unauffälliger Zeitanzeiger

Begonnen von Silex, 22. März 2007, 22:26:23

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Silex

Kaum jemand würde so ein Minitrumm aufheben. Mein Kreisarchäologe sagt immer:" Lass das Zeug liegen , Edi, ...." Er  liebt große Teile und sucht seine Premiumfundstellen nach diesen Teilen ab. Er hat ca. 20 Superfundstellen.... ich hab 350 verschiedene Vorgeschichtsareale im Fundus.....und jeden Monat kommt was dazu (im 30 Kilometer Radius).... ....auch mit lediglich solchen Teilen....
Es ist scheinbar ein NICHTS...ein winziges Konglomerat von manuell aneinandergefügter Materie... mit seichter, 3-facher Kannelur... ein leider allzuüblicher Rest aus der Urnenfelderzeit...angeknappst durch den Daumennagel meines "Kreisarchäologen", unter heftigstem Protest meinerseits, ...dann sagte er:  .....   "vorgeschichtlich".......    .  Die Brösel (ca. ein Drittel) lagen auf dem Boden. Es war der erste Nachweis einer UK-Siedlung an dieser Stelle..... inzwischen hab ich auch "Größeres".
Dies nur  zur nächsten Feldbegehung

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

und hier noch eine Wandscherbe derselben Zeitstellung mit typisch urnenfelderzeitlichem Außendekor (vom selben Acker)

servus vom
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

3 weitere Wandscherben mit dieser "Attinger Verzierung" (Rollstempeldekor) von derselben Fundstelle- einer Niederterrassensiedlung der Urnenfelderkultur - 3m über  Flußniveau. Fundort : mittlere Oberpfalz
Die Ware ist im Allgemeinen  ziemlich dünnwandig und selten erreicht eine Wandscherbe  eine  größere maximale Erstreckung als  3-4 cm...deshalb ist diese "Zeigerkeramik" als Lesefund auch ziemlich rar zu vermelden...
Aber es gibt auch Glückstage. Man muss sich halt oft bücken und quasi ALLES mitnehmen.... die Zahnbürste  samt Spülmittel ergibt  dann manchmal  diese Evidenz
Alter: Bei uns- 2800 Jahre, ca.
Einer der wenigen, unzweifelhaften, beglückenden Keramiktypen die einem zeitliche Gewißheit geben über eine ansonsten rätselhafte Urbevölkerung unseres Raumes.

Servus , vom

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi Edi

jepp, genau das ist es. Ich glaub auch nicht, dass man sich der Vorgeschichte eines Landschaftsraumes nähern kann, wenn man sich nur auf handverlesene Premiumacker die Rosinchen rauspickt ...
Bei uns melden sich die prähistorischen Stellen anfangs auch oft recht zaghaft. Bei der ersten Suche oft nur drei oder vier Scherben ... Da muß man dann am Ball bleiben  :engel: Wenn man von vornerein sagt, dass es sich nicht lohnen würde.  Kommt man selbst in Jahrzehnten nicht weiter. So entstehen die weißen Flecken, die in der Literatur immer so schön als "Forschungslücken" oder "Hiatus" umschrieben werden ...
Noch vor 20 Jahren hat in meiner Gegend die Eisenzeit nur in einer handvoll Zufallsfunden, sozusagen schlaglichtartig, stattgefunden - bloß weil den lokalen Sammlern die Scherben zu ömmelig waren ...

Die Entdeckungen bei Waschgang sind dann in der Tat immer eine schöne Bestätigung, dass die Bückerei nach dem vermeintlich Unscheinbaren eben doch was bringt!!!

Gerade deine UK-Scherben lassen mich da ein wenig neidisch werden. An der Bronzezeit unserer Gegend beiße ich mir nämlich gerade die Zähne aus.
Du mußt verstehen: Am Niederrhein hat die Bronzezeit, genauso wie für manche "ewig gestrigen" Sammler auch heute noch die Eisenzeit, mangels Siedlungsfunde nicht stattgefunden.
Trotzdem finden sich fast flächendeckend einzelne (Opfer-) Funde. Die scheinen von nicht ortsansäßigen Menschen der mittleren und späten Bronzezeit ins Dickicht des undurchdringlichen niederrheinischen Urwalds geschmissen worden zu sein, kurz bevor sie wieder in ihre mittelrheinische Heimat zurückgingen  :narr:
Konkret bei mir schaut es so aus: Eins meiner Hauptfundgebiete ist ein etwa 3km breiter Streifen am Rhein, der seit der Römerzeit gesichert als Flußübergang zu sehen ist. Eine vorgeschichtliche Nutzung des Areals kristalisiert sich erst langsam (auch durch meine Sammlerei) heraus. Mitlerweile gibt es genug Silex und Keramikfunde, die das zumindest im Ansatz belegen. Leider ist bis jetzt fast nichts an verzierter Keramik dabei ...  :platt:
Aber! Mitlerweile sind mir persönlich 3 bronzezeitliche Metallfunde von dieser Stelle bekannt. Einer davon wurde in der Fachliteratur bereits publiziert. Eine Beilklinge. Laut Aussagen der publizierenden Archäologen ein "unerklärlicher Einzelfund" ...
Du siehst, auch bei uns mahlen die Mühlen langsam ...

:winke:
Gerd


Rambo

Na da lebe ich ja in einem gesegnetem Land, bei uns findet man UK-Keramik ohne Ende,  man meint manches Mal sogar, es gab fast nur UK
Natürlich haben wir auch dementsprechende aussagekräftige Literatur:smoke:
Gruß Rambo

Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Silex

Zitat von: wühlmaus in 31. März 2007, 01:55:41
Hi Edi




Du mußt verstehen: Am Niederrhein hat die Bronzezeit, genauso wie für manche "ewig gestrigen" Sammler auch heute noch die Eisenzeit, mangels Siedlungsfunde nicht stattgefunden.
Trotzdem finden sich fast flächendeckend einzelne (Opfer-) Funde. Die scheinen von nicht ortsansäßigen Menschen der mittleren und späten Bronzezeit ins Dickicht des undurchdringlichen niederrheinischen Urwalds geschmissen worden zu sein, kurz bevor sie wieder in ihre mittelrheinische Heimat zurückgingen  :narr:
Konkret bei mir schaut es so aus: Eins meiner Hauptfundgebiete ist ein etwa 3km breiter Streifen am Rhein, der seit der Römerzeit gesichert als Flußübergang zu sehen ist. Eine vorgeschichtliche Nutzung des Areals kristalisiert sich erst langsam (auch durch meine Sammlerei) heraus. Mitlerweile gibt es genug Silex und Keramikfunde, die das zumindest im Ansatz belegen. Leider ist bis jetzt fast nichts an verzierter Keramik dabei ...  :platt:
Aber! Mitlerweile sind mir persönlich 3 bronzezeitliche Metallfunde von dieser Stelle bekannt. Einer davon wurde in der Fachliteratur bereits publiziert. Eine Beilklinge. Laut Aussagen der publizierenden Archäologen ein "unerklärlicher Einzelfund" ...
Du siehst, auch bei uns mahlen die Mühlen langsam ...

:winke:
Gerd



Bei uns sah es ja vor 20 Jahren  genauso aus wie bei Dir, wühlmaus,  nur Metallrelikte aus Gräbern wurden von früher spärlich überliefert... die Keramik ist in aller Regel verschollen, weil ihr keiner  Wertschätzung entgegenbrachte.
Und bis vor 5 Jahren kannte hier kaum einer diese "Attinger Verzierung".
Es funktioniert auch beim Einzelsucher so wie beim Schneeballsystem. Eine Scherbe....ein Fundplatz...das Vergleichen mit ähnlichen Funden und Plätzen...dann die Zweite, Dritte...darauf folgen meist die Nachbaräcker..ähnliche Geländesituationen und Lagen an Fluss und Bach , sowie an unausweichlichen Fern- und Altstraßen .
Und die Bronzezeit - auch mit ihren Siedlungen- machte vor keiner Gegend in Mitteleuropa  halt.

Du wirst sie finden...auch in "Keramik"

Bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.