Varus - Kalkriese

Begonnen von jupppo, 07. September 2009, 12:05:55

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jupppo

Zitat von: Archaeos in 25. Juni 2009, 15:13:10
Daß es einige ernst zu nehmende Zweifel an der Identifikation der Schlacht in Kalkriese als Varusschlacht gibt, bestreite ich nicht. Die Wissenschaft darf in der Tat nicht nach Dogmen verfahren, sondern muß sich permanent in Frage stellen. Dies ist in Kalkriese geschehen und das ist auch gut so. Ob Subventionsbetrug vorliegt oder nicht, ist Aufgabe der Justiz zu entscheiden. Die Funde und Befunde der militärischen Auseinandersetzung, egal wie auch immer man die Schlacht auch nennen mag, sind jedoch derart herausragend und spektakulär, dass sie ohnehin eine spezielle Förderung genossen hätten.   

....

Die Forscher in Kalkriese als "Varusschlacht-Mafia" zu bezeichnen geht meiner Ansicht ein bißchen zu weit. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.   




Hallo Andre - total off-topic,

interesannter Weise hatte ich am Wochenende eine interessante Diskussion mit einem freien Archäologen. Dort viel das Wort Varusschlacht-Mafia einige Male von seiner Seite. Angeblich sind einige Müzen (die er ergraben hatte) mit einer Datierung um 11. n. Chr. aus dem Archiv verschwunden. Leider sind keine Hinweise zu Datierungen in den Grabungstagebüchern vorgenommen worden. Auch wenn die Geschichte nicht durch mich (oder andere) zu verifizieren ist, gibt es mittlerweile schon ein paar zu viele "Merkwürdigkeiten", für meinen Geschmack.

Einig waren wir uns jedoch darin, dass die Fördergelder niemals geflossen wären, hätte man von Anfang an auf das Germanicus Schlachtfeld spekuliert (was meiner Ansicht sowhl von den Grabungsbefunden, als auch von den Örtlichkeiten naheliegender wäre). Insofern hatte diese "Marketing-Aktion" auch ihr Gutes.

Grüße

Thomas

insurgent

Zitat von: jupppo in 07. September 2009, 12:05:55


Angeblich sind einige Müzen (die er ergraben hatte) mit einer Datierung um 11. n. Chr. aus dem Archiv verschwunden. Leider sind keine Hinweise zu Datierungen in den Grabungstagebüchern vorgenommen worden. Auch wenn die Geschichte nicht durch mich (oder andere) zu verifizieren ist, gibt es mittlerweile schon ein paar zu viele "Merkwürdigkeiten", für meinen Geschmack.

Thomas

Ist zwar auch off topic, aber....

Durch Grabungen ist belegt, das die "Löcher mit Leichenteilen" in Kalkriese erst Jahre später angelegt wurden und somit durchaus auch Münzen von 11.n. Chr. dort auftauchen können.

Ist also kein schlagendes Gegenargument.
Meine Bodenfunde werden gemeldet

jupppo

Das stimmt! Ich wollte auch gar keine Varus-Diskussion aufmachen, sondern aufzeigen, dass der Varus-Mafia Begriff auch von seriösen Wissenschaftlern verwandt wird.

Unterm Strich ist dieser Kunstgriff mit Sicherheit zweckdienlich, denn er weckt Interesse für die Archäologie und hat einiges an Geldern locker gemacht, die es sonst nie gegeben hätte.

Ich denke allerdings, dass es wirklich wissenschaftlich bedenklich ist, wenn man Befunde die nicht ins Bild passen beiseite schafft. Wenn das denn so stimmt, hat das wirklich mafiose Züge.

Pfälzer

 :cop:
ZitatDas stimmt! Ich wollte auch gar keine Varus-Diskussion aufmachen

Dann mache zukünftig bitte einen eigenen Thread für solche Themen auf. Nur - off topic - darüber zu schreiben nützt da recht wenig. Deswegen habe ich das Thema geteilt.
Jürgen

Lojoer

Da hat Jürgen recht,
deshalb habe ich mich auch bisher nicht weiter dazu geäußert. Nun bei einem eigenen Thread muss ich doch meinen Senf dazugeben. Die ganze Varus-Schlacht Disskusion ist sehr stark emotionsgeladen und von Lokalpatriotismus durchwirkt. 
Manchmal habe ich den Eindruck die Leute können nicht mehr klar denken.
Mit den Münzen, die der Archäologe (wer auch immer er sein mag) in Kalkriese ergraben haben will und die aus dem Jahr 11 n.Chr. stammen sollen (es dürfte sich hierbei um Lugdunum Ase der Serie II handeln), wäre eigendlich die These, dass es sich um einen Zusammenhang mit der Varusschlacht handelt, eher bestätigt. Was mich bisher nämlich an der Varusthese von Kalkriese gestört hat war, dass eben keine Münzen aus dem Germanicuszusammenhang auftauchten.
Gruß Jörg

jupppo

Richtig, sowohl Lugdunum als auch einige Provienzealbronzen griechischer Praegung.

Viel eklatanter als diese Tatsache finde ich die Waffeninterpretation. Da fast ausschliesslich roemische Waffen und Waffenteile gefunden wurden, legt man einfach fest, dass die Auxilien des Armininius mit roemischer Ausruestung ausgestattet waren.
Fuer eine solche Tatsache gibt es jedoch weder Beispiele in der Literatur noch an Befunden. Nach gaengiger Lehrmeinung, waren die Auxielen jeweils mit den ihnen vertrauten Waffen ausgestattet.

Der auf der Hand liegende Schluss, dass es sich bei diesen Waffen um Beutewaffen handeln koennte, wird einfach verschwiegen. Auch die Oertlichkeiten sprechen ziemlich deutlich fuer Germanicus. So hat man sowohl den Stauwall als auch die Holzbohlen, welchen von Tacitus erwaehnt werden gefunden. Dennoch haelt man einfach an der Varusschlacht fest.

Wenn man die Muenzthese (Bestattungen waehrend einer der spaeteren Exkursionen) weiterspinnt, fragt man sich, warum denn niemand in den so oft erwaehnten Tumuli bestattet wurde, oder zumindest in einem Massengrab.

Die ganze Oertlichkeit und die Befunde werfen Fragen ueber Fragen auf. Wissenschaftlich waere es das Schlachtfeld als eines zu benennen, welches in den Zeitraum: 9-14 n. Chr. datiert werden kann.

Alles andere ist pure Spekulation...

Weihen

Zitat von: jupppo in 08. September 2009, 13:00:06
Der auf der Hand liegende Schluss, dass es sich bei diesen Waffen um Beutewaffen handeln koennte, wird einfach verschwiegen. Auch die Oertlichkeiten sprechen ziemlich deutlich fuer Germanicus. So hat man sowohl den Stauwall als auch die Holzbohlen, welchen von Tacitus erwaehnt werden gefunden. Dennoch haelt man einfach an der Varusschlacht fest.

Die ganze Oertlichkeit und die Befunde werfen Fragen ueber Fragen auf. Wissenschaftlich waere es das Schlachtfeld als eines zu benennen, welches in den Zeitraum: 9-14 n. Chr. datiert werden kann.

Alles andere ist pure Spekulation...

... was jupppo hier schreibt ist nicht von der Hand zu weisen! Denn ausgerechnet das Wahrzeichen von Kalkriese; die "REITERMASKE" sagt eigentlich schon mehr als 1000 Worte.

Aber warten wir doch mal ab was einige Archäologen nach 2009 zum Thema: "Varusschlacht & Kalkriese" sagen werden.

Gruß Stephan
Ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger im Landkreis Osnabrück

Lojoer

Hallo Jupppo,
sicher gibt es viele Ungereimtheiten bei Kalkriese, die man sowohl so als auch so interpretieren kann.
Insbesondere die ganze Wallanlage läßt noch viele Fragen offen.
Die Frage nach dem Fehlen des von Tacitus erwähnten Tumulus stellt sich mir jedoch überhaupt nicht. Ersten ist kaum zu glauben, dass Germanicus alle Gebeine aus dem über zig Kilometer auseinandergezogenen Schlachtfeld geborgen hat und zweitens wird ja erwähnt, dass der Tumulus von den Germanen niedergerissen wurde. Die gefunden Knochengruben, die man hier und da wahrscheinlich zusätzlich anlegte, machen daher einen Sinn.
Das Fehlen von germanischen Ausrüstungsgegenständen (wie z.B. Fibeln, Beschläge usw. weniger die Waffen) scheint mir wirklich ein Problem zu sein.
Die gängige Lehrmeinung, dass die Auxiliaren nur mit ihnen vertrauten Waffen bewaffnet waren, halte ich persönlich für fragwürdig, da diese militärtechnisch nicht für die römische Kampftatik geeignet waren. Dies ist auch nicht durch frühe Auxiliarlager belegt.
Wie dem auch sei, ob Varus oder Caecina in Kalkriese gegen die Germanen kämpfte, wo sind die germanischen Beschläge, Fibeln usw.
Der Fund von Holzbohlen war mir bisher nicht aus Kalkriese bekannt. Dies wäre in der Tat ein starkes Indiz für "pontes longi". Wo werden diese Funde erwähnt????
Zitat von: Weihen in 08. September 2009, 13:34:05
Denn ausgerechnet das Wahrzeichen von Kalkriese; die "REITERMASKE" sagt eigentlich schon mehr als 1000 Worte.
Wie muss ich das jetzt verstehen, Stephan?????
Gruß Jörg 

Weihen

Hallo Jörg,

in Kalkriese (bzw. in unmittelbarer Nähe) enden, soweit ich weiss 3 oder 4 Bohlenwege. Viele Bohlenwege ziehen sich durch das Moor im Vechtaer/Diepholzer Raum; einige bis ans Wiehengebirge.

Zu deiner Frage:
Sämtliche Truppen sollten mit Germanicus über die Nordsee zurück ins Lager, ausser dem Reiterheer, die sollten den Landweg zurück nehmen und gerieten an den "pontes longi" in einen Hinterhalt von Arminius.

Gruß Stephan

Ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger im Landkreis Osnabrück

jupppo

Zitat von: Lojoer in 08. September 2009, 14:36:52
Die gängige Lehrmeinung, dass die Auxiliaren nur mit ihnen vertrauten Waffen bewaffnet waren, halte ich persönlich für fragwürdig, da diese militärtechnisch nicht für die römische Kampftatik geeignet waren. Dies ist auch nicht durch frühe Auxiliarlager belegt.

Es gibt einen Aufsatz von Dr. Gechter ueber die Bewaffnung und die typische Aussruestung der Auxiliaren und einige Zeitgenoesse Berichte. Bin zur Zeit auf Reise, ich versuche aber mal daran zu denken. Hier geht es insbesondere um Hilfstruppen die sich aus homogenen Gruppen zusammensetzte (Iberische Schleuderer, Germanen, etc.) und nicht um gemischte Verbaende.

Im uebrigen habe ich beim Reinigen meiner Muenzen festgestellt, dass ich selber im Besitz eines Lugnunm As bin, welches einen Gegenstempel mit einer XVIII hat. Dieses kommt aber aus dem Rheinland.

Seit dem, bin ich Feuer und Flamme fuer das Thema.

DonCordoba

LEGIO I FLAVIA MARTIS

Lojoer

Halo Jupppo,
natürlich waren Auxiliartruppen spezifische und z.T. besondere Ausrüstung, die ihreren besonderen Befähigung entsprach. So hat man die Schleuderer aus Iberien natürlich nicht mit Speeren und die Syrischen Bogenschützen weiterhin mit Bogen kämpfen lassen. 
Die Ausrüstung der Auxiliakohorten oder der Alen unterschieden sich in der wesentlichen Ausrüstung nur geringfügig von den Legionen. Dies macht ja auch Sinn, wurden sie doch von römischen Offizieren kommantiert, die in römischer Militärtaktik ausgebildet waren.

Stephan aus welcher Serie der Lugdunum Ase stammt den Dein As, so wurde die Serie I vor die Serie II nach der Varussclacht geprägt.

Gruß Jörg



Belenos

Moin,

der Begriff Mafia im Zusammenhang mit den Ausgrabungen in Kalkriese beziehen ich ja nicht nur auf den Vorwurf Födergelder zu beantragen oder Funde zu unterdrucken. Die Archäologen haben viel zu früh angefangen zu gaggern und das Schlachtfeld als Varus-Schalchtfeld bezeichnet.

Der ganze Rummel mit Museum, Tourismus, Verkauf, Café usw. hätte ohne den Zusatz Varus nicht funktioniert. Wer hätte den wegen eines "einfachen" römischen Schlachtfeldes von weit her Kalkriese besucht? Wer hätte denn sich in einen Reisebus gesetzt und sich durch die halbe Republik nach Kalkriese fahren lassen? Hier wurde Umsatz und Kasse gemacht und den Besuchern ein Varusschlachtfeld gezeigt, welches keines ist. Jetzt rudern sie gaaaaaanz langsam zurück. 

Mit Wissenschaft hat dies nicht viel zu tun.

Viele Grüße

Walter

Sax

Zitat von: Belenos in 08. September 2009, 21:34:25

Mit Wissenschaft hat dies nicht viel zu tun.

Walter

Und die Wissenschaft hat auch nicht unbedingt was mit dem ganzen drumherum zu tun.

Was die Archäologen machen ist eine Sache, was Kommunalpolitik, Museumsbetreiber und sonst wer macht ist eine andere Sache.
Gruß Micha

Lojoer

Grundsätzlich hat Walter bei einem natürlich vollkommen recht.
Zitat von: Belenos in 08. September 2009, 21:34:25
Die Archäologen haben viel zu früh angefangen zu gaggern und das Schlachtfeld als Varus-Schalchtfeld bezeichnet.
Das ist wissenschaftlich unprofessionell und hat eigendlich mehr mit Marketing zu tun.
Viele Fragen die hier bereits angeschnitten wurden sind immer noch ungeklärt. Auf der anderen Seite gibt es jedoch eine Reihe von regionalen Amateur-Archäologen, die wohl eher als Lokalpatrioten bezeichnet werden müssen und mit haarsträubenden Theorien hinsichtlich des Ortes des Schlachtfeldes aufwarten.
Ein ganz entscheidenter Punkt der für Kalkriese als in Zusammenhang mit der Varusschlacht stehend spricht, ist der Münzspiegel der Fundmünzen. Nicht nur, dass keine Münze vor 9 v.Chr. zu datieren ist, sondern insbesondere, dass auf den Münzen auch keine Gegenstempel des Tiberius auftauchen, die normalerweise in einem Germanicushorizont vorhanden sein müssten.
Ach ja, bevor ich es vergesse Stephan, die Bohlenwege befinden sich nicht im Fundzusammenhang mit Kalkriese, sondern sind von dort schon deutlich entfernt.
Nicht dass ihr jetz denkt ich wäre ein absoluter Verfechter für Kalkriese als Ort der Varusschlacht, ich wäge nur die vorhandenen Befunde ab und finde die Waagschalen sich eben hinsichtlich Kalkriese mehr in Richtung pro senken, als contra.
Gruß Jörg



Weihen

Zitat von: Lojoer in 08. September 2009, 23:25:38
Ach ja, bevor ich es vergesse Stephan, die Bohlenwege befinden sich nicht im Fundzusammenhang mit Kalkriese, sondern sind von dort schon deutlich entfernt.

Von welchen Bohlenwegen redest du hier? Warscheinlich von den derzeit Puplizierten, nicht von den überhaupt bekannten. Die Bohlenwege sind trotz vieler Indiezien nicht im Zuge der "Varusschlacht bei Kalkriese" untersucht worden. Auch der Fundort Haverbeck bei Damme (wo ein Teil der von Bahr´schen römischen Münzesammlung herstammte) ist bisher nicht genauer in Augenschein genommen worden. Passt halt nicht zur "Varusschlacht".

Leider kenne ich mich nicht so gut mit den Emissionen der Lugdunum Asse aus deshalb hier nochmal die Bilder der von mir bei Diepholz gefundenen Münze.

Gruß Stephan
Ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger im Landkreis Osnabrück

Weihen

... leider finde ich im Netz keine Übersicht über die Bohlenwege durchs Moor.
Aber hier ein Link wo immerhin die Bohlenwege in Betracht gezogen werden, obwohl negativ über die Möglichkeit berichtet wird.

Gruß Stephan

http://books.google.de/books?id=R-WUx8cou4wC&pg=PA126&lpg=PA126&dq=Bohlenwege+Niedersachsen&source=bl&ots=DDQI--Y3D0&sig=Bp9P4PxwTJwEWEH_uv6I-lwu7Pc&hl=de&ei=MWOnSovYKJzbjQf00umpCA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=9#v=onepage&q=Bohlenwege%20Niedersachsen&f=false
Ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger im Landkreis Osnabrück

jupppo

Zitat von: Lojoer in 08. September 2009, 20:31:18
Halo Jupppo,
natürlich waren Auxiliartruppen spezifische und z.T. besondere Ausrüstung, die ihreren besonderen Befähigung entsprach. So hat man die Schleuderer aus Iberien natürlich nicht mit Speeren und die Syrischen Bogenschützen weiterhin mit Bogen kämpfen lassen.  
Die Ausrüstung der Auxiliakohorten oder der Alen unterschieden sich in der wesentlichen Ausrüstung nur geringfügig von den Legionen. Dies macht ja auch Sinn, wurden sie doch von römischen Offizieren kommantiert, die in römischer Militärtaktik ausgebildet waren.

Stephan aus welcher Serie der Lugdunum Ase stammt den Dein As, so wurde die Serie I vor die Serie II nach der Varussclacht geprägt.

Gruß Jörg



Hallo Jörg, hast Du dazu irgendwelche Literaturempfehlungen? Würde mich sehr interessieren.

Alles was ich bislang dazu gelesen habe, unterscheidet zwischen regulären Auxiliareinheiten, also jenen die aus vielen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zusammengesetzt wurden und den Irregulären, also jenen welche aus Stammesverbänden unter deren Kommando aufgestellt wurden. Letztere werden in der Literatur* explizit mit IHRER stammestypischen Bewaffnung erwähnt. Auch gibt es zahlreiche Grabsteine im Rheinland die dies belegen.
Unter Historikern besteht kein Zweifel, dass es sich bei Arminius Truppe um eine solche Einheit handelte.

Das was mich am meisten an dieser ganzen Varusgeschichte stört, ist die Tatsache, dass man offensichtlich versucht Geschichte umzuschreiben, statt sich mit Interpretationen zurückzuhalten, gerade wenn diese gegen gängige Lehrmeinungen verstoßen.

Die Wallanlage ist für mich das beste Beispiel. Diese wurde eindeutig in römischer Bauart gefertigt (Holzbefestigung, Verschüttung, Graßsodenauflage), ja man fand sogar römische Gebrauchskeramik in dem Wall. Dennoch wird in der Darstellung der Wall als Beleg für einen Hinterhalt der Germanen benutzt.

Der Wall liegt über einer abschüssigen Senke mit einigen Quellen auf der Kuppe der Erhebung. Der Wall wurde (absichtilich) in der Mitte durchbrochen. Alle diese Indizien finden sich fast eins zu eins in den histroischen Beschreibung der Germanicus Schlacht wieder. Dennoch wird noch nicht mal die Möglichkeit erwähnt, es könnte eine andere Schlacht außer der Varusschlacht sein.

Du sprichst auch für Indizien, die FÜR die Varus Schlacht sprechen. Ich finde nicht, dass es eindeutige Indizien gibt. Die wenigen (!) Münzen mit VAR Gegenstempel, sollten wohl kaum dafür herhalten.





* -  "Die fremden Truppen im römischen Heer des Principats und die sogenannten nationalen Numeri, Beiträge zur Geschichte des römischen Heeres" Beiträge zur römischen Geschichte, 1934;
- G. Alföldy, Die Hilfstruppen in der römischen Provinz Germania inferior. Epigraphische Studien Bd. 6, 1964;
- H. v. Petrikovits, Die römischen Streitkräfte am Niederrhein. Führer des Rheinischen Landesmus. Bonn 13
- Die Typen der römischen Grabstellen am Rhein, in: BonnerJahrb. 172, 1972

chabbs

"Es sieht so aus, dass der Wall ganz gezielt für den Angriff angelegt wurde"

Seit wann legt man einen Wall für Angriffe an? Ist es nicht gerade so, dass ein Wall denkbar ungeignet für eine Hinterhalt-Falle ist?


Lojoer

Hallo Stephan,
erst mal zu Deinen Lugdunum Asse.
Bei den von Dir gefundenen Asse handelt es sich um die Altarausgabe der Serie I mit der AV Leg. CAESAR PONT MAX. Diese wurde nach der allgemein geltenden Meinung von 15 - 10 v.Chr. geprägt.
Zu den Bohlenwegen.
Zweifelsfrei gibt es im Bereich der Sumpfgebiete nordlich von Kalkriese Bohlenwege entsprechender und auch früherer Zeitstellung. Diese sind jedoch etliche Kilometer von Kalkriese entfernt. Bei Kalkriese selbst wäre solche auch nicht notwendig, geht der Weg hier ja entlang der Ausläufer des Wiehengebierges.

Hallo Jupppo,
wenn es sich bei den Auxiliaren von Arminius um Irreguläre Verbände gehandelt haben sollte, so kann zumindest z.T. eine stammestypische Bewaffnung unterstellt werden. Warum man aber einen in römischer Kampftaktik und -strategie ausgebildeten Offizier solche Verbänden unterstellt, ist mir nicht ganz einleuchtend.
Wie dem auch sei das Fehlen von germanischer Ausrüstung ist unabhängig davon, ob es sich jetzt um eine Schlacht des Varus oder der "pontes longi" handelt.  
Hinsichtlich des Walls muss ich Dir eindeutig recht geben, da sind in der Tat noch viele Fragen offen.
Gruß Jörg

insurgent

Auf der Schlachtfeldtagung in Halle letztes Jahr ging es auch um das Thema. Dort wurde auch nicht gesagt, dass es sich zu 100% um das Varusschlachtfeld handelt, sondern das verschiedene Aspekte dafür sprechen. Ein wichtiger Punkt war, das mit Sicherheit gesagt werden kann, das die Gebeine erst Jahre später in die Gruben kamen und das sie so lange an der Oberfläche lagen (Bisspuren, keine kompletten Skelette etc)

Da würde ein Germanicus Schlachtfeld ausschließen und eher an die Bestattungen durch die Soldaten von Germanicus sprechen.

Und das bisher so wenig Gebeine gefunden wurden ist auch schlüssig erläutert worden. Das liegt an dem Niederschlag von organischen Material, so das nach ca. 10 Jahren keine Gebeine mehr sichtbar wären.

Es war allen Beteiligten auch klar, das erst durch weitere Forschungen der Wahrheit ein wenig näher zu kommen ist.
Meine Bodenfunde werden gemeldet

insurgent

Meine Bodenfunde werden gemeldet

jupppo

Hallo Jörg,

ich gebe Dir prinzipiell Recht, dass die Waffen mit Sicherheit kein eindetiges Indiz sind. Der Grund warum ich das aber so rausstelle ist die Tatsache, dass Tacitus mehrfach explizit die Beutewaffen der Germanen, im Zusammenhang mit den Germanicus Feldzügen, erwähnt.

Mittlerweile hört man einen Tenor in den Veröffentlichungen hinaus, der die zeitgenössische Literatur diesbezüglich als total unrealistisch darstellt. Erstaunlicher Weise habe ich aber einen ganz anderen Eindruck. Die Befunde passen wunderbar auf die Schilderungen von Tacitus. Halt nur nicht auf die Varusschlacht.

Ich denke weiterhin auch, dass man die konträren Meinungen viel öffentlicher machen muss. Ist der Karren erstmal auf Varus festgefahren und die einflussreichen Wissenschaftler publizieren nur noch in diese Richtung, wird es sehr schwer sein gegen das Establishment Arbeiten zu veröffentlichen.


Lojoer

Unter den sogenannten Amateurarchäologen gibt es aber genauso beratungsresistente Lokalpatrioten.
Zu nennen sei nur der verstorbene Rolf Bökemeier, mit dem ich einige Dispute ausgefochten habe.
Als Beispiel einer von seinen verfassten Veröffentlichungen bei denen mit eindeutig nichtrömischen Funden Theorien bestätigt werden
http://www.roemerfreunde-weser.info/pdf/antike.pdf
oder noch absurter
http://www.roemerfreunde-weser.info/pdf/varusbelege.pdf
viel Spaß beim lesen.
Gruß Jörg

jupppo

Der Hammer ist der, der die Varusschlacht nach Halberstadt verlegt. Weiß leider nicht mehr wie er heißt. Im ersten Teil des Buchs setzt er sich wirklich gut und Kritisch mit Kalkriese auseinander. Im zweiten Teil des Buchs stellt er dann seine eigene Theorie auf, die aber so Hahnebüchen ist, dass ich es nicht zuende gelesen hab.


Lojoer

Zitat von: jupppo in 10. September 2009, 16:45:49
Der Hammer ist der, der die Varusschlacht nach Halberstadt verlegt. Weiß leider nicht mehr wie er heißt. Im ersten Teil des Buchs setzt er sich wirklich gut und Kritisch mit Kalkriese auseinander. Im zweiten Teil des Buchs stellt er dann seine eigene Theorie auf, die aber so Hahnebüchen ist, dass ich es nicht zuende gelesen hab.
Das ist der gute Friebe  :narr:
Auch so einer mit dem man nicht diskutieren kann.
Gruß Jörg