Stabperle mit Fadeneinlage

Begonnen von Sprotte, 27. September 2011, 17:21:47

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Sprotte

Hallo alle zusammen,

vor kurzem habe ich diese Stabperle aus farblosem Glas (genau genommen entfärbtem Glas, da es im Durchlicht doch leicht grau erscheint) mit roter und weißer Fadeneinlage in Nordwestmecklenburg gefunden: Länge = 35 mm, Durchmesser: 8 mm, Lochdurchmesser: 2-3 mm. Wahrscheinlich sind auf einen Glastropfen mit einer Luftblase im Inneren die Fäden linear aufgebracht worden und danach ist dieser Tropfen unter Torsion in die Länge gezogen worden. Auf diese Herstellungstechnik weist das leicht korkenzieherartig tordierte Loch hin.

Der Fundplatz befindet sich am Rande eines mittelslawischen Siedlungsplatzes mit Keramik vom Menkendorfer Typ (von diesem Fundplatz habe ich dieses Jahr u.a. zwei Tonspinnwirtel in der für slawische Fundplätze typischen doppelkonischen Form aufgelesen). Nicht allzuweit entfernt liegt ebenfalls ein ausgedehntes Fundarial mit Funden der frühen bis späten römischen Kaiserzeit (und unter Umständen auch noch der frühen Völkerungswanderzeit).

Viele Grüße
Sprotte


Sprotte

Hallo alle zusammen,

es ist sehr schade, dass sich in diesem Forum kaum jemand für antike bzw. mittelalterliche Glasfunde zu interessieren scheint. :besorgt: (Sei es drum.)

Unter der Annahme einer (nicht gesicherten) Zeistellung in die römische Kaiserzeit werden vergleichbare Glasperlen von Tempelmann-Mączyńska ("Die Perlen der römischen Kaiserzeit und der frühen Phase der Völkerwanderungszeit im mitteleuropäischen Barbaricum") der Gruppe XXII (Typen 304-307) zugeordnet. Die Zeitstellung ist überwiegend Stufe B2 nach Eggers (teilweise auch noch C1) und damit absolutchronologisch ca 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts bis ca. 2. Häfte des 2. Jahrhunderts.

Viele Grüße
Sprotte


insurgent

Hallo Sprotte, ich interessiere mich schon sehr für Glasperlen nur ist es halt sehr schwer sie zu datieren.

Ich meine solche "gedrehten" auch in Haithabu gesehen zu haben. Aber auch viele Formen der in Haithabu gefunden Göasperlen gab es schon in der VWZ. Von daher   :nixweiss:

Aber ein schönes Stück  :super:
Meine Bodenfunde werden gemeldet

thovalo

Naja, ist auch ne spezielle Nummer ......

Das Fundstück erinnert mich an die Machart frühmittelalterlich/karolingerzeitlicher Reticellagläser .......  da war der Hinweis auf Haithabu und seinen Markt mit dem Eintrag von Perlen aus allen Himmelsrichtungen sicher ein wertvoller Hinweis zu einer näheren Orientierung. Wäre auch insbesondere noch das Fundinventar von Birka mit zu berücksichtigen!


glG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Sprotte

Hallo Insurgent, hallo Thomas (thovalo),

Vielen Dank für eure Antworten.

Genau! - Eine mittelalterliche Zeitstellung ist auch eine der Optionen. In Groß-Strömkendorf ("Reric") - was gar nicht allzuweit von meinem Sammelgebiet entfernt liegt -  wurde eine durchaus beachtliche Anzahl von Glasartefakten inkl. Glasperlen geborgen und publiziert (Alexander Pöche: "Die Glasfunde des frühmittelalterlichen Handelsplatzes von Groß Strömkendorf bei Wismar"; ich werde dort einmal nachschauen).

Viele Grüße
Sprotte

PS: Grundsätzlich stimme ich zu, dass ein Großteil - insbesondere der einfarbigen und einfach gestalteten Glasperlen kaum datierbar ist (siehe die blauen runden Glasperlen in diesem Forum). Aber bei einigen lässt sich der zeitliche Ansatz unter Umständen doch etwas genauer, teilweise sogar recht genau (z.B. bei achterförmigen blauen Glasperlen) fassen.


Sprotte

Hallo,

ich habe einmal nachgeschaut: Von den insgesamt 1395 in Groß-Strömkendorf von Pöche in seiner Publikation aufgenommenen Glasperlen besteht nur eine (!) einzelne aus farblosem Glas. Gezogene Glasperlen mit einer ähnlichen Verzierungtechnik liegen überhaupt keine vor (die gundsätzlich geringe Anzahl der gezogenen Perlen kann nach der Aussage des Autors auch an der frühen Zeitstellung (8. und 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts) des Fundplatzes liegen; in Haithabu ist der Anteil gezogener Glasperlen wesentlich höher). Falls mehrfarbige Verzierungen vorliegen, dominiert jedoch (wie auch im vorliegenden Fall) die Kombination rot/weiß.

Viele Grüße
Sprotte