Eine keramikhistorische Besonderheit: Fragment einer Fayencefliese des 16. Jhs.

Begonnen von thovalo, 21. Mai 2011, 15:32:03

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo

Gestern ging ein keramikhistorisch hoch interessanter Fundbeleg aus einer Fundschicht des 16. Jhs. im Rheinland beinahe in den Abraum und damit fast "über den Jordan" und gleich wieder verloren. Denn im erdfeuchten Fundzustand und bei zunehmender Dämmerung fiel erst gar nicht auf, das es sich um das Trümmerstück einer farbig bemalten glasierten Kachel gehandelt hat. Alles sah erst nach verschmierten Dreck aus.

Nach äußerst behutsamer Reinigung entpuppte sich der Fundbeleg aus der Zeit der zweiten Hälfte des 16. Jhs. als keramikgeschichtlich sehr früh datierbarer Beleg einer ungewöhnlich reich buntfarbig floral-ornamental verzierten Kachel aus Fayence.

Florale Motive wie sie schon im späten Mittelalter charakteristisch und in der Renaissancezeit signifikant und miteinander eng verbunden waren stellen das Akanthusblatt und die "Fleur de lis" dar (ein zweites und heute verlorenes Akanthusblatt hat das Eckornament in der Ausrichtung nach links ergänzt).

Sehr anschaulich zeichnet sich die blaufarbige Vorzeichnung des Musters ab. Es ist gut vorstellbar, das sich im Zentrum der Fliese eine figürliche Darstellung befunden hat. Bei dem Fragment handelt es sich um ein Eckstück der Gesamtkomposition.

In der Zeit der Entstehung im 16. Jh. waren solche Fliesen als Wand- oder Bodenschmuck zunächst hoch exklusive Luxusobjekte und dienten der repräsentativen Selbstdarstellung hoch und höchst stehender sozialer Schichten.


Zur Geschichte und Technologie der Fayencefliesen in Europa dieser link!

http://www.couven-museum.de/ausstellungen/archiv/13_13/fliesen/index.html

lG   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.