Wieder was gelernt: Kleingeldersatz

Begonnen von Fabulas, 06. Mai 2021, 19:46:43

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Fabulas

Diese Woche einmal kurz mit meinem Schwesterlein unterwegs gewesen. Leider nur kurz, denn schon dräuten wieder dunkle Gewitterzellen am Himmel.
Dräuen - cooles Wort - kleine Einlage dazu: seit dem 8. Jahrhundert bezeugt; eine alte Form des Verbs »drohen«, die auf das mittelhochdeutsche Verb dröuwen zurückgeht, dieses entstammt seinerseits dem Althochdeutschen drewen, welches wiederum der westgermanischen (nicht belegbaren aber rekonstruierten) Wurzel *þraw-ja- entspringt - die Bezeichnung "dräuen" wird vor allem poetisch/literarisch eingesetzt, leider aber auch immer weniger.

So, aber bevor sich eben diese Gewitterzellen entluden, durfte ich dem Boden noch einen Schatz entnehmen, während die Rehe still, starr und staunend zuschauten, was ich da wohl zutage fördern würde.

Einmal nur den Boden angekratzt und da war es: Komisches Teil, dachte ich, 8eckig und eine gute erkennbare 10 - vielleicht eine Spielmünze? Aber da stand auch "Bad Mergentheim", vielleicht eine total vergammelte Einkaufsmarke oder Parkmarke?

Zuhause entpuppte sich die Münze als "Notgroschen", besser gesagt Notgeld und ich traute meinen Augen kaum, als ich im Umlauf las: Kleingeldersatz.

Beim Nachforschen brachte es mich in eine Zeit (vor etwas über 100 Jahren), die wirtschaftlich katastrophal war - die Zeit nach dem 1. Weltkrieg und lange vor dem 2. Weltkrieg.
Ich hoffe und wünsche mir, das wir Schwierigkeiten sowie Katastrophen heute in einen Heilungsprozess besser lösen werden als damals.

Liebe Grüße
Fabulas


mike 81

Servus,  :winke:

dräuten- noch nicht gehört, aber dankeschön für die Erklärung dazu

zum Fundstück: Toll recherchiert  :super: und ja, so eine Zeit brauchen wir wirklich nicht mehr

Gruß Mike
Sich regen bringt Segen

stratocaster

Zitat von: mike 81 in 06. Mai 2021, 19:50:43

dräuten- noch nicht gehört, aber dankeschön für die Erklärung dazu


Und dräut der Winter noch so sehr mit trotzigen Gebärden.
Und streut er Eis und Schnee umher, es muß d o c h Frühling werden.


Hab ich mal in der Schule gelernt; schon etwas länger her  :dumdidum:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

Gratian

#3
Ich möchte nicht anheischend sein, aber das ist  fürwahr ein holdseliger Beitrag!

In der heutigen Zeit obsiegt leider allenthalben ein Kauderwelsch von angelsächsischer Sprache und das ist fatigant und öde.

Fürbass! Lasst uns fürderhin öfters in diesen erlauchten Tönen parlieren und uns an der deutschen Sprache erfreuen.

Es ist gewiss kein Possenspiel sondern eine höchlich angenehme Lustbarkeit die leichtlich der Kurzweil dient und wie ich konjeziere auch Euch viel Pläsier bereiten wird.

Frischauf ans Werk und wohlgetan ich beende hier, es sei der Nächste dran !  :narr:
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

ischbierra

Fürwahr, es gebricht uns nicht an allerley lieblichen Poetereyen, sintemal wir etliche Beispiele in den alten Gesangbüchern haben. Passend zur Jahreszeit: Wie lieblich ist der Maien...

Fabulas

Huijuijui!!!! :popcorn: Ja, hier sitzt man in der 1. Reihe!
Genial.
Da kann ich nicht mehr mit halten.

stratocaster und ischbierra: Ist das etwa aus eigener Feder?!!!
Irgendwie richtig schön diese Sprache.
Vielleicht finden die Menschen (oder was auch immer das dann sind) in 500 Jahren die Social-Media-Sprache der heutigen Zeit auch schön und poetisch. LOL bzw. ROFL

*megaknuddel*

Fabulas


stratocaster

Zitat von: Fabulas in 07. Mai 2021, 20:29:12

stratocaster und ischbierra: Ist das etwa aus eigener Feder?!!!
Irgendwie richtig schön diese Sprache.


Ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken:
https://www.garten-literatur.de/Leselaube/geibel_hoffnung.htm

Nebenbei: Ich finde es immer sehr interessant, wie sich nicht nur die "Hochsprache"
ändert, sondern auch die Dialekte. War immer so und wird immer so sein.
Meine Oma hat anders "berlinert" als ich.
Hängt ja auch generell mit dem Verschwinden von Worten zusammen:
Langspielplatte, Bandsalat, ..... Beispiele über Beispiele gibt es dazu (auch eine Fernsehsendung)

Gruß  :dumdidum:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

ischbierra


thovalo

Zitat von: Fabulas in 06. Mai 2021, 19:46:43
Diese Woche einmal kurz mit meinem Schwesterlein unterwegs gewesen. Leider nur kurz, denn schon dräuten wieder dunkle Gewitterzellen am Himmel.
Dräuen - cooles Wort - kleine Einlage dazu: seit dem 8. Jahrhundert bezeugt; eine alte Form des Verbs »drohen«, die auf das mittelhochdeutsche Verb dröuwen zurückgeht, dieses entstammt seinerseits dem Althochdeutschen drewen, welches wiederum der westgermanischen (nicht belegbaren aber rekonstruierten) Wurzel *þraw-ja- entspringt - die Bezeichnung "dräuen" wird vor allem poetisch/literarisch eingesetzt, leider aber auch immer weniger.

So, aber bevor sich eben diese Gewitterzellen entluden, durfte ich dem Boden noch einen Schatz entnehmen, während die Rehe still, starr und staunend zuschauten, was ich da wohl zutage fördern würde.

Einmal nur den Boden angekratzt und da war es: Komisches Teil, dachte ich, 8eckig und eine gute erkennbare 10 - vielleicht eine Spielmünze? Aber da stand auch "Bad Mergentheim", vielleicht eine total vergammelte Einkaufsmarke oder Parkmarke?

Zuhause entpuppte sich die Münze als "Notgroschen", besser gesagt Notgeld und ich traute meinen Augen kaum, als ich im Umlauf las: Kleingeldersatz.

Beim Nachforschen brachte es mich in eine Zeit (vor etwas über 100 Jahren), die wirtschaftlich katastrophal war - die Zeit nach dem 1. Weltkrieg und lange vor dem 2. Weltkrieg.
Ich hoffe und wünsche mir, das wir Schwierigkeiten sowie Katastrophen heute in einen Heilungsprozess besser lösen werden als damals.

Liebe Grüße
Fabulas





Es gab sogar Notkleingeld aus Porzellan! Falls Du dich mal über eine scheinbare "Keramikmünze" wundern solltest!  :winke:


Quelle:

https://www.ma-shops.de/knopek/item.php?id=3926

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

stratocaster

Schöner Hinweis von Thovalo und schöne Bilder  :super:
Ich war vor Jahren in der Porzellanmanufaktur in Meissen
und dort ist auch Notgeld aus Porzellan ausgestellt sowie andere keramische Marken und Medaillen.
Die Qualität meiner Fotos ist mässig  :glotz:

Gruß  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

thovalo


Irre wie kreativ sie damals waren!


Eine tolle Übersicht  :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Fabulas

Zitat von: stratocaster in 07. Mai 2021, 22:13:09
Ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken:
https://www.garten-literatur.de/Leselaube/geibel_hoffnung.htm

Nebenbei: Ich finde es immer sehr interessant, wie sich nicht nur die "Hochsprache"
ändert, sondern auch die Dialekte. War immer so und wird immer so sein.
Meine Oma hat anders "berlinert" als ich.
Hängt ja auch generell mit dem Verschwinden von Worten zusammen:
Langspielplatte, Bandsalat, ..... Beispiele über Beispiele gibt es dazu (auch eine Fernsehsendung)

Gruß  :dumdidum:

Stimmt :-)
Unsere Gemeinde besteht aus der "Kernstadt" und 16 Dörfern bzw. Wohnplätzen. Da gibt es auch gravierende Dialektunterschiede von Dorf zu Dorf.
Meine Güte jaaaaa - der Bandsalat!!! Wie habe ich ihn gehasst! Oder auch das Kohlepapier für Schreibmaschinen (gibt es sogar noch). Ich musste in den 70ern Verträge mit der Schreibmaschine schreiben - jeder Fehler ein riesiger Umstand, der nicht selten zu Tränen geführt hat. Bei drei Durchschlägen erforderte das Wegradieren eines falschen Buchstabens - garantiert immer am Ende des Schriftstückes - äußerste Gelassenheit und eine gewisse Fingerfertigkeit.

:winke:
Fabulas

Fabulas

Zitat von: thovalo in 08. Mai 2021, 16:14:47


Es gab sogar Notkleingeld aus Porzellan! Falls Du dich mal über eine scheinbare "Keramikmünze" wundern solltest!  :winke:


Quelle:

https://www.ma-shops.de/knopek/item.php?id=3926



Danke für den wichtigen Hinweis! Na sowas, das hätte ich nie gedacht: Geld aus Porzellan. Gute Idee. Und danke auch für die Fotos.

:winke:

Fabulas

Levante

Hi,

also eigentlich ist die Bezeichnung "Porzellan Notgeld" irreführend, da es sich tatsächlich um Böttger-Steinzeug handelt und eben nicht um Porzellan.  :zwinker:

LG

Patrick
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)