Badorfer Keramik des 8. - 9. Jhs. n. Chr.

Begonnen von thovalo, 05. September 2023, 20:05:29

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thovalo


Guten Abend!

Badorfer Keramik ist eine wichtige Warenart mit deren Hilfe Fundplätze gut datiert werden können. Hier einige Bilder von einer aktuellen Begehung am Kölner Vorgebirge.


Die hier produzierte Keramik wurde über den Hafen von Köln und von dort aus vor allem über Handelsplätze bis weit bis nach Skandinavien verbreitet. Fragmente finden sich bis Haithabu und Ribe.

Am bekanntesten sind die großen "Reliefbandamphoren". Sie wurde in der Nachfolge der deutlich älteren römischen Amphoren insbesondere als "Container", für  den Transport darin gelagerter Ware genutzt. In den Amphoren wurde u.a. Wein ausgetauscht.

An den Orten, an die Gefäße dieser Produktion gelangten, besass der Besitz dieser Keramik auch einen Statuswert. Das sehr häufig angewendete Rollrädchendekor entwikelte sich dabei zu einer Art "Markenzeichen". Nahe des Emporiums von Dorestad wurde diese Keramik auch imitiert und von da aus auch weiter gehandelt.

Der hier liegende Fundort war ein zentraler Platz insbesondere zur Herstellung der großen Reliefbandamphoren. Die rollrädchenverzierten Exemplare datieren in das 9. Jh., die mit Fingertupfen dekorierten Reiefbandamphoren früher und wohl noch im 8. Jh.

Daneben wurden Mengen von kleineren Töpfen mit Rollrädchendekor hergdstellt. Manche davon mit zwei Henkeln. Der Fundplatz ist der einzige Produktionsort von dem auch rollstempelverzierte Töpfe mit vertikaler Leiste mit Fingertupfen bekannt sind. Diese seltenen Stücke finden sich tatsächlich auch in Duisburg, Dorestad, Haithabu wieder. Vermutlich wurden auch in den kleineren Gefäßen Waren wie Wachs und Honig (das einzige breit verfügbare Süßungsmittel der Zeit) versendet.

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo


Fragmente von Reliefbandamphoren und Töpfen des 8. und  9. Jhs.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Zwei Randfragmente von Töpfen des 9. Jhs.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo



Das sind Reliefbandamphorenfragmente fehlgebrannter Gefäße. Durch Beschädigungen der Ofenwandung wurden diese Gefäße grau und durch Überfeuerung sehr hart gebrannt. Dadurch erinnern sie eher an hochmittelalterliche Keramik.

Das Randstück zeigt noch einen Teil des hoch aufragenden Henkels.


Zuletzt die Ansichten eines Stücks Ofenwandung, das vor über 1.200 mit vielen eng beieinander liegenden Fingertupfen festgedrückt worden war.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wiedehopf

Sehr interessant, danke.

Ich konnte kürzlich bei einem Besuch des Deutschen Keramikmuseums (Hetjens-Museum) in Düsseldorf solche frühe Badorfer und auch Pingsdorfer Keramik in der Dauerausstellung bewundern. Es waren eher kleinere Gefäße die dort ausgestellt waren, dennoch für Sucher und Sammler, die normalerweise nur Scherben dieser Keramik finden, eine Offenbarung, absolut empfehlenswert. 

Viele Grüße
Michael
   

thovalo

Guten Abend!

Das kann ich nur bestätigen. Das Hetjensmuseum hat eine der bedeutenden und wichtigen Keramiksammlungen in Deutschland. Leider ist das Kunstegewerbemuseum in Kön, wie so ziemlich Vieles in Köln, seit Jahren zur Renovierung geschlossen. Auch da befand sich eine wichtige und sehr umfangreiche Keramiksammlung. Eindrucksvoll und sehr zu empfehlen sind auch die Museen in Siegburg und in Raeren.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Munigis

Hallo Thomas,

vielen Dank fürs zeigen und die ausführlichen Informationen :Danke2:  :super:

Grüße
Oli

Fabulas

Hallo Thomas,

sehr schöne Stücke. Danke fürs Zeigen!
Hoffe, ich werde auch mal fündig.

Liebe Grüße
Anita

thovalo

Guten Tag!

Du wohnst ja tatsächlich weit weg, doch die Chancen solche Stücke identifizieren zu können, erhöhen sich mit der Kenntnis wie diese Keramik aussehen kann. Auch diese Warenart dürfte nachgeahmt worden sein, nur die großen Reliefbandamphoren boten zu große Herausforderungen in der Herstellung. Sie sind mit größter Wahrscheinlichkeit kaum nachgeahmt worden sein.

Ich konnte eine hochmittelalterliche Keramikproduktion des 12-13. Jhs. erarbeiten. Dort war es im hohen Mittelalter möglich vergleichbar große Gefäße herzustellen. Dazu brauchten die Töpfer, die die Großformen herstellten aber eine Spezialisierung, die in Verbindung mit der verarbeiteten Tonmasse erst die Produktion ermöglichte. Die Spezialisierung richtete sich auf die Herstellung der großen Volumina, deren stabile Einbringung in die Töpferöfen und auf den Brand solcher Großformen aus. Das waren andere Herausforderungen als das Ausformen von Kugeltöpfen und Kannen.

Es gibt ein Video das die Ausführung von Gefäßen aus einer routierenden uentrierten Radscheibe zeigt. Selbst schon einen Krug aufzudrehen war dabei eine eigene "Kunst".

Wir sind diesem reinen Handwerk und seinen Anforderungen bereits viel zu weit entfernt um den hohen Aufwand für die Herstellung solcher Keramik auch (ein)schätzen zu können.


lG Thomas  :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Fabulas

Zitat von: thovalo in 06. September 2023, 12:29:15Guten Tag!

Du wohnst ja tatsächlich weit weg, doch die Chancen solche Stücke identifizieren zu können, erhöhen sich mit der Kenntnis wie diese Keramik aussehen kann. Auch diese Warenart dürfte nachgeahmt worden sein, nur die großen Reliefbandamphoren boten zu große Herausforderungen in der Herstellung. Sie sind mit größter Wahrscheinlichkeit kaum nachgeahmt worden sein.

Ich konnte eine hochmittelalterliche Keramikproduktion des 12-13. Jhs. erarbeiten. Dort war es im hohen Mittelalter möglich vergleichbar große Gefäße herzustellen. Dazu brauchten die Töpfer, die die Großformen herstellten aber eine Spezialisierung, die in Verbindung mit der verarbeiteten Tonmasse erst die Produktion ermöglichte. Die Spezialisierung richtete sich auf die Herstellung der großen Volumina, deren stabile Einbringung in die Töpferöfen und auf den Brand solcher Großformen aus. Das waren andere Herausforderungen als das Ausformen von Kugeltöpfen und Kannen.

Es gibt ein Video das die Ausführung von Gefäßen aus einer routierenden uentrierten Radscheibe zeigt. Selbst schon einen Krug aufzudrehen war dabei eine eigene "Kunst".

Wir sind diesem reinen Handwerk und seinen Anforderungen bereits viel zu weit entfernt um den hohen Aufwand für die Herstellung solcher Keramik auch (ein)schätzen zu können.


lG Thomas  :winke:



Hallo Thomas,

vielen Dank. Das ist interessant und ich kann mir gut vorstellen, dass besondere Kenntnisse und Fertigkeiten vorhanden sein mussten, um diese großen Gefäße herzustellen. Erst heute habe ich mir welche auf der neuen Seite https://www.keltenland-bw.de/?gclid=EAIaIQobChMI1aK8y4SWgQMVEZODBx3D4AM8EAAYASAAEgLU0fD_BwE angesehen und mich gewundert, wie z.B. diese besonders hohen Teile angefertigt werden konnten. Dein letzter Satz ist eigentlich das Thema dieser Zeit!
Gibt es denn zu dem Video einen Link?
Aktuell kann ich nur wenn ich mit dem Hund unterwegs bin Augensuche betreiben. Aber immer wieder schaue ich sehr gerne ins Forum und versuche, mir so manches einzuprägen.

Liebe Grüße
Anita

thovalo



hier der link zum Video .... es gibt noch ein zweites, das findest Du bei you tube gleich danach

https://www.youtube.com/watch?v=2fwXwAkslbc



lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.