Ein kräftiger MK-Kratzer aus einer jungneol. Großsiedlung am rechten Niederrhein

Begonnen von thovalo, 25. April 2012, 20:54:35

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thovalo

 :-)

Am Sonntag konnte ich diesen kräftigen Kratzer aus leicht patinierten Feuerstein der Varietät "Rijckholt" auf einem der Plätze auf dem Siedlungsareal am rechten Rheinlauf auflesen.

Länge 5.3 cm; Breite 4.8 cm

Diese kräftigen Kratzer mit bogenförmiger Retusche/Kratzerkappe sind für die Michelsberger Kultur besonders charakteristisch.
Besonders klar ausgeprägt sind auch die Gebrauchsspuren im Bereich der Kratzerkappe die bei der Bearbeitung härterer flexibler Materialien wie Holz, Knochen und Geweih entstanden sein dürften.

Das verwendete Rohgestein ist über 100 Kilometer hinweg an den Fundort transportiert und dann auf einem unmittelbar angrenzenden Fundpunkt zur Grundformherstellung zerlegt worden. Sehr reichlich liegt daher auch die entsprechende Debitage mit vor. Als weitere Feuersteinvarietät wurde "Hellgrau-Belgischer" Rohfeuerstein aus der Region um Avennes in Belgien über 153 km Entfernung hinweg hierher ausgetauscht und ebenfalls erst auf dem Fundplatz zunächst zu Grundformen und dann zu Kratzern dieses Kalibers zugerichtet.

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,53622.0.html

glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Ajo II

Toller Fund, Thomas!

Mir gefällt besonders die Zusammenpassung im Link! Solche Funde auf einem Oberflächenfundplatz zu finden ist schon fast etwas Singuläres. Danke fürs zeigen!

LG

thovalo

Zitat von: Ajo II in 28. April 2012, 12:28:36
Toller Fund, Thomas!

Mir gefällt besonders die Zusammenpassung im Link! Solche Funde auf einem Oberflächenfundplatz zu finden ist schon fast etwas Singuläres. Danke fürs zeigen!

LG

Dass retuschierte und danach gebrauchte Artefakte, die beiden Kratzer sind im Abstand von mehreren Jahren gefunden worden, wieder aufeinander angepasst werden können ist sicher höchst außergewöhnlich, zudem der Fundort in einer Region liegt, die nicht über solche Feuersteinvorkommen verfügt. Die Silexvarietät der Aufeinanderpassung ist "Hellgrau-Belgischer" Feuerstein der aus der Region von Avennes/Belgien stammt. Dazu liegen weitere Artefakte und zugehörige Debitage dieser Silexvarietät in diesem Fundinventar mit vor.
Der Platz grenzt unmittelbar an den Fundbereich des Rijckholtkratzers Oben an.

Dieses Feuersteinvorkommen ist über 153 km vom Fundplatz entfernt, was eine ungewöhnlich weite Distributionsstrecke von Rohgesteinblöcken dieser Silexvarietät dokumentiert. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass es sich bei dem Fundgelände sehr wahrscheinlich um einen überregional wirksamen Zentralort handelt.

Im aktuellen Forschungsbild zum Jungneolithikum am Niederrhein ergänzt das Fundgelände in der Zusammenfassung zentraler Territorien das Gesamtbild wohl um das gesuchte letzte nord-östliche "Polygon".

Für einen zweiten Platz auf dem Gelände ist es gelungen zwei Abschläge aus Rijckholtfeuerstein, aus weiter auseinander liegenden Abbaufolgen eines Rohgesteinblocks, aufeinander anzupassen. Bei den Fundmengen auf den Plätzen in diesem räumlich klar abgegrenzten Gelände kann bei weiterer Überprüfung vielleicht noch mehr möglich sein. Doch allein schon die Überprüfung der einzelnen Fundinventare aus dem Gelände ist enorm zeitintensiv. Dazu müssten noch Überprüfungen möglicher "Querverbindungen" der Siedlungsplätze zu den Werkplätzen erfolgen.

Bei dem Neufund hier Oben kann ich mir z.B. vorstellen, dass sich der Abschlag des länglichen Negativ aufgrund seiner individuellen Erkmale ggf. finden lässt, sofern es bereits aufgelesen ist!

glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.