Ein weiterer Beleg für eine Dechselklinge aus einer Steingrundform

Begonnen von thovalo, 17. Juni 2017, 14:28:45

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thovalo

 

     :winke:


Leider habe ich den Fundbeleg vom vorletzten Wochenende "zu früh" eigelagert ohne vorher die Abmessungen aufzunehmen.

Wie bei einem Abschlag voraus zu setzen ist bereits der Querschnitt der verwendeten Grundform plan-konvex.

Der Nacken liegt im Bereich des Schlagpunktes. Im Distalbereich der Grundform befand sich die heute unter Einfluss der hoch intensiv betriebenen Landwirtschaft abgebrochene Schneidenpartie. Die Form ist pragmatisch lateral zur Nackenpartie hin zugerichtet.

Wie gut zu erkennen ist befinden sich dorsalseitig von der Schneidenpartie her ausgehende gestaffelte Negative. Ob diese intentionell entstanden waren um die Schneide zu schärfen oder ob es sich um Gebrauchsspuren handelt ließ sich noch nicht näher verifizieren.

Das Fundgelände erbrachte bislang fünf gesicherte Fundbelege von Dechselklingen aus Steingrundformen, darunter der idealtypisch ausgeführte Fundbeleg einer bereits abschließend zugerichteten und dann möglicherweise zusamenn mit mehr als einem Dutzend von Feuersteinbeilklingen sehr vermutlich  rituell verbrannten Vorarbeit. Es handelt sich um die bislang höchste Fundanzahl von Dechselklingen aus Steingrundformen auf einem Fundgelände im Rheinland und sicher auch noch auch weit drüber hinaus. Dort fand sich auch das kleinste bislang überhaupt bekannte Exemplar.

http://www.steinzeitwissen.de/beile-axte-und-andere-holzbearbeitungswerkzeuge/dechselklingen-aus-steingrundform

(1. Bild die zweite und vierte Dechselklinge in der Gesamtübersicht; deren Einzelansichten im 3. und 4. Bild im "link"; im 3. Bild eine verbrannte und im Verlauf mehrerer Jahre in zwei Teilstücken aufgelesene Vorarbeit; im 4. Bild das kleinste bislang bekannte Exemplar einer Dechselklinge aus einer Steingrundform)

Die Dechselklingen aus Steingrundformen bestehen auf dem Fundgelände bislang immer aus Feuerstein vom "Rijckholttyp".  Sie werden den extrem umfangreichen Fundinventaren der Plätze zufolge den Siedlungsaktivitäten des Jung- bis Spätneolithikums auf dem Gelände angehören.

Da der Platz durch den intensiven Bezug von Silices aus der Maasregion und die Übernahme kultureller Traditionen, wie die hoch intensive Verwendung und Produktion von sonst im Rheinland kaum vorkommenden neolithischen Pfeilschneiden, einen starke Beziehung zu Traditionen der Maasregion erkennen läßt, ist hier wohl auch in Bezug auf die Herstellung und den Gebrauch von Dechselklingen aus Steingrundformen ein Bezug zu Werkzeugtraditionen des Maasgebietes anzunemen.


Wenn ich die Zeit und Gelegenheit dazu finde reiche ich die Daten dazu nach.


lG Thomas  
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Hallo Thomas,

ein interessanter und ingesamt seltener Fundbeleg, Glückwunsch :Danke2:

Grundform ist also ein Klingenabschlag, dessen Schneide geschliffen und welcher dann quergeschäftet als Beil verwendet wurde. Und der Querschnitt ist immer plan/konvex, was beim nordischen Scheibenbeil nicht immer der Fall ist.

LG
Holger
Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen

thovalo

Zitat von: Danske in 18. Juni 2017, 00:26:54
Hallo Thomas,

ein interessanter und ingesamt seltener Fundbeleg, Glückwunsch :Danke2:

Grundform ist also ein Klingenabschlag, dessen Schneide geschliffen und welcher dann quergeschäftet als Beil verwendet wurde. Und der Querschnitt ist immer plan/konvex, was beim nordischen Scheibenbeil nicht immer der Fall ist.

LG
Holger



Grundform war entweder eine Klinge oder ein Abschlag,
in diesem Fall ein Abschlag.


Im link zu der sehr kleinen Dechselkinge:

"Diese sehr kleine Dechselklinge ist stark benutzt, Reste des geschliffenen Schneidenbereichs sind noch vorhanden. Die Länge beträgt 44 mm, die Breite 22, die Dicke 12 mm. Das Gewicht liegt bei 10,8 Gramm, wohl Rijckholt Feuerstein. Die Dechselklinge scheint bei der Herstellung nicht wesentlich größer gewesen zu sein, wahrscheinlich wurde sie nur für feine Arbeiten ohne großen Kraftaufwand genutzt."

Die Kleinform weist im Schneidenbereich dorsal hoch laufende Negative auf, was sich dann mit der Beobachtung von Negativbahnen im Dosralbereich des Neufundes deckt. Der Neufund war wohl auch in intensiven Gebrauch. Gegebenenfalls ist die Schneide auch im Verlauf der intensiven Verwendung abgebrochen.

Es fällt auf, dass das Gelände extrem zahlreiche Hiebgeräteeinsätze überliefert. Beil- und Dechelsklingen waren in erster Linie Werkzeugeinsätze, auch wenn sie ohne Umbauten direkt auch als hoch wirksame Waffen im Nahkampf gebraucht werden konnten. Das vermittelt den Eindruck, das auf dem Gelände intensiver als in Binnensiedlungen Hölzer bearbeitet worden sein könnten. Das steht vielleicht mit der Lage der Siedlungen nahe zum Flussufer in Beziehung.


Selten sind diese Stücke in jedem Fall, obschon im Rheinland das ältere und mittlere Neolithikum gut und intensiv, die Zeit ab dem jüngeren Neolithikum bislang insgesamt nur sehr schwach und kaum durch vergleichbar aufwändige Grabungen erforscht worden ist. Vielleicht ist das auch ein Effekt minderer Forschungstätigkeit zur relevantenZeitstellung für solche Artefakte.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Mordar

 :winke:

Gibt es vielleicht Fotos vom abgebrochenem Schneiden Bereich?

:winke:

Gerd

The Benutzer Formerly Known As Wühlmaus

thovalo



Sorry, aber der Fundbeleg ist schon im Magazin.
Da wird es dauern nochmal Bilder zu schießen, wenn die aktuellen nicht ausreichen.

Du meinst eine Ansicht der Bruchkante?
Sonst ist ja das Wesentliche auf den Bildern,


lG Thomas
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