ein außergewöhnlicher Fundbeleg: ein Öllämpchen des 12./13. Jhs.

Begonnen von thovalo, 23. Juni 2010, 12:41:55

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thovalo

Hallo Forum!  :winke:

Da sich hier unter Keramik wohl saisonbedingt anscheinend sehr wenig tut, stelle ich noch eine weitere "kleine" Besonderheit mit ein.

Bei dem Fundbeleg, der auf den Kopf gestellt wie der Deckel einer modernen Kaffe- oder Teeekanne aussieht, handelt es sich um eine kleine Öllampe, für die ich aus dem Publikationsstand aus dem Rheinland keinen einzigen zeitentsprechenden Vergleichsbeleg kenne.

Auf einem "knaufartig" ausgeführten Standfuß weitet sich der Korpus bis zu einem horizontal einziehenden Randumbruch, aus dem wiederum ein "stegartiger" Umlauf als Mündung hochgezogen ist.

Durch intensiven Gebrauch ist der Innenraum des Lämpchens geschwärzt und zuletzt ist das Stück umgekippt und hat heftig gebrannt, was zu einer deutlich sichtbar abgesetzten Schwärzung des Randumlaufs geführt hat.

Der explizit hohe fachwisschenschaftliche Aussagewert dieses Kleinfundes in seiner schlichten und funktional optimal angepassten Formgebung ergibt sich durch die absolute Seltenheit solcher Belegstücke.


Nachbildungen wären auf jedem Mittelaltermarkt ein Renner!


Höhe: 4.1 cm; DM Randumlauf Korpus 6.7 cm; DM Randumlauf der 1.3 cm hohen Mündung: 4 cm


LG thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

schäfchen

hui, des nen ich doch mal hüpsch,
intrssantes lämpchen  :glotz: könnten einige der taschenlampen bestimmt
nicht mithalten  :super:  :winke:
Cheers! :smoke:    :schaf:

sifiboy92

Gefällt mir sehr gut das schöne Ding!
Vor allem, dass es noch ganz erhalten ist macht es besonders. :super: Oder irre ich? :kopfkratz:

Larry Flint

... putzig!

... der Typ war mir bislang auch völlig unbekannt.

Wo ist das Ding genau her?

... bist du sicher, was die Zeitstellung angeht?

:winke:

Larry

PS: Ich hör mich mal bei ein paar Spezialisten um - vielleicht gibt es ja Vergleichsstücke - und meld' mich dann nomma...

Tomcat

Wow, interessant!
Nur eine rein technische Frage - würde man ein Öllämpchen, das mit brennbaren Flüssigkeiten und einem brennenden Dochtstück bestückt ist, mit so einem kleinen Standfuß fertigen?
Ich hätte großen Respekt davor, dass mir das heiße Dingens kippt und fackelt!

mfg
Tct
Life burns!

Larry Flint

... och, sooo klein ist der Standfuß ja auch wieder nicht.

... und in Sachen Trinkschalen oder Ratskannen gibt's ja eine ganze Reihe von "Fehlkonstruktionen" hinsichtlich der vermeintlichen Standfestigkeit ...

... außerdem brannte man ja anscheinend sowieso schomma gerne ab... :-D

:winke:

Larry

thovalo

Zitat von: sifiboy92 in 23. Juni 2010, 16:58:20
Gefällt mir sehr gut das schöne Ding!
Vor allem, dass es noch ganz erhalten ist macht es besonders. :super: Oder irre ich? :kopfkratz:

Nein Du irrst nicht.

Der Randumlauf ist zwar deutlich "bestoßen" doch sind noch Reste des gerundeten Abschlusses mit erhalten. Also in der Geamtfassung des Querschnitts ist die "Leuchte" vollständig erhalten.   :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Zitat von: Tomcat in 23. Juni 2010, 21:44:16
Wow, interessant!
Nur eine rein technische Frage - würde man ein Öllämpchen, das mit brennbaren Flüssigkeiten und einem brennenden Dochtstück bestückt ist, mit so einem kleinen Standfuß fertigen?
Ich hätte großen Respekt davor, dass mir das heiße Dingens kippt und fackelt!

mfg
Tct

Den Brandspuren zufolge ist genau das passiert! Eine unbedachte Bewegung und das Ding lag quer und das Brennmittel flammte kräftig auf und schwärzte die Oberfläche!   :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Zitat von: Larry Flint in 23. Juni 2010, 17:51:06
... putzig!

... der Typ war mir bislang auch völlig unbekannt.

Wo ist das Ding genau her?

... bist du sicher, was die Zeitstellung angeht?

:winke:

Larry

PS: Ich hör mich mal bei ein paar Spezialisten um - vielleicht gibt es ja Vergleichsstücke - und meld' mich dann nomma...


Fundort ist Ratingen-Breitscheid (Kreis Mettmann)

Der Tod des letzten "uleners":  gerhardus tho lynepe  (nach dem Herrensitz Linnep in Breitscheid) wurde im Jahr 1362 in den Urkunden des Klosters Werden an der Ruhr verzeichnet. Da war dann wohl ganz Schluss mit den Tonarbeiten.

Arbeiten des 14. Jhs. zeigen, im Gegensatz zur kleinen Lampe und sonstigen Stücken des 12. - 13. Jhs., eine überglättete Außen- und Innenwandung mit deutlichen Streifungen von mitgerissenen Magerungspartikeln. (s. anhängendes Beispiel eines kleinen Napfes mit Standring, der vom Standring bis Randabschluss nur 5.5 cm hoch ist))

Merkwürdige "Deckel" mit vergleichbaren Knauf gibt es aus Brunssum - Schinveld, doch die sind oxydierend gebrannt, gelegentlich bemalt und andersartig aufgebaut.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Levante

Hallo,

hüstel...

Also ich glabe eher nicht, das es sich hierbei um eine Öllampe handelt.

Das ist ein Gefäßdeckel mit hohem Innenrand.

In etwas abgewandelter Form sind diese Deckel in Pingsdorf gelegentlich gefunden wurden, und sicherlich auch irgendwo publiziert?

Dann war am Hohen Rand sogar noch gelegentlich eine Art Karabiner Verschluss angebracht.

Grüße

Patrick
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

thovalo

#10
Zitat von: Levante in 27. Juni 2010, 15:33:58
Hallo,

hüstel...

Also ich glabe eher nicht, das es sich hierbei um eine Öllampe handelt.

Das ist ein Gefäßdeckel mit hohem Innenrand.

In etwas abgewandelter Form sind diese Deckel in Pingsdorf gelegentlich gefunden wurden, und sicherlich auch irgendwo publiziert?

Dann war am Hohen Rand sogar noch gelegentlich eine Art Karabiner Verschluss angebracht.

Grüße

Patrick


Schön, dass Du wieder da bist!!!!!!!!!!!!    :super:

Ich kenn die "Deckel" die Du erwähnst auch und es gibt sie zum Teil in schon fast grotesk wirkenden Varianten in mehreren mittelalterlichen Töpfereien.

Doch an diesem merkwürdigen Einzelstück sind die schwarzen Brandspuren eindeutig sekundär durch den Gebrauch als Lämpchen entstanden.

Und es stellt sich auch die Gegenfrage: waren die so bezeichneten "Deckel" nicht auch Lampen?

Es gibt ja einige Stücke die als "Kerzenständer" bezeichnet werden/wurden! Nur sind Kerzen HEUTE leicht zu erwerbende Massenartikel . Im Mittelalter waren sie sehr viel wertvoller und wohl nur selten in "privaten"/einfachen Haushalten vertreten!

So sind auch die merkwürdigen flachen spätmittelalterlichen "Steinzeugschalen" der Siegburger Produktion merkwürdige und nicht eindeutig angesprochene Dinger:

                             Deckel oder Schalen (mit Standfuß.....)

Wenn die Brandspuren nicht gewesen wären.....  sähe das mit dem "Lämpchen" sicher auch zweideutig aus!!!!

LG  thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Genmutant

Der Deckel bleibt, egal wie die Brandspuren daran gekommen sind, auch m.E. erstmal ein Deckel.
Eine Umnutzung ist deshalb natürlich nicht ausgeschlossen, aber doch eher unwahrscheinlich.

thovalo

@ genmutant

Naja, manchmal ist die "Drehung" der Perspektive ja auch blickwinkelbildend !  :glotz:


Und ich überlege mir noch,
ob ich das Dir oder mir gesagt habe !!!!!!   :zwinker:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wutz

Ja das würde ich auch sagen, das ist ein Deckel von einem Kochtopf. Die Dinger werden sehr oft für Öllampen gehalten.

StoneMan

Zitat von: Wutz in 12. Juli 2010, 11:50:59
Ja das würde ich auch sagen, das ist ein Deckel von einem Kochtopf. Die Dinger werden sehr oft für Öllampen gehalten.

Yep, Kochpott für die Puppenstube.
Zitat von: thovalo in 23. Juni 2010, 12:41:55
Höhe: 4.1 cm; DM Randumlauf Korpus 6.7 cm; DM Randumlauf der 1.3 cm hohen Mündung: 4 cm
6,7 cm DM = Durchmesser, geht ´ne ganze Wildschweinkeule rein...  :ironie:
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Levante

@StoneMan

Hast dich wohl verlaufen?

Mach dich lieber wieder zu den Steinekerlen, wenn du nichts konstruktives beitragen kannst.  :zwinker:

@Thomas

also gehen wir mal von einem Deckel aus, zumindest als ursprüngliche Verwendung.

das mit der Zweitverwendung als Öllampe kann ja gut möglich sein, aber dies kann wohl keiner von uns beurteilen, da wir die Lampe nicht selber in den Händen halten. Und aus deiner Beschreibung vermag zumindest ich mir kein ausschließendes Urteil erlauben.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

thovalo

Hm,

also Fakt sind die klaren sekundären Brandspuren auch im inneren des "Objekts" und auf "den Kopf" gedreht (Nippel nach Oben), ergibt sich ein Deckel aber in der Form einer recht modernen  "Zuckerdose" oder Kaffeekanne .......  


da es kein zweites Stück gibt (bislang) ............   heften wir das doch erstmal als Kuriosum ab ........  


@ stoneman

in einem Topf mit so einem "Deckel" passte wirklich nich viel ......  :zwinker:


Das wäre dann ja mal auch THEMA zum Fundstück (12.  13. Jh.):
                   wenn Deckel, wofür ?  

Ich such mal nach nem möglicherweise passenden Gefäß  !!!!

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

haasa2003

hallo Thomas,

worauf hier noch keiner eingegangen ist:  :glotz:

Das Loch im Fuß, wenn es ein öllämpchen ist.

Ist das Teil auf einer Scheibe gedreht?  :nixweiss:
Wenn ja, wie kommt dann das Loch in den Fuß?  :nixweiss:
Ist das Loch nach der Formung extra eingebracht worden?  :nixweiss:
Wenn ja, Warum?  :nixweiss:
konnte das Lämpchen auf einen Dorn gesteckt werden? (Holz oder Eisen)
Dann würde es ja auch nicht umfallen. Beim Befüllen könnte man es abnehmen und mit seinem Fuß auf den Tisch stellen.
Ist das Loch dafür tief genug?
Das kann ich auf Deinen Bildern nicht abschätzen.  :glotz:

Wenn das Teil ein Deckelchen war, könnte dann in dem Loch ein Holzknauf verankert gewesen sein?  :nixweiss:
Um sich nicht die Pfoten zu verbrennen?  :nixweiss:

Fragen über Fragen

Gruß Winfried
Je länger man lebt,
desto deutlicher sieht man,
daß die einfachen Dinge
die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, 1885 - 1968

Wutz

Also wenn man die Bilder vergleicht mit den Fundzeichnungen im Buch "Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und Schwäbischer Alb" von Uwe Gross vom Konrad Theiss Verlag, ist das egal was der Steinmann sagt ein Deckel, den typische Öllampen sehen anders aus. Sind auch reichlich vertreten in dem Buch. Es werden auch reichlich Deckel aufgeführt die ein Loch im Knauf haben.

thovalo

#19
Zitat von: Wutz in 17. Juli 2010, 12:32:02
Also wenn man die Bilder vergleicht mit den Fundzeichnungen im Buch "Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und Schwäbischer Alb" von Uwe Gross vom Konrad Theiss Verlag, ist das egal was der Steinmann sagt ein Deckel, den typische Öllampen sehen anders aus. Sind auch reichlich vertreten in dem Buch. Es werden auch reichlich Deckel aufgeführt die ein Loch im Knauf haben.

:kopfkratz:

Neckarmündung und Schwäbische Alb sind ein wenig weit weg......   und dort gibt es auch keramische Deckel im 12. und 13. Jh.??????????


Aber Ja, aber Nein meine Herren!!!

Diese Töpferei hier im Rheinland, respektive im Niederbergischen Land, hat als eine der wenigen im hochmittelalterlichen Rheinland selber DECKEL produziert, die ganz anders ausgeführt worden sind.....    :kopfkratz:

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,43346.0.html


Warum sollte diese Miniatur von einem DINGS denn als einziger Deckel einen Hohlkörper aufweisen?

Worauf sollte zudem dieses "Öllampendeckelchen" gepasst haben?

Zuckerdosen gabs noch nicht und die Mündungen der Krüge sind hier immer weiter als der Durchmesser des DINGS .....  das passt gerade mal auf die kleinsten Kugeltöpfe.... eher schon Miniaturkugeltöpfe in Schnapsglasformat .....


Das ist einfach ein Kuriosum ........    


Übrigens scheint das Loch im Knauf keine besondere Funktion gehabt zu haben.... :glotz:



Höhe des Kugeltöpchens: 6.8 cm


So und jetzt mal ganz ehrlich:  

das sieht doch aus wie eine Wohnbehausung bei den SCHLÜMPFEN !!!!!!!!


Der Kugeltopfschlumpf   :-D
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.