Ein großer jungneolithischer Kratzer

Begonnen von thovalo, 15. September 2014, 20:56:31

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo


Dieser große massive Kratzer besteht aus Feuerstein der Varietät Rijckholt in der Niederlanden und fand sich am rechten Niederrhein. Vor diesem Fundbeleg fanden sich dort bereits weit mehr als zweihundert, fast alle so wie dieser, vollständig erhaltene Exemplare, die kaum eine Macke aufweisen.

Eine Besonderheit ist hier die spitz zulaufende Form des Arbeitsendes.

Es ist ein großes Missverständnis, auch in mancher Literatur, zu behaupten, Kratzer seien überwiegend zur Bearbeitung von Häuten eingesetzt worden. Die meisten Großkratzer des Fundgeländes zeigen einen massiven Einsatz bei der Bearbeitung hart-elastischer Materialien wie Geweih, Knochen und Holz.

Dieses spitz zulaufende Exemplar weist deutliche Abraisionen der Arbeitskanten im Gebrauch auf, die auf einen intensiven Arbeitseinsatz hindeuten. Abgenutzt oder unbrauchbar war dieser Fundbeleg in keinem Fall, so wie kein anderes Artefakt der MK auf dem Gelände.

Was die Hintergründe für die einzigartige Fundüberlieferung von Abschlags- und Klingengerätschaften, vieler Pfeilspitzen und Belege von Beilklingen gewesen sind, wird noch zu klären sein.

Der Ort liegt auf einem, in der Forschung bis vor zehn Jahren vollkommen "übersehen", hoch verkehrsgünstig gelegenen Geländeareal, über das der neolithische Fernaustausch von Feuerstein aus den Niederlanden in Richtung von Salzlagerstätten gelaufen ist.


lG Thomas  :winke:


Länge: 6.1 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter

So fette Kratzer kann man ja mit nem Beil verwechseln! :super:

Gruss...

thovalo

#2

Im Gutachten zur Eintragung als archäologisches und Bodendenkmal wird die schiere Masse der großformatigen Abschläge und Artefakttypen aus großen Grundformen, ausdrücklich als Indikator für einen zentralen Standort des jüngeren Neolithikums im Rheinland gewertet.

Wie es aussieht ist das zumindest bisher der nördlichste entdeckte Zentralort der Michelsberger Kultur in ihrem europäischen Verbreitungsgebiet.

In welche Stufe der zu datieren ist wird spannend sein. Vieles wirkt nach einem lange bestandenen Michelsberger Standort ab der Bischheimer Kultur bis in die jüngeren Stufen hinein, während die sonstigen Orte am linken Niederrhein der älteren MK angehören.


Die spezifische Geländesituation erinnert nicht wenig an die des MK-Fundplatzes Thieusies in Belgien.

Die Klärung wird noch dauern!


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Birk

Moin Thomas.  Klasse Stück. Und echt ein Brummer. :staun: Bei mir hier ( Hannover) sind die gerade mal halb so groß. Auch die Menge ( 200) finde ich sehr beeindruckend. :irre:

  Gruß

   Thomas