Hallo zusammen,

mal zu einem Thema, das mich persönlich sehr interessiert. Gleich zu Beginn gesagt: Falls sich jemand dazu äußern möchte, hat er mein vollstes Verständnis. Vielleicht gibt es ja aber ein paar Sucher, die ihre eigene Sicht auf die Dinge gerne erläutern wollen.

Kurzum: Was soll mit all den Dingen passieren, die ihr im Laufe jahre- und jahrzehntelanger Suche gefunden, identifiziert und archiviert habt, wenn ihr eines Tages den Weg alles Irdischen geht? Die Mehrheit der Sucher hier dürfte zumindest den größeren Teil der eigentlichen Funde nicht Jahr für Jahr vollständig beim Kreismuseum, der Landesarchäologie o. ä. abgeben, sondern sich Zuhause eine Sammlung aufbauen – ganz gleich, ob das bewusst geschieht oder einfach alternativlos ist, weil Museen und Ämter gar keine Kapazitäten besitzen, die Sachen ihrerseits aufzunehmen.

Habt ihr eine Abmachung mit euren Familienmitgliedern? Stehen eure Vorstellungen gar konkret im Testament? Wollt ihr mit 65 Jahren alles verhökern und einmal um die Welt reisen? Ist alles so geordnet, dass es im Falle eures plötzlichen Ablebens wissenschaftlich nicht völlig wertlos wird? Überlasst ihr es bewusst euren Kindern, was sie eines Tages damit anstellen? Habt ihr einen Deal mit einem Museum, das sich verpflichtet, alles zu übernehmen? Seid ihr beim Versuch, alles zu Planen, auf rechtliche/organisatorische/anderweitige Hürden gestoßen? Oder gibt es für euch eine ganz andere Lösung – wenn ihr nicht gleich sagt ,,nach mir die Sintflut!"?

Ich selbst habe mir bislang wenig Gedanken gemacht – das liegt wohl an meinem jungen Alter. Meine Familie weiß jedoch, wo sie meine Funddatenbank findet und die Verknüpfung eben jener mit den tatsächlichen physischen Funden ist so simpel, dass auch Fachfremde Personen da wenig falsch machen können. Fundgenehmigungen, Qualifizierungskursbestätigungen, Leihverträge mit Museen etc. finden sich in einem einzigen Leitz-Ordner. Weiter bin ich aber noch nicht.

Freue mich über eure Beiträge.

Zitat von: lord3d in 25. Dezember 2015, 10:46:30
Fundgenehmigungen, Qualifizierungskursbestätigungen, Leihverträge mit Museen etc. finden sich in einem einzigen Leitz-Ordner. Weiter bin ich aber noch nicht.

Außer, dass ich noch einen Ordner mit dem allgemeinen Schriftverkehr mit dem Amt habe,
in dem auch die ganzen Fundmeldungen sind, ist´s so ziemlich gleich.

Vor zwei Jahren hatte ich mich entschieden die komplette Arbeit von 13 Jahren der weiter führenden wissenschaftlichen Aufarbeitung zu überlassen. Das im Rahmen einer umfassenden Netzwerkarbeit die dazu beigetragen hat, dass die spezifisch auf einen einzigen Platz bezogene und zehntausende Fundbelege umfassende Sammlung, tatsächlich auch unmittelbar in die wissenschaftliche Aufarbeitung und Bearbeitung gegangen ist.

Neben den Fundbelegen wurde die gesamte Dokumentation, einschließlich der Korrespondenzen übergeben, damit auch die Aspekte der begleitenden Tätigkeiten und des Austausches, die die Entwicklung dieses zunächst nur aus einer Idee gewachsenen Großprojektes begleitet haben, auch in späterer Zeit in ihrem Verlauf noch umfassend nachvollzogen werden kann.

Die Dokumentation der "Historie" einer Sammlung ist ebenso wichtig wie das Material der "Sammlung" als solche.

Dadurch ist es möglich geworden, noch zu klärende Fragen in einem direkten Austausch zu besprechen, das die nachfolgenden Aktivitäten vor Ort direkt begleitet und beraten werden können und dass ich selber Ergebnisse meiner investierten Aktivitäten erfahren, mit erleben, begleiten und zum Teil direkt mit koordinieren und organisieren kann.


So ist grundlegend das Schicksal unzähliger Sammlungen abgewendet die, trotz guter Qualität, irgendwann und bestenfalls im Keller eines Heimatmuseums oder bei Ebay, schlimmstenfalls sogar auf einer Mülldeponie verschwinden, da es aufgrund des Hinscheidens des Sammlers keine näheren Zuordnungen und keine näher klärende Nachfragen mehr geben kann.

Nun wird damit wissenschaftlich aktiv gearbeitet und das ist für mich der einzige Sinn des Zustandekommens dieser spezifischen "Sammlung". Mein Bonus ist, dass ich selber die Entwicklung und das Wachsen der wissenschaftlichen Erkenntnisse mit begleiten und erleben kann.


So freue ich mich Heute, dass aus diesem einst persönlichen Engagement ein Projekt mit einem bleibenden wissenschaftlichen Gewinn an neuem Wissen entstanden ist. Dieses Ergebnis steht für mich über allen Fragen von materieller Bedeutung und persönlichen Ehrgeiz.



lG Thomas  

Hallo,
ich gebe meinen archäologischen Nachlass in unbestimmten Zeitabständen ab. (Mengenabhängig)
Jüngst bin ich zufällig auf einen 25 Jahre alten Nachlass von mir gestoßen.

Getillt, da hab ich eben Pech gehabt!

Gruß
Peter

Zitat von: thovalo in 25. Dezember 2015, 12:35:11


So ist grundlegend das Schicksal unzähliger Sammlungen abgewendet die, trotz guter Qualität, irgendwann und bestenfalls im Keller eines Heimatmuseums oder bei Ebay, schlimmstenfalls sogar auf einer Mülldeponie verschwinden, da es aufgrund des Hinscheidens des Sammlers keine näheren Zuordnungen und keine näher klärende Nachfragen mehr geben kann. Es wird damit wissenschaftlich aktiv gearbeitet und das ist der für mich einzige Sinn des Zustandekommens dieser spezifischen "Sammlung". Mein Bonus ist, dass ich selber die Entwicklung mit begleiten und vor allem erleben kann.

lG Thomas  

da hast Du Glück gehabt Thomas,

Gruß
Peter

Zitat: "Was soll mit all den Dingen passieren, die ihr... gefunden, identifiziert und archiviert habt?"

Grabbeigabe - Was sonst?

LG
Jan

Zitat von: Furchenhäschen in 25. Dezember 2015, 22:43:08

da hast Du Glück gehabt Thomas,

Gruß
Peter

Nein,
sich auf die wechselhaften Launen Fortunas zu verlassen ist unter den heutigen Umständen dünnes Eis!

Nach den von Dir und auch hier von mir entsprechend erlebten Vorerfahrungen war es wichtig für diese Sache das "Glück" zu verpflichten!
Das ist parallel zum Zustandebringen der Sammlung nicht weniger aufwändig und anstrengend.

Wenn die Kenntnis darum in der Fachwelt breiter aufgestellt ist, wird eine ernsthafte Angelegenheit nicht so schnell wieder klanglos in einem Magazin zu versenken sein, weil zu viele Beteiligte Interesse daran haben. Es stärkt die Situation wenn ein solches Projekt wiederum mit anderen verknüpft werden kann. Das Interesse zu wecken ist die eine, es dauerhaft aufrecht zu erhalten, die andere und wie ich finde deutlich aufwändigere Seite der Medaille.

In dieser Hinsicht bleibt auch so ein "Vorlass" eine "lebenslänglich" währende Aufgabe.


Entscheidend ist nicht zuletzt die Frage mit welcher Idee eine Sammlung angelegt worden ist. Sollte es sich um eine Sammlung "schöner Stücke" handeln, die quer durch eine ganze Landschaft aus Freude am Sammeln und der "Schatzsuche" zusammengetragen worden ist,
dann fehlt schon grundlegend Alles was eine wissenschaftlich archäologisch relevante Sammlung ausmacht.


Das ist so wie das Sammeln von Ü-Eiern ..... eine nette Freizeitbeschäftigung.
Da ist egal wer das erben wird.

PS: polemisch eigentlich und daher einzusparen   


lG Thomas  

Zitat von: thovalo in 26. Dezember 2015, 11:38:38

......wissenschaftlich archäologisch relevante Sammlung ....

Mir wird in letzter Zeit das Wort "wissenschaftlich" oft strapaziert.
Da ergeben sich Fragen:
Ist Wissenschaft etwas für viele oder für wenige ?
Welche Ziele hat eine Wissenschaft ?
Nun haben wir auch noch "relevant". Wer entscheidet, was relevant ist ?

Auf dem Bild unten haben wir zwar keine Ü-Eier, aber historisch bedeutsame Relikte aus den 60er Jahren  
(Bild aus dem Technoseum in Mannheim)

Die anfängliche Fragestellung von lord3d empfinde ich nicht nur als interessant sondern auch als sehr wichtig.
Sie betrifft ja fast alle Lebensbereiche.
Was passiert mal mit meiner Schallplattensammlung ? usw. usw.

Gruß  

Ist zwar jetzt etwas OT aber ich wollte stratocaster antworten und zeigen das es vielleicht nicht immer eine Antwort gibt.

Ich empfinde das Wort Wissenschaft als vollkommen selbsterklärend. Sinn und Zweck der Wissenschaft ist es Wissen zu schaffen und im Rahmen des Schaffens erkennt die Wissenschaft was relevant und was irrrelevant ist. Wenn man das irrelevante wissentlich ausschalten kann bleibt das relevante das dann Wissen schafft.

Dabei schafft auch das erkennen des irrelevanten Wissen. Es ist das Wissen das man getrost vergessen kann!

Manche Wissenschaft ist nur für wenige.

Das Universum bricht vielleicht gerade schon zusammen

,,Vielleicht ist das Universum schon längst irgendwo kollabiert, und der Zusammenbruch schreitet immer weiter fort. Vielleicht beginnt der Kollaps genau hier. Oder vielleicht auch irgendwo weit weg in einer Milliarde Jahre." Dieses Zitat stammt von Colding Krog von der Universität Süddänemark, nachdem bekannt wurde, dass ein Phasenübergang im Higgs-Feld, der unsere Realität zerstören könnte, vielleicht schon längst begonnen hat.

Andere Wissenschaft "isst" für viele.

Wie koche ich Pudding ohne Haut?
In dem ich auf den Pudding Zucker streue oder den Pudding sofort mit Frischhaltefolie abdecke.

Bei diesen beiden Beispielen kann nun jeder für sich entscheiden welches Wissen für einen selbst relevant ist.

Gruß

mc.leahcim

Eine Antwort gibt es immer, aber oftmals vielleicht mehr als eine 

Es kommt mir so vor, als hätt ich zu diesem Thema schonmal etwas geschrieben... mag an anderer Stelle gewesen sein 

Meine Funde sind nicht weltbewegend, die interessieren genau genommen kein Aas. Wenn ich allerding spontan und unvorhergesehen im Himmelsreich die Sonde schwinge, dann weiß meine Frau als (Vormunds-)Erbin ganz genau was ich unter diesem Hobby verstanden habe und wie sie meine Funde zu behandeln hat. Ans Amt geht erstmal nichts ! Was ich gefunden und rechtskonform "ausgelöst" habe, bleibt erstmal in privatem Besitz. Nachdem meine Familie damit aber nicht viel anfangen kann, wird sie die Funde und auch die Rechte an meiner Homepage der Gemeinde überschreiben.

Jeder hier weiß, dass ich "pro Amt" bin - aber an dieser Stelle muss ich sagen, dass meine Nachkommen/Erben sicher in meinem Sinne handeln werden: gebt das Zeug denen die es zu schätzen wissen!

Noch lange lebende Grüsse (und noch auf Jahre der Stachel im xxx der dunklen Seite der Macht seienden)

Andi

Zitat von: mc.leahcim in 26. Dezember 2015, 16:33:56

Ich empfinde das Wort Wissenschaft als vollkommen selbsterklärend.
Sinn und Zweck der Wissenschaft ist es Wissen zu schaffen und im Rahmen des Schaffens
erkennt die Wissenschaft was relevant und was irrrelevant ist.

Und genau dies ist ein riesengroßer Irrtum.
Es gibt KEINE Objektivität und die Wissenschaft erklärt sich NICHT selbst.
Abhandlungen darüber füllen ja ganze Bibliotheken.
Nur ein kleines Beispiel: Die Rassenforschung im 3. Reich. Ist dort Wissen geschaffen worden
und ist dieses Wissen relevant ? Und für wen ?
Wissenschaft bewegt sich immer im jeweiligen Zeitgeist getragen durch (durchaus unterschiedliche) Interessen.
Kümmert sich die Wissenschaft um den Erhalt der Atomenergie oder um Methoden zum Atomausstieg ?
Usw. usw. usw.

Zurück zum Thema: AndiObb schreibt:
Meine Funde sind nicht weltbewegend, die interessieren genau genommen kein Aas.
Da ist was dran.
Wat dem eenen sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall

Gruß  

Zitat von: stratocaster in 27. Dezember 2015, 10:19:01
Und genau dies ist ein riesengroßer Irrtum.
Es gibt KEINE Objektivität und die Wissenschaft erklärt sich NICHT selbst.
Abhandlungen darüber füllen ja ganze Bibliotheken.
Nur ein kleines Beispiel: Die Rassenforschung im 3. Reich. Ist dort Wissen geschaffen worden
und ist dieses Wissen relevant ? Und für wen ?
Wissenschaft bewegt sich immer im jeweiligen Zeitgeist getragen durch (durchaus unterschiedliche) Interessen.
Kümmert sich die Wissenschaft um den Erhalt der Atomenergie oder um Methoden zum Atomausstieg ?
Usw. usw. usw.

Zurück zum Thema: AndiObb schreibt:
Meine Funde sind nicht weltbewegend, die interessieren genau genommen kein Aas.
Da ist was dran.
Wat dem eenen sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall

Gruß  

Schön, dass es hier die Vielfalt jeglicher Aspekte und freier Gedanken gibt ...... 

Zitat von: AndiObb in 26. Dezember 2015, 23:43:58

Meine Funde sind nicht weltbewegend, die interessieren genau genommen kein Aas.

So siehts aus! Zumindest bleiben bei einer anständigen Meldung die Fundpunkte der Nachwelt erhalten, deswegen mach ich das möglichst anständig. Die Funde bleiben nachvollziehbar mit Fundzettel und Meldung beieinander, so kann jeder später was mit anfangen. Wenns mal brennt ists halt so...wech alles! Wenn mal wirklich was historisch oder materiell bedeutendes dabei wäre, wird das Amt schon seinen Anspruch geltend machen. Aber wegen paar Fibeln und Dechseln, die genau genommen unsere Vorfahren schon verloren hatten , wird sich die Erde wohl weiterdrehen.
Gruss...

Huhu,

zu dem Thema haben wir uns schon oft Gedanken gemacht und wir sind noch immer dabei uns mit der Frage zu beschäftigen.

Unsere Sammlung welche wir in Ausübung unseres Ehrenamtes seit den frühen 90er Jahren aufgebaut haben, landet nach und nach beim Amt.

Der nächste größere Batzen wird ein Teil der Eschweger-Stadtarchäologischen Funde sein, hierbei handelt es sich um etwa 160 Kisten mit Funden zu verschiedenen Notgrabungen und Fundmeldungen aus mehr als 20 Jahren.

Weitere Funde aus bereits abgeschlossenen Projekten werden die nächsten Jahre dem Amt übergeben. Von unserem Gräberfeld sind die ersten Kisten bereits dem Amt übereignet, weitere werden in den nächsten Jahren folgen.

Die Grabung vom Juli bis September 2014 wird demnächst auch an das Amt gehen, hierbei handelt es sich auch um mehr als 100 kg Fundmaterial, zusammen mit einer guten Dokumentation. Die PowerPoint Präsentation zur Grabung ist bereits fertig und wird vermutlich in diesem Jahr noch der Öffentlichkeitsarbeit dienlich sein.

Unsere Forschung bezüglich der keramischen Provenienz Analysen mit der mobilen RFA laufen mittlerweile selbstständig weiter.                     Die ersten Veröffentlichungen zu dem Thema sind bereits erschienen weitere sind in Arbeit. Das dazugehörige Fundmaterial befindet sich wohl noch mehrere Jahre in der Bearbeitung und wird anschließend auch an das Amt übergeben.

Wenn wir in Zukunft den jetzigen Kurs weiter verfolgen sehe ich da keine größeren Probleme.  

Schön wenn man mit sich und der Welt im Reinen ist oder kommt

Grüße

mc.leahcim

Levante, euer Vorgehen ist wirklich vorbildhaft.

Zitat von: Levante in 02. Februar 2016, 19:02:59

Unsere Forschung bezüglich der keramischen Provenienz Analysen mit der mobilen RFA laufen mittlerweile selbstständig weiter.

Mal rein interessehalber: Welches Gerät habt ihr da ?
Ich war im Berufsleben als Strahlenschutzbeauftragter für solche mobilen Handgeräte mit in der Verantwortung.

Gruß 

Da hab ich mir auch schon Fragen drüber gemacht.  Das Heimatmuseum in Großgörschen will es (wegen fehlender Platz  in der Vitrine) nicht haben ...

Gruß

Zeitzer

Oh, Mann Zeitzer dann sollen die gefälligst anbauen.
Das geht ja gar nicht. Ich hab hier von dir schon so viel schönes und seltenes gesehen, da sollten die sich schon ein wenig anstrengen.

Einfach mal von der andere Seite aufziehen das Ganze. "Tut mir Leid, aber wenn ihr hier keinen Platz schafft dann werde ich meine Funde wohl woanders ausstellen müssen."

Gruß

mc.leahcim