Wohin mit der Sammlung?

Begonnen von Furchenhäschen, 04. August 2025, 10:58:07

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Furchenhäschen

Servus miteinander,

nachdem wir alle irgendwann in ein Alter kommen mit dem man sich langsam Gedanken machen sollte was mit der vorgeschichtlichen Sammlung einmal passieren soll.
In meinem Fall ist es so, dass sich meine Kinder überhaupt nicht für die Sammlung der gemachten archäologischer Funde interessieren.
Ich schildere einmal meine Situation.
Die laufend gemachten Funde gab und gebe ich sowieso an das Landesamt für Denkmalpflege ab.
Besondere Fundstücke gab ich in mein kleines aber feines Privatmuseum. (natürlich nach der Fundmeldung)

Die etwas komplexe Situation in Bayern ist folgende:

A.) Schatzregal
Ab 1. Juli 2023 wurde auch in Bayern das Schatzregal eingeführt. Das bedeutet, dass sämtliche gemachten Lesefunde in den Besitz des Bundeslandes übergehen. Ab diesem Zeitpunkt gab ich auch meine Fundstücke entsprechend ab bzw. deklarierte sie als Schatzregalfunde

B) Hadrianische Fundteilung
Vorher galt in Bayern für Lesefunde die Hadrianische Fundteilung. Das bedeutet für gemachte Lesefunde, dass der gemachte Fund rechtlich betrachtet zu 50% dem Grundstückseigentümer gehört und zu 50% dem Finder. Das führt zu nicht unerheblichen Problemen bezüglich der Eigentumsrechte denn bei Übergaben an ein Museum darf dieses derartige Fundgut nur als Leihgaben entgegennehmen, solange der Grundstückseigentümer nicht auf seine Rechte verzichtet.

C) Die dritte Variante
die in meinem Fall zutrifft ist die, dass mir ein Landwirt große Mengen an zerscherbten aber vollständig aufgesammelten römische Gefäßen und Grabbeigaben schenkte, da er nicht in der Situation und Lage war diese zu restaurieren. Die weit über 100 römischen Gefäße restaurierte ich sehr aufwendig. In diesem Fall trifft die Hadrianische Fundteilung nicht zu, da ich der alleinige Besitzer bin.

D) Fundübergabe an das Denkmalamt
Ich begann mit den Feldbegehungen, damals mit meinem Vater als 12 jähriges Kind, bis heute sind seitdem 54 Jahre vergangen dann könnt ihr Euch vorstellen welche Mengen zur Übergabe anstehen. Ich habe im Laufe der Jahre selbst relativ viel Geld in die Sammlung investiert. Ich persönlich denke mir, der Staat schenkt mir  auch nichts, wie komme ich also dazu dem Staat etwas zu schenken.
Die mir vom Landwirt geschenkten römischen Fund befinden sich ausschließlich in meinem Besitz. Die restlichen  bis 2023 gemachten Lesefunde unterliegen der Hadrianischen Fundteilung, da wäre m.E.  eine Aufwandentschädigung möglich. Das Denkmalamt kann derartige Funde sowieso nur als Dauerleihgabe entgegennehmen.

Wie denkt Ihr über die Situation bzw. wie wollt ihr eine geordnete Übergabe an das Landesamt verfahren?

Eine Nichtabgabe steht übrigens Außerfrage!

Grüße Peter


thovalo



Moin, lieber Peter!


Ich suche in NRW. Ich habe meine Funde, soweit sie keine regionalen oder überregionalen Besonderheiten repräsentiert haben, stets sofort dem Amt überlassen.

Eine mehrere zehntausend Artefakte umfassende Sammlung zu einem sehr großen Siedlungsareal des Neolithikums am rechten Niederrhein, habe ich bereits vor weit über zehn Jahren dem LVR, Amt für Bodendenkmalpflege, zu Händen des Rheinischen Landesmuseum in Bonn übertragen.

Dasselbe gilt für die Dokmentation und die unzähligen Funde eines spätantik-merwoingerzeitlichen-karolingischen Gemeinwesens am Rhein, NACHDEM ich es in ein europaweites Forschungsprojekt einbringen konnte und es auch entsprechend publiziert worden ist. Denn wenn man nicht bis zuletzt gut die Hand über die Dinge hält, verschwinden sie meist stumm in den Magazinen und werden für lange Zeit vergessen.

Die Funde zur spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte einer wichtigen Ortschaft hier am Niederrhein, habe ich zum Teil noch in meiner Hand, da ich sie selber publiziere bzw. zur Publikationen überleite. Diese Sammlung ist allderdings zum wesentlichen Teil auch bereits dem Landesamt für Bodendenkmapflege übertragen worden und in ausgesuchten Stücken, nach entsprechender Rücksprache, der städtischen Denkmalpflege übertragen worden, um Referenzfunde aktuell zur Verfügung zu haben. Zwei  Einzelfunde gingen in den Besitz spzialisierter öffentlicher Museen über, wo sie sicher aufgehoben und ausgestellt sind und sicher nicht verloren gehen werden.

Bleibt noch eine aufwändig erarbeitete Sammlung zur späten Altsteinzeit. Da sie fortlaufend facharchäologisch bearbeitet wird, ist sie zurzeit in der Hand der städtischen Denkmalpflege zusammengefasst worden, die die Finanzierung übernommen hat. Über den weiteren Verbleib soll sich dann die städtische Denkmalpfelge mit dem Landesamt für Bodendenkmalpflege einig werden.

Zuletzt bleibt noch eine Sammlung zu einem bis zur Entdeckung unbekannten Lagerplatz des Mesolithikums in meiner Region, dem einzigen bislang. Das Matgerial verwahre ich noch, da ich den Platz weiter begehe und bearbeite. Diese Sammlung wird dann dem Landesamt für Bodendenkmalpfelge zu Händen des Rheinischen Landesmuseums übertragen.


Wenn ich nicht durch Coroana so stark in Mitleidenschaft genommen worden wäre, hätte ich das vielleicht nicht so konsequent durchgezogen. Aber in den letzten Jahren sind herausragende archäologische Sammlungen aufgrund sehr schlechter Dokumentationen der inzwischen verstorbenen Finder entweder gleich im Müll entsorgt, oder über irgendwelche Kleinanzeigen verkloppt und verschleudert worden. Man darf sich nicht täuschen lassen. so toll einzelne Funde auch sein mögen. Sind sie nicht klar, unzweifelhaft und offen dokumentiert worden, sind sie für die Wissenschaft verloren.


Somit ist der Verbleib der Funde meiner Arbeit bereits schon geregelt, im Vorfeld festgelegt und geklärt. Ich finde es für mich, aber auch für die Fundbestände wichtig, dass sie wahrgenommen werden und soweit möglich, auch in Publikationen aufgnommen worden sind, denn wenn das nicht zeitnah passiert ist, geht Vieles verloren. Denn was unbesehen im Magazin gelandet ist, bleibt meist ewig "stumm".


Für mich war und ist es wichtig, aus wissenschaftlicher Sicht aktiv zu sein und nicht für mich selber eine "Sammlung" anzulegen.

Dennoch gibt es ehrlichereise einige "Kinder", die auf besonderen Wegen oder unter besonderen Anstrenungen "in die Welt gekommen sind", von denen mir die Trennung schwerer fällt als von anderen Stücken.   


Was mich wirklich glücklich und zufrieden macht ist, dass ich über die sehr vielen Jahre hinweg die Basis dafür schaffen konnte, dass es nun überhaupt eine archäologisch gesicherte, gut dokumentierte Urgeschichte meiner Region und auch darüber hinaus gibt, in die sich bereit wieder neuere Grabungen und Forschungsergebnisse Anderer eingeflochten haben.


So bleibt auch gamu konkret etwas von den Mühen bestehen, wenn ich gehen werde. Das war zuletzt der gute Sinn des Ganzen.



lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

#2
Hallo Thomas,
Vor über 20 Jahren gab ich schon einmal einen gut dokumentierten, großen Teil der Sammlung ans Amt ab. Nach 21 Jahren hatten sie die Funddokumentation verschlampt und die Fundstücke waren noch so wie abgegeben in den Kartons nur mittlerweile stark verschimmelt, weil der Lagerraum feucht war.Da waren alle Mühen für die Katz. Ich wurde gebeten ob ich nach Sichtung meiner Altfunde die Herkunft nochmal nachvollziehen könne. Das war für mich frustrierend und sehr ärgerlich. Die gesetzlich gültigen Regelungen für eine Abgabe hast Du jetzt bei deinem Bericht ausser Acht  gelassen. Also ich kam mir damals reichlich verschaukelt vor.
Die gesetzlichen Regelungen,  darf man gerade in Bayern nicht völlig unberücksichtigt lassen, das darf man nicht Emotional betrachten
Grüße Peter

thovalo


Ich habe mich vor jeder Abgabe davon überzeugt, das die Funde in moderne Magazine kommen und feuchtigkeitssicher gelagert werden. Wir hatten in duisburg so einen Paradefall bei dem das Meiste tatsächlich zuletzt entsporgt werden musste. Daher war ich da deutlich sensibilisiert.

Es tut mir herzlich leid, dass das in Deinem Fall so schief gegangen ist!


lG Thomas
 
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.