Pfeifen-Fragmente

Begonnen von Wiedehopf, 07. April 2021, 12:25:17

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Wiedehopf

Hallo zusammen,

hier ein paar Fragmente von Ton- und Porzellanpfeifen von den Äckern aus meiner Gegend (Westfalen).

Frage an die Experten: stammt das kleine figürliche Pfeifenköpfchen wohl von einer richtigen Gebrauchspfeife oder ist das eher Kinderspielzeug ?

Viele Grüße
Michael 

thovalo

#1


Hallo Michael und guten Tag!  :winke:


Das Thema Tonpfeifen ist endlos weit und spannend! Der verzierte Pfeifenkopf datiert in das ausgehende 19. bis beginnende 20. Jh. und war kein Spielzeug. Es gab ganze Verpackungssätze in denen als "Bonus" jede 10te Pfeife dann eine solche plastische Verzierung hatte.

Die Porzellanfragmente gehören zu Zwischenstücken in die sowohl den Pfeifenstiel auf der einen als auch den Pfeifenkopf auf der anderen Seite eingesteckt werden konnte. In diesen Zwischenstücken sammelte sich der ganze Absatz des Nikotinkonsums. Zum weiteren Gebrauch konnte der dann abgenommen, gespült und weiter verwendet werden.

Alle Stücke stammen aus der Zeit in der der Tabakkonsum bereits allen sozialen Schichten zugänglich und erschwinglich war.

Als Jugendlicher hatte ich bei Bauarbeiten an einem unserer im Dorf leider abgerissenen mittelalterlichen Häuschen das im 19. Jh als Geschäft genutzt wurde, ganze Gruben voller zerbrochener Tabakwaren entdecken. Leider hatte ich damals noch nicht die Beziehungen diese extrem seltene Gelegenheit zu einer archäologischenAufnahme zu vermitteln. Das war eine extrem seltene Gelegenheit den Warenbezug und Ausschuss eines Tabackwarensortiments des 19. Jhs. im ländlichen Raum zu dokumentieren.

Als sehr späte Reaktion war das Amt nun sehr viel sensibler als 2020 im Umfeld erneut gebaut worden ist. Zwar waren diese Gruben alle beseitigt aber es konnte ein hochmittelalterlicher Brunnen erfasst werden und darin ein vollständig erhalten gebliebenes keramisches Großgefäß des 11. -14. Jhs., das dann beim LVR Rheinland als "Fund des Monats" in seiner sehr schön fotografierten Befundsitatution dargestellt worden ist.

So hat das Melden zwar nicht zur Bergung der einen Beobachtung geführt, aber zu mehr Sensiblität für die Rettung eines ganz anderen Zusammenhangs. Gut 30 Jahre später!  


glG Thomas  :winke:


https://bodendenkmalpflege.lvr.de/de/aktuelles/fund_des_monats/2020/fund_des_monats_juli_2020/fund_des_monats_juli_2020.html


Die Entdeckung der Produktionsstätten, in denen unter vielen anderen Formen auch diese Großgefäße hergestellt wurden, konnte bereits auch im Rahmen der regionalen archäologischen Studien umfassend erforscht und 2003 publiziert werden. So war für die Einschätzung des Fachamtes zur Herkunft und Alter des extrem seltenen Gefäßbelegs die Vorarbeit auch schon erledigt.

Es kann sehr viel Sinn machen eine Kleinregion inensiv und über viele Jahre hinweg zu beobacten und zu dokumentieren. Dazu gehören eben auch Pfeifenfragmente als Hinterlassenschaften der Alltagskultur!

Zum Thema der Tonpfeifen gibt es die Fachpublikation "Knasterkopf" ..... wenn man "Knasterkopf pdf" eingbit kann man so mache spannende Texte im www fischen


Was z.B.  der Gebrauch von Tonpfeifen z.B. am Gebiß so anrichten konnte auch dazu gibt es Studien:

http://www.pfeife-tabak.de/Artikel/Pfeifenkunde/Zahn/zahnschaeden.htm

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiedehopf

Hallo Thomas,

vielen Dank für die schnelle und umfassende Antwort.
Auch so kleine und unscheinbare Funde können uns einiges über das Leben in früheren Zeiten berichten. 

Viele Grüße 
Michael