Hallo zusammen!
Da mein Thread unter "Flohmarktfunde" kein Interesse findet, möchte ich euch meine letzten beiden Funde hier noch einmal präsentieren.

Vom Flohmarkt für 0,5€:
Tabak- oder Zigarettendose, Handarbeit
Die Dose wurde von einem Kriegsgefangenen in Garmisch aus Aluminium hergestellt und verziert. Die Deckelaußenseite wurde mit geometrisch angeordneten Linien und Mustern verziert. In der Deckelinnenseite findet sich ein eingeritztes Motiv von Landschaft (Berge, Himmel), einem Stacheldrahtzaun mit Wachtürmen, dem Stadtwappen von Garmisch und der Gravur "Garmisch 1946".

Vergleichsstücke in: Maas, B.; Dietrich, G. (Hrsg.): Lebenszeichen. Schmuck aus Notzeiten. Museum für angewandte Kunst, Köln 1994.


Von Ebay für 6€: Ring aus Messingdraht.
Im o.g. Buch finden sich vier Vergleichsstücke aus unterschiedlichen Materialien, sowie ein entsprechender Artikel aus "Wir von der Westfront, Kampfberichte unserer Soldaten, Kleine Kriegshefte, Berlin. o.J.".
Der Ring wird dort als Westwallring bezeichnet. Mein Exemplar entspringt vermutlich einer seriellen Produktion, die dem originalen Westwallring entsprang.

Wie der Westwallring entstand
Sie saßen in der Stube beisammen, die Männer vom Westwall. Den ganzen Tag über hatten sie Gräben aufgeworfen, Bunker befestigt und die Grenze gegen den Feind in ein Netz von Eisendraht eingesponnen. Nun war Feierabend. Man schrieb, man sang, man flüsterte, man träumte.
Unter den Männern war auch ein Goldschmied. Gottfried Grau hieß er. Er stammte aus Pforzheim. Dieser Gottfried Grau hatte sich ein Stück "Gold des Kriegers" in die Stube mitgenommen: ein Stück Eisendraht. Spielerisch wand er nun das kürzere Endes dieses Drahtes zu einem Ring und bog das längere Ende mit der Feile zu einer Schnecke, die bald wie eine Rosette auf dem schmalen Reifen lag. Dann streifte er vorsichtig den Ring über den Finger und betrachtete ihn prüfend wie ein Schmuckstück aus seiner alten Werkstatt.
Die anderen Männer waren aufmerksam geworden. Sie schauten über die Schulter des Goldschmiedes.
"Er ist schön, dieser Ring", meinte ein junger Mann verträumt. "Er passt zu uns."
Nachdem Gottfried Grau am Westwall seine Pflicht getan hatte, kehrte erin sein Heimatstädtchen zurück. Beim Abschied von seinen Kameraden besann er sich auf den eisernen Ring, den er damals geformt hatte. Er zog ihn aus der Tasche und gab ihn dem jungen Manne. "Zum Andenken!" sagte er dabei ernst. -
Als ein Jahr vorüber war, kam Gottfried Grau wieder zum Westwall, aber diesmal nicht als Schanzarbeiter, sondern im grauen Rock des Soldaten. Bei der Begrüßung mit seinen neuen Kameraden stellte er fest, dass mancher unter ihnen einen eisernen Ring mit einer gewundenen Schnecke am Finger trug, jenen Ring, wie er ihn einmal gerstellt und verschenkt hatte. Er fragte die Soldaten nach dem Ursprung dieses Schmuckes. Sie konnten es nicht sagen. Einer hatte ihn beim anderen gesehen, man hatte gefühlt, dass dieser Ring eine tiefe Bedeutung besaß und versuchte, ihn nachzumachen. So waren viele Ringe entstanden, "Westwallringe" nannten sie die Soldaten einfach.
Gottfried Grau merkte, dass sseine geübten Finger hier gute Arbeit leisten könnten. Er verbrachte von nun an seine freie Zeit damit, in der Waffenmeisterei Westwallringe herzustellen. Die Soldaten halfen ihm dabei.
Und wenn die Soldaten heute ihren Kameraden den selbstgeformten Ring an den Finger stecken, den Offizieren und den Mannen, so sagen sie dabei: "Zum AndenkenQ"
Und es klingt wie ein Gelöbnis der Kameradschaft für alle Zeiten.

Edit: Ich habe gerade noch ein Online-Dokument zum Westwallring gefunden. Auf den Seiten 7 - 11 findet ihr weitere Ringe meines Typus, ein Foto von Gottfried Grau und nähere Informationen: http://gerdhagedorn.de/resources/MS+GH+Der+Westwallring+$28Web+2$29.pdf

Und hier sind die weiteren Fotos der Tabakdose:
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,35472.0.html

Hey!

Die Dose ist echt schön graviert.
Hatten die Gefangenen denn die Möglichkeit, solche Sachen in Werkstätten herzustellen?
Oder wurde das in "Heimarbeit" in den Barracken gemacht?

Hallo Luci Fernatas,
die Infos zum Westwallring finde ich ja hochinteressant. Danke für den link.
Interessant finde ich auch die Urform, die von Gottfried Grau gewählt wurde.
Diese Art Ring gab es schon bei den Römern. Siehe Ring 14 in der tollen Ringdatenbank

Gruß

Michael

P.S. Ich  will die Tabaksdose hier nicht vernachlässigen auch sie ist gelebte Zeitgeschichte. Es gibt soviele Sachen die von Soldaten gefertigt wurden und heute zum Teil noch nicht einmal als solches erkannt werden. Bekannt sind eigendlich die Vasen die aus alten Hülsen gefertigt wurden. Wobei ich glaube das da ein großteil nach dem Krieg aus Materialmangel gefertigt wurden. Oder die Armreifen aus Führungsringen, die schon im 1. WK gefertigt wurden. Aber auch die vielen praktischen Gegenstände wie z.B. Feuerzeuge aus Patronenhülsen und und

Zitat von: mc.leahcim in 03. April 2009, 09:33:43

P.S. Ich  will die Tabaksdose hier nicht vernachlässigen auch sie ist gelebte Zeitgeschichte. Es gibt soviele Sachen die von Soldaten gefertigt wurden und heute zum Teil noch nicht einmal als solches erkannt werden. Bekannt sind eigendlich die Vasen die aus alten Hülsen gefertigt wurden. Wobei ich glaube das da ein großteil nach dem Krieg aus Materialmangel gefertigt wurden. Oder die Armreifen aus Führungsringen, die schon im 1. WK gefertigt wurden. Aber auch die vielen praktischen Gegenstände wie z.B. Feuerzeuge aus Patronenhülsen und und

Da hast Du vollkommen Recht. Spannend ist auch der billige Modeschmuck aus Kupfer- und Messingdraht, der heute nicht einmal mehr bei Ebay Interessenten findet. Vieles davon wurde im und nach dem Krieg aus Materialmangel improvisiert. Somit stellt der Schmuck zwar keinen Geldwert, doch aber irgendwie geschichtlichen Wert dar.

Hallo Luci,

Gratuliere zu den Käufen und Danke für die Info und den tollen link...wieder was gelernt. Von der Existenz dieser Ringe war mir bisher nichts genaues bekannt...ich weis nur das damals die Arbeiter 'ne Menge Geld in Eifel und Hunsrück ließen und der Westwallbau für diese Regionen auch ein "Wirtschaftsprogramm" darstellte...

Da muß man mal auf Flohmärkten die Augen offenhalten....hübsche Ringsammlung hat der Gerd Hagedorn da zusammen getragen....

Auf demselben Flohmarkt habe ich gestern erneut eine Tabakdose aus der Kriegsgefangenschaft aufgestöbert.
Preis diesmal: 1,50€

Größe, Ausmaße und Material sind sehr ähnlich der ersten Dose, jedoch schimmert das neue Exemplar auf dem Deckel golden und die Dose ist leider nicht mehr in so gutem Zustand (leichter Rost, Dellen).

Graviert ist der sehr leicht pyramidale Deckel mit:
Meine Gefangenschaft in
Rennes
St. Paul Angoula
Stenney.
vom 6.4.45
bis 25.4.46
Verziert ist der Deckel außerdem mit Blütenranken.

Und schon wieder wird ein alter Thread abgestaubt.

Ich habe vorletzten Samstag auf dem Trödelmarkt in Düsseldorf meinen zweiten Westwallring erstanden.
Diesmal habe ich 2€ bezahlt.
Am Ring nagt leider schon der Zahn der Zeit (Ringschiene hinten aufgebrochen, Abrieb bei der Versilberung).

Es handelt sich um einen Westwallring in Achteckform aus Messingguss. Ringschultern und -schiene sind versilbert und mit drei gezackten, schlichten Ornamenten dekoriert.
Falls jemand sich an dieses tolle pdf-Dokument zu den Westwallringen erinnert: Es ist offensichtlich Ausführung Nr. 016.


(Leider heute nur ein oller Scan.)

Hallo Luci Fernatas,
jap, das ist wohl die No 16. Als du den Link gepostet hast (02.April 2009) funktionierte er schon nicht richtig, das ist mir jetzt nochmal aufgefallen wie ich schnell kucken wollte. Für alle die sich das Kopieren sparen wollen hier der Link noch mal.
Der Westwallring - Zeuge seiner Zeit

Gruß

Michael

Für 2 Euro..ein Schnäppchen die Dinger sind inzwischen schon recht gesucht... da wusste der Verkäufer wohl überhaupt nicht was er Dir verkauft hat. GRATULATION

Ich finde auch der ist noch recht gut dabei.  

Hallo gratian!
Deine Antwort sehe ich ja jetzt erst!
Weiß jemand, ob die Ringe ursprünglich eine offene Ringschiene hatten oder nicht? Aufgrund des sauberen und scharfen Schnittes hätte ich bei diesem Ring auf eine nachträgliche Öffnung getippt. Ändert das was am Wert?