3 kleine Beilchen

Begonnen von Robert, 09. Oktober 2021, 08:32:19

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Robert

Servus,

ich hab aus meinem Fundus diese kleinen Beilchen herausgnommen und möchte fragen ob es noch viel kleinere gibt.

Für was wurden diese kleinen verwendet ???   Waren das Kinderbeilchen ???

Das große 58mm;  das kleine 46mm

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

thovalo



Alle drei sind Einsatzbeilklingen für eine Fassung, sonst hätte man sie nicht geschäftet gebrauchen können.


Und JA es gibt noch kleinere!


liebe Grüße

Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Robert

Servus Thomas,

danke für deine Antwort, ist es möglich, daß die auch Hirschhorn gefasst wurden ?

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

thovalo

#3
Zitat von: Robert in 09. Oktober 2021, 15:03:52
Servus Thomas,

danke für deine Antwort, ist es möglich, daß die auch Hirschhorn gefasst wurden ?

Grüße
Robert



Ja, genau das! Ein sogenanntes "Zwischenfutter", das oft aus flexibel-elastischen Geweih bestand! In meiner Region finden sich viele solcher Kleinformen von Beilklingen. Sie haben, egal welcher Umriss, weit überwiegend gerade geschliffene Schmalseiten. Sie datieren ab dem späten Neolithikum und mögen auch noch in der frühen Brozezeit verwendet worden sein. Eine solche Beilklinge, vermutlich aus einer Bestattung, habe ich noch. Dazu gehört auch eine geflügelte und gestielte Pfeilspitze, eine in zwei Teilen alt gebrochene Feuersteinklinge, deren beide Fragmente mit vielen Jahren Abstand gefunden wurden und ein Stück "Kohlensandstein", als Mahlsteinbeleg.

Ein solches Beilchen wurde bei Ratingen (meiner Heimatstadt) bei einer Bachbegradigung entdeckt. Diese kleine Beilklinge steckte noch in ihrem Zwischenfutter. Leider ist das wichtige Belegstück, solche organischen Belege sind im Rheinland sehr selten anzutreffen, "nicht mehr aufzufinden". Unsere regionalen Museen (Ratingen, Düsseldorf, Duisburg usw.) sind so lange "gut" wie aktive und interessierte Mitarbeiter angestellt sind. Bei Personalwechseln verschwinden die für "die neuen" Verantwortlichen "uninteressanten" Dinge immer bemerkenswert schnell noch "unbekannt" oder verschimmeln wortwörtlich, wie das gesamte Magazin der Bodendenkmalpflege in Duisburg. Das Duisburger Beispiel ist und bleibt für mich das schlimmste und beschämendste Beispiel für honorierte Verantwortungslosigekeit und personalisierte Unfähigkeit im Amt! Und das alles über Jahrzehnte hinweg ohne jede persönliche Konsequenz. Der Steuerzahler durfte dann dafür zahlen, das man noch gerettet hat was noch halbwegs zu retten war.


liebe Grüße!

Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Robert

#4
das sind keine schönen Nachrichten. Da frage ich mich natürlich ob ich als Hobbysucher, ob mit oder ohne Sonde
meine Funde immer abgeben soll wenn derartig nachlässig damit verfahren wird !  :besorgt:
Ich weiß von einem Bekannten, der einen großen Fund von römischen Münzen abgegeben hat und dieser nach einiger
Zeit unauffindbar war !!!

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

thovalo

#5
Zitat von: Robert in 09. Oktober 2021, 17:53:32
das sind keine schönen Nachrichten. Da frage ich mich natürlich ob ich als Hobbysucher, ob mit oder ohne Sonde
meine Funde immer abgeben soll wenn derartig nachlässig damit verfahren wird !  :besorgt:
Ich weiß von einem Bekannten, der einen großen Fund von römischen Münzen abgegeben hat und dieser nach einiger
Zeit unauffindbar war !!!

Grüße
Robert


Da hilft nur und immer der ganz persönliche Kontakt. Doch selbst wenn Jemand zehn Jahre einen sehr tollen zuverlässigen Job macht, weiß man nicht wie die Nachfolgenden das weiter regeln und führen. Ich habe mich überwunden und der neu aufgestellten Bodendenkmalpflege in Düsseldorf meine einen Teil meiner Kamiksammlung übertragen. Ein neu aufgestelltes einfach toilles und engagiertes Team. Ich weiss, dass die Funde aufgenommen und auch eingetragen sind und zumindest nicht im Nirvana verschwinden können.

Die Duisburger Nummer kann man im Internet googeln. Da hat der Vorgänger einfach den Schlüssel nicht raugegeben. Während Jahren des Gezerres passierte im Magazin ein Waserrohrbruch, der nicht bemerkt wurde, weil ja nur Einer den Schlüssel hatte und zwar der der ihn nicht rausgegeben hat. Dann war das Magazin nur noch mit Ganzkörperanzug begehbar und nicht mehr Alles zu retten.

Die bedeutende Ausgrabung früher Grauware 8./9. Jh. vom Averdukgelände war in einer aufgegebenen Turnhalle ausgelagert und vollkommen durcheinander gewürfelt. Es zog wie Hechtsuppe und dicht waren Wände und Dach auch nur noch bedingt.

Wenn man nur Provinzialrömer in den Job gibt, kommt nur provinzialrömisches heraus, bei einem Mittelalteraarchäologen nur mittelalterliches. Aber ich habe den Eindruck, dass sich das zumindest im Rheinland zu bessern scheint. Essen im Ruhrgebiet ist weiterhin unterirdisches Seperatistenland.


Ich bin sooooooo froh, dass ich noch rechtzeitig beruflich abgebogen bin.


liebe Grüße und tu wovon Du überzeugt bist.

Thomas

In der Zeit interessierten nur die RÖMER und das man die frühe Geschichte Duisburgs IRGENDWIE aus dem Boden heraus dokumentieren konnte. Auch das schief und krumm in der Auslegung.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Auszug aus dem SPIEGEL 13/2006


" Die Stadtarchäologie in Duisburg, noch in den neunziger Jahren eine Vorzeigeabteilung der Denkmalpflege in Deutschland mit bis zu 150 Mitarbeitern, hat ein mit Schimmelpilzen verseuchtes Magazin. Bereits 1997 seien nach Heizungsbrüchen 10 000 Liter Wasser und Dampf im großen Lager des Duisburger Rathauskellers ausgetreten, berichtet der ehemalige Leiter Günter Krause. Eine Sanierung fand nicht statt. Drei Gutachten stellen eine hochgradige Kontamination der Räume mit 18 verschiedenen Schimmelsorten fest, darunter auch krebserregende Sporen. Krause darf das Archiv, in dem die ältesten Schiffsreste Nordwesteuropas liegen, nur noch mit Mundschutz und nicht länger als eine Stunde am Tag betreten. Betroffen sind auch Funde aus römischer Zeit (das Stadtgebiet von Duisburg diente einst den Legionen als Brückenkopf an der Ruhr) sowie Skelette vom Wikinger-Überfall im Jahr 883/84 nach Christus. Im frühen Mittelalter war der Hafen von Duisburg ein Umschlagplatz für edle Keramik. Noch im 16. Jahrhundert warb Heinrich VIII. von England rheinische Töpfer an. Krause wirft den Stadtoberen vor, das Archiv systematisch zu vernachlässigen, seit der Architekt Norman Foster für die internationale Bauausstellung IBA ein Konzept für Duisburg erstellte, das die Stadt zu einem Geschöpf der Stahlkocher macht und alles ...... "
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Zitat von: Robert in 09. Oktober 2021, 08:32:19
Servus,

ich hab aus meinem Fundus diese kleinen Beilchen herausgnommen und möchte fragen ob es noch viel kleinere gibt.

Für was wurden diese kleinen verwendet ???   Waren das Kinderbeilchen ???

Das große 58mm;  das kleine 46mm

Grüße
Robert

Hallo Robert,

feine Beilklingen, die du uns da zeigst. :super:

Ich denke nicht, dass sie für Kinder hergestellt wurden. So wie es heute schwerere und leichtere Werkzeuge für verschiedene Arbeiten gibt, gab es damals auch unterschiedlich große Beilklingen.

Hier meine bisher kleinste http://www.sucherforum.de/index.php/topic,75542.msg470674.html#msg470674

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

hargo

#8
Einmal gefunden, für immer für die Nachwelt verloren.
Mal abgesehen davon, dass es ggf. in Fundlisten erscheint, die vielleicht noch eine Zeit lang erhalten bleiben.

mfg

Robert

Servus Holger,

so exakt und formschön ist keines meiner Beilchen aber das tut der Funktion sicher keinen Abbruch.

Ich danke noch allen, welche sich in diesem Beitrag beteiligt haben und wünsche weiterhin "gut Fund".

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

lord3d

Zitat von: thovalo in 09. Oktober 2021, 20:56:21

Auszug aus dem SPIEGEL 13/2006

"......"

Ich kannte die Geschichte nicht und habe eben gegoogelt, das ist ja nicht zu fassen, was da passiert ist ...
Habemus Nachforschungsgenehmigung.

clemens

Bezüglich "Kinderbeil" gibt es eine Bestätigung der Existenz durch einen Depotfund, den ich in einer Ausstellung einmal bewundern konnte - was nicht heisst dass es sein muss, aber durchaus sein könnte - sorry für die Fotoqualität!
Gut Fund, Clemens

Robert

#12
schönes Bespiel, aber man kann es nicht 100% beweisen, eben nur vermuten.
Ich hab ja auch daran gedacht weil sie so klein sind und Kinder immer wie Erwachsene mit echten Werkzeugen arbeiten bzw.
spielen wollen.

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

Wiedehopf

Hallo,

ein sehr interessantes Thema. Neben der Kinderspielzeug-Theorie und der Annahme einer funktionalen Nutzung für filigrane Arbeiten wäre bei den von Clemens gezeigten Miniaturen vielleicht auch noch eine Funktion als Grabbeigabe / Substitionsopfer (als Ersatz für ein 'richtiges', großes Gerät) denkbar. Die Eingangs von Robert gezeigten Beile halte ich auch für echte funktionale Erwachsenen-Werzeuge die in einem Zwischenfutter geschäftet waren (mein kleinstes Beilchen hat gerade mal 3 cm).   

Thema Duisburg: einfach nur traurig. Da ärgert man sich über Bamiyan oder Palmyra und dann sowas im eigenen Land, unfassbar. Man kann nur hoffen, dass sich die Dinge dort seit 2006 wieder zum Guten gewendet haben.   

Viele Grüße
Michael

Robert

danke für deine Vorschläge.

Grüße
Robert
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr