Jackpot: Hälfte eines neolithischen Keulenopfes

Begonnen von crapseeker, 30. August 2023, 21:11:05

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crapseeker

Hallo zusammen,

endlich hat die Sommerhitze ein Ende und man kann sich wieder auf die Felder wagen. So geschehen vergangenen Sonntag.

Was soll ich sagen, das Glück war mir mehr als hold. Ich durfte einen meiner bisher wohl außergewöhnlichsten Sichtfunde bergen: Die Hälfte eines neo- bis mesolithischen Keulenkopfes. Hab mir sagen lassen, die Dinger sind extrem selten. Vielleicht taucht der zweite Teil ja auch noch irgendwann auf ...

Der Stein ist schwarz-grün und hat helle gelbliche Streifen, die man besonders gut sieht, wenn er nass ist. Im Inneren der Bohrung sieht man noch deutlich die Rillen vom Bohren.

Der Keulenkopf ist eine oben und unten abgeflachte Kugel, die Seitenränder sind auch angeschrägt. Das Loch misst auf der einen Seite 1,5 cm, auf der anderen 1,2/1,3 cm. Bestimmt wurde er durch einen befreundeten Archäologen.

Um welche Art von Stein handelt es sich hierbei? Kommt der in Österreich vor? Fundort: Waldviertel (Gebiet unterhalb Tschechiens ;-) ...).

Danke für Eure Einschätzungen,

lg,

Crapi
If it ay bost, dow fix it! (Black Country Saying)

RockandRole

Servus,

das ist ein Hammerfund  :prost:  kann deine Freude gut verstehen. Da werde ich dir aber ganz dolle die Daumen für die 2. Hälfte drücken. Dass dies möglich ist, hat man hier ja schon das ein oder andere Mal eindrücklich bewiesen. Zum Material kann ich dir leider auch nichts sagen. Bei Gelb denke ich irgendwie an Limonit. Aber ob das stimmt  :kopfkratz:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Munigis

Wow :staun:
Glückwunsch zu dem Spitzenfund

Liebe Grüße
Oli

Wiesenläufer

Moin,

 :staun:  wirklich ein Hammerfund  :super:
Das so ein Fund selten ist, kann ich mir gut vorstellen.
Wüsste hier im Norden auch nicht wann das letzte Mal einer gefunden wurde.
Hier sind die ebenso selten und zum Material kann ich leider aufgrund der Entfernung auch nichts beitragen.
Meinen Glückwunsch!!

Liebe Grüße

Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Robert

wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

thovalo

#5
Guten Morgen!

Was für ein schöner Fundbeleg und sehr selten dazu. Es ist eindeutig ein neolithischer Keulenkopf. Die Bohrung wirkt linear, jedenfalls nicht bikonisch durchgeführt. Das kann man den Bildern allerdings nicht eindeutig entnehmen.

Diese Form wird als Geröllkeule bezeichnet, obschon auch die Außenwandung überarbeitet worden ist.

Die Österreichischen Funde und Fundansprache wird vermutlich einige eigenen Termini haben. Über die Verwendung solcher kugeliger Gebilde gibt es keine absolut gesicherten Erkenntnisse. Von Beschwerung eines Grabstücks (zum Graben) bis zur Hiebwaffe reicht das Spektrum. Den Grabstok halte ich selber für unsinnig, denn der Aufwand der Ausarbeitung ist einfach viel zu hoch. Es gibt einige eingeschlagene Schädeldächer die eine tatsächiche Verwendung als Schlagwaffe nahelegen. Wahrscheinlich gehört aber auch ein repräsentativer Aspekt dazu, denn diese Stücke sind einfach sehr selten. Aus der nach einem Ort bei Leipzig benannten Rössener Kutur kennt man sie aus Grabzusammenhängen. Dort bestehen sie aus einer Marmorvariatät.

Aufgrund der Verwendung des besonderen Gesteins denke ich, dass es sich auch bei Deinem Fundstück um ein tendenzielle mehr repräsentatives Objekt gehandelt haben wird.

Eindrucksvoll sind die Reliefs und Funde von Keulenköpfen in den frühen Gräber ägyptischer Könige wo sie eindeutig als Teil der Repräsentationskultur zu identifizieren sind. Zugleich ist die Darstellung des seine Feinde mit einer Keule erschlagenden Pharaos ein Topos in der ägyptischen Königsdarstellung.

Eric Biermann hatte erstmalig die Funde von Keulenköpfen zusammengefasst und publiziert. bis dahin hatte und seitdem hat sich zu diesem Theme nicht mehr viel getan.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Ich habe zu dem Thema zwei  PDF die sich im www finden lassen:

Keulen:
Eine kleine Kulturgeschichte der Schlagfertigkeit
Arbeitstagung zur Vorbereitung der Ausstellung Halle/Saale, 13.05.2014

Sogenannte Dell- und Geröllkeulen – Halbfabrikate und Fertigprodukte oder verschiedene Artefaktgruppen?
Eric Biermann


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Servus aus Bayern nach Austria,

erstmal herzlichen Glückwunsch zu deinem tollen Fundstück.
Wie Thomas schon geschrieben hat sehe ich den Geröllkeulenkopf ebenfalls im Neolithikum. Der Unterschied zu den mesolithischen Keulenköpfen ist schon gegeben.
Unter der Eingabe Wolf Biermann/Keulenköpfe finden sich bei Academia Edu interessante PDF-Dateien zum Thema.

Grüße
Peter :winke:

Fischkopp

Hallo crapseeker,

herzlichen Glückwunsch! Ein Fund den ich gerne mal in der Hand hätte. Die lange und feine Bohrung ist wirklich sehr schön. Ein Museumsstück und wohl ein einmalig toller Fund in einem Sucherleben.
Danke fürs teilen.

LG Fischkopp

crapseeker

Hallo Ihr Lieben,

vielen, vielen Dank für Eure tollen Reaktionen mit all den Links und Bildern! Ihr seid echt ein Hammer!!!

Der Acker, auf dem dieses wunderschöne Stück lag, birgt von Neolithikum bis Neuzeit ziemlich alles, u. a. dürfte dort viel und lange gesiedelt worden sein, wie die unzähligen Scherben aller Zeitstellungen verraten.
Wohl ca. 200 Meter entfernt hab ich vor einigen Jahren ein kleines Steinbeil gefunden und mich auch damals schon sehr gefreut. Dieser Keulenkopf natürlich ist nochmals einige Klassen toller. Ich würde ihn vom Bauchgefühl her auch eher als Repräsentationsstück bezeichnen, wenn der Stein nass ist, schaut die Oberfläche echt großartig aus. Werde mal ein paar Fotos machen.

Jedenfalls freu ich mich, dass er Euch gefällt! Bei uns in meinem österreichischen Forum fristen Steinfunde leider eher ein Schattendasein, da hat grünes Metall einen viel höheren Stellenwert, leider... (mag ich ja auch, aber Stein und Keramik hat auch und einen besonderen Reiz).

Vielleicht finde ich ja irgendwann noch den zweiten Teil, vielleicht hat ihn ja der Pflug geteilt und nicht bereits ein Kopf vor 7000 Jahren ;-).

Viele liebe Grüße,

Crapi
If it ay bost, dow fix it! (Black Country Saying)

Schoerschus

Moin Crapseeker,
Das ist ja wirklich ein fantastischer Fund. Ich Gratuliere!
Für alle die Interesse daran haben, hier ein Link zur Gesteinsbestimmung den ich sehr gut und einfach erklärt finde:

https://www.kristallin.de/Gesteinsbestimmung/Bestimmung_1.html

Bei deiner Keule könnte es sich um metamorphes Gestein handeln, also Gestein das in der Erdkruste unter Druck und Hitze nach seiner Enstehung weiter verformt und chemisch verändert wurde. Dadurch entstehen an seltenen Fundstellen wirklich außergewöhnliche Gesteine. Ich finde die Anmerkung von Thomas interessant, dass es ein repräsentatives Stück sein könnte. Das Gestein ist auf jeden Fall speziell dafür ausgewählt worden und kein gewöhnlicher Felsbrocken!

Beste Grüße,

Schoerschus


Herlitz

Hallo,

auch von mir den herzlichen Glückwunsch zu diesem besonderen Stück! Das Gestein erscheint mir auch außergewöhnlich.
Mir war bisher nur der Fund eines viel kleineren Bruchstücks eines Keulenkopfes vergönnt:
https://sucherforum.de/steinartefakte/fragment-eines-scheibenkeulenkopfes/msg466076/#msg466076
Und das ist nur schnöder Sandstein.  :dumdidum:
 :winke:  Sven

crapseeker

Zitat von: Schoerschus in 02. September 2023, 14:16:26Moin Crapseeker,
Das ist ja wirklich ein fantastischer Fund. Ich Gratuliere!
Für alle die Interesse daran haben, hier ein Link zur Gesteinsbestimmung den ich sehr gut und einfach erklärt finde:

https://www.kristallin.de/Gesteinsbestimmung/Bestimmung_1.html

Bei deiner Keule könnte es sich um metamorphes Gestein handeln, also Gestein das in der Erdkruste unter Druck und Hitze nach seiner Enstehung weiter verformt und chemisch verändert wurde. Dadurch entstehen an seltenen Fundstellen wirklich außergewöhnliche Gesteine. Ich finde die Anmerkung von Thomas interessant, dass es ein repräsentatives Stück sein könnte. Das Gestein ist auf jeden Fall speziell dafür ausgewählt worden und kein gewöhnlicher Felsbrocken!

Beste Grüße,

Schoerschus


vielen lieben Dank für den großartigen Link! Der ist sehr interessant, punkto Steinbestimmung muss ich noch eine Menge lernen!
Ich bin bei Dir, dass dieser Stein meiner Keule nicht eine zufällig gefundene Knolle war, dazu ist er zu außergewöhnlich. Ich freu mich richtig über diesen Fund.

liebe Grüße,
Crapi
If it ay bost, dow fix it! (Black Country Saying)

Schoerschus

Vielleicht können ja Experten auf dem Gebiet die genaue Herkunft ermitteln. Bei solchen Gesteinen sind die Merkmale oft einzigartig und eine genaue Zuordnung ist möglich. Und dann wird es ja nochmal sehr spannend, falls die Herkunft nicht gerade um die Ecke ist.
Immernoch ein toller Fund   :super: