Axt oder Beil aus Berggestein !

Begonnen von agersoe, 25. November 2007, 12:56:02

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Der Wikinger

Hallo Leute !  :-)

Hier mal eine schöne Axt / Beil aus Berggestein aus "meinem Mooracker".  :jump:

Leider ist es beim Loch abgebrochen, der Rest müsste auch noch da sein, ob mans finden kann ??  :platt:

Länge des Fragments: 12 cm (muss mal eine Länge von etwa 17-20 cm gehabt haben)
Breite beim Loch: 3,75 cm bei der Schneide: 4,3 cm. Maximale Dicke beträgt 4,3 cm.
Breitkanten sind gewölbt, Schmalkanten flachgeschiffen, welches ein fazettiertes Aussehen erzeugt.
Das Beil ist bewusst leicht gedreht im Längenschnitt.
Die Schneide ist völlig unbenutzt, das gute Ding ist wohl beim ersten Schlag gebrochen !

Hier Bilder vom schönen Teil:













:winke:

Waldemar

Schönes Stück hast du da wieder gefunden agersoe. :super:

mc.leahcim

Ein wirklich schön anzusehendes Stück.

Beim ansehen der Bilder empfand ich plötzlich Mitleid mit dem armen Hersteller. Soviel Arbeit hat er in das Stück investiert, es schon stolz den Clanmitgliedern gezeigt und dann ist es geplatzt als er den Stiel eingeschlagen hat. Oder erst als er es ins Wasser gelegt hat damit der Stiel noch etwas aufquillt um ihm mehr halt zu geben. So stelle ich es mir vor.
Was und wie mag er geflucht haben?
Hat er den Rest weit weg geschleudert vor Wut? Ich glaube du musst weiter weg suchen im Umkreis um den Fundort, um ev. den Rest zu finden!
Ein etwas trauriger (weil mitfühlender)

Michael
Gum biodh ràth le do thurus. = Möge deine Suche erfolgreich sein (Keltisch/Gälisch)
Die soziale Kälte hilft nicht die globale Erwärmung aufzuhalten!!

stekemest


Der Wikinger

Zitat von: mc.leahcim in 25. November 2007, 14:01:57
Ein wirklich schön anzusehendes Stück.

Beim ansehen der Bilder empfand ich plötzlich Mitleid mit dem armen Hersteller. Soviel Arbeit hat er in das Stück investiert, es schon stolz den Clanmitgliedern gezeigt und dann ist es geplatzt als er den Stiel eingeschlagen hat. Oder erst als er es ins Wasser gelegt hat damit der Stiel noch etwas aufquillt um ihm mehr halt zu geben. So stelle ich es mir vor.
Was und wie mag er geflucht haben?
Hat er den Rest weit weg geschleudert vor Wut? Ich glaube du musst weiter weg suchen im Umkreis um den Fundort, um ev. den Rest zu finden!
Ein etwas trauriger (weil mitfühlender)

Michael

Richtig mc.leahcim, kann auch beim Einschlagen des Stiels gebrochen sein !!
Wäre interessant seine Steinzeitworte zu hören, ich bin sicher seine Körpersprache muss sehr ähnlich wie heute gewesen sein !!  :wuetend: :zwinker:


Silex

Die ist wirklich außergewöhnlich, agersoe.  Vielleicht beim Aufquellenlassen des Stiels geplatzt. Da entstehen Urkräfte.
Oder doch reines Zeremonial/Opferbeil?
Danke
Bis bald


Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Zitat von: Silex in 25. November 2007, 15:40:42
Die ist wirklich außergewöhnlich, agersoe.  Vielleicht beim Aufquellenlassen des Stiels geplatzt. Da entstehen Urkräfte.
Oder doch reines Zeremonial/Opferbeil?
Danke
Bis bald


Edi

Ja Edi, es gibt auf dem Acker daneben Beispiele für Opferbeile, die bewusst zerschlagen wurden, und in den Moor/ (damals wohl kleiner See) geworfen wurden, aber die sind alle aus Flint.
Ich weiss nicht, ob man das auch mit solchen gemacht hat ??


Ölfinger

Hallo,
ein wunderschönes Beispiel steinzeitlicher Handwerkskunst! Schade, daß es zerbrochen ist.
Wenn ich mir die Axt so ansehe, möchte ich auch hier eine bewußte Zerstörung vermuten. Der Bruch sieht so aus, als wäre auf das hintere Ende ein seitlicher Schlag ausgeführt worden. (Betrachtet man das letzte Bild, dann hätte der Schlag sozusagen von unten kommen müssen.) Hätte ein quellender Stiel das Axthaus gesprengt, so hätten die Zugkräfte das Material eher jeweils an seiner schmalsten Stelle mehr oder weniger glatt zerreißen müssen
Grüße
Ölfinger
was ich so treibe

rolfpeter

Servus,
eine sehr schöne Axt! Ich vermute auch, daß sie absichtlich zerbrochen wurde. Die Wange an der großen Bohrung ist recht filigran. Als Arbeitsgerät würde sich sowas nicht eignen. Wegen der hervorragenden Präzision der Fertigung würde ich auf ein "Prunkgerät" tippen.
Handelt es sich um eine Streitaxt der Einzelgrabkultur?
Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

Tja, eigentlich sind Äxte dieser Form ja in der Literatur oft als Arbeitsäxte / -beile eingestuft ??  :idee:

Die bei uns (Stridsøkser) Streitäxte genannten sind viel grösser und wesentlich filigraner !!

Bin hier im Rätseln was ich nun glauben soll. Ich hab mir mal die Bruchzone näher angesehen, und ich denke man sollte wohl irgendwo eine Quetschung beobachten können, wenn gegen das Stück bewusst geschlagen wurde ??
Auf der einen Seite des Loches in der Bruchzone ist dagegen eine kleine, längliche Delle, wie ein Angelbruch (wie beim Angelbruch in Flint, nur schmaler) zu sehen.(.auf Bild 3 oben zu sehen, rechts kurz neben dem Loch) Die Delle geht in der ganzen Breite des Stücks dem Loch entlang. Vielleicht war da doch eine schwache Stelle im Gestein, die beim einschlagen des Stiels nachgegeben hat ??

Eure Meinungen sind gefragt !!  :kopfkratz:

:winke:

wühlmaus

... naja, rein erkenntnisphilosophisch betrachtet, würde ich als Niederrheiner folgenden Merksatz aus dem Wissensschatz meiner - mindestens 30 Generationen schweren Ahnenreihe - rezitieren:
"Wenn es auf einer Wiese steht, aussieht wie eine Kuh, Gras frißt und ab und zu ein "Muh" von sich gibt, dann ist es eine Kuh" ... und kein Trugbild eines bösen Geistes, wie es Descartes vielleicht formuliert hätte ... :belehr:

Lange Rede kurzer Sinn: 
Mit 100% Sicherheit werden wir es bei diesem Oberflächenfund wahrscheinlich niemals sagen können, ob es sich tatsächlich um eine rituell unbrauchbar gemachte Opfergabe handelt ...

Die meisten Indizien sprechen dafür. Sowohl Fundort und Art der Beschädigung weisen auf jedenfall in die Richtung. Die Schneide ist meiner Meinung nach frisch, das Stück war nie wirklich in Gebrauch und die Bruchfläche liegt genauso, dass ein Umarbeiten zur Weiternutzung wohl nicht mehr möglich wäre ... das Ding ist also so kaputt, wie nur irgend möglich ...
Der Gedanke an ein rituelles unbrauchbar Machen liegt da schon sehr verlockend nahe.
Meine Meinung zu diesem Thema habe ich ja schon mal dargelegt. Die Zerstörung von Opfergaben hat weniger bis gar nichts damit zu tun, dass eventuelle Dritte oder "Zukünftige" die Opfer an sich nehmen ("stehlen") könnten und sie dann wieder profan nutzen ...
Eher sind animistische Glaubensvorstellungen vorraus zu setzen, die - entgegen unserer heutigen Sicht der Dinge - nicht zwischen "lebender" und "toter" Materie trennten, sondern davon ausgingen, dass alle Dinge dieser Welt "beseelt" sind. In diesem Sinne kommt ein Zerstören von Opfergaben ihrer rituellen "Tötung" gleich oder mit - anderen Worten - ihrer Transformierung auf eine andere Ebene des Seins ... Darum tötet man letztendlich auch Opfertiere und kann sie trotzdem später beim Festmahl verspeisen ... nicht das Fleisch, ihre Seele geht zu den Göttern ...  :weise:

Trotzdem kann sich der Skeptiker in mir, eines kleinen, leisen Verdachtes nicht erwehren:
Manchmal ist der Teufel ja ein Eichhörnchen ... und vielleicht hat er ja agersoes Neolithiker gefoppt ... ist es möglich, dass trotz guter Materialauswahl, stundenlanger Bearbeitung, inklusive bohren des Loches, doch eine nichtvorhersehbare Schwäche im Stein war, die der Freude an diesem "schönen, neuen Ding" schon während der ersten Schläge ein jähes Ende bereitete? Wo es keine TÜV Prüfungen gibt, findet man eben nur durch Benutzung heraus, ob ein Ding taugt oder nicht ...

Dem Träumer in mir entspringen noch ganz andere Phatasien ...
Vielleicht ist das gute Stück beim Roden geborsten und die Menschen sagten: "Seht her dieser neue Keil bricht beim ersten Schlag, die Götter wollen nicht, dass wir hier Hand anlegen. Dies Land ist ihres, es ist heilig. Laßt uns hierher unsere Opfer bringen!"
Aber das ist schon viel zu weit gesponnen ...

:winke:
Gerd

Buddelfisch

Hallo AGERSOE,

Gratulation zum Fund und danke für die Detailbilder.
Du schreibst, das Beil ist bewußt im Längsschnitt gedreht.
Könnte man diese Drehung mit den gedrehten Profilen "moderner" Spaltkeile vergleichen?

Gruß
Ralph

Der Wikinger

Hallo Wühlmaus  :-)

Danke für deine interessanten Gedanken !!  :super:

@Buddelfisch

Ich habe wohl da ein falsches Wort benutzt.
Ich meinte, das Stück ist im Längsschnitt gebogen, nicht gedreht !!
Man sieht es auf Bild 2 oben, biegt leicht nach unten.
Ich stelle mir vor, dass das Stück so geschäftet war, dass der Beilkopf leicht "nach innen" zum Benutzer hin biegte, um einen besseren Schlagwinkel zu erzeugen !!

:winke:

Buddelfisch

...jetzt hab ichs gesehen und auch kapiert.
Hab wohl schneller geschrieben als gedacht...  :irre:

Gruß
Ralph

Khamsin

#14
Salaam!

Selbst in dem kaputten Zustand ein wunderschönes Stück, Gratulation!

Auch wenn Steen sein Material am besten kennt, kann ich mich doch des "Gesamteindruckes" (gefährlich, gefährlich!) nicht erwehren, es handele sich um eine ehemalige Streitaxt.
Jedenfalls schliesse ich mich Wühlmaus gerne an: "Die Schneide ist meiner Meinung nach frisch, das Stück war nie wirklich in Gebrauch".

Betrachtet man die Bruchspuren genauer, so wächst die Vermutung, dass die beschädigende kinetische Energie eher von innen, also aus dem Bohrloch kam als von aussen. Dafür spricht vor allem, dass die Bruchkanten - soweit das auf den Bildern erkennbar ist - im annähernd rechten Winkel zur Längsrichtung positioniert sind und überdies in beiden Fällen geradlinig verlaufen.
Bei zerstörender Energie von aussen wären eher unregelmässigere Bruchkanten zu erwarten.

Somit liegt die ja bereits mehrfach von anderen geäusserte Annahme nahe, dass entweder bein Einschlagen des Stieles oder alternativ bei dessen Aufquellen das Bohrloch gesprengt wurde.

Grundsätzlich sollten wir jedoch davon ausgehen, dass unsere Altvorderen diese Gefahren kannten und ihre aufwändig hergestellten profanen bzw. zerimonialen Artefakte kaum dieser Gefahr aussetzten.

Aus diesem Grunde schliesse ich heftiges Einstielen und damit die Annahme, das Stück sei eine Arbeitsaxt, doch eher aus.

Im übrigen entziehen sich echte (jung-?) bis endneolithische Arbeitsäxte aus Felsgestein meiner Kenntnis.

Nicht umsonst laufen neben den Streitäxten parallel profane Beilklingen aus Flint und Felsgestein. Deren praktischer Nutzen war seit dem spätesten Mittelneolithikum/frühesten Jungneolithikum 100000fach erprobt und nachgewiesen.

Somit verbliebe nur noch der Rückzug auf "Streitaxt", wobei zu fragen ist, ob es sich dabei um Objekte mit veritabler Waffenfunktion oder nicht doch eher um Statuszeichen handelte! So oder so ist anzunehmen, dass man Streitäxte mit Stielen aus abgelagertem, nicht aber frischem Holz versah. Denn Frischholz trocknet aus, und die Klinge lockert sich. Diese Stiele dürften mit Vorsicht ins Schaftloch eingetrieben worden sein, und zwar so, dass die Axtklinge einerseits durchaus fest sass, andererseits aber das Schaftloch nicht gesprengt wurde.

Daraus ergäbe sich für meine eingangs beschriebene Vermutung der zerstörenden Krafteinwirkung, dass der Fund in geschäfteter Form in den Boden geriet, der Stiel dort Feuchtigkeit aufnahm und schliesslich aufquoll, was zur Sprengung des Schaftloches führte.

Bitte, das sind alles Vermutungen/Diskussionsbeiträge, keinesfalls Belege dafür, wie es wirklich stattgefunden hat.

Schala gaschle KIS

Sorry, hab ich vergessen, deshalb hier ein Nachtrag:

Sollte es sich tatsächlich um eine Streitaxt handeln, dann käme am ehesten eine späte sog. Jütische nackengekniffene (K-Axt) in Frage.





"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Der Wikinger


Vielen Dank für deine Einschätzung, Khamsin !!

Hört sich sehr plausibel an !!  :super:

:winke:

Silex

Wunderschön,  dieses Teil und geschliffen ......die Rede    auch...... wie vom Wind...der  erzählt..... und  ahnt ...was war

4 Bier und partiell glücklich
(ich bin etwas irritiert durch eine "Wondratscheck- Lesung" im Radio)
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger


Hast du heut abend was ins Bier gemischt, Edi ??  :narr:

- oder isses nur das Radio ??  :smoke: :-D :zwinker:

Silex

Agersoe, ich bin ab und an einfach froh dass es sowas gibt, wie uns. Da hockst Du in Dänemark, ich an der Naab,  viele Freunde irgendwo- mit Verständnis und Wissen und Ahnungen und Funden, ohne Neid und  sonstigen unangenehmen  Begleiterscheinungen. Es ist angenehm und wohltuend und ein Wunder! Manchmal muss man auch die scheinbare Normalität feiern- die beileibe keine ist.
Dank und Bewunderung für UNS!
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger