Petschaft

Begonnen von Licher, 09. Mai 2005, 22:40:16

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Licher

Hallo,

habe gestern meine erste Petschaft gefunden:jump: Die Grifflänge ist 2,5cm, Kopfdurchmesser ist 1,8cm. Der Abdruck zeigt ein H.K. ? Oben und unten ist ein Gersten/Ährensymbol. Von der Schrift her würde ich mal auf 18./19. Jhdt. tippen. Weiss jemand mehr?

G&GF Licher:winke:

Licher


Ruebezahl

Hallo Licher !
Ja, die Datierung stimmt, vielleicht noch einzugrenzen auf ab 2.Hälfte 18. Jh. Der durchbrochene Griff erinnert an die Gestaltung der Taschenuhrenschlüssel !
Die Ähre und der Zweig (Lorbeer?) haben neben der Zierde auch noch einen Symbol-Charter. Ich will nichts falsches sagen, vielleicht hat Gratian noch Infos darüber :winke:
Grüße aus Ostfalen
Ruebezahl

"Große Erfolge sind weniger spürbar als persönliche Vorteile"
Napoleon Buonaparte

Licher

Hi Ruebezahl,

danke für die schnelle Bestimmung. Hatte über die Suchfunktion eine mit ähnlicher Schrift gefunden, die in diese Zeit datiert wurde. :jump:

G&GF Licher:winke:

Ruebezahl

Hallo Licher,
Die verwendete Schriftform ist leider bei Petschaften nicht das beste Merkmal um eine Zeitstellung zu ermitteln.
In diesem Fall ist es Kurrente die in verschiedenen Ausformungen fast 300 Jahre lang benutzt wurde. Außerdem haben die Graveure die Buchstaben oft noch mit kalligrafischen Elementen verziert um die Authentizität zu verbessern.

PS.
Der Zweig könnte auch vom Ölbaum sein ?
Grüße aus Ostfalen
Ruebezahl

"Große Erfolge sind weniger spürbar als persönliche Vorteile"
Napoleon Buonaparte

Licher

Hallo Ruebezahl,

ist ja interessant, das wusste ich nicht. Dachte der Schrifttyp wäre das wichtigste. Mangels Siegellack habe ich einige Abdrücke mit Kerzenwachs gemacht. Die sind auch gut lesbar, aber auf dem Scan ist leider nicht viel zu erkennen gewesen. Der Zweig kommt mir auch bekannt vor. Werde mal ein wenig googeln, vielleicht finde ich ihn.

G&GF Licher

Gratian

Zur Symbolik der Ähre:

Ährendarstellungen sind oft ein Hinweis auf die Arbeit in Ackerbau und Viehzucht. In der Renaissancekunst ist die Ähre ein Attribut des Sommers, der Jahreszeit der Ernte. Sinnbildlich ist auch der alttestamentarische Traum von den sieben mageren Ähren (= Jahren), die die sieben fetten Ähren (= Jahre) verschlingen (Josefsgeschichte, 1. Mose 41, 5 ff).

Die Ähre teilte ihre symbolische eucharistische Bedeutung in der christlichen Kunst lange mit der Weintraube. Eine seltene, aber sehr deutliche Allegorie der Ähre in der eucharistischen Symbolik ist die Darstellung eines aus den Fusswunden eines stehenden Schmerzensmannes spriessenden Getreidehalms der durch die Handwunden wächst und dessen Ähren Hostien tragen. Analoges gibt es auch mit einem Rebstock und Trauben. Die Ähre ist auch ein marianisches Symbol, denn dem Weizen wird das Mehl zur Hostie verdankt.

Gemäss der griechischen Mythologie schickte Demeter als Dank für erwiesene Gastfreundschaft Triptolemus zu den Menschen, um diese den Getreideanbau zu lehren. Das Getreide besass früher wegen der Abhängikeit davon einen hohen Stellenwert im Leben der Menschen. Anlässlich der Ernte wurde bei jedem Bauernhof dem ersten und dem letzten Ährenbündel eine spezielle Bedeutung beigemessen. Für das Binden dieser Garben galten traditionelle Regeln und Rituale, um keine negativen Kräfte zu wecken. Getreideähren sind wegen des aus dem Korn gebackenen Brotes ein Symbol für die Eucharistie. Sie versinnbildlichen auch den Wohlstand als Folge reicher Ernteerträge. Wie andere vielsamige Früchte galten Getreideähren auch als Symbol für Fruchtbarkeit, Liebe und Kindersegen.

Zur Symbolik des Loorbeer:

Alle immergrünen Pflanzen gelten als Unsterblichkeits-Symbol. Der Loorbeer galt in der Antike als physisch und moralisch reinigend. Man schrieb ihm auch die Fähigkeit zu, dichterische Inspiration und Weissagungskraft zu verleihen. Ausserdem galt er als blitzabwehrend. Er war vor allem dem Apollo heilig.

Bei den Römern tauchte der Loorbeer in Verbindung mit Triumphzügen zunächst wegen der ihm zugeschriebenen Reinigungskraft auf. Man wollte sich von dem im Kriege vergossenem Blut reinigen. Später galt der Loorbeer dann einfach als Symbol für Sieg und Triumph. Aufgrund seiner Unsterblichkeitsbedeutung wurde er auch zur Auszeichnung besonderer Leistungen in Wissenschaft und Kunst (vor allem in der Dichtkunst) verwendet (Lorbeerkranz).

Kann sich natürlich auch um einen Olivenzweig (vom Ölbaum) handeln:

Der Zweig eines Olivenbaums gilt als Zeichen des Sieges und als altes Friedenssymbol. Die von Noah nach der Sintflut ausgeschickte Taube kam mit einem Ölzweig im Schnabel zur Arche zurück. Dies gilt als Zeichen der Versöhnung und des Friedens mit Gott. Der Ölzweig symbolisiert bezogen auf das Öl der Oliven für die Öllampen auch die Erleuchtung. Als altes Brautsymbol versinnbildlicht der Ölzweig ausserdem Fruchtbarkeit und Lebenskraft durch das aus den Oliven gewonnene Öl. Der Ölzweig ist ausserdem ein Attribut von Justitias (Göttin der Gerechtigkeit), der Friedenstaube (hat meist einen Ölzweig im Schnabel) und des Hl. Papstes Silvester.

Und nun völlig ohne "symbolische" Tiefendeutung: Vielleicht das Siegel einer Öl- und Getreidemühle?Licher Du solltest mal in den Chroniken Deiner näheren Heimat mal nach alten Mühlennamen bzw. Müllergeschlechtern die zum Siegel passen ausschau halten....



[Bearbeitet am 10-5-2005 von Gratian]
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

Licher

Vielen Dank Gratian für die ausführliche Erklärung. Ich hatte das einfach für Verzierungen gehalten. In der Nähe sind tatsächlich 2 Mühlen, die eine ist sogar ziemlich bekannt. Da lässt sich sicher noch was herausfinden.

G&GF Licher:winke: