Unikum

Begonnen von Silex, 28. April 2006, 23:27:17

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Silex

Servus Leute,
Von einer  UK/ Laténe Fundstelle stammt dieses Teil. Schwierig zu beschreiben, das Dings.. es scheint eine rechteckige Grundform gehabt zu haben mit einer  runden Öffnung in der Mitte. Ich hätte es bedenkenlos als Webgewicht eingeordnet- wenn da nicht 2 kleine, konische, Vertiefungen wären die von der Quaderseite hereingestochen wurden.
De zeitliche Einordnung in  die Vorgeschichte ( UK-Laténe) ist durch den  gelblichen Ausackerungsstreifen und die Begleitkeramik quasi  sicher
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

Und der Rest.....

Danke für Ideen
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger



... also diese Deutsche Abkürzungen  :platt:

( UK-Laténe) ????? Wos denn  :irre:


Silex

 Mein lieber Agersoe,
Die   Epoche der Urnenfelderkultur   (UK) begann im süddeutschen  Raum ca.- um 2000- 1800 Jahren  vor Christus ( den ich außerordentlich verehre- zumindest die Idee falls er uns nicht besucht hat)- Sie ist - mangels vieler Siedlungsindices- in erster Linie gekennzeichnet durch die Art des Übergangs des lebenden Individuums in das Jenseits. Man vermutet, unter Anderem eine weibliche Totenfolge. Seit vielen Jahren sammle ich Keramik und  mit jedem Jahr wird mir klarer dass dieses weitgehend unerforschte Volk fast jeden günstigen Acker beherrschte- obwohl wir hier von der Bodengüte nicht prahlen können. Aber "wir" waren vermutlich eine Art Handelsstation  zum Bernstein  und.......zu Euch   
Danke

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger


Danke dir, Edi !!

Hat mir sehr geholfen !!  :super:

Also mein erster Gedanke war: Einlüftungsloch für Eisen-Schacht-Ofen !!!  :belehr: (weiss nicht ob das so heisst, hoffe du verstehst)
Frühe Eisenzeit !!!

Nach deiner Beschreibung der Fundumstände wohl dann eher nicht !!  :irre:

Rambo

Ich war im vorigen Jahr bei einer LaTene Schmelzplatzgrabung dabei. Da haben wir zwar keine Düsen gefunden aber dafür jede Menge Schlacke.
Es könnte sich allerdings bei deinem Stück sehr wohl um eine Düse für einen Schmelzofen handeln.
Hier eine Zeittafel  :idee:
Hier eine Zeittafel welche allerdings KEINE regionalen Zeitunterschiede behandelt.
http://www.landschaftsmuseum.de/Seiten/Lexikon/Zeit-Gun.htm
Gruß Rambo

Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Silex

Per Foto -hat "meine"  Archäologin das Teil inzwischen eingeordnet ...." urnenfelderzeitliches Feuerbockfragment"- Ich kann mir diese Teile aber kaum vorestellen. Nach vielem "googln"  weiss ich nur dass "sie" am Feuer irgendeine  "Arbeit" verrichteten- Abstand halten etc. Aber wie genau   und wozu könnten diese beiden Einstichlöcher gedient haben. Zur Aufnahme von kleinen Gerten an denen  Fleischstückchen über dem Feuer baumeln konnten???? Und die große Öffnung die so perfekt getöpfert???? Nahm diese Öffnung den Grillstab auf???
Wer kann mir helfen

Einen  im weitesten Sinne ähnlichen vergleichbaren "Bock" fand ich:
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Edi !!  :-)

Ich versuche es mal mit einem kleinen Resumé aus dem Dänischen, davon, was Jørgen Jensen in seinem Gross-Werk: Danmarks Oldtid (Dänemarks Altertum) Band 3 Ältere Eisenzeit, über das Feuerbock schreibt.

"Bei der Feuerstelle standen diese eigentümlichen Tongegenständen. In der Mitte hatten sie oft ein oder mehrere Löcher, die vielleicht dafür bestimmt waren, dass man Stöcke dahinein stecken konnte, wenn man sie umplazieren wollte, nachdem sie in der Nähe des Feuers gestanden haben, und deswegen viel Wärme absorbiert hatten.
Der Gebrauch ist stark umdiskutiert, aber sie gehörten zu fast jedem Haushalt. Man hat gemeint, sie hätten vielleicht eine rituelle Bedeutung, und dass sie als eine Art Kultobjekte benutzt wurden, andere jedoch meinen, sie hätten nur eine praktische Anwendung bei der Feuerstelle.
Auf eine rein praktische Anwendung deuten viele Fundumstände auf Hausböden und in Abfallgruben hin, wo sie fast immer paarweise auftreten.
Die Feuerböcke waren, im Gegensatz zum gewöhnlichen Tongeschirr, aus grob gemagertem Ton hergestellt, damit sie die starke Hitze bei der Feuerstelle verkraften konnten.
Einige von ihnen haben Gebrauchsspuren auf der Oberseite, welches darauf hindeuten könnte, dass sie als eine Art Kochstände oder Öfen verwendet wurden, auf denen Tongeschirr stehen konnte."

Es gibt da sicherlich Wörter die auf Deutsch nicht so heissen, aber ich hoffe du verstehst es trotzdem !!  :winke:

Silex

Danke agersoe!!! Du hast mir sehr weitergeholfen..... dieses Thema ist auch unter hiesigen Archäologen  ziemlich umstritten..... und Keiner weiß etwas Genaues und Eindeutiges (Mondidole...Kultobjekte... etc.)
Und Deine  wunderbar übersetzten Wörter kamen alle eindeutig und sehr erhellend an. Letztes Jahr fand ich 20  Kilometer weiter meine ersten diesbezügliche Keramikobjekte (nach 15 Jahren Suche). Und hier an meinem Heimatort wurde noch nie ein ähnliches Objekt gefunden. Die Ackerkrume wird weniger und "sie" ackern immer tiefer......
Vieles wird nicht übrigbleiben wenn wir nicht aufpassen und LERNEN  ... um Kultur zu verstehen.... Und leider wird die Keramik ...auch hier... geradezu sträflich... vernachlässigt. Wer sucht muss auch danach streben den wahren Schatz zu suchen- und nicht den  eitlen Tand- und "DER" liegt im bescheidenen- alltäglichen , sorgsam Verborgen.
Ich verstehe gar nicht warum es nicht so einen Sch... Archäologen dazu hinreißt uns hier - abseits von allen Standesdünkeln- etwas nahezubringen was uns Allen nützen könnte- so wie  "Khamsin" es im Steineforum leider viel zu kurz ausgeübt hat.     
Steine leben lange- ausgeackerte Keramik wird - bei heutigen Bearbeitungsmethoden "exponentiell" zermartert
Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Lieber Edi  :-)

@ "Steine leben lange- ausgeackerte Keramik wird - bei heutigen Bearbeitungsmethoden "exponentiell" zermartert"

Ich kann dir ja nur recht geben !!

Ein Archäologe hat mir mal gesagt: Die archäologischen Funde der nächsten 100 Jahre, werden, statt auf den Äckern, in den Depots und Archiven der Museen gemacht,
......on location ist jetzt fast alles von der intensiven Landwirtschaft bereits zerstörrt !!





Silex

Genau .. und wenn man schon (auch  - und vor Allem als Sondler- weil die Meisten eben bildungswillig sind und sich für lokale Geschichte interessieren- und weil sie  Legion sind) über die Felder wandert  dann sollte man auch die Grundlagen der Keramikdatierung  im Grundriss beherrschen. 
Und es ist der ewige Sermon meinerseits:- nach 15 Jahren "Sucherkarriere" hab ich lediglich einen blassen Schimmer was Keramik anbetrifft-  das Wissen wächst- aber  nur weil das lokale Denkmalamt aus 100 Jahren Erfahrung schöpft und exzellente Fachleute jeden lernwilligen, verläßlichen  Sucher  mit dem , zumindest , Minimalwissen ausstatten um die letzten Keramikrelikte zu retten.
Vor kurzem entdeckte ich ein seltsames Tonfragment- 2 Mal hab ichs schon weggeworfen, auf dem Acker, und dann wieder mitgenommen.  Die Archäologen haben es dann als  Teil einer  vorgeschichtlichen Tonfigur eingeordnet... Ich zeigs Euch später mal....  es sieht ziemlich bescheiden aus.... aber es ist der einzige Nachweis einer -wenn auch äusserst reduzierten - Skulptur aus Ton im weiten Umkreis.
Ich will damit nur sagen: Es ist schade wenn man Sensationen liegen lässt nur weil sie aus Ton sind....
Und ein wenig mehr Beschäftigung mit Keramik täte uns Allen gut- weil wir- wie agersoe so treffend bemerkte- vielleicht die letzten möglichen Überlieferer sind-
Und -es ist ein seltsames Gefühl  die Fingerkuppenabdrücke zu sehen und zu spüren die eine Frau eindrückte die  zu Zeiten des Odysseus oder eines Assurbanipals in unserer Heimat lebte .....
meint
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo wieder Edi  :-)

..ich möchte mal hinzufügen, dass die Archäologen hier bei uns wirklich was dafür tun. Wir Amateure, wie ich, die ihnen helfen, werden ständig "belehrt"  :smoke: wie wichtig es ist,
jedes Stück Keramik zu registrieren, und mit nach Hause zu nehmen, denn Keramik ist und bleibt eben für die Experte eines der besten Datierungswerkzeuge, die es gibt. !!

Das die Landwirte jeden Herbst und Frühling mit ihren merkwürdigen Maschinen, tonneweise Keramik zu Atomen zermalen, ist eben sehr zu beklagen !!!  :heul:

Man kann mit Sicherheit sagen, wir können jedes Jahr mehr Stücke finden......sie werden aber zunehmend kleiner !!!  :platt: :smoke:

Silex

...Danke agersoe... Unsere Archäologen  sehen das genau so... und die letzten paar Jahre Ackerbewirtschaftung haben mehr kaputt gemacht als  die 2- 3000 Jahre dazwischen..
Relevante, datierbare Randscherben oder verzierte Wandscherben im Ackerhorizont sind  bei uns seit ca 10 Jahren quasi  nicht mehr existent.
Wenn ich trotzdem manchmal welche finde dann liegt es an den PS (KW)- strotzenden  Kraftungetümen welche jede , seit  Jahrhunderten erhaltene, Bodenwelle ausmerzen und somit Keramik aus Steinsetzungen , verschleiften Wällen etc. mit an die Oberfläche reissen. Man erkennt diese Stellen an  helleren Pflugspuren mit Kies- und Sandanteilen, durchsetzt  mit rötlichen  oder schwarzen Verfärbungen die von Keramik- oder Holzkohledurchmischungen herrühren. Diese ausgeackerten, oft exquisiten, Relikte sind die letzten die für Geländebegeher  überhaupt noch zu retten sind..... in 2-3 Jahren sind sie bis zur Unkenntlichkeit zerschreddert, zerscheibt, zerfrostet, zerwalzt. Und wer "seine" Äcker nicht beobachtet dem entgeht so eine Ausackerung (eines Grabes, einer Grube....) und vielleicht eines der letzten Sensationsteile der keramischen Fraktion.
Mein Aufruf an alle Feldbegeher und Sondler ... macht Euch auch mit kundig was Keramik anbetrifft und rettet mit was noch zu retten ist...und da gibts wirklich aufregende Sachen- figürliche Menschendarstellungen- programmatische Seinsvorstellungen in Verzierung und Zahlenmystik etc.

Für mich gabs früher auch nur Steinzeit- jetzt interessiert mich das Flakprojektil, die Antiallergikamedikamentenhülle des Bauern und die Keramik der Vorgeschichte bis heute. Denn ein "Platz" ist da wo etwas passiert ist und wo Menschen oder die Natur oder das Göttliche gewirkt haben..... Und der Sucher versucht zu identifizieren, zu wissen, zu lernen  und im besten Falle sich selbst zu reflektieren... also in Beziehung zu setzen zu dem was war , was ist und was da kommen möge.


bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

#13
Wie recht du hast, Edi  :-)

Ich kann dir da eine sehr aktuelle Geschichte erzählen.
Am Donnerstag war ich mit zwei Sondlerkollegen auf eine Suche für das Museum, wir wollten die Ausbreitung eines bekannten Mittelalterwohnortes auf der anderen Seite einer durchschneidenen Land-Strasse nachprüfen.
Wir fanden nur ganz wenig mittelalterliches. Wir konnten also feststellen, das der Wohnort nicht weiter in der Richtung verbreitet war. Manchmal kann man auch wichtiges lernen, wenn man nichts findet.  :-D
Mein Kollege fand aber auf einer ausgeplügten Hügelspitze die Reste eines Urnengrabes.
Da waren gerade 5 Kanten- Bodenscherben und ein paar Stücke Holzkohle übrig !!  :platt:
Zum Weinen  :heul:
Das Acker ist total zerpflügt. Steine, Ton, Sand und Humus ist in ein Mischmasch zermalmt, sogar Metallgegenstände sind zerkleinert !!  :irre:
Wenn man da, nach nassem Frühling und jetzt einige Tage mit Wärme und Sonne graben will, ja dann ist es wie Beton.

Hier die braven Sondler, die trotzdem was für die Wissenschaft machen:
Vielleicht kannst du erahnen wie ruppig das Acker ist !!




Der Wikinger

Uuuups habe vergessen, rechts im Bild beim Gebüsch beginnt das Areal einer Hügel einer riesigen Festungsanlage des frühen Mittelalters.
Und das Dorf lag so 200 Meter entfernt nach links im Bild.
So es könnte ja etwas gegeben haben !!