Stichbandkeramik?

Begonnen von Auricular, 29. März 2010, 20:29:52

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Auricular

Schönen Guten Abend,

Heute war ich nach der Arbeit eine Stunde auf dem Acker (nördlicher Landkreis Freising) und habe ein paar sehr schöne Scherben gefunden.
Sie sind noch ungereinigt und auch noch mit Blitz fotografiert...daher sehen sie nicht so toll aus wie in echt.

Jetzt frag ich mich nur in welche Zeit ich sie datieren soll.

Spontan hatte ich Stichbandkeramik (Münchshöfen/Bayerisch Rössen?) im Kopf aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Was meint Ihr?


Silex

Servus Auricular!
Grad eben hatte ich zufälligerweise Rössener Scherben gesehen....in "Das archäologische Jahr in Bayern 2008"...Seite 23.
Eine Fundstelle bei Bad Windsheim zeigt in Farbe und Dekor wirklich ähnliche Wandscherben.
Das Buch ist nicht nur deswegen sehr empfehlenswert..... viel Jungsteinzeit...diesmal.
Bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Auricular

Servus Edi,

stimmt, das Buch hab ich ja auch rumliegen und nur kurz durchgeblättert nachdem ichs bekommen hab.
Werd ich gleich aus dem Stapel holen, liegt eh noch auf der Treppe (weil das Bücherregal eh schon übervoll ist).

Wenn die Scherben trocken sind werd ich sie vorsichtig reinigen und dann zu meinem Archäologen fahren, dann bin ich mal gespannt was er spricht.

LG

Bernie

osman.herberger

Servus Bernie,

lass es uns hier unbedingt wissen, wenn Du von amtlicher Seite mehr erfährst!
Meine Suchgegend (südlicher Landkreis Regensburg) ist nicht so weit von Deiner Gegend entfernt, daher ist das für mich sehr interessant.
Rössener Keramik taucht, so viel ich weiß, hier eher selten auf. Ich tippe mal auf Stichbandkeramik/Oberlauterbach (hier mittlerweile meistens als SOB "Südostbayerisches Mittelneolithikum" zusammengefasst) oder Münchshöfener.

Liebe Grüße

Stefan
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

Auricular

Servus Stefan,

hab grad mit den Funden von Murr verglichen (Luftlinie ca. 2,5km entfernt), vom Muster her hast Du Recht, Münchshöfen/Oberlauterbach kommt eher hin als Rössen.
Morgen knöpf ich mir noch einen anderen Acker in der Nähe vor (hoffe er ist Morgen auch noch "nur geackert" und nicht schon angesäht... :nono:)

LG

Bernie

Auricular

...eigentlich sollt ich ja schon im Bett sein...aber ich konnt nicht anders und hab die Scherben unter fliessendem Wasser kurz abgespült und dann nochmal betrachtet.
Dabei ist mir bei den Rückseiten aufgefallen dass sie ja zusammenpassen

:glotz:

Das dritte Bild zeigt eine andere Scherbe mit einfacher Verzierung von dem Feld

osman.herberger

Die Scherbe 3 ist interessant...Diesen verzierten Knick oder Wulst oder wie man das auch nennen mag...gibt es den nicht auch in der Münchshöfener Keramik ? Vielleicht liege ich auch total daneben...aber schau Dir doch mal die Typentafeln Neolithikum an, und da speziell die Münchshöfener Teile.
Ich poste mal den Link auf Rambos Seite, ich denke das ist ok:

http://www.hundeschule-murtal.net/lui/diverses/Ebook/Typentafeln%20Neolithikum.pdf


Ach ja, noch was: Auf den Fotos schaut es so aus, als wäre die Keramik graphit- und auch glimmerhaltig. Täuscht das? Auch das könnte ein Indiz für Münchshöfener sein...
"Was man liebt, das asphaltiert man doch nicht ständig !" (Gerhard Polt)

Auricular

Morgen Stefan,

die Typentafeln hab ich mir Gestern abends auch noch durchgeschaut und bin bei Münchshöfen hängengeblieben.

Glimmergemagert sind die Scherben auch (graphitgemagert glaub ich nicht, zumindest hab ich Gestern abends keinen Graphit gesehen).

LG und Schönen Dienstag

Bernie

Auricular

Abend,

beim Saubermachen hab ich Gestern noch ein interessantes "Tonobjekt" von der gleichen Fundstelle entdeckt, ist mir auf dem Acker garnicht aufgefallen.
Von der Form her siehts aus wie eine "längliche Spinnwirtel" bei der auf einer Seite bisschen was fehlt.
Das Material ist sehr weich und ich würds auch neolithisch einordnen.

Hat von Euch jemand sowas schon gesehen?

(dacht erst an eine abgebrochene, durchbohrte Handhabe aber dafür passt die Form meiner Meinung nach nicht ganz

Waldläufer85

Guten Morgen,

also ich würde schon sagen,dass es sich bei diesem Objekt um eine Handhabe bzw.um eine Öse handelt.Die gab es schließlich in den verschiedensten Ausführungen.

Gruß Philip

thovalo

#10
 :winke:

Konkret fachlich angesprochen handelt es sich um eine längs durchbohrte, ursprünglich horizontal zum Gefäßkörper stehenden"Knubbe" zur Aufnahme einer Schnur mit deren Hilfe das Gefäß entweder aufgehangen oder eine Abdeckung fixiert werden konnte.
Die Bruchstelle zur Seite der Gefäßwandung ist klar erkennbar!

Eine nähere Datierung ist nur durch Beifunde möglich, die aufgrund charakteristischer Merkmale angesprochen werden können und zwar durch einen Facharchäologen aus Deiner Region!


Ich finde das "raten" und "einschätzen" nach Abbildungen wenig hilfreich!  :kopfkratz:


Neben dem Dekor und typologischen Merkmalen müssen die Machart der Tonmasse, die enthaltene Magerung und die Merkmale der Brennweise überein stimmen, damit eine konkrete Ansprache möglich ist. Und das geht nur durch einen Fachmann der die originalen Belegen in der HAND halten kann!

Aufgrund der Tatsche, dass zwei der enorm reich dekorierten Fundstücke sogar anpassen würde ich Dir empfehlen Dir dazu auch nicht zuviel Zeit zu lassen, denn es scheint ein Befund angepflügt worden zu sein
und da ist schnelles Handeln, Melden und Austausch angesagt!  :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Auricular

Guten Morgen,

mit "meinem" Archäologen hab ich schon telefoniert, über Ostern hat er leider keine Zeit aber am Dienstag nach der Arbeit besuch ich ihn.
Das "raten" und einschätzen nach Abbildungen" soll ja keine endgültige Bestimmung/Zuordnung/Datierung sein, ich wollt einfach nur Eure Meinung dazu hören.

Ganz in der Nähe (2km) wurde ein Rucksackgefäß der MHK mit 4 durchbohrten Knubben ausgegraben, von da kenn ich zwar die durchbohrten Knubben aber wegen der dünnen Bohrung war ich irritiert (bei dem Rucksackgefäß paßt eine dicke Schnur durch).

Hier noch das Ergebnis von Gestern Abend, hab noch 2 an die dritte Scherbe oben im Beitrag passende gefunden

thovalo

Würde mich sehr freuen, wenn Du über das Ergebnis Deines Austauschs berichtest!

Weiter viel Erfolg!  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Auricular

Servus,

na freilich geb ich Euch dann bescheid!
:winke:

LG

Bernie


Auricular

Schönen Guten Abend,

Heute war ich fast 3 Stunden beim Archäologen.
Sämtliche in diesem Thread gezeigten Stücke sind der Münchshöfener Kultur zuzuordnen.

Die oberen Scherben stammen von einem Schultergefäß (siehe Göttinger Typentafeln Seite 18 Nr. 7-9), die schwarze Scherbe mit den Kerben am Knick von einer (Hohl)Fußschale (siehe Göttinger Typentafeln Seite 18 Nr. 10)

Das Keramikobjekt mit Loch ist seiner Meinung nach sicher keine abgefallene Knubbe sondern eins der bisher schon paarmal gefundenen Objekte der Münchshöfener Kultur ohne bisher bekannt Funktion. Möglicherweise ein Gewicht für ein Fischernetz oder Ähnliches.

Liebe Grüße

Bernie

Archidmmx

Richtig; die Scherben sind eindeutig Münchshöfen. Wenn man die Stichtechnik berücksichtigt, könnte es ein frühes MH sein.
Das durchbohrte Objekt ist vermutlich eine fragmentierte längliche Tonperle bzw. eine durchbohrte Tonwalze. Funktionale Deutungen gehen in Richtung von Schmuckstücken bzw. (m.E. wahrscheinlicher) Netzsenkern.
Ich bin Münchshöfen-Fan und -fachmann; wer mir seine Funde zeigen will, kann das gern tun -ich freu mich umd gebe gerne Untertützung bei der Ansprache.
Bernie, sind sie eigentlich Mitglied im Archäologischen Verein Freising?

Beste Grüße
AD

Auricular

Hallo AD,

freilich bin ich Mitglied!
:super:
Schon ca. 10 Jahre!

Wir können uns auch Duzen wenns ok ist?

Sind Sie aus Freising?

LG

Bernie