Das große Fragment einer Siegburger Schnelle - mit einer Auflage von 1589

Begonnen von thovalo, 29. April 2014, 12:26:37

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thovalo


   
  :-)


Dieses Fragment einer Siegburger Schnelle (Länge 20 cm) stammt mit anderen Keramikbelegen derselben Zeitstellung aus rezent gestörten Boden. Das Gefäß wurde wohl erst durch die Bodeneingriffe zerdrückt und verlagert.


Die Auflage zeigt drei Bildfelder:

Oben: das mittelalterliche Stadtwappen von Köln mit den drei Kronen die für die Reliquien der drei heiligen Könige stehen.
Die im heutigen Stadtwappen mit enthaltenen elf Flammen für die 11.000 Jungfrauen der heiligen Ursula fehlen noch.

Mitte: der römische Gott der Händler und der Diebe MERCVRIVS nach rechts schreitend

Unten: ein noch nicht identifiziertes Wappen. Darüber befindet sich die Datierung der Auflage in das Jahr 1589


Bis jetzt konnte ich diese Auflage nicht in der mir zur Verfügung stehenden Literatur wieder finden.
Vielleicht gelingt das ja hier im Forum!


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

RichardJ

Vielleicht gehört das Stück in dieselbe Gruppe von Schnellen, zu der auch ein 1591 datiertes Exemplar mit Darstellung der Venus aus der Werkstatt des hans Hilgers gehört  (Reineking von Bock, Steinzeug, S. 213  Nr. 219) ?

thovalo


Auf jeden Fall auch eine derart dreiteilig aufgebaute Reliefauflage.
Auch Peter Knüttgen hat diesen dreigliedrigen vertikalen Aufbau verwendet (S.200; Nr.190)
Die Dekore sind allerdings deutlich abweichend.

Da kommt die Frage nach den Matrizenschneidern auf.
Waren es die Töpfer selber oder haben spezialisierte Handwerker die Urmatrizen geschaffen.
Kann man daraus eine charakteristische "Handschrift" ableiten oder nicht.

Die Vorlagen der Darstellungen stammen wohl weit überwiegend aus Musterbüchern.


Ich werde mich noch weiter umsehen!


Vielen Dank für Deine Unterstützung!  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Levante

Hm...

die Brüche sehen wirklich rezent aus, aber so erscheint es ja meistens bei diesen Stücken.

Warten wir mal, ob der liebe Guido da etwas zu sagen kann, er hat aus der zeit etwas mehr Literatur als ich.

Ich sammle nur immer diese schönen Scherben.  :-D

Und zur weiteren Ansicht solltest du ja diverse Depos in deiner Umgebung haben, wir waren zuletzt im Depot vom Hetjens-Museum.

Dort lag leider wesentlich weniger Werrakeramik als zuerst erwartet.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

thovalo

Zitat von: Levante in 29. April 2014, 19:04:57
Hm...

die Brüche sehen wirklich rezent aus, aber so erscheint es ja meistens bei diesen Stücken.

Warten wir mal, ob der liebe Guido da etwas zu sagen kann, er hat aus der zeit etwas mehr Literatur als ich.

Ich sammle nur immer diese schönen Scherben.  :-D

Und zur weiteren Ansicht solltest du ja diverse Depos in deiner Umgebung haben, wir waren zuletzt im Depot vom Hetjens-Museum.

Dort lag leider wesentlich weniger Werrakeramik als zuerst erwartet.


Oha!

Ich habe hier bislang auch nur einige wenige Belegstücke an Werrakeramik auftun können!
Gestern fanden sich auch drei kleinere Fragmente früher Fayencen die allerdings sofort abgeschmiert sind.

So ist das mit dem Lauf der Welt!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

grünland


Hi, so - hier mal Bilder von der Scherbe mit Wappen das m.E. dem unteren Wappen des Schnellenfragments sehr ähnelt.
Auf der Scherbe ist das Wappen des Kurfürstentums Sachsen dargestellt.

Grüße und schönen Sonntag

Guido


grünland


thovalo



Danke für die Mühe  :Danke2:



Deutlich besser  :-D
Ja, auch die gekreuzten Schwerter sind erkennbar!


Dann ist das Sachsen,


a b e r ..........  

dieses Fragment klärt das Wappen, hat aber nichts mit der Auflage der Schnelle zu tun, weil das Wappen dort nicht von zwei Engeln gehalten wird!


Das heisst unter dem Strich bislang:  in der hier vertretenen Gemeinde und deren Literatur ist diese Auflage noch nicht bekannt und in der genutzten Literatur noch nicht vertreten oder gefunden. Meine literarischen Ressourcen hier zuhause habe ich weitgehend ausgeschöpft.

Die hochrechteckige Auflage gehört in eine Gruppe im Aufbau vergleichbarer dreiteilig gegliederter Auflagen auf Schnellen:
Oben ein Wappen, darunter eine Figur (meist eine biblische Figur) im Mittelfeld und unten wieder ein Wappen.


Diese konkrete Auflage findet sich zumindest bislang nicht dokumentiert.
Auch die Jahreszahl 1589 scheint selten vertreten zu sein.


Mit der Zeit findet sich sicher noch ein konkreter Hinweis!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

grünland


Hi,

ich habe noch etwas in meinen Büchern gewälzt und diese "Vergleichsschnelle" gefunden. (Landesmuseum für Volkskunst in Kommern)
Die Auflage gehört zu der Art dreiteilig gegliederten Auflagen auf Schnellen wie du sie ja bereits beschrieben hast.
Interessanter Weise wurde auf dieser Schnelle noch der Buchstabe L entdeckt. Aber leider kein Erwähnung eines anschließenden W. Die Initialen des Formschneiders LW auf Schnellen sind ja bekannt, wenngleich LW immer noch eine Anonymus ist und immer noch kein Name zuzuordnen ist.

Die Jahreszahl übrigens 15-89...

Hilft jetzt auch nicht abschließend weiter, ist aber doch trotzdem ganz interessant.



thovalo



Danke für den genauen Blick!

Diese Schnelle kenne ich und finde, sie ist auch die formal am nächsten stehende.
Ich hatte die Jahreszahl aber nicht registriert.

Die Wappen stammen ja alle aus entsprechenden Musterbüchern.

Die Figur des Merkuris wird von einer Ranke mit Blüten umrahmt, die habe ich so auch noch nicht an einem anderen Fundbeleg aus Siegburger Produktion identifizieren können. Die Vorlage für die figürliche Darstellung wird ja auch nach einer Stichvorlage entstanden sein.

Ist im Grunde ja auch kein großes ding wenn sich mal nicht eine identische Auflage finden lässt.
Solche Stücke sind einfach immer interessant und wunderschön.
Klasse ist die vorhandene Datierung.

Dir glG aus dem üblen Schmuddelwetter!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.