Kugelflasche mit Bemalung

Begonnen von grünland, 31. Oktober 2012, 15:14:07

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grünland


Hallo,

die abgebildete " Kugelflasche " befindet sich bereits seit einiger Zeit in meiner Sammlung. Sie ist ca. 16 cm hoch und wirklich kugelrund.
Ich hatte sie mit einigen anderen Steinzeug ( Siegburger Art ) und einem Becher Pingsdorfer Machart erworben.
Alles relativ gut einzuordenen, zumindste was die Zeit angeht.
Nur eben diese Kugelflasche finde ich nicht in der Literatur. Sie ist sicher nicht aus Pingsdorf, wahrscheinlich auch nicht aus dem Kölner Vorgebirge um Brühl. Ich kenne ähnliche Formen aus der fränkischen Zeit. Eine formidentische schwarze Feldflasche wurde auch in einem keltischen Grab gefunden. Aber mir scheint sie nicht wirklich merowingisch ( eher karolingisch ) -keltisch sowieso nicht.
Hat jemand ein ähnliches Gefäß mal gesehen.
Thomas, Patrick...vielleicht niederländisch?
Gruß
Guido

thovalo

Ich hab von Patrik ein neues Fachwort gelernt:
GURKE!

Never seen bevor.

In den Niederlanden gäbe es "wenn denn" Schinveld und Brunssum mit solcher Malerei.
aber dort gab es keinen

KÜRBIS!

Erstmal ein "no go" von mir!


glG thomas   :winke:


In schwarzen und polierten Ton
keltisch/spätlaténezeitlich: immer!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

etrusker2

oh man...hätt ich mich doch nur getraut,  mit meinem hundertstel-wissen zu sagen, dass selbst ICH da ein komisches gefühl hab.
Hoffe du hast nicht allzuviel gelöhnt?

grünland


thovalo


GURKE !  :dumdidum:


Vielleicht irgendein Produkt von nem Töpfer für nen Mittelaltermarkt,
der aus der Kugeltopfgrundform ne Kugelflasche komponiert hat!

Jedenfalls kreativ gemacht!   :super:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

grünland


Thomas, ich glaube wirklich nicht das es eine vergurkte Nachbildung ist.
Vielleicht nehme ich es ja am Wochenende mit nach Haithabu zum Wikingermarkt und frage Herrn Studer ( es gibt keinen Besseren Töpfer für karolingische Keramik ) ob es sich nach dem Material her um eine Nachbildung handeln kann.
Die Form - das gebe ich zu - läßt zweifeln.
Sollte auch er - oder vielleicht trifft man weitere Experten - eine Kürbisgurke erkennen betrinke ich mich sinnlos aus der nachgebildeten Tatinger Kanne - die ich dort zu kaufen gedenke.


thovalo

#6
Zitat von: grünland in 31. Oktober 2012, 21:52:56
Thomas, ich glaube wirklich nicht das es eine vergurkte Nachbildung ist.
Vielleicht nehme ich es ja am Wochenende mit nach Haithabu zum Wikingermarkt und frage Herrn Studer ( es gibt keinen Besseren Töpfer für karolingische Keramik ) ob es sich nach dem Material her um eine Nachbildung handeln kann.
Die Form - das gebe ich zu - läßt zweifeln.
Sollte auch er - oder vielleicht trifft man weitere Experten - eine Kürbisgurke erkennen betrinke ich mich sinnlos aus der nachgebildeten Tatinger Kanne - die ich dort zu kaufen gedenke.



Der kann sowas nachbilden,
mit Zinneinlagen?

Dann trink gern einen Schluck für mich mit!


Mal vom Gurkenthema ab:

Deine "Flache" fällt aus Allem heraus. Die Form ist ausgesprochen gleichförmig "rund" und der Scherben wirkt "neu". Wenn Du Dir mal originale handgeformte Kugeltöpfe des hohen Mittelalters ansiehst, dann sind sie in handwerklicher Arbeit (nicht im schlichten "Hauswerk") im Bereich bis zur Schulter vom Boden her mit der Hand aufgebaut und dann aufgedreht worden, insbesondere um die Randbildung gleichförmig ausbilden zu können. So deutlich ausgeprägte Drehrillen finden sich an Kugeltöpfen nur selten. An Krügen und Bechern, also Trinkgeschirren, des 12 - 13. Jhs. wurden Drehrillen ab Schulterhöhe dann auch bewusst als Dekorelement verwendet.

Die Bemalung mit herabfliessender oder aufge"malter" Engobe wurde bis an den Mittelrhein in vielen Töpfereien angewendet. Die Art Deines Kruges ist recht schlicht, wirkt aber im breiten "Strich" und der Anlage der Farbbahnen nicht historisch. Die Gefäßformen waren im Rheinland und den angrenzenden Gebieten in dieser Zeit hoch standardisiert und "internationalisiert". Da passt eine kugelförmige Flasche in dermassen hellgrauen Scherben mit dieser Engobeverzierung nicht hinein.

Gefäße ohne Standhilfen waren in dieser Zeit die Kugeltöpfe des Rheinlandes und die großformatigen Vorratsgefäße mit "eiförmigen" Unterböden. Die Vorratsgefäße wurden etwas bis zur Hälfte in das Erdreich eingegraben. Durch die Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit und den porösen Scherben wurde der eingelagerte Inhalt gekühlt und wurde längere Zeit frisch gehalten. So konnte nicht nur Flüssigkeit sondern konnten auch Eier auf Stroh eingelagert und lange vorgehalten werden.


Die von Dir gezeigte "Flasche" ist in jedem Fall innerhalb des Rheinland und der niederländischen Grenzregionen ein "UFO", was auch die Tatsache belegt, dass sie bereits schon mal hin"geflogen" war und wieder geklebt worden ist!  So kann man ein Stück zusätzlich auch als "alt" erscheinen zu lassen. Ein Gefäß das länger Zeit im Boden gelegen hat wirkt in der Oberfläche deutlich "patiniert" und weist meistens Eisenoxdanhaftungen und Verfärbungen auf. Oft können auch nicht mehr alle Scherben geborgen werden. Wie ein Bodenfund wirkt das Gefäß schon mal nicht. Dass diese äußerst schlichte Flasche über hunderte Jahre als "Erbgut" weiter gegeben worden ist kann ich mir auch nicht vorstellen.


Dir auf jeden Fall einen guten Schluck!  :prost:


glG thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Levante

Einen schönen Guten Abend,

ich versuche es jetzt noch mal, wenn ich mich etwas undeutlicher oder Komischer ausdrücke als sonnst, entschuldigt dies bitte, liegt bestimmt an den starken Schmerzmitteln die ich momentan nehmen muss.

@Thomas,

Ich verstehe 100% was du meinst und ich bewundere es auch immer wieder, wie schön du es auf den Punkt bringst.

Ja eigentlich ist die Flasche eigentlich zu perfekt für einen Bodenfund.

Wir alle haben ja nun schon mal einen Topf, in "Pingsdorfer Art" in den Händen halten dürfen. Und von diesen ist die Flasche schon in der Form gewaltig abweichend.

Und die üblichen Verfärbungen eines Bodenfundes hat die Flasche anscheinend wirklich nicht.

Aber ich vermute mal, dass mir dieser Restaurator, der die Flasche geklebt hat, bekannt sein dürfte.

Dieser Restaurator neigt anscheinend dazu, die Gipsmasse, mit der er auffüllt, anschließend mit einem Sie und einer Zahnbürste zu übersprenkeln.

Und dies anschließend mit einem Schwamm zu verwischen, was das natürliche Erscheinungsbild doch sehr stark verzerren kann.

jedoch kommt mir der Scherben, zumindest die Lippe sehr bekannt vor.


Erinnert mich an eine kleine Tüllenkanne aus Brühl, die wir hier im Depot haben.

Ein sehr ähnlicher Scherben und auch die selben feinen Drehrillen an der Lippe, die mir bisher nur bei früherer "Pingsdorfer Ware" aufgefallen sind, aber leider habe ich dafür nicht genügend Referenzmaterial, da wäre wohl eher ein Rheinländer gefragt.

Ob es sich hierbei nun um ein nachgemachtes Gefäß handelt oder um ein "Alters original" vermag ich selbstverständlich nicht zu klären, aber die Flasche wirkt auf mich schon alt, auch wenn wie schon geschrieben, die Restauration eher zur Verwirrung beiträgt.

Schon über das Gewicht sollte sich eigentlich eine Aussage treffen lassen.  Die nachgemachten Gefäße der Zeit, die mir bislang begegnet sind, sind viel schwerer als alte Originale.

Was zum Einen auf den Ton zurückzuführen ist, der nun mal nicht mehrere Winter im freien gelagert wurde und zum Anderen an der Meist viel dickeren Wandstärke der nachgemachten Stücke.

Ich hoffe, dass meine Gedanken etwas helfen konnten, euch noch einen schönen Abend.

Grüße

Patrick

P.S. anbei noch einige Bilder der kleinen Brühler Kanne, dieser Typ sollte auch im Buch "Brühler Keramik" vertreten sein.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

Levante

Ach ja noch ein Denkanstoß, auch wenn etwas speziell.


Ich meine, so einen Scherben schon mal bei den Niedersachsen gesehen zu haben, Wüstung Coppengrave, allerdings die ältere Wüstung, die bislang nicht ergraben wurde.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

thovalo

Was immer Du hast, es klingt nicht so leicht zu nehmen:

Jedenfalls meine besten Genesungswünsche an DICH!  :winke:   thomas  


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.


etrusker2

ich halt mich am besten raus aus dem scherbenzeugs :kopfkratz:
ich drück alle daumen dass deine kugel nun doch ein original ist :prost:

grünland


Ich habe die Flasche auch nochmal unter Blitzlicht fotografiert. Beim hochladen viel mir bei der Malerei auf, dass diese augenscheinlich übermalt wurde.Vielleicht war sie zu blass?! Oder der Restaurator hat den restaurierten Part nachgemalt, es aber nicht passend zu der Orignalbemalung passend bekommen und dann einfach alles mal eben nachgepinselt damit es passt. ( Patrick - soll ich dich bei " Wetten das" anmelden oder nimmst du Medikamente die Dir den "besonderen Blick " verleihen? Wer erkennt den an Fotos den Restaurator? )
Ich überlege mal mit einer Zahnbürste etwas von der Malerei abzuwaschen - aber wahrscheinich ne riesige Verschmiererei.

Thomas - leider schaffe ich nun doch nicht nach Schleswig Holstein da meine Frau unseren "guten Wagen" braucht und ich mit der Zweitmöhre keine längere Tour riskiere. Aber googel mal nach Helmut Studer und Tatinger Kanne. Er stellt sie mit Zinnfolie her-und zwar richtig gut.

Ich habe auch mal ein Bild von fränkischen Flaschen aus einem Buch abfotografiert. ( Eifelmuseum Koblenz-Mayen )

LG
Guido