Als Klopfstein verwendetes Teilstück eines Rössener Großgerätes aus Amphibolit

Begonnen von thovalo, 15. Mai 2015, 09:05:42

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo

 

       :-)


Gestern fand sich auf kaum abgeregneter Flur die Schneidenpartie eines final als Klopfstein verwendeten durchbohrten Großgerätes aus Amphibolit.

Das Ausgangsmaterial und die weite Lochung deuten auf einen final herunter geschliffenen und zuletzt in der Bohrung gebrochenen "Rössener Keil" hin.

Auf dem Fundgelände begann die Besiedlungsgeschichte im mittleren Neolithikum mit Vertretern der Rössener Kultur. Inzwischen sind auf den 70 Hektar Grundfläche drei Standorte der Rössener Kultur dokumentiert. Zu Beginn dieser ersten Siedlungsphase müssen die Menschen erst einmal den Auwald auf glazialen Dünenbildungen gelichtet haben. Dazu und vielleicht auch beim Hausbau konnten solche Geräte eingesetzt werden.

Den "Rössener" Kulturträgern folgten auf dem Fundgelände Vertreter der noch mittelneolithisch eingeschätzten Bischheimer Kultur, von der auch verzierte Keramik überliefert ist und dann die dieser abfolgenden jungneolithischen Michelsberger Kultur. Die neolithische Kulturfolge setzte sich ungebrochen bis zur frühesten Bronzezeit fort.

Belege von Gerätschaften aus Amphibolit sind an diesem Abschnitt des Niederrhein bislang nur sehr selten rechtsrheinisch gefunden worden.

Das ist der inzwischen 5. Beleg eines durchbohrten Gerätes vom Fundareal und der 3. auf derselben Geländekante.
Alle drei Stücke dürften der Rössener Kultur zugehören und sind sekundär als Klopfsteine verwendet worden.

Von einer anderen Stelle stammt der Beleg eines durchbohrter Keulenkopfes aus Quarzit der ebenfalls der Rössener Kultur zugehört.

Der 5. Beleg stammt von einer anderen Geländepartie und ist das Teilstück einer spätneolithischen Axt aus Gabbro.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Auffallend ist an dem Rohmaterial, dass ein Teil der eingelagerten Schichtung vollkommen ausgewittert ist und auf derselben Seite sich darunter gleich eine vollkommen unverwitterte Schichtung befindet.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Nanoflitter


Steinsucher

Zitat von: thovalo in 15. Mai 2015, 09:12:10
Auffallend ist an dem Rohmaterial, dass ein Teil der eingelagerten Schichtung vollkommen ausgewittert ist und auf derselben Seite sich darunter gleich eine vollkommen unverwitterte Schichtung befindet.

Hallo Forum, hallo Thomas,
sieht sehr interessant aus. Die Spuren erinnern mich an etwas, was ich im Portasandstein gesehen habe. Ich bin ja aus der Porta Westfalica. Ich bin mir auch bewußt, das Amphibolith und Portasandstein eigentlich nichts in Punkto Entstehung und Verwandschaft gemeinsam haben. Auch bin ich kein geologisch gebildeter Mensch.

Also zurück zum Portasandstein. Gleiche Verwitterungsspuren im Sandstein wurden uns besonders an den Säulen des Mindener Rathauses gezeigt. Allerdings erklärte man uns in meiner Jugend (bin jetzt 64), dass diese tiefen Rillen entstanden sind, als die Bürgerwehr sich dort zur Verteidigung der Stadt traf und bei der Gelegenheit ihre Säbel noch einmal schärfte, somit den Sandstein abnutzte. Schöne Geschichte, aber neue Erklärungen nennen Verwitterungsprozesse als Verantwortliche. Diese setzten wohl erst ein, nachdem der Sandstein gebrochen war und an die "frische Luft" kam. Eben auch erst nach dem Bau der Säulen. Dabei werden wohl eingelagerte Elemente von der Luft gefressen?

Vielleicht sind ja trotz aller Verschiedenheiten der beiden Kandidaten irgendwie die Ursachen zumindest verwandt?

Das war der Versuch eines "Brainstormings" ........ Brain?

"Who knows? Not me!"  :nixweiss:

:winke: Aus Heinsberg am Niederrhein,

Fritz.


thovalo



Ciao Fritz!

Mit 66 Jahren da fängt das Leben an!  :zwinker:

Ich habe mich heute durch die Literatur gefressen. Die Distribution von Amphibolit endet recht überraschend aber konsequent um 4.300 v. Chr.

Mit Rössen und und Bischheim war Schluss damit. Hier am rechten Niederrhein gab es vielleicht ein um ein Jahrhundert früheres Ende, denn der Fundplatz liegt in der äußeren Peripherie. Als Grund für den Lieferstop werden Klimaereignisse vermutet die insbesondere auch die Abbaugebiete betroffen hatte.

Der Fundort bildet den Brückenkopf des Rohsilexaustauschs in das Ruhrgebiet und hin zu den Mittelgebirgen.

Es gibt noch zwei Fundbelege von Felsgesteinen die aus dem Rahmen fallen: einmal ein herrliches metamorph überprägtes Tiefengestein als Beleg einer großen Beilklinge, das entweder weit aus dem hohen Norden oder aus der Alpenregion hier her gelangt ist und der Beleg einer Beilklinge aus Jade aus dem Vorkommen auf dem Monte beigua bei Genua. Sichere Amphibolitartefakte sind hier (bislang) nicht vorgekommen. Die zwei weitere Setzkeilbelege von der Geländekante hier sind einmal aus Deckdiabas und einmal aus Basalt hergestellt worden. Das sind die bekannten alternativen Felsgesteinvarietäten aus der Zeit der "Rössener Kultur".

Das Phänomen der leeren Einlagerungsschichten werde ich entweder am mineralogischen Institut in Köln oder in Krefeld am geologischen Landesamt vorlegen und besprechen.

Ich schicke Dir lG nach Heinsberg!  

Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinsucher

Zitat von: thovalo in 15. Mai 2015, 21:09:35
Das Phänomen der leeren Einlagerungsschichten werde ich entweder am mineralogischen Institut in Köln oder in Krefeld am geologischen Landesamt vorlegen und besprechen.

Hallo Thomas, ja, waren die Schichten leer oder sind sie erst wärend oder nach der Zeit der menschlichen Nutzung (Freilegung) leer geworden? Das wäre richtig interessant. Bin gespannt auf Ergebnisse. Let me know.

Fritz