Frage

Begonnen von archfraser, 22. Mai 2020, 10:36:31

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archfraser

Hi

Manchmal finde ich Steine (z.B. Kieselschiefer...) auf "meinen" steinzeitlichen Äcker, die absolut nicht dort hingehören, jedoch keinerlei Bearbeitungsspuren aufweisen.
Wie geht ihr mit solchen Funden um?
Ohne grossartige Kommentare eintüten, oder eher in den Steingarten? Oder lasst ihr sie sogar auf den Feldern liegen?

archfraser
,,Es mag sein, dass wir durch das Wissen anderer gelehrter werden. Weiser werden wir nur durch uns selbst."

Michel de Montaigne

Kelten111

Hallo .
Wenn sie dev. dort nicht hin gehören wurden sie eingeschleppt , also Artefakte.
Wenn es nicht den Rahmen sprengt würde ich sie vorsichtshalber mitnehmen .
Bis sich ein Fachmann das mal angesehen hat .

Mfg  :winke: :winke:

archfraser

Zitat von: Kelten111 in 22. Mai 2020, 11:48:14
Hallo .
Wenn sie dev. dort nicht hin gehören wurden sie eingeschleppt , also Artefakte.

Sorry, aber Artefakte sind von Menschen hergestellte Gegenstände und nicht von Menschen eingeschleppte Gegenstände.

archfraser
,,Es mag sein, dass wir durch das Wissen anderer gelehrter werden. Weiser werden wir nur durch uns selbst."

Michel de Montaigne

palaeo1

#3
Also in Niedersachsen kommen auf fast jedem Acker Kieselschieferstücke vor, es sei denn, es sind Flugsanddecken/Dünen. In dem Fall könnten sie mit anderen Artefakten in einem archäologischen Kontext stehen.

Zur Frage "was ist ein Artefakt", möchte ich weiter gehen als die Definition von Binford. Für mich ist jedes Stück ein Artefakt, das zur Herstellung anderer Dinge genutzt wurde, ebenso wie der Granitstein, der als Rohmaterial zur Herstellung von Granitgrus zur Magerung von Keramik mitgenommen wurde oder der Sandstein zur Herstellung von Schleifsteinen, sofern sie in einem Befund auftauchen. Man kann natürlich sagen, es sind nur archäologische Objekte, aber keine Artefakte. Ist der Ast den, ein Mensch in der Hand hält, um einen anderen damit zu vertreiben schon ein Artefakt oder erst, wenn er ihn zerbrochen hat, damit er damit auch zustechen kann ? Das ergibt eine spannende Diskussion.
LG Klaus

archfraser

Hi Klaus

Aber dann wäre jeder Silexabspliss, jeder Kieselschiefer und jeder Moselkiesel.... bei mir ein Artefakt und ich müsste zwischen bearbeitete und unbearbeitete Artefakte unterscheiden.
Der Moselkiesel kommt in steinzeitlichen als auch im römischen, ebenfalls in mittelalterlichen und neuzeitlichen Befunden vor.
Was bringt es, solche einfachen Natursteine als Artefakte auf zu bewahren?
Aber, wie du schon geschrieben hast, ist es sicherlich eine Diskussion wert.

archfraser
,,Es mag sein, dass wir durch das Wissen anderer gelehrter werden. Weiser werden wir nur durch uns selbst."

Michel de Montaigne

palaeo1

#5
Ich hatte auch geschrieben: "sofern sie in einem archäologischen Befund auftauchen", womit ich keine Fundstreuungen meinte, sondern evidente Befunde. Du hast vollkommen Recht, als Lesefund kommt es in die Tonne, kann man es nicht als Artefakt ansprechen !
LG Klaus

Furchenhäschen

Zitat von: archfraser in 22. Mai 2020, 15:37:05
Hi Klaus

Aber dann wäre jeder Silexabspliss, jeder Kieselschiefer und jeder Moselkiesel.... bei mir ein Artefakt und ich müsste zwischen bearbeitete und unbearbeitete Artefakte unterscheiden.

archfraser

Hallo Archfraser,

das kommt eben auch ganz darauf an was sich einmal Deine Ansprechpartner im Denkmalamt vorstellen und was Du zu leisten vermagst!

Bei den Paläolith./Endpaläolithischen/Frühmesolithischen/Mesolithischen besteht z.B. in meinem Fundgebiet ganz klar die Absprache mit dem Amt das speziell aus diesen Zeiten ein  jeder Abschlag/Kern/Splitter, eben alles was bei der Werkzeugproduktion anfällt eingetütet wird. Solch eine Komplettaufsammlung bringt im Rahmen der Auswertung oder evtl. bei Doktorarbeiten zum Fundpl. interessante Informationen mit sich.
Wie will man denn ohne ein umfassendes Artefaktspektrum sonst feststellen ob jetzt eine Fundstelle nur eine immer wieder kurz begangene Jagdstation war oder über einen etwas längeren Zeitraum aufgesucht wurde.

Zum Thema gab es 2014 beim Treffen der Mesolithikum AG in Landshut auch eine spannende Diskussion, teils ging es heiss hin und her zum Thema Aufsammlungen denn da ging die Meinung etwas auseinander, besonders ein Dänischer Archäologe lehnte ja Begehungen und Aufsammlungen durch Ehrenamtliche und andere strikt ab. Er vertrat die Meinung alles müsse liegen bleiben wo es hingehört. Richter hielt dagegen und berichtete das eben viele der heute bekannten und erforschten Mesolithischen Stationen auf Initiativen von Sammlern erst entdeckt wurden. In jedem Fall die bekannten deutschen Archäologen Heinen/Kind/Gehlen/Richter sprachen sich dafür aus.

Grüße
Peter

Danske

Hallo archfraser,

deine Fragen sind nicht einfach und pauschal zu beantworten. Es kommt auf das jeweilige Suchgebiet an. In Rheinhessen sammle ich Silex, auch Hornstein, grundsätzlich auf, egal, ob es sich um kleine Splitter oder größere Stücke handelt, auch wenn diese keine Bearbeitungsspuren aufweisen. Dies deshalb, weil Flint hier nicht natürlich ansteht und daher, so könnte man durchweg meinen, wohl von Menschen eingebracht wurde. Ebenso betrachte ich Quarzitgerölle ganz genau und nehme sie im Zweifelsfall mit, weil offensichtlich in dem gesamten Areal kein größeres Flusssystem existierte, welches dieses Gestein mit sich führte. Man könnte also davon ausgehen, dass diese Steine da nicht hingehören.

Aber, bei eine solchen Beurteilung ist immer Vorsicht geboten. Durch Rheinhessen floss der miozäne Ur-Rhein von Südosten nach Nordwesten und lagerte jede Menge Schotter und Sand ab, darunter z.B. auch Hornstein. Diese Ablagerungen befinden sich z.T. in Höhen von 250m über NN, also meinem Suchgebiet. Was ich damit sagen will: Gesteinsarten, von denen man annimmt, dass sie absolut nicht in das Suchgebiet gehören, tun es doch, wenn man etwas weiter in der Erdgeschichte zurückblickt.

Was die Frage angeht, was ein Artefakt ist, halte ich es mit der hergebrachten Definition, die sich mit der Übersetzung der lateinischen Wortteile ars - Kunst, Kunstwerk und facere - machen, herstellen deckt: Ein von Menschen hergestellter Gegenstand.

LG
Holger
Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen

hargo

#8
Zitat von: archfraser in 22. Mai 2020, 10:36:31
...Manchmal finde ich Steine (z.B. Kieselschiefer...) auf "meinen" steinzeitlichen Äcker, die absolut nicht dort hingehören, jedoch keinerlei Bearbeitungsspuren aufweisen.
Wie geht ihr mit solchen Funden um?
...

Liegen lassen!
Wie viele Kisten willst du damit füllen?

mfg


Ansonsten schließe ich mich dem Kommentar von Holger an  :super:

Zitat von: Danske in 22. Mai 2020, 23:39:34
...
Gesteinsarten, von denen man annimmt, dass sie absolut nicht in das Suchgebiet gehören, tun es doch, wenn man etwas weiter in der Erdgeschichte zurückblickt.

...

archfraser

Zitat von: Furchenhäschen in 22. Mai 2020, 18:12:42

Bei den Paläolith./Endpaläolithischen/Frühmesolithischen/Mesolithischen besteht z.B. in meinem Fundgebiet ganz klar die Absprache mit dem Amt das speziell aus diesen Zeiten ein  jeder Abschlag/Kern/Splitter, eben alles was bei der Werkzeugproduktion anfällt eingetütet wird.
Selbstverständlich auch bei mir jeder Abschlag/Kern/Splitter eingetütet und bekommt seine individuelle Nummer.
Ich spreche von "Steinen" die keinerlei Bearbeitungsspuren aufweisen und aussergewöhnlich für den Fundort sind.
Welche, die zum archäologischen Befund des Fundortes passen könnten, aber eben auch für ganz andere Zeitepochen.

Zitat von: Danske in 22. Mai 2020, 23:39:34
In Rheinhessen sammle ich Silex, auch Hornstein, grundsätzlich auf, egal, ob es sich um kleine Splitter oder größere Stücke handelt, auch wenn diese keine Bearbeitungsspuren aufweisen. Dies deshalb, weil Flint hier nicht natürlich ansteht und daher, so könnte man durchweg meinen, wohl von Menschen eingebracht wurde. Ebenso betrachte ich Quarzitgerölle ganz genau und nehme sie im Zweifelsfall mit, weil offensichtlich in dem gesamten Areal kein größeres Flusssystem existierte, welches dieses Gestein mit sich führte. Man könnte also davon ausgehen, dass diese Steine da nicht hingehören.

Aber, bei eine solchen Beurteilung ist immer Vorsicht geboten. Durch Rheinhessen floss der miozäne Ur-Rhein von Südosten nach Nordwesten und lagerte jede Menge Schotter und Sand ab, darunter z.B. auch Hornstein. Diese Ablagerungen befinden sich z.T. in Höhen von 250m über NN, also meinem Suchgebiet. Was ich damit sagen will: Gesteinsarten, von denen man annimmt, dass sie absolut nicht in das Suchgebiet gehören, tun es doch, wenn man etwas weiter in der Erdgeschichte zurückblickt.

Mir geht es ganz ähnlich. Hornstein nehme ich immer mit. Grössere Quarzit und auch Quarzgerölle nehme ich immer mit um sie nach dem säubern genauer beurteilen zu können. Sind keinerlei Bearbeitungsspuren zu erkennen, kommen sie in Eimer um sie für den Steingarten zu sammeln. Eine zeitliche Einordnung wäre hier ohnehin unmöglich.
Natürlich hast du Recht, dass verschiedene Gesteinsarten in längst vergangenen Zeiten auch hier angespült sein könnten, aber man merkt schon, wenn eine grössere Anzahl solcher auf archäologischen Fundplätzen liegt. Auf gallo-römischen bemerke ich es immer wieder, da sie hier aus Flussgeröllen auch kleinere Wege o.ä. pflasterten. Jedoch fand ich auch hierbei bereits Klopfsteine, die sowohl neolithischen Ursprung (50m entfernt war eine neolithische Siedlung) als auch römischen oder, warum nicht, auch neuzeitlichen Ursprung haben könnten. Auch paläolithische Artefakte sind mir hier bereits untergekommen. Eigentlich nicht ungewöhnlich, denn auch die Römer sammelten auf den umliegenden Felder solche Steine zum Weiterverwenden ein.

Zitat von: hargo in 23. Mai 2020, 00:01:14
Liegen lassen!
Wie viele Kisten willst du damit füllen?

Gut, so kann man es natürlich auch machen. Ich sehe es aber schon etwas kritischer.


Vielen Dank für eure Antworten und Anregungen!

archfraser
,,Es mag sein, dass wir durch das Wissen anderer gelehrter werden. Weiser werden wir nur durch uns selbst."

Michel de Montaigne