Ernoite Stichelfrage

Begonnen von Silex, 30. November 2005, 22:04:11

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Silex

Guten Abend
Flaches Teil mit 2mm breiter konkaver "Stichelspitzenausbildung" (auf dem Foto kaum erkennbar)-Deutlich jedoch die  gegen die Spitze ausgeführten Schlagbahnen.. Oder können die noch von einem vorherigen Arbeitsprozess stammen und  der "Stichel"  wäre ein Korrekturabschlag bzw ein schnöder Klingenabschlag?... scharf genug wäre "Sie" ja und  man vermag auch einige letztbezügliche Gebrauchsspuren zu erkennen.
Aber die Spitze ist dermaßen dominierend perfekt dass ich an einen perfekten STICHEL denken möchte
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Silex  :-)

Ich weiss ich habe es früher erwähnt, aber noch einmal:

Wenn ich unsere Archäologen richtig verstehe, sollte man bei den Sticheln, nur bei den Mittelsticheln eigentlich auf die Spitze fokusieren. Sonst ist es die markante "steilscharfe" Kante, die das eigentliche Arbeitsgebiet ist.
Dieses Gebiet erweisst oft kleine Absprengungen wegen harter Belastung.
Das gerät Funktionert wie eine Art Hebel, die hervorragend ist, wenn man z.B. in Knochen oder Geweih arbeiten will.


Silex

Danke für Deine Ausdauer , agersoe , und für Deine Antwort. Die Frage  nach der Arbeitsweise  der steinzeitlichen Stichel beschäftigt mich schon seit geraumer Zeit.  Du hast  mir ja  in einer früheren Antwort schon mal erklärt  wie exzellent diese Dinger in Geweih und Bein arbeiten. Aber keiner meiner Archäologen  konnte mir bisher erklären wie und ob das überhaupt so war.  Auch habe ich bei der schnellen Durchsicht  "meiner anerkannten" Stichel an den Stichelabschlagsbahnen keinerlei Hebelauswirkungsabsplitterungen feststellen können
(auch nicht an der anderen Lateralseite).  Ich bin in der archäologischen Praxis ein Dilettant und habe leider keine Erfahrung  im Steineschlagen aber mir scheint eine schiebende, spanabhebende Wirkung (siehe Kupferstich) wahrscheinlich und die zahlreichen Stichel an Endretusche könnten doch ein Hinweis darauf sein , dass die Endretusche eine Präparation für den nächsten, nachschärfenden Abschlag
darstellen  könnten. Eine beiläufige Nutzung als Kratzerkante im fraglichen Arbeitsprozess könnte zudem als sekundärer  Zusatznutzen
gefragt gewesen sein. Stichel an gegenüberliegendem Kratzer sind auch nicht so selten bei uns
Vielleicht hast Du auch eine weniger spekulative, fundiertere Quelle für die Anwendung des Stichels. Seltsam scheint mir auch dass diese Geräte  ,auch  in meinem Fundgebiet, lediglich auf endpaläolithischen Lokalitäten anzutreffen sind- obwohl im Meso- und Neolithikum bestimmt - oder sogar noch mehr- Geweih- und Knochenartefakte angefertigt wurden.
Wie gesagt ich bin froh über jede Auskunft, denn  die Experten bei uns  haben keine Ahnung.....Auffallend ist dass diese "Fraglichen" -bei uns-heute immer noch sehr scharf und spitz sind -also quasi nie Abnutzungsspuren aufweisen und in vielen Fällen eine konkave Spitzenzurichtung aufweisen- also eine Art Minidoppelspitze.  Wenn Du was Erhellendes über Stichel hast dann rüber zu uns und mir..

Oh sticheln macht müde
Gute Nacht agersoe
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Silex

............dass die Endretusche eine Präparation für den nächsten, nachschärfenden Abschlag
darstellen  könnten.

Ich habe es so verstanden, dass die Retusche tatsächlich zum Anfang der Produktion gemacht wird, um den Stichelabschlag genau machen und steuern zu können.
Man kann nähmlich nicht auf eine scharfe Kante einen solchen quergehenden Abschlag machen, da muss schon eine Art Schlagplateau da sein, deshalb die Retusche.
Werde mal versuchen eine Illustration davon zu finden.



Silex

agersoe:"Ich habe es so verstanden, dass die Retusche tatsächlich zum Anfang der Produktion gemacht wird, um den Stichelabschlag genau machen und steuern zu können.
Man kann nähmlich nicht auf eine scharfe Kante einen solchen quergehenden Abschlag machen, da muss schon eine Art Schlagplateau da sein, deshalb die Retusche."


genau das hab ich verstanden und oben ähnlich beschrieben. Da "er" aber ein "Leitgerät" für  endpaläolithische Fundstellen ist  würde mich eben interessieren ob diese Geräteform "stichelnd ", hebelnd oder ziehend im Einsatz war. Viele meiner Stichel weisen eine deutliche Verbreiterung nach hinten auf und sind an der Basis kratzerähnlich ausgebildet , weisen eine Stumpfung auf oder  sind schäftungsähnlich präpariert- was auf eine eher "schiebende Wirkungsrichtung" schließen lassen könnte......
aber das sind  wohl nur laienhafte Vermutungen und Annäherungen an einen "fernen Spiegel" unserer Gedankenwelt

servus

edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Silex  :-)

@ Silex: Da "er" aber ein "Leitgerät" für  endpaläolithische Fundstellen ist  würde mich eben interessieren ob diese Geräteform "stichelnd ", hebelnd oder ziehend im Einsatz war.

Ja, da glaube ich sind auch die Archäologen in Zweifel, und ich glaube man muss sagen, alle drei Möglichkeiten sind möglich.
Das würde dann eine genaue mikroskopische Untersuchung von Eksperten entscheiden können.

In meiner Sammlung sind jedenfalls sehr viele von dem Typ: ziehend im Einsatz, da die kleinen Absprengungen auf der Hinterseite der steilscharfen Kante sind !  ...wenn du mich verstehst !!  :irre:



Silex

danke agersoe
hier noch  ein Stichel und noch ein..... der uns beide bestärkt, dass wir was gelernt haben.... von derselben Fundstelle....die hab ich erst vom LfD zurückbekommen ...deshalb die guten Zeichnungen
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

und wunderbare Weihnachten....
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Silex  :-)

Schöne Fotos und Zeichnungen der Stichel.

Danke  :super:
..und auch frohe Weihnachten an dir !!


Silex

... und  auf ein kommunikatives neues Jahr......
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

Danke agersoe und  das  noch zum "Letzten" für heute...Sticheln macht Spaß-Alles Gute an Dich und die Deinen und an alle die "guten Willens" sind
Servus aus der Oberpfalz

vom Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

Das hatte ich noch vergessen.Du schriebst , agersoe:"In meiner Sammlung sind jedenfalls sehr viele von dem Typ: ziehend im Einsatz, da die kleinen Absprengungen auf der Hinterseite der steilscharfen Kante sind !  ...wenn du mich verstehst !! "


In welche Zeit datieren Deine Stichel?  Weil mir, wie oben beschrieben, bisher keiner aus meso- und neolithischem Fundzusammenhang
untergekommen ist.... und die Lebensbedingungen und Werkzeuganforderungen können doch  nicht soooo unterschiedlich gewesen sein- oder war der Stichel an das REN  gekoppelt(?)..so dass die nach Norden abgewanderten Weihnachtsschlittentiere nur dort bei Euch den Stichel forderten... und bekamen

Und bei "UNS" ab dem Mesolithikum?... Hirsch- UR- REH... da hätte es sich auch nicht schlecht gestichelt im Gehörn???
"Soviele Fragen... So wenige Antworten" (B.Brecht)

Manchmal sind erst die blödesten Fragen der Anfang der Erkenntnis

Behüt`euch Gott
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo wieder Silex  :-)

Ja, das ist natürlich eine gute Frage.

Ich kann nicht eine 100% sichere Antwort geben, da viele von unseren Fundstellen "gemischt" sind, es ist mit anderen Worten nicht ungwöhnlich, das man sowohl Ertebölle, mittelneolithisches und spätneolithisches am gleichen Ort findet. Das gibt natürlich viele potentielle Funde  :jump: , aber auch grosse Schwierigkeiten die Geräte (wie Stichel, Schaber und Bohrer) zu datieren.  :heul:

Ich kann aber trotzdem von meinen Fundstellen sagen, dass ich überzeugt bin, dass die grosse Mehrheit meiner Stichel-Funde aus der neolithischen Periode stammen.
..........und da waren ja die Rene schon mit dem Weihnachtsmann zusammen nach Grönland umgezogen !!  :narr: :narr: