Elektrolyse - Anleitung zur Zerstörung von Bodenfunden

Begonnen von Bavaricum, 07. November 2008, 21:29:13

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Bavaricum

Lieber Moderator,
Lieber Administrator,

seit einigen Jahren ist hier ein Beitrag fixiert, der die " Restaurierung " von Eisenfunden durch Elektrolyse geradezu empfiehlt. In der Fachwelt wird diese "Behandlung" als zerstörerisch beschrieben.

In den meisten Fällen erfolgt durch eine Elektrolyse von Eisen-Objekten starke Beschädigung der Artefakte bzw. eine Zerstörung der Objekte.

Warum wird hier im Forum nicht von solch einer Behandlung abgeraten obwohl es nachweislich Funde zerstört?

Servus

Andreas

Nertomarus

Weil wohl eine Behandlung mit rel. wenig Aufwand immer noch besser ist als das Ding einfach ohne Restauration liegen zu lassen.
Nicht jeder hat die Möglichkeit Eisen fachgerecht zu restaurieren. Da ist Elektrolyse noch die bessere Wahl.
Möge Fortuna mit euch sein!

Bavaricum

Mit Nichten Nertomarus,

es ist besser die Funde im Fundzustand zu lagern (z.B. im Gefrierschrank) als sie durch Elektrolyse zu zerstören. Denn das ist endgültig.

Servus

Andreas

Bavaricum

Zitat von: Nertomarus in 07. November 2008, 21:34:04
Da ist Elektrolyse noch die bessere Wahl.

Elektrolyse ist mit Sicherheit die schlechteste Wahl.

Servus

Andreas

awo

Elektrolyse ist nicht gleich Elektrolyse...da kommt es auf mehr an als das Ding mal für ein paar Stunden reinzuhängen !
Du annst auch eine schwache Elektrolyse machen und das ganze liefert dann auch sehr gute Ergebnisse.

Ich würds jetzt nicht Pauschal schlechtreden.

BWGuenni

Meine Frau würde mir was anderes erzählen, wenn ich die ganzen Teile im Gefrierschrank unterbringe.

Es kommt m. E. immer darauf an, ob an dem Teil noch genügend "gesunde" Substanz vorhanden ist, wenn ja, spricht nichts gegen eine Behandlung durch Elyse.

Günni :winke:

stekemest

Andreas hat vollkommen Recht.... natürlich kann man auch mit Elektrolyse gute Ergebnisse erzielen, aber das setzt eine gewisser Erfahrung voraus. Anfängern die Elektrolyse als Mittel zur Restauration zu empfehlen ist völlig verkehrt. Und wer sich nicht um fachgerechte Restauration kümmern kann, der sollte keine historischen Artefakte aus dem Boden holen... sorry, aber ist so. Damit geht eben auch eine gewisse Verantwortung einher, die manche zu gerne abschieben würden.
Ich kann mir auch keine Katze als Haustier holen und mich dann nicht um ihr Futter kümmern.
:cop:
stm

nobody

Hallo Freunde der fließenden Ströme :zwinker:

Grundsätzlich halte ich auch nichts von der Elektrolyse, da sie zu gründlich ist und
man das Ergebnis erst sieht, wenn es schon zu spät ist. Vorteil ist natürlich, das es
schnell und einfach geht. Das mit dem "zu gründlich" bezieht sich darauf, das jede
Pore und Ritze sauber wird. Hört sich erstmal recht positiv an, wenn man sich dann
aber ein schlechtes Ergebnis anschaut...  :nono:



Vom Gedanken her, muß das oxidierte Material ja gar nicht entfernt werden. Es muß
nur sicher gestellt sein, das der Zerfall 100%ig gestoppt wird. Weiter würde ich nur die
unebene, blasige Oberfläche glätten und das nicht gerade ansehnliche Braun in ein
Schwarzbraun bis Schwarz abdunkeln. Das soll es dann auch schon gewesen sein.
Werde demnächst dazu noch einen Betrag verfassen

Gruß
niemand
Die Ewigkeit dauert lange, besonders gegen Ende

stekemest

Außerdem ist die Patina immer ein "Qualitätsmerkmal" und sollte auf jeden Fall bewahrt werden - bei Eisen ebenso wie bei Bronze. Die Patina zu entfernen, macht nur dann Sinn, wenn sich das Objekt für eine komplette Politur empfiehlt - und die sollte dann auch wirklich fachgerecht durchgeführt werden.

Preusse13

#9
Hallo
Nun ist dieses Thema doch viel weiträumiger alls zuerst angenommen!!!
In der UW Archäologie ist die Elektrolyse gar nicht weg zudenken!!!!
Alles was aus stark mineraliesierten Böden kommt wie Acker,Güllewiesen usw. landet mit den UW-Funden in der Lyse.
Älter Eisenobjekte oder Artefakte minderwertiger Quallität daraus sind eben nur alls Teil zu erhalten.
Im Boden wird Eisen in der Frostzone (weniger alls 1Meter) mit grösster Sicherheit in den Jahren weiter vergammeln und ganz zerstört!!!
Es gibt Leute die nuckeln nicht nur mit Schnallen oder Bolzen rum.
Eine richtige Elektrolyse bedarf reichlicher Erfahrung und das nötige Fingerspitzengefühl.

Hier einmal eine prima Anleitung zur Thematik!!Diese dient zur Erhaltung liebe Sucherkollegen!!

Entsalzung archäologischer Bodenfunde


Chloride (Salze) sind Hauptzerstörungsursache von Funden aller Art, egal ob Keramik, Glas, Stein, Knochen, Bein, Holz, Leder usw., vor allem aber bei Metallobjekten. Chloride treiben, sie erweitern sich, dadurch wird ein Zersetzen, Auseinanderbrechen der Objekte hervorgerufen, sie bersten in kleinste Teilchen, bei Metallen platzt oft die Korrosion ab so dass nur unansehnliche, unbestimmbare Fragmente übrig bleiben und der bearbeitende Wissenschaftler vor unlösbare Probleme gestellt wird. Man muss also anorganische wie organische Fundgegenstände mit den geeigneten Mitteln entsalzen.
Diese Materialien haben die Tendenz sich mehr oder weniger in ihre Ursprungs-, Ausgangsstoffe zurückzubilden.

Bei manchen Objekten, wie z. B. Ton-, Irdenware, Knochen, Bein oder Bernstein und der gleichen, genügt oft schon die Reinigung mit Wasser, vorsichtshalber sollte man ein mehrmaliges Auslaugen mit Aqua-Dest, am besten im bewegten Bad mit Ultraschall oder Quirl, mit bis zu 20-30°C temperiert und öfteren Badewechsel vornehmen.
Bei Leder oder Stoffresten erfolgt ein Wasser- Alkoholaustausch oder Gefriertrocknung.
Für Metalle gibt es mehrere Entsalzungsmethoden, die mehr oder weniger Erfolg - versprechend sind.

I; Intensivwaschverfahren: begonnen wird mit normalem leicht temperierten bewegtem Leitungswasser ca. 1 – 2 Wochen, anschließend wird im reinen bewegtem leicht temperierten destillierten Wasser weiter ausgeschwemmt und zwar so lange bis keine wasserlöslichen Chloride mehr nachweisbar sind. Der Chloridtest erfolgt mit 10%igem Silbernitrat, 1-2 Tropfen auf 10ccm Badeflüssigkeit. Bei nicht genügender Entsalzung, bildet sich ein milchigtrüber Schleier. Daher muss weiter Entsalzen werden und zwar so lange, bis der Test keine Verfärbung mehr zeigt.

II; Alkohol oder Azetonbad (organische Lösungsmittel): der Badewechsel erfolgt zumindest alle 24 Std., zwischen 2-10 Tagen. Die Badedauer richtet sich ebenfalls nach dem Chloridtest.

III; Elektrolytische Entsalzung: Da die zersetzende Wirkung des elektrischen Stromes (Elektrolyse) auf Salze mehr oder weniger bekannt ist, hoffte man mit ihrer Hilfe eine totale Entsalzung der Metallfunde sicherer und schneller durchführen zu können als auf irgendeine andere Art.
Gelangt Salz in Wasser, zerfällt es in seine ein oder mehrfach positiv (Kationen) oder negativ (Anionen) geladenen Atomgruppen. Leitet man jetzt noch Gleichstrom durch diese Lösung, beginnen die Ionen nach dem entgegengesetzten Polen zu wandern, die positiv geladenen Ionen wandern zu der negativ geladenen Elektrode und die negativen Ionen wandern zu der positiven Elektrode. Die Ionenwanderung ist die wichtigste Grundlage der elektrolytischen Entsalzung. Eine erhöhte Badetemperatur fördert die Zersetzung der Chloride.
Für die Ersten Bäder kann man Leitungswasser verwenden, ab der zweiten Woche sollte nur noch mit Aqua-Dest gearbeitet werden.

IV; Mittelleiterverfahren: in der, mit Aqua-Dest gefüllten, Elektrolytwanne aus Glas, Steingut oder säurefesten PVC die mit Zu- und Abflussmöglichkeit versehen sein sollte, hängen sich zwei Stahlblechelektroden gegenüber, deren eine positiv, die andere negativ geschaltet ist. Zwischen beiden werden die zu entsalzenden Objekte ohne Kontakt an Drähten oder in Lochblechkästen in die Flüssigkeit gebracht.

V; Kathodische - Schaltung: in der Elektrolytwanne hängen sich zwei Stahlblechelektroden gegenüber, die beide positiv geschalten sind, dazwischen werden die zu entsalzenden Objekte an Drähten oder in Lochblechkästen in die Flüssigkeit gebracht und negativ geschaltet.

Gearbeitet wird bei beiden Schaltungen mit einer Gleichstromspannung von 10 V und - einer durch Thermostat geregelten Badetemperatur von 45-50°C.
Der Wasserwechsel erfolgt alle 24 Std., zu häufiger Badewechsel bringt keine Vorteile, die Dauer der Bäder richtet sich nach dem Chloridgehalt der Objekte.

Die Kathodische Schaltung hat Gegenüber dem Mittelleiterverfahren keinen Zeitgewinn weist jedoch an Objekten bessere Chloridfreiheit auf. Ratsam ist, je nach Fe - Gegenstand ein Wechsel, zwischen Mittelleiterverfahren und kathodischer Schaltung.

Vorteil beim Mittelleiterverfahren, organische Auflagerungen, von Stoff-, Knochen- und Holzreste etc., werden nicht beschädigt. Bei der kathodischen Schaltung können bedingt durch die Wasserstoffentwicklung unerwünschte Beschädigungen der organischen Reste auftreten.

Der Zeitgewinn gegenüber den ohne Strom durchgeführten Entsalzungen ist enorm und wird noch deutlicher bei Erhöhung der Badetemperatur von 18- 20°C auf 35-50°C. Das Verhältnis von Eisen zur Flüssigkeitsmenge sollte ca.1:10 betragen. Die Entsalzungsart ist sehr schonend für die Objekte.

VI; Sulfid – Reduktion die Entsalzung ist rein chemischer Natur. 20g Natrium- hydroxid und 63g Natriumsulfit (Wasserfrei) werden in 50ccm destilliertem Wasser aufgelöst und auf ein Volumen von 100ccm gebracht. Die Objekte werden in einen Edelstahlgitterkorb gelegt, das man auf einer Erhöhung, damit sich der Magnet des Rührers darunter frei Bewegen kann, in ein gut verschließbares Gefäß eingebracht. Die Lösung wird mittels beheizbaren Magnetrührer auf 50°C gebracht. Der Ausschluss von Luft ist sehr wichtig, durch Zuführung der Luft wird das Natriumsulfit in Natriumsulfat umgewandelt, dadurch verliert es größtenteils seine reduzierenden Eigenschaften und die Badedauer verlängert sich enorm.

VII; Wasserstoffstrom Reduktion bei einer Temperatur von bis zu 800°C  :zwinker:


Quelle: http://www.bocksche-werkstatt.at/Pr%C3%A4parationstechnik.doc


//edit: Zitate bitte nur mit Quellenangabe. - stm

Preusse13

Hallo
Es geht auch mit moderner Technik.Nur ist hier der Aufwand und die Kosten für schlichtes antikes  Eisen noch gerechtfertigt.
Und es wird mechanisch gereinigt was das Zeug aushält!!!!
http://www.uibk.ac.at/klassische-archaeologie/Institut/Restaurierung.html

heiko183

hi

also ich ziehe die lyse dem drehmeln auf jeden fall vor, durch die konzentration des elektrolyts (bei mir natronlauge) kann ich den stromfluss reduzieren und wenns gerade so gut ist sollte man aufhören, ansonsten ist ja nur noch gefüge sichtbar, den rest kann man noch etwas mit dem drehmel bearbeiten

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,30444.0.html,
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,30601.0.html

und die funde sind bis heute immernoch rostfrei, die beste möglichkeit für mich zu entrosten. und es wird sich zeigen ob sie länger als die trocken gedrehmelten und gelackten funde vom amt halten, der versuch läuft mit den bolzen - axt sowie einer lanzenspitze und tüllenbeil die ich gemacht habe.

was hast du denn für referenzen bavaricum hier mit solchen schlauen sprüchen aufzufahren, denke mal eher daß c4 mal bissel was schreiben sollte ...

so das für mich hier :-)


Bavaricum

Zitat von: coinhunter heiko in 09. November 2008, 13:00:17
was hast du denn für referenzen bavaricum hier mit solchen schlauen sprüchen aufzufahren, denke mal eher daß c4 mal bissel was schreiben sollte ...


Referenzen habe ich keine, da ich kein ausgebildeter Chemiker bin. Aber wie überprüfst Du den Chloridgehalt Deines Bades der für die Entsalzung Maßgeblich ist. Die Funde mögen jetzt ja noch recht schön aussehen, aber was ist ein paar Jahren?

Servus

Andreas