Beilklinge, Klingenkern, Klingenabschlag und Mikrolith

Begonnen von Aliens, 14. Mai 2024, 15:28:45

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Aliens

Moin,

nachdem ich die letzten Wochen hier heimlich eure Funde bewundert habe, wollte ich doch auch mal einige meiner Highlights aus diesem Frühjahr präsentieren. Der viele Schnee und Regen letzten Winter haben an einigen Stellen viele tolle Sachen freigespült!

Mesolithikum ist hier in der Region nachgewiesen, diesem sicher zuordenbar Funde blieben mir bis dato verwehrt. Aber die Mikrolithenspitze geht ja schon mal in die richtige Richtung. :-)

Wenn die Funde erfreuen, werde ich die Tage noch ein paar Fotos von weiteren Steinchen machen und teilen.

Beste Grüße
Alien

thovalo



Guten Tag und danke für die Bilder!


Das erste Stück ist ein Trümmer, ohne dass ich daran menschlichen Einfluss erkennen kann. Das zweite Stück ist die mittlere PArtie (Meidalbruchstück) einer Klinge mit dorsalem Negativ. Gegenüber Abschlägen warne Klingen gar nicht so einfach herzustellen, sondern erforderten technisches Grunlagenwissen zu ihrer Herstelleun. Das dritte Fundstück ist eine Klinge. Der Ausdruck "klingenflrmiger Abschlag" trifft in diesem Fall nicht zu.

Das letzte Stück ist leider kein Mikrolith sondern auch wieser ein kleines Trümmerstück.


Ein Mikrolith folgt geoetrischen Formen und kann darüber auch näher angesprochen werden. Dazu gehört immer auch zumindest eine steil retuschierte Seitenlinie, die zumeist erst die geobetrische Form
herbeiführt.

Die beiden Klingenbelege sind gute Artefakte die gute Hoffnung auf weitere Funde auf diesem Platz geben.


Zum Vergleich hänge ich hier mal Bilder eines mesolithischen Dreiecksmikrolithen mit basisretuschierter Ventralseite mit an.


lG Thomas    :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiedehopf

Zitatnachdem ich die letzten Wochen hier heimlich eure Funde bewundert habe, wollte ich doch auch mal einige meiner Highlights aus diesem Frühjahr präsentieren

Hallo Alien,

herzlich willkommen im Sucherforum. In welcher Region bist du denn unterwegs ?

Viele Grüße
Michael

Neos

Moin, Alien,

auch von mir ein "Herzliches Willkommen!" bei uns!

Zitat von: Aliens in 14. Mai 2024, 15:28:45Wenn die Funde erfreuen, werde ich die Tage noch ein paar Fotos von weiteren Steinchen machen und teilen.

Ich glaube, ich spreche für alle, dass du dir hier keine Gedanken machen musst – natürlich erfreuen uns deine Funde! Also, immer her damit! :-D

Hier meine Einschätzung zu deinen ersten vier Fundstücken, die sich weitestgehend mit der von Thomas deckt:

Beilklinge.jpg
--> Natur pur, wobei mich die Oberfläche direkt an einige Neandertaler-Fundstücke erinnert hat, die ich letztes Jahr auf einer Ausgrabung in Händen hielt. Das Stichwort ist hier "Orangenhaut".

Klingenkern.jpg
--> Ja, es ist (eigentlich) ein mediales Klingen-Fragment (beide Endstücke fehlen). Allerdings lassen die Ausmaße des Fundstücks die Ansprache als Klinge zu, da die Länge mindestens doppelt so lang wie die Breite breit ist.

klingenabschlag.jpg
--> Hier handelt es sich um eine, wie ich finde, sehr schöne Klinge.

Mikrolith.jpg
--> Natur pur und leider – wie Thomas schon schreibt – definitiv kein Mikrolith.

Klasse und von Vorteil ist immer zu schreiben – wie Michael es auch schon erwähnt – aus welcher Region ungefähr ein Fundstück stammt. Das hilft u. U., um ein Artefakt besser einordnen oder auch bestimmen zu können.

Ich wünsche dir weiterhin "Gut' Fund!" und freue mich auf weitere Beiträge von dir, Alien! :super:

Viele Grüße aus Schleswig-Holstein

Frank

hargo

#4
Moin,

auch ich würde mich freuen mehr von deinen Funden zu sehen.  :glotz:

Ist die laterale Einkerbung der Klinge (Klingenabschlag.jpg) eine rezente Beschädigung, oder wurde sie intentionell angelegt?
Ich halte sie vorerst mal für rezent, wie die kleineren Aussplitterungen (Einschläge) auf der gegenüber liegenden Seite auch.

Wie bereits von meinen Vorrednern gesagt, sind mehrere der Merkmale ,die ein Steinartefakt braucht, vorhanden:

Schlagflächenrest
Bulbus
Wallnerlinien (ventral)
(wenn man will, auch Dorsal- und Ventralfläche)

mfg

StoneMan

Zitat von: Neos in 14. Mai 2024, 23:12:23Beilklinge.jpg
--> Natur pur, wobei mich die Oberfläche direkt an einige Neandertaler-Fundstücke erinnert hat, die ich letztes Jahr auf einer Ausgrabung in Händen hielt. Das Stichwort ist hier "Orangenhaut".

Moin,

und Danke - Brüder im Geiste  :super:  nur traue ich mir selbst die Ferndiagnosen solcher
Teile (und meiner eigenen aus NRW) nicht zu.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

St. Subrie

Guten Tag Alien,

schön, dass Du zu uns gefunden hast ! Irre ich mich oder hast Du es übersehen, Dich zunächst bei "Neuvorstellungen" kurz vorzustellen, so wie es bei uns Brauch ist ?

Dennoch einen guten Tag wünscht St. Subrie

Aliens

Hallo,

vielen Dank für die Anmerkungen zu den Objekten. Dann muss der erste Mikrolith wohl noch warten, aufgegeben wird aber nicht!

ZitatIrre ich mich oder hast Du es übersehen, Dich zunächst bei "Neuvorstellungen" kurz vorzustellen

Nein, das habe ich tatsächlich übersehen, werde ich gleich nachholen.

ZitatIn welcher Region bist du denn unterwegs ?

Ich sammel in südlichem Schleswig-Holstein.

Zitateine rezente Beschädigung, oder wurde sie intentionell angelegt

Habe ich beschädigt gefunden, denke hier war der Pflug am Werk.

Viele Grüße
Alien






Danske

Zitat von: hargo in 14. Mai 2024, 23:25:49Ist die laterale Einkerbung der Klinge (Klingenabschlag.jpg) eine rezente Beschädigung, oder wurde sie intentionell angelegt?
Ich halte sie vorerst mal für rezent, wie die kleineren Aussplitterungen (Einschläge) auf der gegenüber liegenden Seite auch.

Moin zusammen,

für eine rezente Einkerbung sieht mir diese zu exakt aus. Ich halte das Stück für eine sog. Kerbbruchklinge.

LG Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

hargo

#9
Ich bin für rezent.
Sollten wir nochmal genauer betrachten  :glotz:
Bei der vermeintlichen Kerbung lieg keine intentionelle Absicht vor.
Auch der Bereich darunter spricht dafür.
mfg

Schuhnagel 2

Zitat von: hargo in 16. Mai 2024, 00:03:41Ich bin für rezent.
Sollten wir nochmal genauer betrachten  :glotz:
Bei der vermeintlichen Kerbung lieg keine intentionelle Absicht vor.
Auch der Bereich darunter spricht dafür.
mfg

Hallo
Für Bruchtechnik wäre die Kerbe tiefer und keilförmig? Die Prismenform der Klinge für Kerbenbruchtechnik eher ungeeignet?
Viele Grüsse
Ulrich

Danske

Zitat von: Schuhnagel 2 in 16. Mai 2024, 11:04:35Für Bruchtechnik wäre die Kerbe tiefer und keilförmig? Die Prismenform der Klinge für Kerbenbruchtechnik eher ungeeignet?

Stimmt, die Kerbe könnte tiefer sein, etwa bis zu Grat, um die Klinge leicht zerbrechen zu können. Aber keilförmig muss sie nicht sein.
Prismenform?, du meinst, weil die Klinge nur einen Grat hat? Das ist, denke ich, kein Ausschlussgrund.

Aber das Argument mit der geringen Tiefe der Kerbe zieht. :kopfkratz:

LG Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Furchenhäschen

Zitat von: Danske in 16. Mai 2024, 19:15:08Stimmt, die Kerbe könnte tiefer sein, etwa bis zu Grat, um die Klinge leicht zerbrechen zu können. Aber keilförmig muss sie nicht sein.
Prismenform?, du meinst, weil die Klinge nur einen Grat hat? Das ist, denke ich, kein Ausschlussgrund.

Aber das Argument mit der geringen Tiefe der Kerbe zieht. :kopfkratz:

LG Holger


Hallo,
die Kerbruchtechnik finde ich relativ häufig auf meinen mesolithischen Fundstellen, vollendet oder unvollendet, auch in einer vergleichbaren Ausführung wie das vorliegende, hier gezeigte Stück . Der Kerbbruch wurde meiner Meinung aus irgend einem Grund nicht vollendet. Das kommt relativ häufig vor.

Grüße Peter

hargo

Zitat von: StoneMan in 15. Mai 2024, 10:43:45...
und Danke - Brüder im Geiste  :super:  nur traue ich mir selbst die Ferndiagnosen solcher
Teile (und meiner eigenen aus NRW) nicht zu.
...

Moin Jürgen,

die Oberfläche wäre bei uns der vorletzten Eiszeit geschuldet. Oder?

mfg

StoneMan

Zitat von: hargo in 16. Mai 2024, 23:10:19Moin Jürgen,

die Oberfläche wäre bei uns der vorletzten Eiszeit geschuldet. Oder?

Moin hargo,

das wäre meine Hoffnung.

Gesicherte Funde gibt es in der Gegend.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiedehopf

Zitatdie Oberfläche wäre bei uns der vorletzten Eiszeit geschuldet. Oder?

Bei mir in Westfalen hätte ich eher gedacht:

in der vorletzten Eiszeit (Saale) hier vom Gletscher abgeladen, in der letzten Eiszeit/Kaltzeit (Weichsel) windpoliert. 

Viele Grüße
Michael 

StoneMan

Moin Michael,

gibst Du bei Google "letzte Eiszeit NRW" ein, bekommst Du:

"Weichsel-Kaltzeit, die vor etwa 115.000 Jahren begann und vor 11.700 Jahren endete"

An anderer Stelle ist da dann auch die "vorletzte" drin.

Bei meinen Funden, wenn sie denn so anzusiedeln sind, wie andere gesicherte Funde, wäre
es die vorletzte Eiszeit vor ungefähr 45 000 Jahren. 

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Hallo zusammen,

kann es sein, dass hier verschiedene Begrifflichkeiten durcheinander gebracht werden? :kopfkratz:

Wir leben derzeit in der pleistozänen Eiszeit, die vor etwa 2,6 Millionen Jahren begann. Eiszeit deshalb, weil in diesem Zeitraum mindestens eine Polklappe vergletschert war.

Die Eiszeiten gliedern sich in Kaltzeiten und Warmzeiten, die Interglaziale. Und innerhalb der Kaltzeiten gibt es noch Phasen der kurzzeitigen Erwärmungen, die Interstadiale.

Also, die vorletzte Kaltzeit war der Saale-Komplex von ca. 300.000 bis 130.000 BP, es folgte die Eem-Warmzeit bzw. das Eem-Interglazial von 130.000 bis 115.000 BP, gefolgt von der Weichsel-Kaltzeit, die bis etwa 12.000 BP dauerte. Das folgende derzeitige Holozän ist dann wieder ein Interglazial.

Falls meine Ausführungen hier Oberlehrerhaft  :belehr: rüberkommen sollten, bitte ich um Entschuldigung, das ist so nicht gemeint. Und falls ich falsch liege, korrigiert mich bitte.

LG
Holger

 
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Wiedehopf

Danke Jürgen und Holger,

es sind unterschiedlich verstandene bzw. von mir gebrauchte Begrifflichkeiten.

Ich hätte statt Eiszeit besser von Eisvorstößen sprechen sollen.

Bei mir hier, auf der sogenannten Feuersteinlinie ist das ganze Geschiebematerial im Wesentlichen beim Saale-Vorstoß abgelagert worden.

Der Weichsel-Vorstoß, ging dann längs nicht mehr so tief ins Festland. Hier in der Gegend war eine Art Kältesteppe mit starken Anwehungen von Löss, Staub etc. Ich finde öfter Flint mit windpolierter, 'speckiger' Oberfläche oder schöne Windkanter aus weicherem Material.

Ist aber eigentlich auch müssig da das hier im Beitrag vorgestellte Stück ja aus einer ganz anderen Gegend stammt, Aliens Suchgebiet in Schleswig-Holstein.

Viele Grüße
Michael             

StoneMan

Zitat von: Danske in 17. Mai 2024, 07:40:34Falls meine Ausführungen hier Oberlehrerhaft  :belehr: rüberkommen sollten,

Moin Holger,

das ist kein bisschen :belehr:, sondern  :super:

Zizat Dankske:
kann es sein, dass hier verschiedene Begrifflichkeiten durcheinander gebracht werden?
:kopfkratz:

Wo ist denn jetzt etwas durcheinander?

Und verstehe mich nicht falsch, denn die Informationen, die ich als Laie zum Thema "Eiszeiten in unserer Region" aus dem WWW ziehe,
sind für mich zumindest schwierig, da nicht immer einheitlich.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiedehopf

Zitatdenn die Informationen, die ich als Laie zum Thema "Eiszeiten in unserer Region" aus dem WWW ziehe,
sind für mich zumindest schwierig, da nicht immer einheitlich.

Guten Abend Jürgen,

anstelle der Infos aus dem WWW kann ich dir folgendes Buch empfehlen:

Geologie Nordrhein-Westfalens, Julius Hesemann
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, 1975

Dort sind z.B. die Eisvorstöße, die prozentuale Geschiebeverteilung in der Region, die Flugsand- und Lössverbreitung der Kaltzeiten in NRW auf Karten dargestellt.

Viele Grüße
Michael

 

StoneMan

Moin,

und Danke Michael.

Die besagten Infos aus dem WWW sind ja in der Regel fachliche Beiträge aus der Wissenschaft.

Teils sind sie veraltet, da es hier und da neue Erkenntnisse gibt und dann
kann man als Laie kaum trennen.

Das Zusammentragen aktueller Kriterien ist dann mühsam. Grundsätzlich geht es
mir dabei nicht um die geologischen Vorgänge als solche.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Moin Jürgen, moin Michael,
hatte gestern schon was mobil geantwortet, wurde allerdings aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht versandt.
Wir meinen letztlich alle das gleiche, benutzen aber verschiedene Bezeichnungen. Dadurch entsteht aus meiner Sicht ein gewisses "Durcheinander".
Mich ärgert nur, dass nicht nur im WWW, sondern sogar in mancher Fachliteratur hinsichtlich Eiszeit und Kaltzeit falsche Begrifflichkeiten benutzt werden.
Aber wir verstehen uns ja :-)

LG Holger :winke:
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.