Die grafische Vorlage für das Relief auf einem "Kugelbauchkrug" aus Raeren

Begonnen von thovalo, 04. April 2023, 14:37:58

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thovalo



Hallo!

Vor gut 30 Jahren wurde dieser eindrucksvoll verzierte Krug als Bodenfund geborgen. Er zeigt frontal die Wappenauflage des Königs von Dänemark mit dem Datum 1579 und den Initialen E K die für den Töpfermeister ENGEL KRAN aus Raeren stehen.


Es handelt sich um einen Raerener Kugelbauchkrug mit zwei gleichen Seitenreliefs und einer andersartigen frontalen Auflage.


Die seitliche Auflage ist ein Unikat, denn es gibt keinen zweiten Beleg eines erhaltenen Gefäßes mit diesem Relief. Heute klärte sich, dass als direkte Vorlage ein Stich des Kleinmeisters Hans Sebald Beham (1500 - 1550) aus einer Reihe von Darstellungen der "sieben Planeten" gedient hat. Die Darstellung ist dafür gespiegelt, die Schrift jedoch richtig und damit lesbar ausgeführt worden. Die Umsetzung des Stichs in die Form eines Model für ein Tonrelief ist für ein Objekt des Töpferhandwerks hervorragend umgesetzt worden. Im Keramikmuseum in Raeren gibt es ein einziges aus einem Gefäßbruchstück fein als Wanddekoratoni zum Aufhängen herausgearbeitetes weiteres Medaillion mit diesem Motiv, jedoch nur diesen einen Krug alserhalten gebliebener Gefäßbeleg mit diesem Relief.


Das Relief ist eine Generation nach Erstellung des Stichs entanden, was die Datierung des Königswappens von Dänemark erkennen lässt.


Der Krug wurde in den Bonner Jahrbüchern registriert und im vergangenen Jahr endgültig an die Bodendenkmalpflege übergeben.



lG Thomas  :winke:


Es gelingt nicht allzu oft
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Fabulas

Boah, das beeindruckt mich außerordentlich.
Damit hat der Krug bzw. das Motiv wirklich Geschichte geschrieben. Und natürlich alle, die daran beteiligt waren.
:super:

Liebe Grüße
Anita

thovalo



Danke!

Ich habe das Ergebnis heute der Bodendenkmalpflege in Düsseldorf gesendet, der ich den Krug im vergangenen Jahr übertragen konnte. Das war sehr erfreulich. Düsseldorf hat ja das Hetjensmuseum mit einer enormen Keramiksammlung und mit diesem Fund liegt nun ein wirklich sprechender Fundbeleg aus Raeren vor.

Von derselben Fundstelle ging bereits ein in Siegburg gefertigter, vollkommen erhalten gebliebener, reliefverzierter und mit 1608 datierter großer Zunfthumpen des KRAMERAMPTES IN DERO STADT MVNSTER an das Stadtmuseum in Münster über.

So sind diese und andere wichtige Stücke unter Beibehaltung ihrer konkreten Provinienz auch in die wissenschaftliche Bearbeitung eingegangen.


lG Thomas  :winke:



Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Fabulas

Richtig cool, Thomas. Das ist das wahrhaftige Ziel aufrechter Sucher und Sondler.
Und es macht doch total Freude.

Viele Grüße
Anita

Wiedehopf

Das ist wirklich ein bemerkenswerter Fund Thomas, und wenn nun auch noch die Vorlage des Motives identifiziert wurde ist es um so erfreulicher. Ich freue mich schon, wenn ich von derartiger Keramik ein  kleines Fragment hier auf dem Acker finde.

Eine Frage: Wenn dort das dänische Königswappen abgebildet wurde, bedeutet das, dass der Krug für den Export nach Dänemark gefertigt wurde ?   

Viele Grüße
Michael

thovalo

Zitat von: Wiedehopf in 04. April 2023, 22:59:36
Das ist wirklich ein bemerkenswerter Fund Thomas, und wenn nun auch noch die Vorlage des Motives identifiziert wurde ist es um so erfreulicher. Ich freue mich schon, wenn ich von derartiger Keramik ein  kleines Fragment hier auf dem Acker finde.

Eine Frage: Wenn dort das dänische Königswappen abgebildet wurde, bedeutet das, dass der Krug für den Export nach Dänemark gefertigt wurde ?   

Viele Grüße
Michael

Das ist nicht ganz klar! Es spricht Einiges dafür, dass der Krug so zusammengesetzt ist, wei lMercur ja Gott der Hänler und Beschützer des Handels ist.Das past im Bildprogramm gut zusammen.

Der Fundort importierte tatsächlöoch Ochsen aus Danemark, deren Schlachtabfälle sich auch af dem Fundareal fanden und finden.

Das ist ein spanendes Forschungsgebiet!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiedehopf

ZitatDer Fundort importierte tatsächlöoch Ochsen aus Danemark, deren Schlachtabfälle sich auch af dem Fundareal fanden und finden

Sehr interessant ! Im Mittelalter und früher Neuzeit wurden riesige Herden von Ochsen zur Versorgung der Bevölkerung mit Rindfleisch über erstaunlich weite Strecken getrieben. Für Norddeutschland kamen sie oft aus Dänemark, Kaufleute der Hanse kümmerten sich darum, in Süddeutschland meist aus Ungarn. Viele Menschen auf dem Weg der Herden profitierten von diesem Handel (siehe verlinkten Wikipedia-Artikel). In England zeugen Stadtnamen wie 'Oxford' von solch frühen Viehtrieben.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die rheinischen Steinzeugproduzenten im Gegenzug auf die Absatzmärkte im Norden spekuliert haben und sich mit dem Bildprogramm ihrer Waren entsprechend (Wappen Dänemark) aufgestellt haben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ochsenstra%C3%9Fe

Viele Grüße
Michael       




Fabulas

Wunderbar! Jede Antwort hier ist spannend. Bei dieser Story kommen die Fäden schön zusammen und ich lerne und begreife....
Oxfort und bei mir in der Nähe gibt es Ochsenfurt. Demnach das deutsche Pendant.
:winke:

Liebe Grüße
Anita

thovalo




Genauso war das und die Hanse bildete den Motor des überregionalen Austauschs. Hier befindet sich Köln als einer der großen Zentralorte der Hanse in diesem Kreislauf. Köln gehörte zudem zu einem Messerverbund zu dem dann auch Utrecht, Maasmechelen und andere Städte in den heutigen Nierderlanden und Belgien gehörten.

Durch die "Stapelpflicht" stand sowohl solche hochwertige Keramik wie auch die importierten Ochsen als "Lebendware" zur Verfügung. Dänemark wurde über die "Talfahrt" der Frachtschiffe und auf dem Rückweg durch die "Bergfahrt" erreicht. Die Bergfahrt über den Rhein konnte nur durch das Treideln bewältigt werden. So wurdendie Schiffe mithife von Zugtieren, darunter auch Ochsen (!), aber auch von Menschen an langen Seilen den Fluß hinauf getreidelt (gezogen) mit allen nur vorstellbaren Problemen, Schwierigkeiten und Aufwand. Am Fundort gab es sowohl eine Flusszollstelle wie auch eine Treidelherberge an der Zugtiere ausgetauscht werden wie auch die Menschen übernachten und sich erholen konnten. Der Rhein war die große "Schnell(wasser)straße" des Mittelalters und der frühen Neuzeit.

Ein weites und sehr faszinierendes Thema!


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Auch das Keramikmuseum in Raeren (heue Belgien) hat eine Meldung zu der Findung der Vorlage erhalten und sich herzlich dafür bedankt. Die Herkunft aus Raeren wurde umgehend bestätigt und die Auflage selber ist extrem selten, sodaß Gefäß und Vorlage nun dort in die Fundinvetarisierung aufgenommen wird.


lG Thonmas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Fabulas

Zitat von: thovalo in 06. April 2023, 11:34:16

Auch das Keramikmuseum in Raeren (heue Belgien) hat eine Meldung zu der Findung der Vorlage erhalten und sich herzlich dafür bedankt. Die Herkunft aus Raeren wurde umgehend bestätigt und die Auflage selber ist extrem selten, sodaß Gefäß und Vorlage nun dort in die Fundinvetarisierung aufgenommen wird.


lG Thonmas  :winke:

Perfektes Ende einer Entdeckung!
Liebe Grüße
Anita