Das Fragment eines Federmessers

Begonnen von thovalo, 24. September 2017, 20:45:28

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thovalo


Unter den Gestern gefundenen Fundbelegen von einem spätpaläolithischen Fundplatz am rechten Niederrhein liegt auch der leider rezent mit Verlust der Spitze gebrochene Beleg einer Rückenspitze vom Typ der Federmesser vor (Länge noch 2.45 cm)

Es handelt sich um einen patinierten dunklen Silex.

Von der Basis ausgehend ist der Rücken steil retuschiert und mit Beginn einer bei der Herstellung der Grundform bereits entstandenen Facette wechselt auch die Ausrichtung der Retuschierung. Dann folgt der Bruch mit Verlust der Spitze.

Unterhalb der Bimsschicht des "Laacher Seevulkans" bei Miesenheim (Kreis Mayen-Koblenz) wurde ein Federmesser gleicher Größe gefunden, das auf der Abbildung im Verhältnis 1:1 dargestellt ist. Der neu aufgefundene Beleg hat das selbe Format. Bei der "Überblendung" entsteht ein Eindruck bei Vollständigkeit des leider durch die moderne Landwirtschaft beschädigten Stücks.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1

Im Vergleich mit dem Exemplar aus Miesenheim (Kreis Mayen-Koblenz)  :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo


Ein kurzer Kratzer war auch mit dabei.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Unter den Funden von Gestern auch ein Kern mit "Stichelattitüde". Solche kräftigen Stücke werden in der Literatur auch als Stichel interpretiert. An diesem Exemplar kann aber auch ein an hinge-fractures gescheiterter Abbau von Lamellen in Betracht kommen.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter

Der "Stichel" ist net, ist gar nicht so einfach, so einen Schlag zu kontrolliertem Verlauf zu bringen. Entweder schlägt er unten durch oder er läuft in einer Hinge aus. Manchmal klappt es. Eigene Erfahrung. Nehm's den Urahnen nicht übel, wenn der nicht so gelang!  :-D Die Schlagfläche hat ja auch Stichelbahnen, um die langen lateralen Schläge vorzubereiten. Schönes Teil, hat Ähnlichkeit mit meinem von letztens. Gruss..

thovalo


Zitat von: Nanoflitter in 24. September 2017, 21:29:51
Der "Stichel" ist net, ist gar nicht so einfach, so einen Schlag zu kontrolliertem Verlauf zu bringen. Entweder schlägt er unten durch oder er läuft in einer Hinge aus. Manchmal klappt es. Eigene Erfahrung. Nehm's den Urahnen nicht übel, wenn der nicht so gelang!  :-D Die Schlagfläche hat ja auch Stichelbahnen, um die langen lateralen Schläge vorzubereiten. Schönes Teil, hat Ähnlichkeit mit meinem von letztens. Gruss.


Wow,  :super:
gut gesehen, allerdings nicht gut mit abgebildet.


Jetzt wächst erstmal Kraut über dem Ganzen.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo Thomas,
wieder einmal  :super:
aber mit den Sticheln habe ich auch noch immer nicht ausgelernt.
Mit einem anerkannten Facharchäologen und Stichelerkenner bin ich die meinigen einmal durchgegangen.
Die Hälfte ca. verlor ihre fachlich Anerkennung.
Fast hätte ich gesagt "es ist nicht alles Stichel was glänzt"
Immer kritisch zu betrachten, sehr viel kann auch zufällig entstanden sein.
Das Federmesser ist toll!

Grüße
Peter :winke:

thovalo

#7
Zitat von: Furchenhäschen in 24. September 2017, 21:52:24
Hallo Thomas,
wieder einmal  :super:
aber mit den Sticheln habe ich auch noch immer nicht ausgelernt.
Mit einem anerkannten Facharchäologen und Stichelerkenner bin ich die meinigen einmal durchgegangen.
Die Hälfte ca. verlor ihre fachlich Anerkennung.
Fast hätte ich gesagt "es ist nicht alles Stichel was glänzt"
Immer kritisch zu betrachten, sehr viel kann auch zufällig entstanden sein.
Das Federmesser ist toll!

Grüße
Peter :winke:



Das sehe ich auch so. An dem Stück käme zunächst auch der gescheiterte Versuch des Abbaus von Lamellen in Betracht. Dabei hätte dem Bearbeiter spätestens beim zweiten gescheiterten Versuch klar sein müssen, dass er mit einem Versuch eine schmal-länglichen Abschlag abzulösen bei der Dicke der blockierenden hinge fractures nicht hätte durchkommen können. Die im Schlagflächenbereich verlaufenden Negative scheinen dem Ziel zur Erreichung einer geeigneten Schlagkante gedient zu haben. So entstanden die einem Stichel entsprechende Silouhette, Merkmale und Funktionsfähigkeit.

Insgesamt herrschte in dieser Zeit und besonders an diesem Platz, eine technologisch wenig standardisierte Bearbeitungsweise. Da die Menschen den benötigten Silex an den Platz herantragen mussten nutzten sie die bearbeiteten Stücke bis zur Neige aus.

Dabei liegen im Fundaufkommen von diesem Platz inzwischen auch einige nur zur Qualitätsprüfung angeschlagene Rohknollen vor aus denen man noch Vieles an Abschlägen, Klingen und Lamellen als Grundformen hätte anfertigen können.

Es sind verschiedene Hintergründe denkbar warum die hier lagernde Gruppe gegebenenfall frühzeitig aufgebrochen sein könnte und die Rohstücke zurück gelassen haben kann.


Die Lage des Platzes im Gesamtbild der Verteilung der Fundplätze der Federmesserkultur im Rheinland ist die wesentliche Besonderheit. Während es linksrheinisch am Niederrhein inzwischen eine sehr ausgeprägte Verdichtung um die Flüsschen Niers, Inde und Rur gibt, gab es rechtsrheinisch bislang nur den Beleg eines einzelnen Federmessers auf einem sonst erst im Mesolithikum intensiver genutzten glazialen Dünenzug.

Der nun hinzu gekommene und anscheinend komplexer strukturierte Platz mit einem fundreicheren Oberflächenfundinventar liegt wenige Kilometer vom Fundplatz des Federmesserbelegs entfernt und vermittelt einen Aufenthalt dieser Kultur am rechten Niederrhein der nun auch die bestehende Fundlücke von Standorten von Jagdlagern zum Ruhrgebiet und nach Westfalen hin schließt.

Sicher werden bei intensiven Prospektionen auch hier in den glazialen Dünenbereichen noch mehr Plätze zu entdecken sein. Das Schwierige ist die Stellen überhaupt zu bemerkenund und zu erkennen. Leider sind die wenigen Augensucher die es in der Region einmal gegeben hat im wörtlichen Sinne "ausgestorben".


Für November ist in Bonn der erste nähere Austausch zu diesem Fundvinentar geplant, das bereits in die offizielle Registratur der Federmesserfundplätze im Rheinland aufgenommen worden ist.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.