2 glänzende Steinchen

Begonnen von Persephone, 10. November 2024, 13:55:04

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Persephone

2 Steine von einem mehrphasigen (Jungpaläolithikum bis BZ) Platz im nördlichen Niedersachsen. Das Geschiebe hat den Platz ausgelassen, so dass 100% des dort vorkommenden Flint dorthin verbracht sind.
Durch den Materialmangel, bzw. die Abwesenheit von einem natürlichen Flinkvorkommen, wurde sorgsam mit dem zur Verfügung stehenden Material umgegangen.
Werkzeuge und auch Kerne sind im Vergleich zu denen auf vielen Plätzen in SH recht klein geraten.

Natürlich gibt es eine Menge Debitage und vereinzelt Klopf -bzw Schlagsteine und etwas Kümmerkeramik.
Was es darüber hinaus gibt, sind ab und an diese kleinen glänzenden und gradezu rutschigen Steinchen.

Weiß jemand, worum es sich bei diesen Stücken handelt?

 :winke:
Persephone

Persephone


Wiedehopf

Hallo Persephone,

auch das ist baltischer Flint, wahrscheinlich aus dem Geschiebe. Habe ich hier (auf der Feuersteinlinie) massenhaft.

Viele Grüße
Michael 

Persephone

Danke für die Erklärung, Michael. Weißt du mehr über diese Varietät?
Weder im Floss, noch im Netz finde ich etwas darüber. (Was sicher auch damit zu tun haben kann, dass das Material schlechter geeignet war zur Werkzeugherstellkun?!)


Wiedehopf

Das ist schon ganz normaler Flint der durchaus auch für Werkzeugherstellung verwendet wurde. Deine beiden Stücke sind gelblich patiniert, einer zeigt noch Reste der ursprünglichen Kalkrinde. In beiden Stücken vermeine ich Fossilieneinschlüsse zu erkennen, Moostierchen oder Seeigelstacheln. Zudem sind beide Stücke entweder abgerollt oder haben Windschliff (oder beides).

Du schreibst, dass das Geschiebe den Platz ausgelassen hat. Gilt das für die beiden letzten Eisvorstöße (Saale und Weichsel) oder nur für den letzten (Weichsel) ? Dann könnte es Geschiebe des Saale-Eisvorstoßes sein.

Wie gesagt, bei mir wohin nur der Saale-Vorstoß gelangt ist, ist das ganz normales häufiges Material.

Viele Grüße
Michael   

Persephone

Hallo Michael, ich habe bisher keinerlei Geräte aus diesem glänzenden Material finden können.
Hast du da evtl. ein Beispiel (im Netz)?

Und es geht ausschließlich um den letzten Eisvorstoß.

Dank doir und einen schönen Sonntag,

Persephone

Furchenhäschen

Hallo,
zur Farbveränderung des Materials kann ich nur Erfahrungen aus dem im Süden der Republik vorliegenden Hornstein berichten.
Hellgrauer/Weißer Hornstein erreicht Farbveränderungen durch Jahrtausende lange Einlagerung in Lössböden. Die Entstehung des hochglänzenden Materials kenn ich nur von Material welches sich in bewegenden Wasser bzw. vom Wasser transportiert wurde erklären.

Grüße Peter

Wiedehopf

Hallo Persephone,

Geräte aus diesem semi-transparenten nordischen Flint habe ich schon. Eine in Jahrhunderten durch Windschliff oder andere Faktoren aufgebaute Flint-Glanzpatina würde allerdings bei der Geräteherstellung abgebaut oder zerstört. Da müsste man dann schon sehr sehr alte Geräte finden, auf denen sie sich erneut gebildet hätte. Das kann durchaus bei altpaläolitischen Geräten vorkommen, die findest du dann aber eher in der Sahara als bei uns.

Auch dir einen schönen Sonntag
Michael         

Persephone

Hallo Peter,

ich habe inzwischen ein wenig gelesen und es hat wohl tatsächlich der Schliff durch Wasser die Steinchen zum Glänzen gebracht.
Was mich wundert ist, dass ich nie Stücke, die größer als die hier abgebikdeten gefunden habe, die diesen Glanz aufweisen.
Aber das ist dann wohl eine Frage fürs Geologieforum.

Und Michael, ja, es ist sicher eine Möglichkeit, dass der Glanz, also die mikrokristalline Oberfläche, durch Abbau den Herstellungsprozess der Geräte verloren gegangen und bei altpaläolithischen Stücken dann eben noch erhalten ist.

:winke: Persephone

Persephone

Einfach weil es hübsch ausschaut und den Glanz wunderbar wiedergibt, hier nochmal ein Eisenoxid gesättigtes und extrem glänzendes Stück


RockandRole

Servus,

irgendwie ist mein Beitrag zu dem Thema verschwunden  :nixweiss:  aber Peter hat da was angesprochen. Die Verlagerung durch Bach- und Flusssysteme sind teilweise enorm. Und durch das einschneiden selbiger in die Landschaft finden sich auch auf Erhöhungen auch Steine, die man nur in Gegenden erwarten würde, welche von Eis bedeckt waren. In Niderbayern sind so Ablagerungen von Baltischen Feuersteinen entstanden  :winke:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Nanoflitter

Das mit den Tierchen nennt man wohl Bryozoenflint. Gruss..

Persephone

Danke für eure Antworten!,

die hiesige Archäologie geht durch das Weichselglacial im weiten Teilen des Nordens von 0% Wahrscheinlichkeit aus, mittelpaläolitische oder ältere Gesteins, -also Artefaktfunde zu machen.
Das würde ja durch die Verlagerung durch Bach -und Flußsysteme konterkariert werden?! Oder Daniel?
Wobei es hier ja nur um ganz kleine Steinchen und nicht um Faustkeile geht

Und ja, Bryozoenflint.
Gibts auch nur im Flint, oder?

 :winke: Persephone

Wiedehopf

Guten Abend,

ich gehe hier nicht von Wasser- sondern von Windschliff aus.

P.V. Petersen beschreibt in 'Flint fra Danmarks Oldtid' auf Seite 27 solchen windpolierten Feuerstein wie folgt:

ZitatFlugsand und -staub haben diesen Flint so kräftig poliert, dass er an der Oberfläche stark glänzt und fast wie lackiert wirkt.

Das passt auch zur Fundsituation bei mir. Die Stücke wurden während des Saale-Eisvorstosses hier abgelagert. In der folgenden Kaltzeit (Weichsel) wurden an der Oberfläche liegende Stücke über Jahrtausende durch angewehten Sand und Staub (Löss) poliert. So entstanden auch die Windkanter die hier gelegentlich im Geschiebe finde. 

Bild 1: windpolierter Flint aus dem hiesigen Geschiebe
Bild 2: windpolierter Flint aus dem hiesigen Geschiebe
Bild 3: windpoliertes altsteinzeitliches Silex-Werkzeug aus Israel, Politur entstand nach Herstellung des Werkzeuges (Oberseite glänzend, Rückseite matt)     

Viele Grüße
Michael   

RockandRole

Zitat von: Persephone in 10. November 2024, 19:21:02Danke für eure Antworten!,

die hiesige Archäologie geht durch das Weichselglacial im weiten Teilen des Nordens von 0% Wahrscheinlichkeit aus, mittelpaläolitische oder ältere Gesteins, -also Artefaktfunde zu machen.
Das würde ja durch die Verlagerung durch Bach -und Flußsysteme konterkariert werden?! Oder Daniel?
Wobei es hier ja nur um ganz kleine Steinchen und nicht um Faustkeile geht

 :winke: Persephone

Hallo Persephone

Ich habe mal gelesen, dass die alt- und mittelpaläolithischen Fundschichten zum großen Teil einfach vom Eis platt gemacht worden sein sollen. Also alles irgendwie ,pulverisiert' ist. Gut, bei Berlin soll die Eisschicht einen Kilometer betragen haben. Aber es gibt doch auch Funde, oder?

Je nach Wasserscheide sind dann wohl auch einige Artefakte zurückgekommen.

Wie groß Steine aus dem Geschiebe sind, kann ich nicht sagen, aber für mein kleinteiliges MP wird es evtl. reichen  :zwinker:

War das eine richtige Antwort auf deine Frage?  :friede:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

#15
Hallo,

danke für die Vorstellung dieser Funde!

Daniel schreibt:
 "Ich habe mal gelesen, dass die alt- und mittelpaläolithischen Fundschichten
  zum großen Teil einfach vom Eis platt gemacht worden sein sollen."

Dem kann ich größtenteils zustimmen - aber nicht ganz.
Also, in Norddeutschland wo ich suche, gibt es hin und wieder MP Funde.
Sporadisch tauchen auch Faustkeile und andere Geräte auf
In meiner Umgebung ist es ein Schaber. Der hat ebenfalls diesen Glanz
und ist durch die Bodenverhältnisse braun durchgefärbt.
Durch starke Stömung können Flusstäler die glaziale Schichtenfolge
manchmal durchbrechen.
Mit einem Foto kann ich im Moment nicht dienen

LG
Jan

Furchenhäschen

Zitat von: Furchenhäschen in 10. November 2024, 16:31:41Hallo,
zur Farbveränderung des Materials kann ich nur Erfahrungen aus dem im Süden der Republik vorliegenden Hornstein berichten.
Hellgrauer/Weißer Hornstein erreicht Farbveränderungen durch Jahrtausende lange Einlagerung in Lössböden. Die Entstehung des hochglänzenden Materials kenn ich nur von Material welches sich in bewegenden Wasser bzw. vom Wasser transportiert wurde erklären.

Grüße Peter

Richtig, den Windschliff habe ich vergessen zu erwähnen. Artefakte mit Windschliff fand ich auch bereits. Der Windschliff alleine reicht aber nicht aus um eine derartig glänzende Oberfläche zu erreichen. Windschliff verrundet Kanten und Grate sorgt aber nicht für Glanz
Grüße Peter

Steinkopf

#17
Guten Morgen,

Der Peter bringt Windschliff ins Spiel. Dafür hab ich ein Beispiel aus dem Norden von Dänemark.
Die Artefakte - wohl spätes Mesolithikum - gerieten durch Erosion aus ihrer schützenden Schicht
und waren dem Windschliff ausgesetzt, vielleicht nur einige Jahrzehnte.
Das reichte für einen bemerkenswerten Glanz mit Verrundung der Grate und Kanten.
Es ist dort fast immer Wind und ein intensives Sandstrahlgebläse.

nördlichste Fundstelle - wurde mir von der örtlichen Archäologie bestätigt
"Und wehet der Wind darüber dann kennet sie ihre Stätte nicht mehr" 'Lutherbibel'

LG
Jan

ischbierra

Zitat von: Steinkopf in 11. November 2024, 07:37:40"Und wehet der Wind darüber dann kennet sie ihre Stätte nicht mehr" 'Lutherbibel'



Psalm 103,16

Persephone

Hallo Michael,

ich habe gestern gelesen, dass der Glanz speziell durch den Abrieb von Wasser entsatneden sein soll.
Windkanter aber, wie es der Name sagt, durch Wind.
Danke für die tollen Bilder. Im speziellen für das windpoliertes altsteinzeitliches Silex-Werkzeug aus Israel,
Das ist wirklich spannend und wohl die Lösung meiner Frage

 :winke: 

Persephone

Moin Daniel,

das es wegen der Steichen hier so eine Resonanz gibt :Danke2:
Und der Transport über Gewässer hört sich schlüßig an.
Tatsächlich habe ich in einem Mecklenburg-Archäologiebuch gelesen, dass es keinerlei (zumindest) Faustkeile; also größere Stücke gibt, die sich auf der hinterlassenen Oberfläche des 1,5km hohen (als wenn einer nicht reichen würde : ) finden lassen. Einen zweeifelhaften Fund gab es wohl. Einen Schaber. Aber da haben sich zumindest zum Erscheinen des Buches irgendwann in der 60er Jahren die Experten bekriegt, ob es denn wirklich ein MP-Schaber wäre oder evtl. gar ein Täuschling, also ein reines Geofakt. Aber das ist lange her. Ich habe sogar Bilder irgendwo und werde die nachhreichen, wenn sich meine Wege mit diesem Teil meines Buchregals kreuzen  :dumdidum:

 :winke:


Persephone

Hallo Jan,

das finde ich sehr spannend! Die Grenze des letzten Geschiebes läßt sich ja klar bestimmen. Und jenseits dessen ist die Fundlage logischerweise eine ganz andere. Ich weiß, dass im Niedersächsischen Wendland bereits wieder mittelpaläolithische Funde vorkommen. Natürlich auch nicht en mas,aber es gibt sie.
Ich gehe davon aus, dass du dementsprechend auch in Niedersachsen unterwegs bist?

 :winke:

Persephone

Zitat von: Furchenhäschen in 11. November 2024, 05:52:42Windschliff verrundet Kanten und Grate sorgt aber nicht für Glanz

Hallon Peter,

das deckt sich mit meiner oberflächlichen Recherche

 :winke:

Persephone

@Jan,  schade, ich dachte schon, die Situation wäre geklärt. Aber jetzt ist wohl alles wieder auf Null.
Andererseits gibt es ja nur Indizien über die Entstehung der Bibel. Das deutet unzweifelhaft daruf hin, dass sie entgegen der verbreiteten Meinung vorm Weichselglacial geschreiben wurde :dumdidum:

Ich danke euch für die rege Teilnahme an der Diskussion!

 :winke:




Wiedehopf

ZitatTatsächlich habe ich in einem Mecklenburg-Archäologiebuch gelesen, dass es keinerlei (zumindest) Faustkeile; also größere Stücke gibt, die sich auf der hinterlassenen Oberfläche des 1,5km hohen (als wenn einer nicht reichen würde : ) finden lassen. Einen zweeifelhaften Fund gab es wohl. Einen Schaber. Aber da haben sich zumindest zum Erscheinen des Buches irgendwann in der 60er Jahren die Experten bekriegt, ob es denn wirklich ein MP-Schaber wäre oder evtl. gar ein Täuschling, also ein reines Geofakt. Aber das ist lange her. Ich habe sogar Bilder irgendwo und werde die nachhreichen, wenn sich meine Wege mit diesem Teil meines Buchregals kreuzen

Moin Persephone,

schau mal - wenn es dir möglich ist - in 'Bodendenkamlpflege in Mecklenburg-Vorpommern Jahrbuch 55, 2007'. Dort wird ein Faustkeil aus Lancken-Sassnitz/Rügen beschrieben, der im Geschiebemergel eingelagert war und 2004 aufgefunden wurde. Auch auf Lolland und Fanö (DK) wurden zwei Faustkeile gefunden, die in der Grundmoräne eingelagert waren.

Viele Grüße
Michael
   

Persephone

Hallo nochmal,

ich habe das grade gegoogelt.
Die Überschrift impliziert ja den Diskussionsgegenstand, den wir hier haben sehr gut

"Ein Faustkeil von der Insel Hiddensee - einheimischer Fund oder mitgebrachter Exot? Jens-Peter Schmidt"

Guter Tipp, danke!

 :winke: Persephone

Wiedehopf

Vorsicht, das sind zwei verschiedene Fälle ! Soweit ich mich erinnere (ich habe leider den Bericht über Hiddensee nicht mehr) wurde der Faustkeil von Hiddensee von einem Besucher auf einer Fensterbank oder in einem Blumenkasten gesehen und als Faustkeil indentifiziert.

Der von Rügen lag dagegen im Strandgeröll unmittelbar am Fuß des dem Kliff vorgelageten Abbruchschuttkegels des Geschiebemergels und konnte zusätzlich durch begleitende Faunenreste datiert werden.   

Viele Grüße
Michael     

Wiedehopf

ZitatDie Artefakte - wohl spätes Mesolithikum - gerieten durch Erosion aus ihrer schützenden Schicht und waren dem Windschliff ausgesetzt, vielleicht nur einige Jahrzehnte. Das reichte für einen bemerkenswerten Glanz mit Verrundung der Grate und Kanten. Es ist dort fast immer Wind und ein intensives Sandstrahlgebläse.

Hier ein weiteres Beispiel, ein pechschwarzer Flint (kein Artefakt) von der Nordseeküste. Die 'Narben' stammen von der ursprünglich vorhandenen Kalkrinde, die vom sandführenden Wind vollständig wegpoliert wurde.

Viele Grüße
Michael   

Persephone

Zitat von: Wiedehopf in 11. November 2024, 15:11:11Vorsicht, das sind zwei verschiedene Fälle ! Soweit ich mich erinnere (ich habe leider den Bericht über Hiddensee nicht mehr) wurde der Faustkeil von Hiddensee von einem Besucher auf einer Fensterbank oder in einem Blumenkasten gesehen und als Faustkeil indentifiziert.

Der von Rügen lag dagegen im Strandgeröll unmittelbar am Fuß des dem Kliff vorgelageten Abbruchschuttkegels des Geschiebemergels und konnte zusätzlich durch begleitende Faunenreste datiert werden.   

Viele Grüße
Michael     

Danke für die Klärung bzgl. des Faustkeils, Michael und auch das erneute Vergleichsbild, das sich wunderbar zu den anderen Beispielbidern fügt.

 :winke: Persephone