Gefäße der Bronzezeit

Begonnen von sven, 02. Februar 2010, 12:29:39

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sven

Hallo Suchergemeinde!

Im Jahr 2003 kam ich in den Besitz dieser relativ gut erhaltenen Keramikgefäße der Lausitzer Kultur. Mit den Worten: ,,Ich habe da einen Karton mit Scherben von meinem Vater geerbt" übergab mein Onkel mir diese Sammlung. Einige Gefäße waren tatsächlich zerscherbt, aber mit geringem Aufwand waren sie wieder zu kleben. Die Stücke sind nahezu fortlaufend nummeriert, leider sind die Aufzeichnungen zu den Fundumständen verschwunden. Der Finder war in den fünfziger und sechziger Jahren ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger im damaligen Bezirk Cottbus. Mein Onkel berichtete mir, dass  er als Kind seinen Vater bei offensichtlich wilden Grabungen in der Region begleitet habe. Die Funde stammen aus diesen ,,Grabungen".
Ich habe mich mit einem Archäologen an die Aufarbeitung der Funde gemacht, wobei er die Stücke beschrieb und ich sie unter seiner Anleitung zeichnete. Danach übergaben wir sie dem Stadtmuseum Cottbus.
Ich habe nun meine laienhaften analogen Fotos und die Zeichnungen digitalisieren lassen und stelle sie euch hier vor.
Die mittelostdeutsche Lausitzer Kultur streckt sich von der Mittelbronzezeit nach der  frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur vor ca.3500 Jahren bis in die frühe Eisenzeit und geht vor ca.2800 Jahren in die Billendorfer Gruppe über. Es gibt da noch die Unterstufen der Buckelkeramik (von der leider kein Stück dabei ist), Fremdgruppen und Übergangszeit, der Rillenkeramik und der Waagerecht gerieften Keramik in dieser Abfolge. (nach Th. Puttkammer: Chronologie zur Bronzezeit in Sachsen)


sven

1 Kanne mit stark gegliedertem Gefäßkörper, deutlich abgesetztem Standboden und Wulsthenkel.
Höhe etwa 8,5cm

sven

2 Unterteil einer Kanne mit deutlich abgesetztem Standboden und Ansatzstelle eines Bandhenkels, auf dem Bauch befinden sich fünf Zonen mit senkrechten Riefen.
Erhaltene Höhe etwa 10cm

sven

3 Amphore mit zwei gegenständigen kantigen Henkelösen und deutlich abgesetztem Standboden
Höhe etwa 13,5cm

sven

4 Kanne mit leicht auszipfelndem Bandhenkel und einem Rillenband am Halsansatz, auf dem Bauch befinden sich vier senkrechte Riefenzonen, welche jeweils durch eine senkrechte Rippe voneinander getrennt werden.
Im Gefäß befanden sich einige Stücke groben Leichenbrandes, ein Knochenfragment zeigt grünliche Färbung, was auf eine buntmetallene Grabbeigabe hindeuten dürfte.
(Mündungsdurchmesser: 16,5cm; Höhe: 15cm; Bodendurchmesser: 8cm)

sven

5 Amphore mit zwei gegenständigen, größeren Henkelösen mit Mittelgrat, welche sich jeweils in einer Rippe auf der Gefäßschulter fortsetzen, zwei weitere senkrechte Rippen ergeben schließlich eine kreuzförmige Anordnung.
(Mündungsdurchmesser: 13cm; Höhe 17cm; Bodendurchmesser 7cm)

sven

6 Kleiner Doppelkonus mit zwei kleinen gegenständigen Henkelösen und einem Rillenband knapp über dem Umbruch.
Höhe etwa 7,5cm

sven

7 Tasse mit schräg gerieftem Bauch, überrandständigem Bandhenkel mit Mittelgrat und zwei kleinen Randzipfeln sowie Omphalosboden.
(Mündungsdurchmesser: 10,5cm; Höhe 6cm; Bodendurchmesser 3,5cm)

sven

8 Tönnchen mit zwei gegenständigen Henkelösen, einem Rillenband im Bereich der Henkelösen und einem weiteren in Bodennähe.
Höhe etwa7cm

sven

9 Tasse mit randständigem Bandhenkel und Omphalosboden.
Höhe etwa 7cm

sven

10 Tönnchen mit zwei gegenständigen Henkelösen, einem Rillenband im Bereich der Henkelösen und einem weiteren in Bodennähe, das obere wird durch die beiden Henkelösen getrennt, diese Trennung wird zusätzlich durch senkrechte Rillen als Abschluss und zwei kleine Dellen unterhalb der Henkelösen betont.
Höhe etwa 12cm

sven

11 Scharf profilierte Schale mit ausgelegtem Rand, facettiertem Randbereich und einer unterrandständigen Henkelöse.
Durchmesser etwa 31cm

sven

12 Miniaturgefäß mit gesacktem Körper und schwach ausgebildetem Standboden.
Höhe etwa 5cm

sven

13  Scharf profilierte Schale mit schräg ausgelegtem facettiertem Rand, an dieser Stelle leicht auszipfelnd, und einer Henkelansatzstelle.
Durchmesser etwa 35,5cm

sven

14 Kleine halbkugelige Schale.
Durchmesser etwa 10cm

sven

15 Schale mit einbiegendem Rand, unterrandständiger Henkelöse und leicht abgesetztem Standboden.
Durchmesser etwa 22cm

sven


16 Topf, außen vollständig geschlickt mit senkrechten, schwach ausgeprägten Verstrichspuren, Boden leicht überglättet, der Boden besitzt ein kleines ,,Seelenloch".
Höhe etwa 18cm

Silex

Danke für Deine Bilder  sowie die Zeit die Du  geopfert hast um uns diese feinen Teile  genießen lassen zu können, Sven. Sowas sieht man selten.
Trotz der geographischen Distanz hilft mir das bei manchem  meiner Fizzelchen schon wieder weiter.
Das nützt jedem Scherbensammler auch wenn es sich nicht sofort jedem erschließt.

bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Goatman

Hi,
sehr schöne und vollständige Gefäse.
Hätte ich auch gerne von meinem Onkel.
Vilen Dank fürs zeigen, hilft bestimmt den ein
oder anderem weiter.

emiore

Auch wenn es schon länger her ist, finde ich, dass du absolut tolle Arbeit geleistet hast, damit kann ich bestimmt viel anfangen bei meinen nächsten Scherben.  Danke sehr.  :super:

Noch 2 Fragen... gibt es irgendwelche Merkmale, die typisch sind für die gesamte Bronzezeit (also für alle Unterklassen wie die Bandkeramik, Lausitzer Kultur, etc. gelten) oder ist jeder Stil zu individuell?

2. Kennst du zufällig gute Bücher, die man zum Vergleich heranziehen könnte?

lg
emiore

Harkonen

#20
Zitat von: emiore in 05. Juli 2010, 22:05:16
Auch wenn es schon länger her ist, finde ich, dass du absolut tolle Arbeit geleistet hast, damit kann ich bestimmt viel anfangen bei meinen nächsten Scherben.  Danke sehr.  :super:

Noch 2 Fragen... gibt es irgendwelche Merkmale, die typisch sind für die gesamte Bronzezeit (also für alle Unterklassen wie die Bandkeramik, Lausitzer Kultur, etc. gelten) oder ist jeder Stil zu individuell?

2. Kennst du zufällig gute Bücher, die man zum Vergleich heranziehen könnte?

lg
emiore

Hallo,
sorry, da muss ich dich korregieren. Die Bandkeramik ist keine Unterklasse der Bronzezeit sondern ins Neolithikum einzustufen

Gruß
Harkonen

emiore

und ich muss dir recht geben. ;)


haasa2003

Hallo Sven,

ich kann mir leicht vorstellen, wie die Ausgräber damals über diese Funde jubiliert haben.
Wunderschön!
Danke, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, uns diese Fundstücke zu zeigen.  :super:
Hoffentlich findet das Stadtmuseum Cottbus einen würdigen Platz, auch wenn die Fundumstände
unbekannt bleiben.
Für's Magazin sind sie doch zu schade.

Gruß Winfried
Je länger man lebt,
desto deutlicher sieht man,
daß die einfachen Dinge
die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, 1885 - 1968

sven

Hallo,  :winke:

schön, daß mein Beitrag noch einmal hervorgeholt wird.  :-)
Als Lektüre, vor allem für Sachsen, kann ich das Buch, "Bronzezeit, Die Lausitz vor 3000 Jahren" 2007 vom Museum der Westlausitz Kamenz herausgegeben, empfehlen.
Die Keramiken der Lausitzer Kultur sind in der Regel von hervorragender Qualität, was vor allem ihre (zumindest mich) sehr ansprechende Formgebung und Verzierung angeht. Andere Bronzezeitler dürften sich an den Keramiken der Lausitzer Kultur orientiert haben.
Außerdem ist mein Eindruck, daß in der Bronzezeit oft ein oxidatives Brennverfahren angewand wurde. Sicherlich um den Gefäßen die Optik von Metall zu geben. Ach Verzierungsformen wie Buckel und Riefen dürften von den hochwertigeren getriebenen Bronzegefäßen übernommen worden sein.

@emiore: Versuch doch mal Dich zu den Tagungen, die immer um November in Dresden stattfinden, einladen zu lassen. Wenn Du schon Kontakt zum Landesamt hast und eventuell durch Abgabe von Funden Dein gesteigertes Interesse bekundet hast, dürfte das kein Problem sein. Dort treffen sich zum sogenannten Tag der Landesarchäologie die "Ehrenamtlichen" mit den Gebietsreferenten und anderen Hauptamtlichen, es gibt Vorträge und einen Bücherstand, an dem Du zu teilweise günstigeren Konditionen Lektüre zur Archäologie vorwiegend Sachsens kaufen kannst.

Viele Grüße

Sven

Levante

Hoffnung ist was schönes.

Die Funde sind in einer Kiste in der Hintersten Ecke des Depots gelandet, mit der Aufschrift, Fundort unbekannt.

Und da bleiben sie auch für die nächsten Jahrzehnte, oder auch länger.

Die werden sich wirklich mächtig gefreut haben über die Funde, glaub nur fest daran.  :zwinker:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

sven

So ungefähr hat man mir das im Museum auch angekündigt. Die Stücke kommen ins Depot.
Aber sie sind nunmal Eigentum des Landes und können nun nicht unter falscher Fundortangabe gehandelt werden. So verhindert man Geschichtsfälschung. Ich habe als Entschädigung einige Publikationen bekommen wobei ich doch manchmal etwas traurig bin, diese "Kunstwerke" nicht mehr in den Händen halten zu können.   :heul:
Vor allem die Amphore Nr.5 hat es mir angetan. :schaem:

Viele Grüße

Sven

Levante

Hallo Sven,

das kann ich nur zu gut verstehen.   :winke:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)