mittelpaläolithisches Artefakt

Begonnen von palaeo1, 21. April 2020, 20:49:23

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palaeo1

Nach mehreren Wochen Schreibtischarbeit ging es heute mal ganz spontan zur nächsten Kiesgrube. Und nach 5 Minuten kam das erste Artefakt, leider hat es den Sturz vom Förderband auf die Überkornhalte nicht ganz überlebt. Ein bifazial überarbeiteter Abschlag mit Kantenretusche. Die ockergelbe Farbe ist hier signifikant für Artefakte, die im sauren, organogenen Sediment gelegen haben.
LG palaeo1

PS. sind nur Scanner-Aufnahmen, da mein Kameraakku leer war.

hargo

Hallo,

hättest du 10 Minuten investiert, könntest du uns jetzt zwei davon zeigen ; )
 

mfg

palaeo1

Hier noch mal ein Foto der retuschierten Kante. Rechts sieht man die helle beschädigte Stelle.

Furchenhäschen

Hallo Klaus,

ein interessantes Thema, manchmal hat man Glück und findet auch auf Halde tatsächlich ein zweifelsfreies Artefakt.
Dieses Stück gehört m. E. aber nicht zu den zweifelsfreien Stücken, tut mir Leid.
Was ich sehe kann durchweg auch durch äußere Einflüsse entstanden sein.
Derartige Stücke findet man in OBB zwar nicht auf Halde aber tausendfach auf den Jurarücken an Donau und Altmühl.
Beispiele hierfür gibt's, den allseits bekannten Link dazu möchte ich jetzt an dieser Stelle nicht wider anhängen.

Grüße Peter

palaeo1

#4
Zitat von: Furchenhäschen in 22. April 2020, 09:18:48
manchmal hat man Glück und findet auch auf Halde tatsächlich ein zweifelsfreies Artefakt.

Peter,
bei uns im Norden kommen 90 % der paläolithischen Artefakte aus den Kiesgruben, vom Faustkeil bis zum Keilmesser und da gibt es keinen Zweifel am artifiziellen Charakter. Und ich stelle hier ganz bestimmt kein zweifelhaftes Stück ein.
Hier mal Literatur von mir und Co-Autoren dazu !

https://www.academia.edu/42710123/Die_mittelpal%C3%A4olithischen_Funde_aus_den_Kiesgruben_von_Meitze_FStNr._4_Gde._Wedemark_Region_Hannover

LG palaeo1

Furchenhäschen

Hallo Klaus,

das mag sein allerdings bin ich da einfach anderer Ansicht,
da mich das was ich sehe nicht ausreichend überzeugen kann.

Ich sagte ja Eingangs das ich vergleichbares en masse von den Jurahöhen kenne.
Selbst habe ich auch bereits Artefakte des Steinheimer Menschen auflesen dürfen,
nachzulesen in Steinzeitliche Kulturen an Donau und Altmühl.
Also ganz unerfahren bin ich keineswegs.

Viele Grüße
Peter

palaeo1

#6
Peter,
ich kann das Artefakt in Händen halten, es drehen und wenden und die Reihenfolge der Abschläge und das Konzept beurteilen, Du nicht!! Also einfach mal meiner Einschätzung vertrauen und glauben, es sei denn, Du zweifelst meine Kompetenz an !

RockandRole

Servus zusammen,

ohne die Kompetenz von irgendwem hier anzweifeln zu wollen, möchte ich trotzdem
gerne meine Gedanken auf das digitale Papier bringen.
Ich finde das gezeigte Stück nicht über jeden Zweifel erhaben, obwohl ich keineswegs Kenntnis von Artefakten aus Kiesgruben habe. Wissbegierig bin ich trotzdem.

Ich kann von hier die Grundform nicht erkennen. Ist hier ein breiter Abschlag gemeint? Sind die Merkmale wegretuschiert (große ,Negative') und die vielen Grate übrig geblieben? Ist das mit bifaciel gemeint? Oder die kleinen Retuschen, welche oben, beidseitig an dem Stück zu finden sind? Das würde für mich am meisten nach etwas menschlichem aussehen.

Ich finde man sollte sich immer kritisch mit etwas auseinander setzen dürfen  :friede:

Liebe diplomatische Grüße von jemanden der auch schon gegen Windmühlen gekämpft hat
Daniel
gefährliches Drittelwissen

palaeo1

#8
Daniel,
man kann alles diskutieren. Ich habe in meinen 45 Jahren archäologischer Tätigkeiten weit über eine Million Steinartefakte in meinen Händen gehabt und beurteilen müssen, habe hunderttausende während meiner Grabungen dokumentieren dürfen. Mann kann mit mir alles diskutieren, aber nicht ob Artefakt oder nicht. Das kann ich schon beurteilen. Es ist ein Abschlag mit Kluftfläche, die durch Frost oder Druck entstanden ist. Der Bulbus ist im Zuge der Kantenbearbeitung partiell überprägt. Die Kantenretuschierung ist gleichmäßig erfolgt, im Gegensatz zu einer unregelmäßigen, bzw. gleichmäßigen, aber mit schrägem Verlauf, wie bei geologischen Prozessen. Bei dem Stück sowie auch bei allen anderen Objekten, sind alle Merkmale in der Summe zu betrachten, nie ein Merkmal alleine.
LG palaeo1

palaeo1

#9
Hier mal ein weiteres Beispiel als Oberflächenfund. Ein Primärabschlag, stark glanzpatiniert. Es ist auf der einen Seite leicht gezähnt retuschiert, auf der anderen Seite gebuchtet. Es gab unter den Fachkollegen aber auch gar keinen Zweifel an dem Artefakt.Es sind einfache Abschlaggeräte, die auch als gezähnte und gebuchtete Stücke bezeichnet werden  und z.B. in der Speerfundstelle von Schöningen vorkommen.
LG palaeo1