kleine grüne Glasscherbe

Begonnen von rolfpeter, 05. Februar 2007, 21:02:42

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rolfpeter

Servus Freunde,
könnt ihr was zu dieser kleinen Scherbe sagen?
25 mm Durchmesser, grünes Glas, die Bruchstellen nicht mehr scharf, ein perlmuttartiger Glanz drauf.
Fundstelle mit Feuersteinklingen, Rijckholt-Typ.
Bei uns im Rheinland gibt es auch massig Römer, Bronzezeit ist Mangelware.
Danke schonmal
Gruß
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Bei sowas  sagen meine Archäologen immer: Glasfluß......
Aber dies scheint mir vielleicht doch was intentionelles zu sein.....diese "Nase"?
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi RP

sorry, dass ich erst jetzt antworte...

Glasfluß scheint mir, wie Edi schon sagte, am wahrscheinlichsten zu sein.

Die Interpretationsbandbreite, wie solche Stücke auf die Äcker kommen ist groß... Im Endeffekt umfasst sie alle Umstände, die Glas zum Schmelzen bringen kann. Also Müllverbrennung, Schadensfeuer an Gebäuden, Brandbestattung (wenn Gefäße direkt auf dem Scheiterhaufen standen), Brandopfer, Glasverarbeitung selbst, etc. etc. ...
Dementsprechend ist es auch schwierig zu sagen in wie weit solche Stücke "verlagert" sind, also auf dem Fundort selbst entstanden oder erst durch Düngung, Trümmerbeseitigung oder ähnliches dorthin gelangten.

Die Nase:
...ist ja schon ein ausgeprägter Zinken  :narr:
Hier fallen mir drei Möglichkeiten ein. Entweder ist sie ein Tropfenrest, der entsteht, wenn halbflüssiges Glas auf eine feste Unterlage tropft - oder entstand bei der Herstellung des Gefäßes (beim Abziehen von der Glasbläser Pfeife) - oder ist tatsächlich Teil einer Verzierung, was ich aber fast auschließen würde ( zB Nuppenbecher http://www.jugendheim-gersbach.de/Waldglas-Waldglashuetten-Glas-Glasblaeserei-10-Nuppen-Dekor-Becher.html )

Die Patina:
genauso wie bei Flintartefakten, kann es bei Glas zu Patinabildung kommen, die aber leider nicht zur Altersbestimmung herangezogen werden kann. Viele meiner gesichert römischen Glascherben weisen keinerlei Beläge auf, während manche neuzeitliche Glascherben "ölig" geworden sind.

Die Farbe:
jetzt wirds ein bißchen spannender. Es ist kein Weißglas, dh, dass Glas wurde nicht "entfärbt". Das macht eine prä-moderne Datierung wahrscheinlich... leider wird es jetzt auch nicht präziser: römisch, Mittelalter, Neuzeit sind möglich.
Kurzum: solche unverzierten, zerschmolzenen Glasfragmente sind genauso fies und bestimmungsresistent wie unverzierte, vorgeschichtliche Wandscherben.

Auflesen würde ich solche Fragmente als "Beifund" trotzdem. Es ist immerhin möglich hier einem Produktionsort oder Gräberfeld auf der Spur zu sein ...

ciao
in die (wahrscheinlich jetzt auch verschneite Voreifel)
Gerd

rolfpeter

Vielen Dank!
Vielleicht ist es ja wirklich ein irgendwie geschmolzener Glasrest. Auf dem Nachbarfeld sind auch ordentlich Ziegelreste und Zeugs, ich habe aber keine Tegula gefunden, scheint neuer zu sein. Ich muß mir mal die älteren Meßtischblätter besorgen. Vielleicht Müllkippe oder so. Früher wurde ja alles in die Botanik oder auf den Feldweg gefahren.
Danke nochmal für die Hinweise.
Grüße
RP

Schnee ist, wie typisch für hier, nach 5 Stunden liquidiert.  :super:
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

wühlmaus

... bei uns hat sich die "weiße Pest" auch schon wieder verabschiedet..  :super:

:winke:
Gerd

Buddelfisch

Hallo Zusammen,

ich habe dieses seltsame Stück gestern aus einer Baumwurzel geborgen und nun findet sich hier im Forum ein "Nasenzwilling" :irre:
Es könnte sich bei den Nasen also durchaus um eine bestimmte Erstarrungsart bei der Handhabung des Glasflußes handeln.
Mein Fundstück hat ungefähr den gleichen Grünton, ist aber zum Teil mit einer rauhen Kruste überzogen, die mich an erstarrten Schaum erinnert.
Da ich keinerlei angebackene Kohlestückchen oder Steinchen erkennen kann, würde ich eine Enstehung durch direkte Feuereinwirkung eher ausschließen- eine im Lagerfeuer geschmolzene Bierflasche sieht anders aus :prost:
Eine Fremdeinbringung halte ich an diesem Fundplatz für ziemlich unwahrscheinlich, obwohl hier nach dem Krieg kurzfristig Kartoffeln zwischen den Baumstümpfen des Kahlhiebes angepflanzt wurden.
Zur Fundstelle:
Es handelt sich um eine flache Bergkuppe(Oberrhein/Vorbergzone), etwa 250m vor dem Wallgraben einer kleinen, vorgeschichtlichen Fliehburg die leider noch keine zeitliche Einordnung erfahren hat. Das einzig bekannte Fundstück im Bereich dieser Anlage ist eine römische Münze - was von Sondengängern bisher hier geborgen wurde hat die Wissenschaft leider nie erreicht :nono:
Die "Burg" selbst wird in mehreren Sagen erwähnt und ist auch Bestand einer Märtyrerlegende aus der Zeit der Christianisierung.
Da es hier mehrere solcher Anlagen, aber weder Siedlungs- noch Bestattungsplätze gibt, klappere ich auf der Suche nach Keramik sämtliche Wurzelballen umgestürzter Bäume ab, die der Orkan Lothar hinterlassen hat.
Ob ich wohl mit diesem Stück einem Siedlungsnachweis etwas näher gekommen bin.......

:winke: Ralph




hunter

DEr Acker auf dem ich solche Stücke auflese, wurde nach dem 2. Weltkrieg mit Trümmerschutt aufgefüllt. Daher viel Glasschmelz, durchmischt mit vielen Funden quer durch die Jahrhunderte.

Buddelfisch

Hallo Hunter,

sehen die Dinger dann tatsächlich so aus - mit einer schaumartigen Verkrustung - oder sind da Steinchen oder Holzkohlereste dran?
Und Nasen, gibt es Nasen...??? :irre:

Gruß Ralph