch auf den gesamten Fundgelände, immer wieder.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo Thomas,
ein feines Stück,findet man gerne so, in diesem Format im Mesolithikum.
Grüße Peter

Danske

Hallo Thomas,

ein feiner Kratzer mit noch feineren Retuschen :super:

Zwei Fragen:
Kann man das Stück als Daumennagelkratzer ansprechen?
Ist die Aussplitterung ventral die Schlagnarbe oder handelt es sich um eine Bulbusreduktion?

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin,

da kann man gerne wiederholen: "klein, fein Dein ..."  :Danke2:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiedehopf

Danke fürs Zeigen des feinen Stückes Thomas. Sehr lehrreich für mich.

Viele Grüße
Michael 

hargo

#5
Zitat von: Danske in 29. Dezember 2023, 20:26:02...
Kann man das Stück als Daumennagelkratzer ansprechen?
...

Ich greife mal vor, auch wenn ich falsch liegen sollte:
M. E. kann man es nicht als "Daumennagelkratzter" ansprechen, weil die einschlägigen Stücke vermulich viel älter und im Gegensatz zu diesem Stück annähernd rundum retuschiert wurden.
Die Form ist darüber hinaus zeitlos!


mfg

Anhängende Fotoquelle:
Neandertal Groszaki
Sonderdruck aus Archäologisches Korrespondenzblatt Jahrgang 37 - 2007 - Heft 3 / RGZM

thovalo

Zitat von: Danske in 29. Dezember 2023, 20:26:02Hallo Thomas,

ein feiner Kratzer mit noch feineren Retuschen :super:

Zwei Fragen:
Kann man das Stück als Daumennagelkratzer ansprechen?
Ist die Aussplitterung ventral die Schlagnarbe oder handelt es sich um eine Bulbusreduktion?

LG
Holger

Ja, den Fund würde ich bei der Größe unter die Daumnagelkratzer einreiehen. Das Schlagmerkmalventral zeigt das Ergebnis eines kurzen direkten harten Shlages. Da ist der Bulbus am Kern geblieben.

lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo Thomas,
in welchem zeitlichen Horizont befinden sich die Funde dieser Fundstelle allgemein.
Betrachtet man jetzt den nahezu schlagfrischen Zustand des Kratzers ist er wohl bis maximal ins Mesolithikum zu setzen, oder?
Grüße Peter

thovalo

Zitat von: Wiedehopf in 29. Dezember 2023, 21:10:58Danke fürs Zeigen des feinen Stückes Thomas. Sehr lehrreich für mich.

Viele Grüße
Michael 

Dankeschön für die Rückmeldung! Wir lernen hier ja sehr glücklich alle immer wieder voneinandner!

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Zitat von: Furchenhäschen in 30. Dezember 2023, 10:10:25Hallo Thomas,
in welchem zeitlichen Horizont befinden sich die Funde dieser Fundstelle allgemein.
Betrachtet man jetzt den nahezu schlagfrischen Zustand des Kratzers ist er wohl bis maximal ins Mesolithikum zu setzen, oder?
Grüße Peter


Guten Tag lieber Peter!

Im Rheinland gibt es eine markante Forschungslücke und das ist die Zeit ab 3.700. Die Michelsberger Kultur mit ihren großformatigen und oft wunderbar handwerklich fein ausgearbeiteten Gerätschaften endet und geht in das späte Neolithikum über.

In der Zeit des späten Neolithikums verfielfältigen sich kulturelle Elemente und splittern in kleienre Kulturkreise auf, die vor allem über ihre Sachkultur definiert werden.

Das Rheinland überliefert bislang kein klares Bild und so gibt es auch keine Kulturbezeichnung für diesen Zeitabschnitt.

Das Fundareal liegt bei Duisburg. Bei dem letzten Versuch einer Annäherung an diese Zeit wurden auch die Funde eines kleinerne Flurstücks des Gesamtfundareals mit einbezogen. Für die Zeit gelten der intensivierte Gebrauch von Schotter- und Maaseifeuerstein, neben einem sonst bunten Materialmix all dessen was man eben irgendwoher abgreifen konnte, sowie die Wiederbenutzung älterer aufgefundener lithischer Artefakte, die Herstellung oft ungleichförmiger Beilklingen aus Valkenburg- und Lousbergfeuerstein, der Gebrauch "ausgesplitterter Stücke, wenige, aber dann gut gearbeitete große Klingen aus maasländischen Feuerstein, größere und breite Kratzer (sogenannten "fanscraper"; fächerartige Kratzer) und insbeondere eine hohe Anzahl kleinformatiger Kratzer, dem das gezeigte Fundstück entspricht. Dass die Zeit immer noch namenlos ist, liegt an dem ausbleiben eindeutig zu deinierender Keramikfunde aus dieser Zeit.

In den Niederlanden gibt es die Haveltekultuuur, in Belgien und Teilen der Niederlande die Kultur von Stein, im Osten die Wartbergkultur, alles Kulturen die über die spezifische Keramik definiert werden konnten. Im Rheinland hat man die entweder (noch) nicht erkannt oder noch nicht gefunden.

Weil auf dem Platz von dem der kleine Kratzer stammt einiige hundert und im angrenzenden Düsseldorfer Norden zumindest einige Pfeilschneiden im Fundaufkommen ertreten sind, im gesamten Rheinkand aber gerade mal ein Dutzend, vermute ich, dass sich eine der regelhaft Pfeilschneiden gebrauchenden Gruppen eine Art Exklave oder Brückenkopf bis auf das rechte RHeinufer voranschieben konnte.

Das wäre dann entweder die Kultur von Stein aus dem Maasgebiet, oder die Wartbergkultur im Osten. Die Trichterbecherkultur hatte zu dioeser Zeit ihren Höhepunkt bereits hinter sich, könnte aber von nord-ost kommend hier noch einen Standort "erobert" haben.

Weil aber die Materialien der Feuersteinbeilklingen dieser Zeitstellung auf dem Fundgelände ihren Herkunfstschwerpunkt bei Aachen, im Belgischen Valkenburg und seltener noch von Sint Geertruid bei Rijckholt haben, liegt der Einfluss der Kultur von Stein nahe.

Im ausgehendne Mesolithikum wurde der Platz  auf Wanderugnen gelegentlich aufgesucht, hatte aber keinen bislang fassbaren besonderen Fundniederschlag.

Demzufolge sind diese kleine Kratzer hier im Wesentlichen mit dem späten Neolithikum verbunden.


lG Thomas


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo Thomas,
Vielen Dank für die äußerst ausführliche sowie sehr interessante Erklärung der Situation in diesem Gebiet.
Viele Grüße Peter

thovalo

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hargo

#12
Ein "Daumennagelkratzer" mit spätneolithischem Kontext ist rückblickend zweifelsfrei zeitlos.
Der Begriff ist auch aus anderen Quellen, mit vergleichbarer Zeitstellung (z.B. bei Fuchs) und früher belegt.
Da stimme ich zu!
Aber, welche Aussagekraft und Berechtigung hat die Bezeichnung DNK dann überhaupt noch?
Bezieht sie sich doch offensichtlich nur auf einen Kratzer im Format eines Daumennagels. Ganz egal in welcher steinzeitlichen Epoche hergestellt.
Wäre es dann nicht besser, generell bei der Ansprache als Kratzer zu bleiben?
:kopfkratz:

mfg

Danske

Zitat von: hargo in 31. Dezember 2023, 00:45:34Ein "Daumennagelkratzer" mit spätneolithischem Kontext ist rückblickend zweifelsfrei zeitlos.
Der Begriff ist auch aus anderen Quellen, mit vergleichbarer Zeitstellung (z.B. bei Fuchs) und früher belegt.
Da stimme ich zu!
Aber, welche Aussagekraft und Berechtigung hat die Bezeichnung DNK dann überhaupt noch?
Bezieht sie sich doch offensichtlich nur auf einen Kratzer im Format eines Daumennagels. Ganz egal in welcher steinzeitlichen Epoche hergestellt.
Wäre es dann nicht besser, generell bei der Ansprache als Kratzer zu bleiben?
:kopfkratz:

Die Frage ist nicht unberechtigt. Schließlich handelt es sich bei den Daumennagelkratzern lediglich um kleinformatige Rund- oder Halbrundkratzer, die zwar ihren Schwerpunkt im ausgehenden JP und Mesolithikum haben, aber bereits im AP, MP und zuletzt verstärkt in den Bechergruppen des Spätneolithikums belegt sind.

Ich würde dennoch die Begrifflichkeit "Daumennagelkratzer" beibehalten. Jeder weiß, was damit gemeint ist. Man darf ihn nur nicht zwingend mit der Epoche des ausgehenden JP und des Mesolithikums verbinden.

LG
Holger 
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo


Moin am letzten Tag des Jahres!

Ja, die Festlegung auf eine Zeitstellung ist durch die Ansprache nicht gegeben, es wird damit nur das Format eines Fundstücks beschrieben.

Die mittelpaläolithischen kleinformatigen Kratzer haben ja eine ganz spezielle Bezeichnung, die sie dadurch auch zeitlich klar weit in die urgeschichte hinein verorten.


Es gehört mit zu den Wundern der ja sehr spät vorgenommen Nachgrabungen im NEandertal bei Hochdahl, dass dort eine Anzahl dieser frühen Minitaturen mit ergraben werden konnten.


In sofern finde ich die Zeitspanne von diesen sehr früh datierenden Miniaturen bis in die Tage der spätjungsteinzeitlichen Stücke nicht weit entfertn davon besonderes verbindend. Der Neandertaler war schon lange da bevor der moderne Mensch dasselbe anfertigre und nutzte.

Insofern werden das auch hoch optimierte Formen für ihren bislang nicht sicher zu beschreibenden Gebrauch gewesen sein.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.