Artefakt die 2te.

Begonnen von capteloy, 14. März 2015, 23:00:22

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capteloy

Hallo,
hier noch ein Stück, gefunden im Münsterland.
Der Flint ist fast weiß und druchscheinend.
Ist das ein Artefakt?
Viele Grüße
Capteloy

Hier die Fotos:

Nanoflitter

Sieht nach einem kleinen Kern aus. Kannst du nicht mal einen Weißabgleich mit deiner Kamera machen, oder bei Tageslicht fotografieren? Von der Farbe könnte man es für einen Flintenstein halten. Aber wenn du weiß sagst sollte auch das Foto so aussehen.
Gruss...

Steinkopf

Klaro!

Artefakt ist es. Es wäre schön, noch die flache Seite zu sehen, die hier immer auf Zeige- und Mittelfinger ruht!

LG

Jan

capteloy

Die Farbe ist tatsächlich weiß, werde morgen bei Tageslicht nochmal fotografieren.
Hier die Fotos von der Unterseite:


Steinkopf

Das ging aber schnell!

Es ist ein Abschlag (Schlagnarbe ist sichtbar).
Rückseitig ist noch etwas von der ursprünglichen rauen Aussenseite sichtbar.

Mir sieht es nach einem Kratzer aus.

LG

Jan

neolithi

Ich dachte auch erst: kleiner Restkern. Aber die weiteren Fotos lassen mich auch einen hübschen kleinen Kratzer sehen.

HG
neolithi

Nanoflitter

Zustimmung! Die Abschlagsmerkmale deuten auf einen Kratzer hin, obwohl die Fachwelt darüber im unklaren ist, ob diese hochrückigen Kratzer nicht doch in erster Linie dem Abbau kleiner Lamellen dienten.

Gruss...

palaeo1

Für mich ganz klar ein Kratzer!

Gruß
P1

thovalo

#8
Zitat von: Nanoflitter in 15. März 2015, 10:54:28
Zustimmung! Die Abschlagsmerkmale deuten auf einen Kratzer hin, obwohl die Fachwelt darüber im unklaren ist, ob diese hochrückigen Kratzer nicht doch in erster Linie dem Abbau kleiner Lamellen dienten.

Gruss...



Die Bilder sind aus zu weiter Entfernung mit zu viel Fingern  :zwinker:  aufgenommen.
Das macht die Einschätzung schwierig.

Das Ausgangsstück ist ein Frostsprung?

Ich habe das Bild (ich hoffe das ist so ok gewesen!?) bearbeitet und in die Ansicht als "Kernstein" (mit der möglichen Abbaufläche nach Oben) "gedreht".

Wirkt dann eher wie ein Kernstein.
Die "angerauten" Kantenverläufen bilden dabei die Abbaukanten der Negative.

Der Kantenumlauf ist in der Ansicht der natürlich überprägten "Ventralfläche" deutlich unregelmäßig (Einbuchtungen und Aussprünge wie sie bei der Anlage von Abschlägen entstehen) wie es auch bei einem Kernstein der Fall wäre. Zu einer Ansprache als Kratzer benötigte ein solcher Fundbeleg einen regelmäßig linearen Kantenumlauf.


Bild 9975 löst das Rätsel:  :glotz:

Die Abbaukante des KERNSTEINS ist hier nach rechts orientiert und zeigt deutlich die Buchtungen der gelösten Abschläge!


Auf jeden Fall ein Artefakt!
Das ist mal sicher!
Gut gesehen!


lG Thomas  :winke:

PS: das Original des Bildes das hier bearbeitet wurde ist in seiner Ausführung ungewollt so genial geschossen, dass in der Haltung und der exakt gesetzten Unschärfe in die Tiefe hinein der Eindruck einer gleichmäßig linear verlaufenden Kratzerkante entsteht.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

capteloy

Hallo,

Thovalo Danke für Deine Mühe!


Das kleine Ding fotografieren fällt mir wirklich schwer,
habe nochmal eine Reihe ohne Finger eingestellt,
obs weiterhilft?


palaeo1

Zitat von: thovalo in 15. März 2015, 11:04:07

Zu einer Ansprache als Kratzer benötigte ein solcher Fundbeleg einen regelmäßig linearen Kantenumlauf.



Nein, das ist nicht der Fall. Ich habe aus einer neolithischen Siedlung hunderte Kratzer, die einen unregelmäßigen Kantenverlauf haben. Gebrauchsspurenanalysen, haben klar diese Belege als Kratzer ausgewiesen, nicht als Kerne  .

Gruß
P1

thovalo


Bild 9969 ganz Oben zeigt auch deutlich, dass es sich um Abschläge mit den entsprechenden Schlagbuchtungen im Kantenumlauf an einem Kernstein handelt. Bild 9983 direkt über diesem Beitrag bestätigt das! :super:

Die Bilder sind zwar eine Herausforderung zeigen im Grunde aber doch alles Notwendige!


lG Thomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

steinwanderer

Zitat von: thovalo in 15. März 2015, 11:49:13
Bild 9969 ganz Oben zeigt auch deutlich, dass es sich um Abschläge mit den entsprechenden Schlagbuchtungen im Kantenumlauf an einem Kernstein handelt. Bild 9983 direkt über diesem Beitrag bestätigt das! :super:

Die Bilder sind zwar eine Herausforderung zeigen im Grunde aber doch alles Notwendige!


lG Thomas  :winke:



Moin Thomas,
ich würd mal sagen das solche Negative auch beim Retuschieren eines breiten Abschlags zu einem Kratzer entstehen.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

thovalo

Zitat von: palaeo1 in 15. März 2015, 11:48:30
Nein, das ist nicht der Fall. Ich habe aus einer neolithischen Siedlung hunderte Kratzer, die einen unregelmäßigen Kantenverlauf haben. Gebrauchsspurenanalysen, haben klar diese Belege als Kratzer ausgewiesen, nicht als Kerne  .

Gruß
P1


Das trifft es nur halb und voll zu!

Ich habe ebenso hunderte Fundbelege von Kratzern auf die das genau so zutrifft.

Diese Stücke zeigen entsprechende Arbeitsspuren. Der "gebrochene" Kantenumlauf dokumentiert an den hier geborgenen Kratzern Arbeitsspuren durch den Einsatz zur Bearbeitung harten Materials (Knochen, Geweih, weichere Gesteine etc.)

Diese ausgebrochenen Randspuren lassen sich dann aber deutlich von den Trennschlagen von kleinen Grundformen an dem hier gezeigten Kernstein unterscheiden.

Da hier vorgestellte Fundstück zeigt Negative durch das Lösen von kleinen Lamellen/Abschlägen.  :glotz:


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

palaeo1

Genau an solchen Kanten mit eben diesen Merkmalen sind die Gebrauchsspurenanalysen durchgeführt und haben gezeigt, dass es Kratzer sind !

Gruß
P1

Steinkopf

#15
Moin nochmal,

ich möchte gern einen anderen Aspekt fokussieren:  Wie ist die Kante (der Kantenverlauf) entstanden?

Von dünnen Abschlägen lassen sich Retuschen abdrücken.
Wenn die Grundform zu dick dafür ist, muss man kleine Lamellen ablösen.

Das ist bei diesem von capteloy gezeigten Beispiel der Fall.
Von diesem recht stabilen Stück sind handwerklich gut gelungen feine parallele Bahnen abgearbeitet worden.

Ob der Sinn dieses Treiben nun die Gewinnung feiner Lamellen oder die Kratzerkappe oder gar beides war,
das bleibt hier offen.

LG

Jan

Steinkopf

#16
Bei dicken Grundformen sind es keine kleinen Retuschen mehr, es bleiben Bahnen von abgedrückten Lamellen.

Wie in dem angehängten Bild eines Doppelkratzers:

thovalo



Nordisch halt!

Der wäre hier kaum als Kratzer durch gegangen!
Gut dass es immer mehrere Meinungen gibt!

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

palaeo1

Thomas,
dann dürftest Du ja keinen Arignacienkratzer finden. Sorry, aber die gehen bei euch sicher auch als Kratzer durch, die gibt es bei uns leider nicht!

:friede:

Gruß
Klaus

Steinkopf

#19
Hallo,

das "Nordisch halt!" von Thomas möchte ich so nicht stehen lassen.

Das Fundstück von capteloy ist ja noch ohne Fundzusammenhang, der Rückschlüsse auf eine Zuordnung
zu einer Periode mit ihrer Werkzeugtradition erlaubt.
Da empfiehlt sich doch noch eine sehr offene Herangehensweise.

Das von mir zum Vergleich eingestellte Fundstück dürfte nach Begleitfunden der Ahrensburger Stufe
zuzurechnen sein. eine ausgeprägte Klingenkultur auch mit sehr geraden Klingen (fast ohne Krümmung).
Die Kratzer waren typischerweise Klingen(end)kratzer mit präzise gearbeiteten -kappen.
Diese Klingenkratzer sind reichlich und in verschiedenen Längen und Breiten - auch sehr kurze -typisch für die 'Ahrensburger'
Bei einigen Fundorten gehörten noch Riesenklingen zum typischen Inventar.

Mikrolithik mit den den teilweise winzigen Kernen dominierte erst das darauf folgenden Mesolithikum.

Bei capteloy können wir gespannt sein, was demnächst noch auftaucht (...die 3te...).

Schöne Grüße
und einen fundreichen Frühlingstag!

Jan





capteloy

Danke euch allen für eure Einschätzung!!
:Danke2: