Ein Schlagstein vom 1.11.08 ( 1 )

Begonnen von Marienbad, 18. April 2010, 21:24:06

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Marienbad

Ich habe heute noch einige Schläge ( 2,5 Std. ) mit dem Schlagstein gearbeitet.
Auch wurde die 4. Seite begonnen, die Fotos zeigen die weitere Abnutzung vom Stein.

:winke:  Manfred









Marienbad

Hier mal die Stücke die ich mit dem Schlagstein bearbeite.
:winke:


Marienbad

Das "Schlagsteinchen" wird immer mehr zu einem rechteckigen Stück.
Es sind schon wieder einige mm weniger und die Werkstücke ( Keulenköpfe)
haben schon fast ihre Endform erreicht.
:winke:


thovalo

#3
Immer spannend Dir "zuzusehen"!  :-)

Das bedeutet für die im Forum Steinartefakte besprochenen "würfelförmigen" Schlagsteine, dass sie letzlich auch nur schlichte Endprodukte intensiven Gebrauchs sind, bzw. sein können. (Sicher ist ja Nichts, weil die eigentlichen Vorgänge und Gedanken hinter den Stücken nicht rekonstruierbar bzw. verloren sind.)

Doch rein handwerklich praktisch: was veranlasst Dich den Stein so einzusetzen, dass alle vier Seiten abgearbeitet werden?

Um gezielt einen Beleg für die viereckige Form zu erzielen?

Gibt es auch im Gebrauch praktische Gründe dafür den Stein auf verschiedenen Seiten einzusetzen!?

Hat das ggf. etwas mit Möglichkeiten der Formgebung des Werkstücks durch den Schlagstein zu tun?

Ist es ggf. materialbedingt, dass insbesondere Schlagsteine aus Quarzit die viereckig/würfelige Form aufweisen, weil z.B. das Material aufgrund seiner spezifischen Härte besonders gute Schlageigenschaften hat?


In meinem archäologischen Fundmmaterial liegen auch Schlagsteine aus Quarz vor. Diese zeigen dann auch gelegentlich recht grobe kantige Ausbrücke die, so würde ich vermuten, wohl weniger gewünscht waren, als das feine "Abklopfen" der Flächen an den Quarzitschlagsteinen!

und zuletzt:

Das Material des Schlagsteins müsste doch recht genau auf die Härte des zu schlagenden Materials abgestimmt werden!? Die Wahl des Materials für Schlagsteine wäre in diesem Sinne auf bestimme Varietäten beschränkt bzw. spezifisch abzustimmen? Wäre eine genauere Relation: Material Schlagstein zu Material Arbeitsstück vorstellbar?


Na ich ahne schon, das ist zu technologisch und rational gefragt!

Wie in Afrika/Namibia selber erlebt und beobachtet bilden tradierte Erfahrungen, Intuition und aktuelles Materialangebot die Grundlage dafür, was passt und was nicht und wenn was im Gebrauch nicht passt, dann werden die Bedingungen eben verändert bzw. angepaßt!

Besonders überraschend für MICH waren in Namibia Fundbelege von Artefakten aus Glas. Ein Phänomen das auch aus Australien bekannt ist. Da begegnete der Eintrag modernen Materials im 19. Jh. steinzeitlichen Handwerkstraditionen. Kaffe mahlen mit Läuferstein und Unterlieger habe ich noch live mit erlebt. Da hatte ich aber noch keinen tiefer geschulten archäologischen Blick für solche Besonderheiten!


GLG   :winke:       thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Marienbad

Moin Thomas  :winke:

ich will mal versuchen deine Fragen zu beantworten. :zwinker:

(was veranlasst Dich den Stein so einzusetzen, dass alle vier Seiten abgearbeitet werden?)

Ich brauche eine größere Fläche am Schlagstein wenn ich flächig am Werkstück arbeite. (siehe Oberfläche von der Keule)
Es sollen keine ,,Narben" entstehen sondern es soll großflächig Material abgetragen werden. Schlage ich mit einer "Ecke"
vom Schlagstein, wird sicher eine gröbere Narbe entstehen.Da ich mit dem vorgestellten Schlagstein nur streifend schlage,
erhalte ich eine glatte und ebene Oberfläche am Werkstück. Je weiter der Quarzit abgearbeitet ist um so härter wird er und bewirkt dann
mit seiner glatten und sehr harten Eigenschaft kaum noch Abtrag beim Schlagen. Außen ist der Schlagstein mürber, innen
sehr hart. Darum wechsel ich die Aufschlagseiten vom Schlagstein. Das sich dann eine würfelförmige Form ergibt ist sicher Zufall.
In diesem Fall kann von einer gezielten Arbeit ausgegangen werden. :-)
(beim Flintschlagen nutze ich fast nur ovale Schlagsteine, auch hier werden von mir nur die beiden Enden vom Stein benutzt. Dabei wird auch eine typische
Schlagfläche nach längerem Gebrauch sichtbar)

(Ist es ggf. materialbedingt, dass insbesondere Schlagsteine aus Quarzit die viereckig/würfelige Form aufweisen, weil z.B. das Material aufgrund seiner spezifischen Härte besonders gute Schlageigenschaften hat?)

Ja, aber es sollte bedacht werden, dass die Schläge nicht punktuell sondern streifend ausgeführt werden.

(Das Material des Schlagsteins müsste doch recht genau auf die Härte des zu schlagenden Materials abgestimmt werden!? Die Wahl des Materials für Schlagsteine wäre in diesem Sinne auf bestimme Varietäten beschränkt bzw. spezifisch abzustimmen? Wäre eine genauere Relation: Material Schlagstein zu Material Arbeitsstück vorstellbar?

Ich denke nach den ersten Schlägen mit irgendeinem Gesteinsmaterial wird auch der unerfahrenste Handwerker erkennen ob die Härte vom Schlagstein stimmt, der Erfolg ist sichtbar oder nicht. :-)
Sicher wurden für bestimmte Werkstücke auch ausgewählte Schlagsteine (Materialien) bevorzugt. Aber welche wofür....ich kann es nur vermuten :zwinker:

Tschüß und  :winke:         Manfred





thovalo

#5
Marienbad  :winke:

Danke für die Antworten! Ich werde mir in meinen Fundinventaren die Klopfsteine noch einmal sehr deutlich auf ihre Merkmale hin ansehen!   :glotz:


Heute fand sich ein Quarzitgeröll, das z.B. eine stärker genutzte Kante mit abgearbeiteter Oberfläche und zwei weniger inteniv genutzte Kanten ausweist.


Mir fällt grade noch eine besondere Beobachtung ein!!! Ein lang-schmales in der Läge gebogenes Geröll. An beiden Enden ist das Gestein fein angekopft und die Flächen der Enden der gewölben Seite sind durch Gebrauch leicht angeschliffen. Solche Arbeitsspuren kenne ich von sogenannten Schminksteinen aus Ägypten. Mit den Enden wurde Farbpigment fein pulverisiert und dann mit einem Bindemittel auf einer Palette angerieben!

Wenn es Dich interessiert, kann ich gerne mal Bilder von diesem Stück einstellen.


Sonst gibt es hier von einem einzigen Großfundareal Dutzende Klopfsteine in ganz unterschiedlichen Ausprägungen und Materialien!


Nochmals vielen Dank für die eindrucksvollen Arbeiten und deren sorgsam dokumentierte Vorstellung!  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Marienbad

#6
Hallo Leute,

der Schlagstein hat noch weitere 3 Std. seinen Dienst getan, es sind wieder einige mm abgearbeitet.
Die würfelige Form kommt immer näher. :zwinker:

Gruß  Manfred   :winke:














thovalo

#7
Also handelt es sich, experimentell nachvollziehbar, tatsächlich um "würfelförmige" Schlagsteine und nicht um "würfelförmige" Reibsteine, wie sie gerne immer wieder zusammen mit Unterliegern auch in Museen aus- und zusammengestellt sind!? Die haben in der Regel auch keine erkennbaren "Schliffflächen"!

(allerdings habe ich einen Beleg mit zwei angeschliffenen Partien", aber da glaube ich schon gar nicht dran, dass diese beim Korn mahlen entstanden sind!

Wie jedes mal: tolle und tief beeindruckende Arbeit und vielen Dank für´s teilhaben lassen!  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Marienbad

#8
Ich kenne die vielen Beispiele wo die würfelförmigen "Reibsteine" auf den Unterliegern das Kornmahlen zeigen sollen.
Es erregt dann in mir eine stille Wut, wenn ich diese Ausstellungen sehe.

Beispiel:  ein breiter sattelförmiger Unterlieger mit aufgerauhter Mahlfläche wird von einem extrem kleineren würfelförmigen
           "Reibstein" zum Kornmahlen genutzt.

1. Frage:   ist der Würfelförmige aufgerauht oder glatt ?

2. Frage:  wenn der Würfelförmige aufgerauht ist, was geschieht beim mahlen mit der Oberfläche von der Sattelform ?

             es werden sicher längsverlaufende Spuren ( Schleifbahnen ) in der Sattelform sichtbar werden. Warum also
             wurde die Sattelform den überhaupt in den Unterlieger eingearbeitet, sie ist schon nach wenigen
             Mahlvorgängen hinüber.
             Die Sattelform dient zur Aufnahme des Oberliegers und verhindert das seitliche wegrutschen vom Läufer und Mahlgut.
             Das Mehl soll an den Enden vom Unterlieger gleiten.

             Es ist also unsinnig einen Würfel auf einer Sattelform zu reiben, es gäbe immer intensive Spuren auf und in der
             Oberfläche.
             Nicht umsonst wird der eigentliche Mahlstein ( Läufer ) der Sattelform mühevoll angepasst und hat dann auch noch
              nach vorn und hinten ein schrägen "Schlupf" für die Getreidekörner. Dieser "Schlupf" bewirkt das die Körner
              überhaupt unter den Läufer geraten können. ( dieses Merkmal fehlt völlig bei den vielen Mahlkugeln oder Würfeln )

              :winke:    Manfred

thovalo

Dann hab ich das richtig verstanden!  :super:


LG und ein schönes Wochenende
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.