Kernbeil, besonderer Flint

Begonnen von Wiedehopf, 11. März 2022, 15:50:57

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Wiedehopf

Hallo zusammen,

dieses 18 cm lange Kernbeil von Fünen habe ich seit Jahrzehnten in meiner Sammlung mit einigen Fragezeichen bezüglich des Materials aufbewart. Meine Frage war immer ob das Flint oder anderes Material ist. Ich hatte auch schon Schiefer oder schieferartiges Material in Erwägung gezogen obwohl ich natürlich weiss dass nordische Kernbeile fast ausschließlich aus Flint gefertigt wurden.

Jetzt habe ich in der Literatur Hinweise auf einen besonderen auf Fünen vorkommenden Flint gefunden, den Bryozoan Flint, Funen Variety (in Scandinavian Flint von Högberg/Olausson) bzw. Fynsk bryozoflint (in Flint fra Danmarks Oldtid von PVP) aus dem es wahrscheinlich gefertigt wurde.

Ich wollte es einfach mal zeigen weil ich das Material interessant und ungewöhnlich finde.

Viele Grüße
Michael   


   

Steinkopf

Moin Michael,
schön,dass Du uns mal wieder ein interessantes Stück zeigst.

Auf Kernbeil 3 und 5 sieht man, dass das Kernbeil eine dicke Verwitterungsrinde hat.
Der Abspliss legt eine frische Stelle des Materials frei.

Bryozoen kann ich darin aber so nicht erkennen.

LG

Jan

Nanoflitter

Für mich ist das Basalt. Gruss..

thovalo


Tatsächlich sehe ich das in dem Ausschnitt auch als dein Stück Felsgestein an  :glotz: Was sagt denn der Finder selber dazu, der ist ja nun zweifelsfrei am nächsten dran. Oder gibt es bei Euch so eine derb körnige Feuersteinvariante? Die "Patinierung" ist auch ungewöhnlich sandfarben.


liebe Grüße
Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiedehopf

Hallo,

danke für eure Meinungen. Den Finder kann ich leider nicht mehr fragen, das war irgendwann vor 1990. Die Aussage war damals:
aus Flint, von Fünen/Fyn. Das es Flint ist konnte ich nie so recht glauben, an dem Chip erinnerte mich es am ehesten noch an Kieselschiefer. Basalt ist auch keine schlechte Idee. Aber dann habe ich bei PVP auf Seite 25 unter Nummer 5 diesen speziellen groben Fyn-Flint gesehen und gedacht, der könnte es doch sein. Zumindest von der Oberfläche her.

Ich mache morgen mal ein Foto mit dem Stück neben der Abbildung im Buch, dann wird es hoffentlich deutlich. Vielleicht kann ich auch die Beschreibung diesen Flints aus dem Dänischen übersetzen, mal sehen.

Schönen Abend
Michael     

Steinkopf

Moin liebe Flintfreunde,

Auf Fünen  (gab) es das bei Olaussen erwähnte Flintvorkommen (heute z.T. mit Industriemülll verfüllt).
Eine Probe konnte ich mir sichern. Es ist wie ein feiner transparenter Flint mit vielen  Bryozoen.
Unwissenschaftlich gesprochen: wie Bryozoen in Aspik; läßt sich trotzdem gut verarbeiten.
Nicht leicht im Bild einzufangen.

LG
Jan

thovalo

Zitat von: Steinkopf in 12. März 2022, 18:27:14
Moin liebe Flintfreunde,

Auf Fünen  (gab) es das bei Olaussen erwähnte Flintvorkommen (heute z.T. mit Industriemülll verfüllt).
Eine Probe konnte ich mir sichern. Es ist wie ein feiner transparenter Flint mit vielen  Bryozoen.
Unwissenschaftlich gesprochen: wie Bryozoen in Aspik; läßt sich trotzdem gut verarbeiten.
Nicht leicht im Bild einzufangen.

LG
Jan


Dieser Flint ist ja meilenweit entfernt von dem Material des Fundstücks!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Zitat von: Wiedehopf in 12. März 2022, 18:13:38
Hallo,

danke für eure Meinungen. Den Finder kann ich leider nicht mehr fragen, das war irgendwann vor 1990. Die Aussage war damals:
aus Flint, von Fünen/Fyn. Das es Flint ist konnte ich nie so recht glauben, an dem Chip erinnerte mich es am ehesten noch an Kieselschiefer. Basalt ist auch keine schlechte Idee. Aber dann habe ich bei PVP auf Seite 25 unter Nummer 5 diesen speziellen groben Fyn-Flint gesehen und gedacht, der könnte es doch sein. Zumindest von der Oberfläche her.

Ich mache morgen mal ein Foto mit dem Stück neben der Abbildung im Buch, dann wird es hoffentlich deutlich. Vielleicht kann ich auch die Beschreibung diesen Flints aus dem Dänischen übersetzen, mal sehen.

Schönen Abend
Michael     


Hallo zusammen,

hier der Versuch einer Übersetzung des entsprechenden Abschnitts aus dem Buch von PVP:

"Feuerstein mit vielen kleinen korallenähnlichen Stengeln von Bryozoen (Moostierchen) ist im ganzen Land zu finden, aber in einigen Gebieten, insbesondere auf Fünen, wurde der Feuersteintyp häufig für die Werkzeugherstellung verwendet. Eine größere Primärlagerstätte von Bryozoenflint findet sich in Kalksteinschichten aus dem oberen Danien ?? bei Klintholm an der Ostküste Fünens. Hier variieren die Knollen stark in Größe und Form, und einige enthalten Feuerstein, der abgesehen von den Bryozoen glänzend und durchsichtig wie Senonflint ist, andere enthalten rauen und undurchsichtigen Feuerstein eher der Danienvarietät. Für Beile wurde der Bryozoenflint häufig verwendet, aber auch Klingen und flachgeschlagene Werkzeuge konnten aus dieser Feuersteinart hergestellt werden."

Wenn ich das von Michael gezeigte Stück mit der Abbildung bei PVP vergleiche, könnte es sich m.E. durchaus um den besonderen Bryozoenflint aus der groben Danienflintvarietät handeln. Wobei eine Beurteilung bei unklaren Materialien anhand von Fotos sehr sehr schwierig ist.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Wiedehopf

Hallo Holger,

vielen Dank für die Übersetzung, das hat mir einiges an Arbeit erspart. Das Bild liefere ich morgen noch nach.

Viele Grüße
Michael

StoneMan

Moin,

aufgrund der bisherigen Fotos sehe ich keinen Bryozoenflint und auch keinen anderen Flint.

Wenn Bryozoen vorliegt, kann man es recht gut sehen.

Sieht man die kleinen possierlichen marinen Lebewesen nicht,  :glotz: sollte man ihn nicht als solchen ansprechen.

Rohmaterial - Bryozoenflint

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiedehopf

Hallo,

hier noch das Foto welches mich auf die Idee gebracht hat es könne sich um diesen speziellen Flint handeln.
Wenn es so ist, ist das schon sehr sehr untypisch für Flint, jedenfalls den, den ich bisher gesehen habe und das war nicht wenig.  :nixweiss:

Viele Grüße
Michael

neolithi

Hallo Michael,

danke fürs Zeigen dieses interessanten Kernbeils. Ich muss meinen Vorrednern zustimmen:
Das ist kein Flint!

Basalt war von der Optik her auch mein erster Gedanke. Ich bin mineralogisch nicht so fit, aber gehört Basalt zu unseren nordischen Gesteinen? Ich glaube eher nicht.

Denkbar wäre für mich sehr altes Kalkgestein z.B. aus dem Kambrium. Das würde zum Fundort passen. Aus Skandinavien sind diese alten Gesteine mit dem Eiszeitgeschiebe nach Schleswig-Holstein gekommen. Schade, dass es sich um ein Artfakt handelt, sonst könntest du noch eine Ecke abschlagen und schnell dran schnuppern. Wenn es nach Teer stinkt, wäre es der sogenannte "Stinkkalk". Der hat die Konsistenz deines Beilgesteins.
Kann aber auch Kalkgestein aus dem unteren Jura sein.

Schöne Grüße aus dem Norden
Anke

Fischkopp

Auch von mir Hallo,

ich denke es handelt sich bei deinem Stück um Flint.
Ich nenne mal die ungewöhnliche Patinierung "Feuersteinkrebs".

Wir hatten hier mal einen ähnlichen Fall. Wer hat es noch gepostet...? Kann mich leider nicht erinnern.

Die Bodenchemie ist so komplex das es schon mal dem Flint ordentlich zusetzen kann.

LG Fischkopp

Fischkopp

Habe mal auf die schnelle ein Ähnliches Beil mit dieser Patina abgelichtet.
Alle anderen Artefakte dieses Platzes sind "normal" patiniert.

Sorry für die schlechten Bilder, ich hoffe das die Ähnlichkeit trotzdem rüber kommt.

LG Fischkopp

Fischkopp


Wiedehopf

Vielen Dank für eure interessanten Beiträge.

Die Erklärung von Fischkopp ist für mich verblüffend und zugleich plausibel. Die Ähnlichkeit des abgebildeten Stückes zu dem Kernbeil ist deutlich da. Zumal ja auch die Wahrscheinlichkeit eher für Flint spricht. Warum sollte sich jemand im Feuersteinparadies Südskandinavien die Mühe machen so ein störrisches Material wie z.B. Basalt für so ein Stück zu verwenden ?

Ich habe heute mal ein wenig auf Basalt rumgeklopft um das Bruchverhalten zu erkunden. So was wie das Kernbeil daraus zu machen ist fast unmöglich, zumindest für mich (mit drei Jahren Flintknapping-Erfahrung vor ein paar Jahren).

Toll was man hier alles erfahren kann.

Viele Grüße
Michael

Sprotte

Hallo,

es sollte sich schon um eine spezielle Sorte Dan-Flint handeln (kein Basalt, obwohl dieser auch im Norden als Geschiebe vorkommt). Ein neolithisches ungeschiffenes Beil einer meiner Fundplätze zeigt sehr ähnliche Merkmale, auch was die "Körnigkeit" betrifft.

Viele Grüße
Sprotte

steinwanderer

Zitat von: Sprotte in 14. März 2022, 16:18:34
Hallo,

es sollte sich schon um eine spezielle Sorte Dan-Flint handeln (kein Basalt, obwohl dieser auch im Norden als Geschiebe vorkommt). Ein neolithisches ungeschiffenes Beil einer meiner Fundplätze zeigt sehr ähnliche Merkmale, auch was die "Körnigkeit" betrifft.

Viele Grüße
Sprotte

Moin moin,
auch auf meinen Plätzen kommt dieser Dan Flint vor, aber sehr selten.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav