Frühes Mittelalter- 7.- 9. Jahrhundert

Begonnen von Silex, 10. Juni 2007, 21:57:18

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Silex

Ja, ich gebe zu,  diese Zeit hat mich früher kaum interessiert. Die Versessenheit nach den fernen Jahrtausenden war stärker.
Nachdem unsere Kreisstadt letztes Jahr, mit großem Brimborium,  ihr 1000-jähriges Jubiläum feierte machte ich mich seit ein paar Jahren systematisch auf die Suche.  Und mit Hilfe der Experten geht das Lernen gut voran.
1000 Jahre kann die Stadt schriftlich vorweisen. Der Beginn der schriftlichen Zeit wird allgemein als Eintritt in die Geschichte determininiert.
Vorher muss es hier bei uns ziemlich wüst zugegangen sein...bis auf ein paar Klosterzellen.... oder war es doch umgekehrt?
Und dann bin ich jede Baustelle,  jeden Restacker abgestiefelt . Und es waren nicht die Premiumlagen für die Besiedlung.....
Eigentlich eine Schande ...dass  Privatmänner , in ihrer Freizeit,  kommen müssen  um  ein Gemeinwesen (Stadt) in den geschichtlichen Zusammenhang einzubetten...und vor allem die,  von allen Seiten bedrohten, Wurzeln dessen aufzuzeigen was hier nach und nach entstanden ist.
Die größere Schande ist aber dass man meistens wie ein Hund von der Baustelle rausgeschrien wird....Aber das nur am Rande....aber es gehört wie manche nette Erlebnisse auch zu einem ambitionierten  Sucherleben.
Zuerst mal Keramik aus dem 8. - 9. Jahrhundert (Niederterrassenbereich- ca 500 m bis zum Flussufer), Baulücke.....
Dann in einiger Entfernung Keramik aus dem 7. - 9. Jh.....
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

und dann noch dies... Verdacht auf spätmerowingerzeitlich...leider nur Wandscherben... und der Acker ist bald weg.
Irgendwie ein ziemlicher Stressss das alles noch zusammenzuhaspeln.....
Und das alles für lau..... nein es kostet auch noch ziemlich viel Geld und Zeit und Nerven......



Aber schön isses doch...
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi Edi  :winke:

Und ob das schön ist!

Die Merowinger und Karolinger gehören zu meinen absoluten Lieblingen  :jump:

Die zeitgleichen Perlchen aus dem Rheinland hatte ich hier ja schon ausführlich eingestellt ...
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,20286.0.html
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,24838.0.html

Ausgehend von meinem Material kann ich nur mit der Randscherbe auf dem 1. Bild unten Links etwas mir bekanntes wiederentdecken:
Einen typisch mittelalterlichen Kugeltopf - Dornrand!

Vergleicht man beide Fundregionen, merkt man sofort sehr große Unterschiede, die im Grunde zwei Keramiktraditionen wiederspiegeln:
Die rheinische Keramik des frühen Mittelalters steht ganz klar in römischer Tradition - die schnelldrehende Töperscheibe ist Standard, produziert wird Manufaktur-Massenware usw. ...
Edis Scherben hingegen stehen eher den vorgeschichtlichen Keramiken näher, Aufbaukeramik, Grubenbrand und völlig andersartige, eher mit dem slawischen vergleichbare Verzierungen ...

Es ist die gleiche Zeit! Aber es sind 2 verschiedene Kulturkreise, die wir dort betrachten ... Karl herrschte über sie alle ... aber richtig zusammenwachsen taten sie erst in den Jahrhunderten danach ... wenn überhaupt  :engel:

Eins bleibt sich aber gleich:
Es ist wirklich nicht einfach Fundstellen aus dieser Periode zu entdecken ... Es ist die "Gründerzeit" vieler noch heute existierender Dörfer und Städte und normalerweise sind deren frühmittelalterliche "Keimzellen" heutzutage überbaut ...

Und ob das schön ist, sowas zu finden, und spannend und gerne mehr davon ...

:winke:
Gerd

Silex

danke , wühlmaus, für Deinen synoptischen Überblick. Es ist wirklich spannend die  meist kontinuierliche Entwicklung seit dem frühen Mittelalter mit dinglichen Zeugen zu veranschaulichen (Wüstungen sind natürlich auch überaus interessant). Traurig der Umstand dass die besten Plätze unüberwacht überbaut wurden- immer wieder- und ein ferner Widerhall vielleicht nur in den Nammen der Wege und in den Sagen auf uns niedergekommen ist.
Unser Raum, in der Cham- Further - Senke gelegen, nahe bei Castra Regina zudem, urkeltisches Siedlungsgebiet, Slawen- Awaren, elbgermanisch, bayuwarisch. Eine seltsame Melange die "uns" entstehen ließ.
Keramik  vor 700 und nach dem Jahre 100 nach Christus (wenn es Ihn- hoffentlich- gab) ist bei uns  (bis auf wenige Ausnahmen) nicht existent.
Meine Funde lassen  von der Spätlaténezeit bis zu einem elbgermanischem Stück immer noch eine beträchtliche Lücke klaffen.
Eine Forschungslücke  postuliere ich einmal. Denn wir waren schon immer hier....
Es muß eine spannende Zeit gewesen sein zwischen Postantike, Christentum und den östlichen Anstürmen.
Und etliches römisches gibt es hier auch: Thekenbeschläge, Münzen, modifizierte Gewichte aus römischer Bronze, etc.  ....aber vermutlich nur Tauschobjekte mit marodierenden Germanen.
"Alles mitnehmen " heißt die Devise- schon immer
Bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.