Guten Tag,

hier ein  Objekt aus Hessen (Ackerfund), eine Art Medaillon aus Blei. Auf einer Seite zwei bärtige Männerköpfe im Perlkranz, darüber Inschrift, ein Wort. Auf der anderen Seite Inschrift, dreizeilig.
Ich habe nach mehreren Versuchen das Objekt in naßem Zustand  fotografiert, so ist die Schrift am besten zu lesen, wie ich meine.
Worüber ich auch rätsele, ist das kleine Zeichen über dem ersten Buchstaben der dritten (unteren) Zeile. ein kleiner Strich, dann Bogen nach oben. dann wieder ein kleiner Strich. Irgendwie kommt mir dieses Zeichen bekannt vor...
Habe zu diesem Stück verschiedenes überlegt, ziehe es aber wegen der Schwierigkeit, die Inschrift zu lesen vor, keine möglicherweise irreführende Deutung in die Welt zu setzen.

Gruß

St.Subrie

WOW, Du hast was ganz besondere gefunden

Ist eine Papst Bulle, also ein Bleisiegel was an einem ofiziellen Papst Dukument dran war.



Event. von ihm

http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_XXII.

Bin platt, lieber Insurgent !!! Ich lese auch JOANNES, das wäre dann 14. Jahrhundert, wenn ich es auf die schnelle richtig gefunden habe.
Abwegig ist das Papstbullensiegel insofern nicht, weil nahe Kloster und Abteikirche (karolingische Gründung) gefunden. Würdet Ihr in einem solchen Fall Eueren Archäologen vorab informiere ? Vielleicht rufe ich Ihn dieserhalb einfach an.

http://archaeologie-speyer.gdke.webseiten.cc/index.php?id=41682&type=98

Über den Köpfen : SPASPE  (Sankt Paul / Sankt Peter)

Hier gibt es eine


http://www.mcsearch.info/record.html?id=2694

Danke !
Vielleicht das hier noch ganz interessant:  http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/aufsaetze/clemens-zeugen.html

Hallo St. Subrie

Zitat von: St. Subrie in 08. September 2013, 14:58:33
Würdet Ihr in einem solchen Fall Eueren Archäologen vorab informiere ? Vielleicht rufe ich Ihn dieserhalb einfach an.

Auf jeden Fall!!!

Dein kleines Zeichen wird ein Omega sein. Der letzte Buchstabe des grieschichen Alphabets
Jesus sagt: ,,Ich bin das A und das Ω, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende"

Michael

Hallo Michael,

Info an Bezirks- und Kreisarch ist heute raus. Ich halte mich mit "Sondermeldungen" an sich zurück, aber das Bleisiegel und die in derselben Woche gefundene Karo-Fiebel (s. Mittelalter) sind schon sehr seltene, interessante  Funde und ich wollte nicht, daß meine Ansprechpartner, auf welchem Wege auch immer, vor meiner Jahresmeldung die Infos von anderer Seite erhalten.
Das Omega befindet sich übrigens bezeichnenderweise über den Buchstaben PP (wohl papa = kirchenlatein. für Papst).
Danke für den Hinweis !

Viele Grüße

St. Subrie

Wir sammeln hier ja nicht für den Hobbykeller, sondern mit Verantwortung!  

Zitat von: thovalo in 11. September 2013, 11:48:38
Wir sammeln hier ja nicht für den Hobbykeller, sondern mit Verantwortung!  

Bei mir heisst Verantwortung, dass ich meine Sachen bei mir aufbewahre.
Ich weiss auch warum.

Gruss 

Zitat von: stratocaster in 11. September 2013, 14:07:06
Bei mir heisst Verantwortung, dass ich meine Sachen bei mir aufbewahre.
Ich weiss auch warum.

Gruss 

Bis die Staatsanwaltschaft mal einen Besuch arrangiert und Du dich dann hier aufregen kannst!   


Auch eine Strategie! 

Jetzt mal völlig unabhängig von rechtlichen und fachlichen Erwägungen : Wer Stratocaster und seine Karriere als Archäologie-, Geschichts- und Restaurierungsbegeisterter kennt, der wundert sich nicht über manches, was anderen aufstoßen mag. Er hat allen Grund zur Verbitterung und
manchmal steckt mehr hinter Aussagen wie seiner, als auf den ersten Blick zu erkennen.
Ein wenig Nachsicht gegenüber langjährigen, bewährten und zweifelsfrei anständigen Mitgliedern, selbst wenn sie denn mal Schwachstellen zeigen sollten, darum bitte ich.
In der Hoffnung, daß hier jetzt keine dieser fruchtlosen Diskussionen entsteht, wir wissen ja alle, was richtig ist und was nicht,
grüßt Euch
St. Subrie

ZitatEr hat allen Grund zur Verbitterung und manchmal steckt mehr hinter Aussagen wie seiner, als auf den ersten Blick zu erkennen.

Dem ist so... 

Grüße, 
Micha

Zitat von: thovalo in 12. September 2013, 13:00:12
Bis die Staatsanwaltschaft mal einen Besuch arrangiert und Du dich dann hier aufregen kannst!   

Auch eine Strategie! 

Du scheinst mich ja gut zu kennen: Sich aufregen ist eine meiner Stärken 
Vor der Hausdurchsuchung steht ja übrigens noch die Anzeige. Also: auf geht´s.
Nebenbei: Es gibt mehr als 2 Strategien 

Es lebe der Hochmut und die political correctness 

Ach, Stratocaster......  

Ich habe alle hier im Beitrag schreibenden als gute, anständige Leute kennengelernt,
denen ich nach langen Jahren im Sucherforum quasi blind vertrauen würde.
Mehr möchte ich eigentlich nicht schreiben.

Tomcat

Zitat von: stratocaster in 13. September 2013, 11:38:28
Vor der Hausdurchsuchung steht ja übrigens noch die Anzeige. Also: auf geht´s.

Ach 

Die Zusammenarbeit mit den Archæologen war wirklich nicht immer einfach. Es gibt halt leider überall Pappnasen.
Hauptsache die Funde sind gut aufgehoben und landen nicht irgendwann im Müll oder eBay.

Schöner Fund übrigens. 


Grüße,

Jøran-Njål

Schöner und seltener Fund - Danke fürs Zeigen

Das PP steht für Pastor Pastorum (Hirt der Hirten) nicht für papa  

Ich fasse hier mal verschiedene Beiträge aus anderen Beiträgen zum Thema Papstbullen zusammen. Die darin zitieren Seiten des vatikanischen Geheimarchivs sind heute offenbar nicht mehr zugänglich bzw nicht mehr in deutscher Sprache erreichbar - warum auch immer.  

Die päpstliche Sphragistik unterscheidet sich hauptsächlich durch zwei verschiedene Arten der Besiegelung von Urkunden:  einerseits die hängende Bleibulle (selten Goldbulle) und andererseits das aufgedrückte Wachssiegel oder anulus piscatoris.

Die Bulle, die auf großen und feierlichen Privilegien sowie einfacheren Aufträgen oder Briefen befestigt wurde, stellt eines der wichtigsten diplomatischen Merkmale der päpstlichen Dokumente dar.  Die Ikonographie betrachtend behalten die Bullen der römischen Päpste seit Paschalis II. (1099-1118) im Kompositionsschema das formale Erscheinungsbild unverändert bis in unsere Tage. Selbst mit den Varianten, bedingt durch den künstlerischen Zeitgeschmack, drückt eine solche Erstarrtheit in der Darstellung den Wunsch aus, mit einem festen Bild die Beständigkeit der Kirche durch die Jahrhunderte zu übermitteln.  Die beiden Seiten der Bullen zeigen in der Tat recto die Köpfe Petrus' und Paulus' mit der Schrift S(anctus) PE(trus) / S(anctus) PA(aulus) und verso den Namen des Papstes, den Titel und die Ordinalzahl der Nachfolge.  Das plastisch gestaltete Gesicht der Apostel zeigt gewellte Haare und Bart beim Hl. Paulus und einen kurzgelockten Bart beim Hl. Petrus. Vor Papst Paschalis II. schwankt die Ikonographie von einfachen Namenstypen bis zu deutlicheren Charakterisierungen.

Technisch gesehen erfolgte die Anfertigung einer Bulle durch Prägung eines Bleiplättchens mit Matrizen aus Metall, die auf einem zangenartigen Gerät mit immer größer werdendem Maul montiert waren. Durch das Pressen auf das Blei wird nicht nur das Metall flach gedrückt und geprägt, sondern auch der Faden zur Aufhängung, der zuvor durch ein Loch im Blei gezogen wurde, fixiert.

Nach dem Tode eines jeden Papstes wurde die Matrize mit seinem Namen vernichtet, während jene mit dem Gesicht der Apostel vom Nachfolger wiederverwendet und nur im Falle einer Beschädigung ersetzt wurde.  Falls der neugewählte Papst in der Zeit zwischen seiner Wahl und Krönung Dokumente herausgeben musste, verwendete er die sogenannte bulla dimidia, das heißt eine Bulle, die nur die Seite mit den Apostelköpfen geprägt hatte und die andere glatt ließ.  Diese Eigentümlichkeit erklärt sich aus der Tatsache, dass der Papst erst nach der Krönung seinen neuen Namen auf die Matrize eingravieren lassen konnte.  Auf diese Gewohnheit verweist eine eigene Formel im Eschatokoll des Dokumentes. (Quelle: Vatikanisches Geheimarchiv )

Mit den Bleibullen waren wie gesagt päpstliche Erlasse gesiegelt. Die päpstlichen Dokumente sind im gegenwärtigen offiziellen Sprachgebrauch als litterae apostolicae bekannt, wobei sich die einzelnen Urkundenarten durch beigefügte Wörter unterscheiden, z.B. litterae in forma brevis.

Weitere Varianten sind: Litterae gratiae (Gnadengewährung), litterae iustitiae (Anordnung oder Entscheidung bei gerichtlichen Angelegenheiten), litterae communes (Urkunden, die üblicherweise vor dem Papst gelesen werden konnten, wie Supplik und/oder Konzept und/oder Mundum), litterae dandae (Urkunden, die ohne Lesung erlassen werden), litterae cum serico (Urkunden mit Siegel an Seidenfäden), litterae cum filo canapis (Urkunden mit Siegel an Hanffäden).

Der Ausdruck bolla, der ursprünglich nur das Bleisiegel meinte, wurde im 13. Jh. auf eine spezifische Urkundenart übertragen und war von den Zeitgenossen schon lange für alle Urkunden mit Bleisiegel verwendet. Breven dürfen nicht als Bullen bezeichnet werden. Und umgekehrt ist der Ausdruck Breve für Urkunden vor dem Jahr 1400 anachronistisch. Heute bezeichnet die offizielle Sprache der Kurie, wie sie sich seit dem letzte Jahrhundert entwickelt hat, die bolla als constitutio (Bullen im engeren Sinne), litterae apostolicae sub plumbo datae (wissenschaftlich litterae) oder litterae decretales (Konsistorialbullen) und die Breven als litterae apostolicae. Der Brief mit eigenhändiger Unterschrift des Papstes wird chirographus genannt. (Quelle: Vatikanisches Geheimarchiv)

Wie ich schon sagte gab es unzählige Papsturkunden und im Laufe der Jahrhunderte gingen diese bei Kirchen-, Klöster-, Burgzerstörungen oder im Zuge der Sekularisation und Bilderstürmereien bzw. kriegerischen Auseinandersetzungen aller Art verloren und es ist immer wieder bemerkenswert wenn ein solches Stück auftaucht und hier gezeigt wird. Anders als z.B. Tuch-, Dünge- oder Saatgutplomben wurden diese Bleisiegel zumindest nicht als Abfall behandelt und entsorgt....  

Eine großartige Zusammenfassung zum Thema, Gratian !   Vielen Dank ! Ich staune über die vielen interessanten Teilaspekte, die mir und wahrscheinlich vielen anderen nur zum geringsten Teil schon bekannt waren. Merowech und Corax, den Moderatoren des Unterforums "Geschichtliche Hintergrundinformationen",  möchte ich hiermit vorschlagen, Deinen Beitrag als grundlegenden Text in ihre Themensammlung aufzunehmen.
Der zuständige Archäologe hat inzwischen offiziell Kenntnis von dem Fund genommen. Ich würde ihm mit Deinem Einverständnis gerne bei der Fundvorlage informell  Deinen Text zugänglich machen, Gratian. Auch ohne wissenschaftlichen Apparat (für solche Ansprüche  hast du ihn ja nicht entworfen bzw. zusammengefaßt) hilft er meines Erachtens auch einem - nicht spezialisierten - Archäologen beim  Einstieg in das Thema.
Beste Grüße
St. Subrie

Kann gerne so erfolgen. Wie gesagt zitiere ich hier nur gerinfügig geändert auszugsweise die Ausführungen die vor noch einigen Jahren (ich weis nicht wann sie verschwunden sind) auf der offiziellen Vatikan Website unter Vatikanisches Geheimarchiv veröffentlich war. Eine sehr interessante und informative Seite und es ist Schade das es sie nicht mehr gibt.

sehr gute idee !

danke gratian für die äusserst interessanten ausführungen.