Kerbschnittdekor aus dem späten 16. Jh.

Begonnen von thovalo, 02. Juni 2011, 20:35:05

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo

Heute fand sich im Renaissancefundspektrum ein weiteres Becherfragment mit Kerbschnittdekor aus den Steinzeugtöpfereien der Stadt Siegburg.

Dieser Becher war steilwandiger, schmaler und durch ein zusätzliches Rollstempeldekor verziert als der erste Fundbeleg.
Ein elegantes kleines Gefäß.

lG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Grafino


Ich meine gelesen zu haben das die Kerbschnittornamentik auf dem Rheinischen Steinzeug seinerzeit
von Christian Knütgen eingeführt wurde. Einem Spross der bekannten Siegburger Töpferfamilie...
Das Renaissancefundspektrum deutet im Kern auf einen höheren Wohnstandart hin.

Gruß
Guido

haasa2003

Je länger man lebt,
desto deutlicher sieht man,
daß die einfachen Dinge
die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, 1885 - 1968

thovalo

#3
Zitat von: Grafino in 02. Juni 2011, 22:06:07
Ich meine gelesen zu haben das die Kerbschnittornamentik auf dem Rheinischen Steinzeug seinerzeit
von Christian Knütgen eingeführt wurde. Einem Spross der bekannten Siegburger Töpferfamilie...
Das Renaissancefundspektrum deutet im Kern auf einen höheren Wohnstandart hin.

Gruß
Guido

Im Fundmaterial bildet sich zweifelsohne der gehobene Wohlstand bestimmter Anwohner ab!
Es handelt sich um ein Fundinventar wie es für bestimmte Quartiere der bereits im Mittelalter blühenden Handelsorte im Rheinland bekannt ist.
Dort lebten durch den Handel reich gewordene Bürger, der umliegend ansässige Adel verfügte über eigene Stadthäuser und auch die hier ansässigen Kleriker stammten aus vermögenden Familien. Gerade auch der Wohlstand dieser kleineren Handelsstädtchen am Niederrhein hat in den Kriegen der Zeit zu Angriffen und nachhaltigen Zerstörungen geführt!

lG thomas

@ Winfried ...... danke für den link  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Grafino


Hallo Winfried,

hätte auch der Artikel sein können aber gelesen habe ich es wohl in einem
" echten " Buch :winke:
Viele Grüße
Guido

haasa2003

Hallo Freunde,

ich habe mir schon des öfteren Gedanken gemacht, wie denn der Kerbschnitt
bei der Keramik praktisch vonstatten geht. Weitergekommen bin ich noch nicht.
Wird jede einzelne Kerbe von Hand geschnitten?
Und wie schafften es die Töpfer, dass die Kerben alle gleich aussahen?
Wie konnte man so lange das unwillkürliche Zittern der Hände vermeiden? (1/2 Liter Korn?)

Ein Töpfer aus dem Westerwald, Rolf Krämer/Landsknecht, 20. Jahrh., der das Siegburger
Steinzeug mit hoher Kunstfertigkeit nachgeahmt hat, brachte den Kerbschnitt zur absoluten
Perfektion.

Weiß jemand von Euch, wie die Töpfer den Kerbschnitt aufgebracht haben?

Gruß Winfried
Je länger man lebt,
desto deutlicher sieht man,
daß die einfachen Dinge
die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, 1885 - 1968

thovalo

#6
Eine eindrucksvolle Nachschöpfung!

Ja, jede einzelne Kerbe musste eingeschnitten werden, da gab es keine rationalere Arbeitsweise, was den Aufwand sicher sehr hoch getrieben hat.

Tatsächlich werden Becher mit Kerbschnittdekor und insbesondere auch die mit dem Lorbeerrollstempelfries von Reinking von Bock mit einem Fragezeichen Anno Knüttgen zugeschrieben. Das sehe ich skeptisch, denn ich denke das dieser berühmte Meister nicht jeden Becher und jedes mit Kerbschnitt versehene Gefäß selber gefertigt hat. So wie z.B. in der Grafik und Malerei hat er aber wohl dieses "Sujet" entwickelt und die Technik in seiner Werkstatt führend umgesetzt bzw. umsetzen lassen. So ist es vielleicht realistischer die Vermutung zu formulieren, das diese beiden Gefäß(beleg)e mit einiger Wahrscheinlichkeit in der Werkstatt dieses Siegburger Meisters entstanden sind. Ich bin mir sehr sicher, das in älteren Massnahmen innerhalb dieser Schicht bereits Belegstücke solcher Becher mit vorhanden waren (alle beim LVR im Magazin) und dazu ganz sicher auch Fragmente von Kannen mit dem Einhorn und dem Rankenfries mit Widderköpfen, sowie der Krug mit der Sauhatz (das sind schon allein durch die feinen bildlichen Darstellungen Meisterstücke!). Also eindeutige Werkstücke aus der Werkstatt oder aus der Hand Anno Knüttgens.

lG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Grafino


Das abgebildete Buch ist für ein paar Euros noch hier und da zu erwerben.
Auf dem Bild ( schwach erkennbar ) zwei Kerbschnittbecher. Zu solchen könnten die
Scherben gehört haben.
LG
Guido

thovalo

Das sind Bilder von Funden aus einer Werkstatt der Familie Knüttgen.
Das linke Fragment gehörte zu einem größeren Becher als es diese Kleinformen sind
und das rechte Fragment hat mit dem im hier angehangenen Bild das Rollstempeldekor mit Lorbeerornament gemein.

Gleich mehrere Belege solcher mit Stempelornamenten versehene Becher wie in dem Katalog fanden sich bereits in früheren Massnahmen auf dem Platz. Die befinden sich jetzt für ewig im Magazin des LVR!


lG thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.