Keramik-Lesefunde

Begonnen von hochwald, 29. August 2010, 01:25:19

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hochwald

Moin Gemeinde!

Hier mal ein paar Ausschnitte, von etwa gesamt 15-20kg, zusammengelesenen Keramikfragmenten eines Areals, aus dem Land Brandenburg.

Z.T. hatte man das Gefühl, man läuft regelrecht auf Scherben!

Auch waren Silexabschläge, wie auch Klingen zu finden.

Beim betreten jenes frisch gepflügten Ackers, drückte es einem fast die Tränen aus den Augen, unter der Vorstellung, daß dies alles (und noch viel mehr) durch modernste, landwirtschaftliche Maschinen, legal zerschreddert wird... :heul:

Bei dem Material, welches auf Bild 1-4 (selbe Stück in versch. Ansichten) zu sehen ist, waren auch Stücke mit Knubben dabei.

Meines Erachtens wurde dieses Areal, Epochen-übergreifend besiedelt.


Ein paar Meinungen zur Ansprache dieser Stücke, würden mich sehr erfreuen!



Habt vielen Dank und beste Grüße!
hochwald

sven

Hallo Hochwald,

Bild 5 und 6 sehe ich als bronzezeitlich an. Eventuell Lausitzer Kultur oder zumindest davon beeinflußt. Die schrägen Riefen sind typisch dafür. Auch die sicherlich waagerechten Rillen(Tasse 7) und die geglättete Innenseite sprechen dafür. Seht mal hier:
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,40688.msg265984.html#msg265984
Zu der anderen Keramik kann ich wenig sagen, würde aber sicherlich alles in diese Epoche passen.
Wenn da so viele Scherben rumliegen spricht viel für eine Siedlung oder ein Gräberfeld.  :winke:

Viele Grüße

Sven

hochwald

#2
Moin Sven!

Deine Gefäß-Darstellungen habe ich bereits vor längerer Zeit, hier im Forum gesehen und bewundert.

In solcher Komplett- und Vielfältigkeit, für das betrachtene Auge, ein Hochgenuß sondergleichen. :super:

Was den Verbleib jener Relikte anbelangt, fühle ich stark mit Dir.


Die bisher zusammengelesenen Kilos an Scherben, sind das Resultat nur weniger Suchgänge.

Der Plan ist: dieses Areal, Strich für Strich abzugehen, um zu retten was noch möglich ist.

Quasi Bahn für Bahn in Abständen von etwa 2m.

Alle Fragmente, die größer als ein Daumennagel sind, werden aufgelesen.


Sogar meine 5-jährige Tochter ist voller Begeisterung mit von der Partie und kann mitlerweile bestens Rand-Wand-und Bodenscherben auseinanderhalten.


Nachfolgend noch 2 Scherben mit je einer Knubbe in Randhöhe.


Beste Grüße!
hochwald


thovalo

#3
Lieber Hochwald!

Die raue Oberfläche der meisten Scherben die Du zeigst ist durch zusätzlichem Tonauftrag gezielt angelegt worden und diente, wie die Knubbe, dazu die gefüllten Gefäße besser halten zu können. Die rutschten nicht so leicht aus den Händen.

Wichtig wäre es, möglichst viele Randstücke und Verzierungformen mit einzustellen, die zumeist die wichtigen Charakteristika der Keramik erkennen lassen.

Auf dem bronzezeitllichen Platz in Deiner Nähe, von dem ich Dir erzählt hatte  :zwinker: , dominierte eindeutig die schwarz-grau "reduziert gebrannte" geglättete Keramik.

Geraut oder geglättet handelt es sich immer um sog. "Irdenware" (im Gegensatz zum "Steinzeug"). Der durch den Brand bei etwa 800 -900 Grad Celsius porös gebliebene Scherben blieb feuchtigkeitdurchlässig. Bei der Aufbewahrung von Lebensmitteln entstand dadurch ein "Kühlschrankeffekt", da der Inhalt durch die Verdunstung von Feuchtigkeit gekühlt wurde. Der Inhalt blieb so länger frisch. Gesteigert wurde dieser Effekt dadurch, dass große Gefäße zur Vorratshaltung stationär in den Boden eingegraben worden sind.

Die Frage ob das geschlossen sicher bronzezeitliche Keramik ist, finde ich angesichts bestimmter Formen germanischer Keramikgefäße und deren Zierweisen noch recht offen ........

Da wären Belegstücke deutlich ausgestellter Randlippen, kegelförmige Halsbildungen, Buckel als Dekor usw. schon hilfreich!

Auf jeden Fall ein Hammer und genau so war es auf dem besagten Platz .......  :dumdidum:


GlG  thomas


http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.archaeologie.sachsen.de/Themenportal/img/Gefaess_und_Nadeln.jpg&imgrefurl=http://www.archaeologie.sachsen.de/Themenportal/2703.htm&usg=__oNBKv9WP4JZNTqIIKvZof5uRmTs=&h=618&w=420&sz=46&hl=de&start=32&zoom=1&um=1&itbs=1&tbnid=a-oOhQvPuqbVBM:&tbnh=136&tbnw=92&prev=/images%3Fq%3Dlausitzer%2Bkeramik*bronzezeit%26start%3D20%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3DN%26ndsp%3D20%26tbs%3Disch:1

oder

http://www.muzeum.boleslawiec.net/images/galleries/12/12.jpg


Da Du gleich "um die Ecke" wohnst wären hier vielleicht auch Ansprechpartner zu finden?

http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.germanische-siedlung-klein-koeris.de/sources/plan1_1200.jpg&imgrefurl=http://www.germanische-siedlung-klein-koeris.de/grabung.htm&usg=__k5j3H3kXcf-5p7T9MUoBqu7LlI4=&h=829&w=1200&sz=364&hl=de&start=16&zoom=1&itbs=1&tbnid=yoSwwzOZDzlH5M:&tbnh=104&tbnw=150&prev=/images%3Fq%3Dgermanische%2BKeramik*brandenburg%26hl%3Dde%26tbs%3Disch:1


ähm etwas lang der "link" aber vielleicht helfen die Anregungen mit auf die Spur!

:-)



Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sven

Hallo Thomas,

Du hast natürlich Recht, ich war ein wenig schnell mit meiner Datierung in die Bronzezeit. Die Dellen über den Rillen und schrägen Riefen habe ich auch außer Acht gelassen.  :schaem:
@Hochwald: Bitte mehr Verzierungen und Randscherben mit Profil!
Die geraute Keramik mit Knubben gab es wohl zu allen Zeiten, ich habe Funde aus dem frühen Neolitikum, die genauso aussehen.
Leider habe ich keine so fleißige Helferin und nicht so viele Funde. Aber mein Sohn kommt auch bald in das Alter.  :zwinker:

Viele Grüße

Sven

hochwald

Moin Gemeinde!


Heute wird es leider nichts mehr mit Bildern.

Ein Großteil der Scherben ist aktuell noch am trocknen.

...ich kann bald keine Scherben mehr sehen...  :glotz: :irre:


Morgen gibt es dann Randstücke im Profil und Muster.

Die Randstücke schauen aber fast allesamt eher unspektakulär- und einfach gehalten aus und besitzen kaum scharfen Formen und speziell geformte, überragende Ausrichtungen.

Auch bei den Mustern geht es eher spartanisch zur Sache.

Rillendekor mit 2- 3- 4 oder 5 Rillen überwiegt.

Jedoch kein Kammstrich sondern Rille für Rille seperat gestaltet, insofern ich das als Laie beurteilen kann.

Dafür kommen verschiedenste Oberflächen vor.

Farblich wie auch von der Rauheit her.

Auch die Materialstärken sind immens unterschiedlich.

Von 3mm bis 3cm ist alles dabei.


Beste Grüße!
hochwald

thovalo

Mir schwant nach dieser Beschreibung "germanisches"!  :dumdidum:


Frag doch mal in Klein Koeris an!?  ....  und nix aus Metall ?????

Da würd ich mal genauer hinsehen!!!!!  :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

hochwald

Ein Besuch in Klein Köris ist schon längst fällig.

Danke Dir Thomas, für Deinen "Anschubser"! :-)

Recht haste!


Einen metallischen Lese-Beifund aus Eisen gab es.

Jedoch erscheint mir der Zustand dessen zu vergangen, um eine vernünftige Ansprache zu tätigen.


Eher auffällig war da schon dieser grüne Stein.

Beim Anblick in-situ, dachte ich erst an ein massives Stück Bronze.

So dermaßen grün schimmerte es einem entgegen.

Ein derartiges Gestein ist mir aus "meiner" Gegend bisher noch nicht untergekommen.

Das Gestein ist nicht homogen, sondern besitzt abgegrenzte Anteile, die zwar farbgleich erscheinen, jedoch glatter sind und auch eine möglicherweise höhere Festigkeit- wie Dichte besitzen.  :kopfkratz:


Beide Stücke, Eisen wie Stein, lagen so ziemlich im Zentrum der Masse an Scherben.

Möglicherweise besteht da ein Zusammenhang, zwischen Scherben und diesen beiden Stücken...


Beste Grüße!
hochwald

hochwald

Moin Gemeinde!

Die Randstücke im Profil, samt Stücke mit Muster, sind nicht vergessen.

Arbeit und Familie fordern aktuell ihren Tribut. :friede:

Dennoch wurden gestern und heute je 2-3 Stunden zum Acker-Lesen geopfert und abermals gab es wieder Scherben bis zum abwinken, auf selbigen Areal.

Gut das von Anfang an systematisch gelaufen wurde incl. kompletter Dokumentierung.

So machts Sinn, Spaß und aus der Sache wird n Schuh. :zwinker:

Beste Grüße!
hochwald



hochwald

Moin Gemeinde! :winke:


Das Werk ist vollbracht.

Die Ackerfläche ist jetzt oberflächlich weitgehendst Scherbenfrei.

In mehreren Lese-Gängen, wurden ca. 10 km, auf einem Areal von etwa 200m x 100m, im Tip-Top-Schritt zurückgelegt.

Bahnen im Abstand von 1,5m-2m......hin...zurück...hin...zurück...hin...zurück... :irre:  

Die aufgelesenen Scherben wurden allesamt einzeln mittels weicher Zahnbürste und Wasser gereinigt und ersteinmal grob vorsortiert nach: Wände, Ränder, Muster und Griffe/Henkel.


Aus dem Gesamtbestand von 11,63 kg, aller aufgelesenen Scherben, ließen sich folgende Gewichtsanteile in Prozent ableiten:

Wandscherben: 86%
Randscherben: 8,6%
Scherben m. Muster: 3,4%
Griffe/Henkel: 2%


Das zeigt deutlich auf, wie selten diese Keramik mit Mustern behaftet war.

Dennoch vermag ich es nicht sicher einzuschätzen, aus welcher Kultur schlußendlich diese Scherben stammen.

Wer hat eine Idee?


1. Bild: Gesamtbestand aller verzierten Scherben
2. Bild: Auswahl einiger Randscherben im Profil
3. Bild: weitere Auswahl einiger Randscherben im Profil
4. Bild: weitere Auswahl einiger Randscherben im Profil

Beste Grüße!
hochwald



sven

Hallo Hochwald,

so richtig hilft das wohl auch nicht weiter. Ab Bronzezeit bis ins früheste Mittelalter alles möglich, schätze ich. Kannst Du einschätzen, wie hart die Keramik gebrannt wurde? Und zeig uns bitte auch die Henkel oder was davon übrig ist.
Sehr schön, wie Du die Fundstelle absuchst. Schade nur, daß das meiste unverzierte Wandungsscherben sind.

Viele Grüße

Sven

Waldläufer85

Guten Abend,

also ich würde behaupten,dass thovalo mit seinem "germanischen" Verdacht gar nicht so verkehrt liegt.Die Muster auf deiner Keramik sowie die Randstücke sind teilweise identisch mit den Funden,welche auf einer germanischen Siedlungsstelle in einem Vorort von Frankfurt am Main zu Tage gekommen sind .Bei der germanischen Keramik kann alles vorkommen,von sehr grob gemagerter ,weicher Keramik,welche sich vom Aussehen her von der vorgeschichtlichen so gut wie gar nicht unterscheidet,bis hin zu knallhartgebrannter Keramik,mit glänzend polierter Oberfläche.Bei deinen Funden ist es mit Sicherheit möglich,dass auch das ein oder andere eisenzeitliche oder vielleicht auch noch bronzezeitliche Stück dabei ist,was ja bei einer durchaus denkbaren, durchgehenden Besiedlung des gleichen Areals nicht ungewöhnlich wäre.
Gruß Philip

Harkonen

#12
Hallo Hochwald,
bei den Randstückchen im letzten Foto kann ich einige eindeutig germanische Keramikstücke erkennen. Typisch dafür ist zumindest in meiner Fundgegend der gerade, leicht fallend abgezogene Rand. Die Verzierungen deuten auch in diese Richtung. Was ich etwas in dem Fundinventar vermisse ist die zumindest bei uns stark mit sehr feinem Quarz gemagerte Keramik.

Gruß
Harkonen

hochwald

Moin Harkonen!

Vielen Dank für Deine Ansprache bezüglich der gezeigten Stücke!

Anbei noch ein paar Randscherben von einem anderen Areal (Höhenzug in Wassernähe) in Brandenburg:

Beste Grüße!
hochwald

Harkonen

Hallo,
einige der Scherben sind wohl etwas klein geeggt worden. Bei den eindeutigeren Stücken würde ich aber wie im Beitrag vor von mir bemerkt schon sehr schwer zur germanischen Keramik hin tendieren.
Sei doch froh, meine germanischen Siedlungen sind in der Regel nicht so ergiebig wie die Deine, wenn ich mir so die Scherbenhalde im Hintergrund ansehe wird dort ordentlich Material ausgepflügt, leider, dabei  wird auch sehr viel zerstört.

Gruß
Peter

paulus

Man scherbenpaule las mir und der nachwelt auch noch ein paar
übrig  :narr: beste grüße der Paulus