Drei Klingen mit Fragen

Begonnen von osman.herberger, 07. März 2009, 17:09:09

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

osman.herberger

Hallo zusammen,

von einem neolithischen Siedlungsplatz stammen diese drei Klingen. Alle drei sind ganz unterschiedlich retuschiert. Mich würde interessieren, zu welchem Verwendungszweck diese Geräte eingesetzt wurden.

Klinge 1:

Das ist wohl mit ziemlicher Sicherheit ein Kratzer. Aber warum ist er nicht nur am Proximalende sondern auch an beiden Lateralseiten durchgehend retuschiert ? War das zum Kratzen überhaupt notwendig ? Ich denke, man sieht auf den Fotos, dass alle retuschierten Seiten Kratzer-Abnutzungsspuren aufweisen. Wurde mit solchen Geräten mit allen Seiten gleichzeitig gekratzt oder abwechselnd ?
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

osman.herberger

#1
Klinge 2:

Diese Klinge besitzt auf der einen Lateralseite einen Rindenrest, auf der anderen Lateralseite befinden sich ventral ganz feine Retuschen. Das Proximalende verwirrt mich. Es schaut bearbeitet aus, aber nicht unbedingt nach Kratzer. Eventuell für eine Schäftung ? Hatte dieses Gerät eventuell eine schneidende Funktion ?
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

osman.herberger

Klinge 3:

Dieses Gerät finde ich am interessantesten. Auf der einen Lateralseite befindet sich ein Rindenrest, auf der anderen Lateralseite befinden sich an zwei Stellen (siehe Foto !) Retuschen: Die eine Stelle ist eine Einkerbung, an der man auch Arbeitsspuren sehen kann. Weiter oben befinden sich dann an einer Schrägpartie nochmal ganz kleine Retuschen. Was wurde mit diesem Gerät ge- bzw. be- bzw. verarbeitet ?

Sehr viele Fragen, aber wer nicht fragt, bleibt dumm...
Vielen Dank schon mal für jede Hilfe !!

Liebe Grüße

Stefan
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

rolfpeter

Servus Stefan!

a) Kratzer, warum auch seitlich retuschiert - weiß net.
b) Erntemessereinsatz, häufig haben die sog. Endretuschen, sicher, damit sie besser in den Schaft gepaßt haben.
c) heavy impact - Pflugschaden, keine intentionell hergestellte Retusche.

Alles Vermutungen, ich war ja nich dabei - damals.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

osman.herberger

Danke RP !

Dann lag ich mit meinen Vermutungen bei Klinge 1 und Klinge 2 gar nicht falsch. Wobei mich der seitlich retuschierte Kratzer schon bissl stutzig macht...

Den von Dir vermuteten Pflugschaden bei Klinge 3 will ich nicht so ganz wahrhaben...Kann ein Pflug solche kleinen und gleichmäßig nebeneinander liegenden Vertiefungen hinterlassen ?
Mal ganz gewagt gefragt: Ein Unterschneider kann das nicht sein ? Diese Einkerbung mit Arbeitsgebiet-Retuschen und die obere Partie als Fingerschutz-Retuschen ?
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

Der Wikinger


Bei a) und b) schliesse ich mich Rolfpeter an.

Bei c) muss ich sagen, dass ich das auch als intentionell gemachten Retuschen sehe !  :super:
Ein Unterschneider ist es wohl nicht, da müsste die Kante hinter der Retusche und dem Knick scharf sein.
Ein Kerbschaber oder vielleicht -schneider (wegen der offensichtlichen Schärfe der Retusche) könnten in Frage kommen.  :kopfkratz:

:winke:

Silex

3 Mal Arnhofener Plattenhornstein von neolithischer Fundstelle.
Kratzer, Erntemesser , wie unsere Koryphäen schon schrieben.
Beim  dritten Ding schwanke ich hin und her. Distal abgebrochen, lief es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit  dort  ziemlich spitz zu. Ob zu einem Bohrerchen - wobei dann auch die Rindenseite am verlorenen  Spitzende retuschiert gewesen wäre- oder zu einer
steilen Schrägendspitze.
Drum könnte die  sichtbare Retuschierungen an dieser schlangenlinienförmigen Abschlagsbahn als Schäftungs"hilfen" angebracht worden sein.
So kleine Dinger bräuchten bei deinen Böden  "optimale" Bedingungen um dermaßen vom Pflug in die Enge gedrängt zu werden dass es solche Auswirkungen zeitigt.
Aber diese Lateralseite ist dünn, die Traktoren schnell

Interessante Funde, Stefan (beim ersten Kratzer oben kann man sich des Eindrucks nicht erwehren dass Retuschieren an perfektem Wertstoff Spaß machte- und diese rundum bearbeiteten Fundstücke machen nachdenklich wenn man andere neolithische Siedlungsfunde betrachtet die ungemein nachlässig und schlampig gearbeitet wurden....obwohl auch guter Rohstoff vorhanden war.
Da liegt dann manchmal als einzige Grabbeigabe ein unansehnliches berindetes Mickerklingchen zur letzten Reise im Schacht....
Das macht die Sache umso spannender
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.