Eine hochmittelalterliche Stielgrapenkane aus einer Töpferei bei Düsseldorf

Begonnen von thovalo, 03. Februar 2024, 15:56:04

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo


Moin!

Dieses Gefäß fand sich, nachdem die Böschung an einem kleinen und schmalen Bachlaufs unterspült wurde und abgesunken war. Das Distalende der Handhabe ist alt abgebrochen und auch ein Stück des Randes ist alt ausgebrochen.

Die Grundform des Gefäßes ist ein typischer Kugeltop. An diesen wurden drei Standbeine und der Stielgriff angarniert. Im rechten Winkel wurde ein Loch in die Wandung gestochen und darüber eine Ausgußtülle angesetzt. Die Tülle wurde in ihrem unteren Ende eingekniffen.

Wenn man aus diesem Gefäß Wasser geißt, geschieht das durch den Kniff in die Tülle in einem überraschend feinen und gleichmäßig abfließenden Strahl. Man konnte damit sehr dosiert Wasser oder eine andere Flüssigkeit ablassen.

Die tatsächliche Funktion dieser extrem seltenen Form ist bislang unbekannt. Es kann sich um ein Handwaschgefäß handeln, mit dem die Hände an der Tafel gewaschen wurden. Dazu stellte man einen Schale oder Schüssel darunter und spülte dann die Hände ab. Es gibt diese Kombination in Messing in Form eines Handwaschgefäßes (LAVABO) und einer Messingschüssel, die oft noch verziert ist, die sogenannten Hanseschalen. Die Messingsets wren für den Gebrauch an Tafeln hochherrschaftlicher Haushalte vorgesehen.

Die Stielgrapenkanne könnte als mögliches Handwaschgefäß für einer der vielen regionalen kleineren Burgen im Umkreis der Töpfereibetriebe  angefertigt worden sein.

Da diese Gefäße am Produktionsort unter den Fragmenten sehr selten vertreten sind, käme ggf. auch eine andere spezielle Verwendung in Betracht. Es gibt noch eine ältere Variante. Die älteren Gefäße fehen die drei Beine. Stattdessen beinden sich auf der Seite des Stiels zwei Standknubben, die dem Umkippen durch das Gewicht des einseitigen Henkels entgegen wirken. Es war offenbar wichtig, das die Gefäße sicher abgestellt werden konnten, bis man sich gebrauchen konnte und nachdem man sie gebraucht hatte.

Es ist bislang ein vergleichbar gestaltetes und zeitlich gleich datierende Gefäß aus einer niederländischen Museumssammlung bekannt (Bojmans van Beuningen).


lG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.