Römischer Dachziegel?

Begonnen von steinsucher, 12. Oktober 2007, 23:02:47

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steinsucher

So ganz erfahren bin ich im alten Rom nicht. Deshalb brauche ich Eure Unterstützung.

Das Ziegelfragment dort unten stammt aus dem direkten Umfeld des Mühlstein Fragments unter http://www.sucherforum.de/index.php/topic,26890.0.html. Auf den ersten Blick von oben ist alles klar, römisch. Aber was zeigen die Bilder "Pfanne2" und "Pfanne3". Habe ich so noch nicht gesehen. Eine Art Rutsch Bremse? Eins ist klar, eine moderne Pfanne war es nicht.

Noch eine Bemerkung: Die Farben stimmen durch Kunstlicht nicht. Die Ziegel sind schon "ziegelrot".

Gebt mir Stoff!!

Steinsucher

wühlmaus

Hi  :winke:

Na, da lag ich mit meiner Vermutung, dass eine römische Trümmerstelle in der Nähe liegen könnte, doch ganz richtig ...

Pfanne1.jpg zeigt es eigentlich ganz gut ... Es ist definitiv ein römischer Leistenziegel!!!

Die Form der Rückseite ist mir aber auch neu ...  :kopfkratz: (Ich nehme jetzt mal frech an, dass ich Dich richtig verstanden habe, und Pfanne1.jpg, Pfanne2.jpg und Pfanne3.jpg alle ein und dasselbe Stück zeigen)

Ein 08/15, Effes Leistenziegel ist es auf jedenfall nicht, aber es gibt tatsächlich Sonderformen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich mal was vergleichbares gefunden habe... mein Ziegel hatte eine rechteckige Aussparung unterhalb eines Leistenabschlußes ...
Wahrscheinlich hast Du Recht und es ist tatsächlich eine Art Rutschbremse (oder Dachfirstanschlußschnüffelstück?  :platt: ) ...
In den B-Filmen schreit man immer "Ist ein Arzt hier?" Ich hätte jetzt gerne einen Dachdecker. Vielleicht könnte der uns weiterhelfen ... (oder vielleicht hunter oder Lojoer?)

:winke:
Gerd

steinsucher

Hallo Wühlmaus,

danke für Deinen schnellen Response. Ja, ist das gleiche Stück. War beim fotografieren noch nicht mal ganz trocken. Bei dem fraglichen Teil sind normgerechte, gerade Kanten wohl nicht so wichtig gewesen. Muss aber wohl funktioniert haben. Ich gehe morgen noch mal drüber. Das Areal zwischen dem Ort des Mühlsteins und des Ziegels wird noch durch ca. 10m Gras getrennt. Gemäht ist es schon. Im Übrigen lag etwa 3m vom Ziegelrest entfernt noch ein guter Teil Basaltlava. Es sieht so aus, als wenn es auch zu einem Mühlstein (oder dem?) mit Mittelloch gehört hat (noch nicht fotografiert). Ich denke mal die Stelle wird spannend. Noch ist ja nicht einmal gepflügt. Der Mais ist gerade mal runter. Und scheinbar werde ich in römisch ja besser (dank Eurer Hilfe).

FR

rolfpeter

Servus Freunde,

ich bin zwar kein Dachziegelexperte und kenne aus eigener Ansicht auch nur römische Tegulae, die auf der Unterseite glatt sind. Aber bei modernen Dachpfannen ist unterseitig am oberen Rand eine Lippe geformt, die verhindert, daß der Ziegel beim schrägen Dach von der Dachlatte rutscht. Mir ist auch bekannt, daß die römischen Ziegeldächer relativ flach stehen und jeder soundsovielte Ziegel mit einem Nagel gesichert wurde. Vielleicht haben die guten Römer irgendwann die Kante an der Unterseite erfunden?
Wenn das beim Ziegel vom Fritz so wäre, dann müßte die Randleiste und der gegenständige Knubbel senkrecht zueinander stehen.

Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

gecco

Servus,

habe auch noch so ein Ziegelantirutschdings.

Stammt aus der Voreifel u. ist sicher römisch.

grüsse ,..

Denarius

Abend Jungens!

Dieser Typ eines (römischen) Tegula ist mir ebenfalls bekannt. Waren möglicherweise 2 Dupondien teuerer und die damalige Luxusvariante im Dachziegelbusiness.

Interessant wäre hier allerdings wirklich mal eine differenzierte Betrachtung, - diesem Kriterium habe ich z. B. bisher überhaupt keine Aufmerksamkeit geschenkt. Man sollte hinsichtlich der Verbreitung, Zeitstellung und Häufigkeit bestenfalls komplette Exemplare zur Auswertung heranziehen .....

Gruss,
Denarius



Ich kam, sah und fand !

steinsucher

Danke für die Beiträge,

danke gecco für die Bilder. Ist wohl das gleiche Ziegelmodell.

Ich bin ja schon mal froh, dass ich nicht wieder den Bauschutt vom lieben Mitbürger gefunden habe, der nicht weiß, wie er ihn sonst entsorgen kann (weil es sonst Geld kostet). Nachdem ich nun zwei Jahre über diese Gegend gelaufen bin um "Steinzeit" zu finden, habe ich jetzt erst mitbekommen, dass ich die drei Ziegelkonzentrationen ignoriert habe. Nach und nach kommt mehr raus, allerdings startet jetzt die Bodenzerkleinerungsphase der Land"wirte" und ich hoffe, es überlebt viel. Die Keramik werde ich nach und nach fotografieren und zur Bewertung einstellen. Keramik ist noch nicht meine Stärke.

Bis dann,

Fritz

steinsucher

#7
Hallo Forum,

heute will ich mal zur Abwechslung alte Kamellen hoch holen. Sind noch nicht mal drei Jahre alt. Aber manchmal findet man noch die Antwort auf eine ausstehende Frage. Hier ist es die "seltsame" Unterseite. Die Antwort gibt dieser Link:

Funktionsprinzip römischer Dachziegel

Oben links im Bild sieht man gut dieses Dreieck, dass hier zum Überlappen der Ziegel dient.

So, jetzt war es das aber dann.

Aus Heinsberg,

Fritz.

jupppo

Kann auch sein dass die Imbrices dort auf- oder angelegt wurden. Sozusagen als zusätzliche Halterung.

thovalo

#9
Hallo steinsucher und Juppo!  :winke:

Das sind ganz charakteristische Teguale in unserer Provinz.

Die gabs "platt" mit gerade abgeschlossenen Enden (unverfalzt) und mit dieser Art der "Steckverbindung" (verfalzt) in der sich die Tegulae zum besseren Halt fester verbunden haben.

Ob und wann das Anlegen einer "Nut" als Steckverbindung ggf. zu einer bestimmten Zeit im römischen Reich eine technologische Innovation war oder eben eine Bedarfsanpassung an bestimmte bauliche Situationen und Konstruktionen, liesse sich bei Anfrage und Vorlage in Köln schnell exakt besprechen und klären.

Römische Ziegel sind sehr vielseitig verwendet worden und die ganz platten Stücke wurden u.a. auch als Unterbodenbelag gebraucht.

Das Vorbild mit eingeschrägten Ecken trug sich durch bis zur ottonischen Zeit

http://www.lda-lsa.de/landesmuseum_fuer_vorgeschichte/fund_des_monats/2009/november/




Bild 1: Rekonstruktion der Funktionsweise

Bilder 2-4: Bilder eines originalen Fundbelegs aus einer römischen Ziegelei bei Köln
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.


thovalo

 :kopfkratz:

Den link von cockney habe ich nicht verwendet, weil dort zwar Einiges zum Thema römische Ziegel vorgestellt und gezeigt wird.....

nur leider nicht das entscheidende Detail!   :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

SalPeter

Meine Vermutung. Der Römer ist ein ´Römerziegel` Z27 A/B oder Z27 a/b. Mit angeformter Nase. Anfang des 20. Jahrhundert. Von Ludowici, zu besichtigen in Jockgrim, Rheinland-Pfalz bei Landau. Nach den in Rheinzabern gefundenen römischen Platten, die "Tegulae und Imbricis", wieder herrgestellt.

steinsucher

Hallo Forum,

vielen Dank an Alle. Ist ja doch noch einiges an Info dazu gekommen. Stark.

@ SalPeter: Möglich ist viel. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich einer der Ziegel aus Jockgrim hier zum A.d.W. durchgeschlagen hat. Auch die Beifunde deuten sicher auf einen römischen Ursprung hin. Aber ja, auch mit neuzeitlichen Replicas muss man rechnen. Stimmt schon.

Gruß aus Heinsberg/Rheinl.

Fritz.