Werra-Keramik der Renaissance, Hilfe zur klärung einer Darstellung

Begonnen von Levante, 25. November 2013, 15:06:54

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Levante

Huhu,

anbei mal Bilder von einem halben Teller der Werra-Keramik. Dieses Fragment fanden wir vor einiger Zeit in einem Depot in den Niederlanden.

Zu datieren ist es zwischen 1600 und etwas 1630.

Die Grunddarstellung ist bekannt, zwar selten ist aber gelegentlich belegt.

Es handelt sich um einen Engel der eine Kurtasche mit einem Wappen oder wie in diesen Fall, wohl eine Hausmarke beinhaltet.  

Unser momentaner Ansatz geht in Richtung eines Handwerkes. Irgend ein Gegenstand der sich auf drei Füßen befindet, eventuell eine Mangel oder Presse oder etwas ähnliches.

Leider ist diese Motiv im einzelnen noch nicht in der Literatur beschrieben und somit wäre es eine Erwähnung in einer Publikation Wert.

Ich hoffe sehr auf eure Hilfe und Ideen zur Klärung der Darstellung.

LG


Patrick
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

grünland


Hallo Patrick,

eine sehr schöne Scherbe ist das.
Engel als Wappenhalter sind in der Renaissance ja durchaus bekannt.
Aber ob es sich um ein Familien, Haus oder Zunftwappen handelt wird sicherlich schwer zu bestimmen sein.
Mal sehen was sich da in Erfahrung bringen läßt....
LG
Guido

grünland


...wäre noch ein Kreuz mittig auf dem " Schränkchen " zu sehen könnte es ein Reliquienbehältnis sein, wobei die drei Füße vielleicht die Dreifaltigkeit symbolisieren auf der es ruht. Aber bitte..reine Spekulation...
LG
Guido

thovalo

#3
  
Irgend ein Gegenstand

Zeitlich ist die Renaissance bereits beendet, doch insbesondere die einfachen Gewerkkunststile laufen noch als späte oder späteste Phänomene dieser Stilrichtung weiter aus. Frühbarock ist hier zutreffend.

Das erscheint mir nicht als ein Arbeitsgerät sondern als ein verziertes Endprodukt.

Wirkt wie ein Behälter mit Deckel (floral gehaltener Knauf), eventuell ein Deckelpokal.
Die Beine sind dabei allerdings weniger passend. Sie wirken gedrechselt ...... als eher nach einer Holzarbeit.

Pyxis (für einen Kleriker) oder Deckelbehälter aus Feinmetall (Silberschmied)

Wenn das kein konkretes Wappen ist dann eine Darstellung als Zunftzeichen und keinen "Hausmarke"


lG Thomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Saxaloquuntur


thovalo


PERFEKT   :super:

ein Hafnerwappen!? ..... wie nahe liegend!


Cooler Hinweis!   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Freya


Levante

#7
Zitat von: thovalo in 26. November 2013, 07:13:51
 
Irgend ein Gegenstand

Zeitlich ist die Renaissance bereits beendet, doch insbesondere die einfachen Gewerkkunststile laufen noch als späte oder späteste Phänomene dieser Stilrichtung weiter aus. Frühbarock ist hier zutreffend.




Guten Morgen,

also über die zeitliche Einstufung brauchen wir nicht diskutieren.

Diese Ware wurde nach bisherigem Kenntnisstand von 1568 bis 1643 hergestellt. Da befinden wir uns im ländlichen Raum noch ganz gut im Zeitfenster. Die späteren Mahlhornwaren werden ganz klar als barocke Produkte angesprochen. Diese fangen aber erst nach Ende des 30 jährigen Krieges an. Oder sollen sich Generationen von Forschern in der Namensgebung und Bestimmung geirrt haben? :-)


So nun aber mal zum Thema...

... also ob dieses Fragment nur vier oder drei Füße hatte, ist denke ich mal egal, Dreifaltigkeit als Ansatz ist wohl auszuschließen, da es wohl eher ein profanes Motiv zu sein scheint, bis auf den Engel natürlich.

Töpferscheibe wäre schön, da müsste man wohl noch mal mehr Abbildungen anschauen. So etwas ist momentan noch nicht bekannt, soll aber nichts heißen. :-)

Die Darstellung einer Windmühle war ja bislang auch noch nicht belegt auf der Werrakeramik, allerdings konnten wir diese in der Vergangenheit recht eindeutig belegen.



LG


Patrick
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Levante

Ach ja, ich habe das Bild von dem Stich mal an einen unserer Forschungspartner in den Niederlanden weiter geleitet.

Oft ist ja das naheliegende wirklich am wenigsten zu entdecken.

Aber wie ich ihn kenne, bleibt er sicherlich skeptisch.  :dumdidum:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)


Levante

#10
schaut sehr gut aus.  :super:

so hier ein Nachtrag.

Anbei einige Rekonstruktionsversuche von ähnlichen Scherben.
Leider bislang nicht publiziert, aber unser Bekannter in den Niederlanden hat sich da anscheinend mit dem H.G.S. schon mal Gedanken gemacht.  :dumdidum:

LG

Patrick

P.S. auch ja daraus ergibt sich, dass der Teller ehemals wohl nach 1610 in Hann. Münden hergestellt wurde und in die Niederlande bis nach Graft verhandelt wurde.

So schön kann die Forschung sein. :-)
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Merowech

Grüße    MICHA   Und nutze den Tag - na ja ? - die Nacht auch !  :zwinker:

Levante

Guten Morgen Micha,

von wann ist das Wappen und woher stammt es?

grüße

Patrick
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Saxaloquuntur

Hier noch ein Bildausschnitt aus einer Bruderschaftstafel mit Handwerkersymbolen. Eine der Kartuschen mit einfachem Rollwerk, die sich um eine Abendmahlsszene gruppieren, trägt eine Drehscheibe. Datiert 1812/1819. aus Mindelheim Öl auf Holz, Museum Mindelheim.

Saxaloquuntur

Zunft- oder Haustafel aus Memmingen, um 1700. Hafner an der Blockscheibe. Bayrisches Nationalmuseum München. Ich hätte noch mehr Darstellungen, aber leider im Moment keine Zeit. Richtig heißen die Füße, egal ob drei oder vier eigentlich Sprossen. Man spricht von der Sprossenscheibe. Saxaloquuntur.

Levante

Sehr gut, das sieht man ja doch wie sich die Abbildungen ähneln.

daran erkennt mal mal wieder die Qualität unseres "Geisterschiffes" hier.  :zwinker:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Esmoker

Töpfert bei dem Fund oben ein Engel???
Oder gehört der Flügel zu einem Tier???

Levante

Der Engel trägt oder hält nur das "Wappen", ist nicht unüblich. Auf Werrakeramik und rheinischem, gerade Siegburger, Steinzeug relativ verbreitet.

Die Bedeutung des Engels ist wohl nicht weit her zu leiten.  :zwinker:

In späterer Zeit breitet wohl wie beim Bild von Micha, eher der Adler seine Schwingen aus.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Merowech

Zitat von: Levante in 27. November 2013, 09:08:07
Guten Morgen Micha,

von wann ist das Wappen und woher stammt es?

grüße

Patrick

Tach Patrick,
Zunftzeichen der Hafner von Fahrafeld, 1788 (Niederösterreichisches Landesmuseum, Wien). :winke:
http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.z/z870292.htm
Grüße    MICHA   Und nutze den Tag - na ja ? - die Nacht auch !  :zwinker:

Saxaloquuntur

Der Holzschnitt übrigens oben stammt von 1499 (ursprünglich aus: Polydorus Vergilius Urbinus, De inventoribus rerum) . (Deutsche Ausgabe ,"getruckt zu Augspurg, von Heynrich Steiner 1537", Staatsbibliothek Augsburg) Eine Ulmer Sprossenscheibe um 1700 hätte ich noch. SaX.

Levante

Guten Morgen,

Nachtrag es ist doch schon ein Fragment publiziert, wie wir eben von einem Forscher aus den Niederlanden erfahren durften gibt es in einem Aufsatz eine Abbildung eines entsprechenden Motives, welches wir nur als Umzeichnung vorliegen hatten.

Dieses stammt aus der von Hans-Georg Stephan ausgegrabenen Werra Keramik Töpferei in Hann. Münden.

Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

thovalo

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.